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Ein Votum: Nein zum Segnungsgottesdienst für gleichgeschlechtliche Paare

Das Amtsgelübde jedes Pfarrers und jedes Kirchengemeinderats verpflichtet dazu, Sorge dafür zu tragen, „dass die Kirche in Verkündigung, Lehre und Leben auf den Grund des Evangeliums gebaut wird“, und darauf achtzuhaben, „dass falscher Lehre, der Unordnung und dem Ärgernis in der Kirche gewehrt wird“. Es gibt Anlass, die Verpflichtung dieses Gelübdes ernst zu nehmen. Herr Landesbischof D. July hat in die Synode im November 2018 ein Gesetz zur Einführung eines Gottesdienstes eingebracht, in dem gleichgeschlechtliche Paare gesegnet werden sollen. Dieses Gesetzesvorhaben widerspricht Schrift und Bekenntnis und ist dazu geeignet, die Einheit der württembergischen Landeskirche zu zerbrechen.

Das Wort Jahwes, des lebendigen Gottes, sagt:

„Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie.“ (1.Mose 1,27f; Luther 2017)

„Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.“ (3. Mose 18,22)

„Zugleich wird nämlich auch der Zorn Gottes offenbar. Er bricht vom Himmel her herein über alle Gottlosigkeit und alles Unrecht der Menschen. Denn durch dieses Unrecht unterdrücken sie die Wahrheit. … Deshalb hat Gott sie schändlichen Leidenschaften ausgeliefert. Denn ihre Frauen vertauschten den natürlichen Geschlechtsverkehr mit dem widernatürlichen. Ebenso gaben die Männer den natürlichen Geschlechtsverkehr mit ihren Frauen auf. Dafür entbrannten sie in wildem Verlangen zueinander. Männer treiben es schamlos mit Männern. So empfangen sie am eigenen Leib den gebührenden Lohn für ihre Verirrung.“ (Rö 1,18.26f, Basisbibel)

„Das müsstet ihr doch eigentlich wissen: Wer Unrecht tut, wird keinen Anteil an Gottes Reich erben. Macht euch nichts vor! Das betrifft Menschen, die in verbotenen sexuellen Beziehungen leben, die Götzen dienen oder die Ehe brechen. Das betrifft auch Männer, die sich wie Frauen verhalten oder mit Männern schlafen. Und das betrifft Diebe, Habgierige, Säufer und Menschen, die andere verleumden oder berauben. Sie alle werden keinen Anteil am Reich Gottes erben.“ (1.Kor 6,9f)

„Aber die Hunde und Zauberer müssen draußen bleiben. Ebenso die Leute, die Unzucht treiben, die Mörder und die Götzendiener. Also alle, die die Lüge lieben und entsprechend handeln.“ (Apc 22,15)

Silentium!

