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Sonne. Mond und Sterne (Predigt über Ps 104 und Hiob 38)

Haben Sie so schon mal die Schöpfung betrachtet?  Wie ein großes Fest, zu dem wir eingeladen sind? Ein Fest voller Farben und Formen, Vielfalt und Leben und Licht und Luft und Lachen, voller Staunen, Schauen, Schönheit, Singen und Schwingen in allen Dingen. Und Gott, der Schöpfer, ist unser Gastgeber, der Wirt, der sagt: Ich habe euch eingeladen! 

Wenn wir über die Schöpfung nachdenken, dann ist das einfach nur faszinierend! Alle Lieder heute an diesem Sonntag Kantate sind ein einziger Lobpreis auf den Schöpfer und die Schönheit in der Natur. Und ich erlebe viele Menschen, die sagen: In der Natur bin ich Gott am nächsten. Manche sind allerdings so von der Schöpfung fasziniert, dass sie darüber den Schöpfer ganz vergessen. Darum möchte ich heute mal auf Spurensuche gehen: Was ist der tiefere Sinn der ganzen Schöpfung? Klingt vielleicht etwas ambitioniert… Ja, wenn man sich dieser Frage philosophisch oder naturwissenschaftlich nähern wollte, vielleicht. Viele Gelehrte haben sich da den Kopf zerbrochen. “Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?” Aber ich möchte mich heute einfach mal in der Bibel auf Spurensuche begeben. Und da finde ich mindestens einen dreifachen Sinn der Schöpfung, einen Sinn, der uns neu zur Freude, zum Staunen und zum Loben bringen kann.

“Einmal wird uns gewiss die Rechnung präsentiert für den Sonnenschein und das Rauschen der Blätter, die sanften Maiglöckchen und die dunklen Tannen, für den Schnee und den Wind, den Vogelflug und das Gras, und die Schmetterlinge, für die Luft, die wir geatmet haben und den Blick auf die Sterne und für all die Tage, die Abende und die Nächte. 

Einmal wird es Zeit, dass wir aufbrechen und bezahlen. Bitte die Rechnung! Doch wir haben sie ohne den Wirt gemacht: Ich habe euch eingeladen, sagt der und lacht, soweit die Erde reicht: Es war mir ein Vergnügen!” (Lothar Zenetti)

1) Zur Freude

 Diese verschwenderische Pracht in der Natur, die Millionen und Abermillionen Sterne, die bunten Farben der Papageien, das Schwirren der Kolibriflügel, der in regenbogenfarben schimmernde Glanz des kleinen Käfers, der süßlich-erfrischende Frühlingsduft des Flieders und nicht zuletzt die leuchtenden Augen und das Lachen im Gesicht des kleinen Kindes. Neben all den biologischen und physikalischen Zweckmäßigkeiten, die darin schlummern, kann uns diese wunderbare Welt einfach Freude machen! Kennen Sie den Song von Luis Armstrong: “What a wonderful world”? Da singt einer, der sich einfach freut, begeistert ist an der Schönheit der Schöpfung. Oder Paul Gerhardt: “Geh aus mein Herz und suche Freud”, darin heißt es doch: “Schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben.” Machen Sie doch heute mal einen Spaziergang durch die “wonderful world” und denken dabei diesen Gedanken: Das alles ist mir zur Freude gemacht! “Ich habe euch eingeladen”, sagt Gott, “es war mir ein Vergnügen!”

Doch nicht nur uns zur Freude ist die Schöpfung da. Sondern auch Gott selbst hat seine Freude daran. Vielleicht ist das für manch einen ein ganz neuer Gedanke: Gott hat die Welt geschaffen, um selber Freude daran zu haben! Wir haben es vorhin gehört. Psalm 104,31: “Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich, der Herr freue sich seiner Werke!” Er freue sich daran!

Und dann kommt noch etwas Spannendes in dem Psalm 104 vor: V. 25: “Da ist das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt’s ohne Zahl, große und kleine Tiere. Da sind große Fische (wörtlich:  “Leviathan”, man weiß nicht genau, welches große Meerestier damit gemeint ist), die du gemacht hast, um damit zu spielen.” Ja, richtig, da steht: spielen. Gott spielt mit den Fischen im Meer, wie ein Kind einfach nur zur Freude spielt! Es muss nicht alles immer nur zweckmäßig sein, einen Ertrag erbringen, eine Leistung… Nein, zum Leben gehört auch einfach die Freude, wie sie etwa im Spiel zum Ausdruck kommt oder in einem Spaziergang oder in der Liebe oder in der Musik. Wozu um alles in der Welt gibt es Musik? Wenn nicht zur Freude! Wir sind heute so darwinistisch geprägt, dass wir meinen, alles muss einem Zweck dienen, muss für irgendwas anderes da sein, irgendeinen Nutzen für den Kampf ums Überleben haben. Nein! Das ist meiner Überzeugung nach falsch! Es gibt auch einfach die Freude! Und Gott macht es vor. Er freut sich an seinen Werken und spielt mit. Doch das ist nicht der einzige Sinn der Schöpfung. Sie bringt uns auch

2) Zum Staunen

Zum Staunen über Gottes Größe und Macht.

