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Der Blick hinter die Kulissen

Der Blick hinter die Kulissen

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. (Lukas 2,1-5)

Gottes Eintritt in die Geschichte

Jesus Christus wird in ein ganz bestimmtes geschichtliches Zeitfenster hineingeboren: Kaiser Augustus regierte das römische Reich von 31. v. Chr. bis 14. n. Chr. Doch das Zeitfenster ist noch enger gefasst. Die Geburt Christi geschah in der Zeit als Quirinius Statthalter Syriens war. Ein enger Zeitraum von wenigen Jahren um das Jahr 0 herum. Diese Zeit- und Personenangaben sind sehr wichtig: Gottes Erlösungshandeln ist geschichtliches Handeln. Gottes Ankunft auf dieser Erde ist nicht irgendeine erhabene überzeitliche religiöse Idee, sondern Gott kommt tatsächlich, datierbar, als geschichtliche Person in diese unsere Welt.

Ein Eindruck, der täuscht

Ist es nicht erstaunlich? Maria und Josef und mit ihnen Jesus müssen sich ganz dem Gesetz des römischen Kaisers beugen. So wie Jesu Geburtsort durch kaiserliches Gesetz bestimmt wurde, so wird ca. 35 Jahre später auch sein Todesurteil im Namen eines römischen Kaisers unterschrieben. Eintritt in die Geschichte und Austritt aus der Geschichte stehen scheinbar in der Macht römischer Kaiser. Doch dieser Eindruck täuscht gewaltig. In Jesus Christus tritt ein Höherer und Mächtiger in die Weltgeschichte ein. Nichts kann das besser veranschaulichen als ein Blick in den weiteren Verlauf der Geschichte: Nur 312 Jahre später beugt sich der erste römische Kaiser unter die Königsherrschaft Christi. Während heute nur noch ein Monat unseres Jahres an Kaiser Augustus erinnert, wird die Menschheitsgeschichte eingeteilt in die Zeit vor Christi Geburt und in die Zeit nach Christi Geburt. Wer war wohl der Höhere? Nicht mehr lange und alle Knie werden sich beugen im Namen Jesu und alle Zungen werden bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes des Vaters (Phil 2,10.11).

Ärger mit dem Finanzamt

Die römische Steuerschätzung griff tief in den Alltagsablauf der Menschen ein und noch tiefer in ihre Geldbeutel. Viele mussten weite Strecken auf sich nehmen, um sich in ihrer Geburtsstadt oder in der Stadt, in der sie noch Besitz hatten, in Steuerlisten eintragen zu lassen. Die Steuerlast machte den Menschen das tägliche Leben und Arbeiten noch schwerer als es schon war. Nicht ohne Grund wird es gerade in den Tagen der Volkszählung einen großen Aufruhr unter der Führung eines Judas aus Galliläa gegeben haben (Apg 5,37). So wie man sich heute über die Steuerlast und den Unsinn mancher Steuergesetze ärgert, so war auch damals der Ärger groß. Warum in aller Welt konnte man nicht an seinem Wohnort veranlagt werden? Die 170 km lange Reise von Nazareth nach Bethlehem konnte weder von der Steuer abgesetzt werden noch gab es Entschädigung für den erlittenen Verdienstausfall.

Gottes Handeln verborgen hinter kaiserlichen Gesetzen

Wenn wir den kaiserlichen Erlass und die damit verbundenen Folgen aus heilsgeschichtlicher Perspektive betrachten, dann kommen wir allerdings aus dem Staunen nicht mehr heraus. Kaiser Augustus ordnete in scheinbar freier Souveränität als Herrscher des römischen Weltreiches die Zählung seiner Untertanen an. Die Realität sah anders aus. Ganz im Verborgenen, vordergründig verdeckt durch die kaiserliche Finanzgesetzgebung, verfolgte und verwirklichte Gott seine ewigen Ziele und Ratschlüsse. Bereits 700 Jahre vor der Volkszählung des Augustus hatte Gott durch den Propheten Micha folgende Voraussage gemacht: Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. (Micha 5,1) Der Messias sollte aus Bethlehem kommen. Doch wie sollte Jesus Christus in Bethlehem zur Welt kommen, wenn seine Mutter in Nazareth wohnhaft war? Gott gebrauchte die Geldgier des römischen Kaisers, um auf dem Wege einer reichsweiten Steuerschätzung Maria und Josef pünktlich zum Zeitpunkt der Niederkunft von Nazareth nach Bethlehem zu bringen. Der gigantische römische Verwaltungsapparat wurde angeworfen, Millionen mussten sich in Steuerlisten eintragen lassen, Unzählige reisten in ihre Geburtsstädte, damit Gottes Wort erfüllt wurde. Das ganze römische Weltreich wird in Bewegung gesetzt, damit im kleinen Bethlehem der Retter der Welt geboren werden kann.

O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! 34 Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen?« 35 Oder »wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm vergelten müsste?« 36 Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen. (Römer 11,33ff)

Rein äußerlich mag die Welt in Finanz- und Wirtschaftskrisen stürzen, unser persönliches Leben mag von Höhen und Tiefen, Erfolgen, Misserfolgen und schmerzhaften Einschnitten gekennzeichnet sein. Doch in all dem kommt der allmächtige Gott, der Vater Jesu Christi zum Ziel. Meist im Verborgenen, verdeckt durch äußere Umstände, dem natürlichen Auge nicht sichtbar, handelt Gott in voller freier Souveränität und erfüllt sein Verheißungswort im Lauf der Weltgeschichte und auch in Ihrer ganz persönlichen Lebensgeschichte. Diesen Blick hinter die Kulissen in das verborgene Handeln Gottes wünsche ich Ihnen für das diesjährige Weihnachtsfest und das vor uns liegende Jahr 2009.

15.12.2008