“Sonne, Mond und Sterne, Wellen, Meer und Sand sind Zeugen seiner Herrlichkeit, seiner Schöpferhand. Jeder kleine Kieselstein, jeder Tropfen Tau preist Gottes Größe und Macht!” – so hat der Chor vorhin gesungen. Es ist wirklich zum Staunen, wie alles aufeinander im Mikrokosmos und im Makrokosmos abgestimmt ist. Auch dass es einen Planeten Erde gibt, wo alles stimmt, damit hier Leben existieren kann: z.B. exakt der richtige Abstand zur Sonne von 150 Millionen Kilometern. Weniger und wir würden verbrennen, mehr würde uns erfrieren lassen. Das lässt mich staunen. Und auch wenn es unter den Naturwissenschaftlern auch viele Agnostiker oder sogar überzeugte Atheisten gibt, gibt es doch nicht wenige, die durch ihre Forschungen, durch ihr Staunen zu tiefgläubigen Menschen wurden. Wie etwa Isaak Newton, der große Forscher und Begründer der klassischen, theoretischen Physik. Kein ganz Geringer unter den Gelehrten! Der sagt voller Staunen: “Die wunderbare Einrichtung und Harmonie des Weltalls kann nur nach dem Plane eines allwissenden und allmächtigen Wesens zustande gekommen sein. Dies ist und bleibt meine letzte und höchste Erkenntnis.” Oder aus unserer Zeit – ganz aktuell: Vielleicht haben Sie mitbekommen, dass es vor ein paar Wochen eine astronomische Sensation gegeben hat: das erste echte, also nicht computersimulierte Foto eines Schwarzen Lochs. An diesem Foto mitbeteiligt war der deutsche Astrophysiker Prof. Heino Falcke, der es auch der staunenden Weltöffentlichkeit mit präsentiert hat. Er ist bekennender Christ und er sagt, dass für ihn Glaube und Naturwissenschaft zusammengehören:

„Wenn ich Naturwissenschaft betreibe, ist das nichts, was von Gott losgelöst ist, sondern ich entdecke etwas über die Schöpfung selber. Und die erzählt auch etwas über den Schöpfer. Wir [Physiker] gestehen uns zu, dass wir hinausschauen und sagen: ‚Man ist das schön, ist das groß, ist das überwältigend, ist das wunderbar‘!” An diesem Punkt aber blieben viele Wissenschaftler aber stehen und würden sich „nicht trauen noch weiterzugehen“, so Falcke. „Ich glaube, dass Gott nicht nur etwas ist, sondern jemand. Ich glaube, dass ER noch mehr ist, dass das, was uns so ausmacht mit Glaube, Liebe und Hoffnung, dass das keine Illusion ist, die wir uns so ausdenken, sondern das Glaube, Liebe, Hoffnung von Anfang an da waren in diesem Urknall, im Anfang dieser Welt, in der Schöpfung dieser Welt.“

Die Schöpfung bringt uns zum Staunen über Gott.

Auch hierzu Paul Gerhardt: “Mein Auge schauet, was Gott gebauet zu seinen Ehren und uns zu lehren, wie sein Vermögen sei mächtig und groß.” (EG 449,2)

Und dieses Staunen über Gottes Größe kann uns in den Krisen unseres Lebens helfen. Es gibt ja so viel, was wir an Gottes Handeln nicht verstehen können. So viel Leid, was auch da ist, denn diese Schöpfung ist ja nicht mehr die ursprüngliche, wie Gott sie erdacht und gemacht hat, sondern eine gebrochene und gefallene Schöpfung, an der wir auch leiden. Leiden an Gewalt, an Krankheit, an Sterben, an nicht erhörten Gebeten. Wie Hiob. Hiob, der verzweifelt mit Gott ringt. Und fragt: Warum? Warum muss ich so viel Schlimmes erleiden? Warum bin ich überhaupt geboren worden? Und nach schier endlosen Gebeten, Gedanken und Gesprächen mit seinen Freunden ist er immer noch nicht weiter. Und ganz am Schluss, in den letzten Kapiteln, nimmt Gott ihn an die Hand und führt ihn zum Staunen über die Größe seiner Schöpfung (Hiob 38):

1 Und der HERR antwortete Hiob aus dem Sturm und sprach: 4 Wo warst du, als ich die Erde gründete? Sage mir’s, wenn du so klug bist! 5 Weißt du, wer ihr das Maß gesetzt hat oder wer über sie die Messschnur gezogen hat? 6 oder wer hat ihren Eckstein gelegt, 7 als die Morgensterne miteinander jauchzten? 8 Wer hat das Meer mit Toren verschlossen, als es herausbrach wie aus dem Mutterschoß, 9 als ich’s mit Wolken kleidete und in Dunkel einwickelte wie in Windeln?12 Hast du zu deiner Zeit dem Morgen geboten und der Morgenröte ihren Ort gezeigt, 16 Bist du zu den Quellen des Meeres gekommen und auf dem Grund der Tiefe gewandelt? 19 Welches ist der Weg dahin, wo das Licht wohnt, und welches ist die Stätte der Finsternis?

Und viele weiter Fragen stellt Gott, die ein einziges Staunen über seine unendliche Größe und Macht und Weisheit auslösen. Und am Ende erkennt Hiob: Eine Antwort auf die Frage nach meinem Leid, habe ich nicht bekommen, aber ich habe neu entdeckt: Gott, du bist unendlich groß, viel größer als mein Verstand, aber ich bin in deiner Hand, du hast mich lieb, ich bin bei dir geborgen, was auch immer geschieht. Trotz deiner Größe bin ich dir nicht zu klein!

Die Schöpfung ist zum Staunen da. Aber dieses Staunen ist zugleich ein Trost, dass Gott immer noch größer ist! Und schließlich noch: Die Schöpfung ist da

3) Zum Lob seiner Herrlichkeit

Psalm 19: Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk. 3 Ein Tag sagt’s dem andern, und eine Nacht tut’s kund der andern, 4 ohne Sprache und ohne Worte; unhörbar ist ihre Stimme.

 Und so können wir selber auch unsere Bestimmung erkennen: Paulus sagt in Epheser 1,14 sagt, dass wir da sind “zum Lobe seiner Herrlichkeit”. Dass wir einstimmen können in den großen Jubel und den Lobgesang der Schöpfung.

Ja, ich weiß, oft ist dieser Lobgesang verstimmt oder verstummt. Manchmal ist er eher ein Klagelied. Auch das weiß die Bibel. Paulus spricht vom Seufzen der Kreatur. Die Schöpfung ist gefallen. Es gibt Fressen und Gefressen werden, Jagen und Gejagtwerden. Und der Mensch, dessen Auftrag es war, diese Erde zu bebauen und zu bewahren, ist selbst gefallen und hat Gefallen an Egoismus und Selbstsucht. Der große Sündenfall – den kann man nicht leugnen. Und doch sehen wir auch in dieser kaputten und gefallenen Welt inmitten aller Zerstörung noch so viel Spuren der ursprünglichen Schönheit und Größe der Schöpfung, können immer noch deren unaufhörliches Loblied auf den Schöpfer und seine Weisheit und Herrlichkeit vernehmen, dass wir darin mit Freude und Staunen einstimmen wollen. Denn es ist gut zu wissen: Gott macht einmal alles neu! Er wird auch diese Schöpfung erlösen. Auch dazu ist Jesus Christus gekommen. Um uns Menschen zu erlösen von unserer Verlorenheit, aber auch um die Schöpfung zu erlösen von der Vergänglichkeit. Die Johannesoffenbarung zeigt es uns: Einmal wird Gott Himmel und Erde neu machen. Und das, was jetzt noch in unserm Leben zerbrochen ist, und auch, was in der Schöpfung kaputt ist, was da ist an Gewalt und Leid, Gott wird es heilen und erneuern. Bis dahin sollten wir uns natürlich auch einsetzen für den Erhalt und die Bewahrung von Gottes guter Schöpfung, wie es unser Auftrag ist. Und einst werden wir einstimmen in das große Loblied der Erlösten: “Groß und wunderbar sind deine Werke, allmächtiger Gott.” (Offb. 15,3ff). So lädt uns ein Blick in die Schöpfung ein zur Freude, zum Staunen, zum Loben.

Die Predigt wurde am 19.5.2019 in der Martins-Kirche in Hohnhorst gehalten.
Quelle: www.martins-gemeinde.de