  1. Die Synode hat sich mit der Sachfrage bereits im Jahr 2017 befasst und entsprechende Initiativen abschlägig beschieden. Eine erneute Befassung der Synode mit derselben Sachfrage binnen eines Jahres ist kein respektvoller Umgang mit Christen und Gemeindeleitern, die die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare gemäß Schrift, Bekenntnis und 2000jähriger christlicher Tradition und über 3000jähriger jüdischer Tradition ablehnen. Das eingebrachte Gottesdienstmodell bricht mit der Haltung der überwältigenden Mehrheit des weltweiten Christentums, mit der Ökumene und mit Teilen der jüdischen Theologie.
  2. Der Oberkirchenrat beruft sich auf die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Ehe ein allein Mann und Frau vorbehaltenes Institut ist. Wenn die Kirche anerkennt, dass der auf gleichgeschlechtliche Partnerschaft ausgeweitete Ehebegriff verfassungswidrig ist, stellt die Einführung eines Gottesdienstes anlässlich von Eheschließungen im neuen, falschen Sinne einen Selbstwiderspruch dar.
  3. Die Beschreibung der Kirche als „Auslegungsgemeinschaft“, in der eine Vielfalt von Auslegungen möglich sein sollen, überblendet und verdrängt Luthers Verständnis der Kirche als Gemeinschaft derer, die Gottes Wort hören, glauben, bekennen und befolgen: „Wir gestehen ihn(en) nicht (zu), dass sie die Kirche seien, und sind’s auch nicht, und wollen’s auch nicht hören, was sie unter dem Namen der Kirchen gebieten oder verbieten; denn es weiß gottlob ein Kind von 7 Jahren, was die Kirche sei, nämlich die heiligen Gläubigen und ‚die Schäflin, die ihres Hirten Stimme hören’.“ (BSLK 3.Aufl., 459f) Eine Vielfalt von Auslegungen kann nie und nimmer die klaren Gebote und Verbote des Herrn aufheben, der das Haupt des Leibes der wahren Kirche ist.
  1. Die Aussage, dass die Auslegung der einschlägigen Bibelstellen uneinheitlich sei, verschleiert die Wahrheit, dass die biblischen Weisungen zur Sache klar verständlich sind. Das EKD-Papier „Mit Spannungen leben“ stellte mit Recht fest, dass es keine einzige positive biblische Aussage zur homosexuellen Praxis gibt. Gottes Wort allein definiert, was in der Sicht des Allerhöchsten Greuel und Sünde ist. Seit Genesis 3 ist es typisch für die Auflehnung gegen Gott, die Klarheit und Verbindlichkeit der göttlichen Willenserklärung zu hinterfragen. Für eine Diskussion, in der es darum geht, das, was Gott böse nennt, gut zu nennen, empfiehlt es sich, wie Luther beim Marburger Religionsgespräch den oben zitierten Text auf den Tisch zu schreiben; will sagen: Kein Mensch entfernt diese Worte aus dem Kanon.
  1. Das fünffache biblische Verbot, der in der ganzen Menschheitsgeschichte bezeugten Neigung zum eigenen Geschlecht nachzugeben, wird neuerdings gerne umgangen mit der Gedankenfigur, eine gleichgeschlechtliche Ehe sei gerechtfertigt durch die Merkmale Verbindlichkeit, Treue und Verantwortung. Dabei wird übersehen, dass sich coram deo nichts rechtfertigen lässt von den Intentionen und Verhaltensweisen des Menschen her, der im tiefsten Grunde ein beziehungszerstörender Sünder ist. Die Nachahmung des gottgestifteten Instituts Ehe durch ein menschlich konstruiertes Institut Homo-Ehe rechtfertigt die Sünde nicht, sondern macht sie hoffähig und vermehrt sie.
  1. Die Gesetzesinitiative postuliert, dass der neue Gottesdienst eingeführt werden könne bei gleichzeitiger Respektierung von unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen und unter Wahrung der Einheit der Kirche. Dieses Postulat offenbart unfreiwillig, dass hinter dem neuen Gottesdienst tatsächlich ein neuer Glaube steckt, der der bisherigen Überzeugung der Kirche aller Zeiten widerspricht. Weil aber die Kircheneinheit biblisch-reformatorisch mit dem gemeinsamen Glauben, Lehren und auch liturgischen Bekennen steht und fällt, zerbricht die Initiative die Einheit der Kirche.
  1. Die Konzeption, dass die Kirchenleitung für einzelne Gemeinden neue Gottesdienst-ordnungen beschließt, bedeutet, dass der Zerbruch der Einheit sichtbar und erfahrbar wird von Ort zu Ort. In der einzelnen Gemeinde kann die Wahrheit der Schrift durch eine 75-Prozent-Mehrheit niedergestimmt werden. Das Neue Testament kennt weder Abstimmungen, die per Mehrheitsentscheid das Apostolische und Wahre offenbaren, noch autoritäre Entscheidungen einer Leitungsinstanz, die von Ort zu Ort Unterschiedliches und Neues kreieren. Vielmehr zeigen die authentischen Dokumente ein Ringen der Apostel um die Durchsetzung der von Jesus anvertrauten Botschaft und Weisung für Glauben und Leben, die einmütig angenommen wird, wo wahre Kirche ist.
  1. Die 75-Prozent-Zustimmung vor Ort müsse von der Überzeugung getragen sein, dass der Gottesdienst dem in der Heiligen Schrift gegebenen und von den Bekenntnissen der Reformation bezeugten Evangelium nicht widerspricht, heißt es im Gesetzestext.Zu dem Evangelium, wie es der Apostel Paulus im Römerbrief lehrt, gehört nicht nur die in Kapitel 3 verkündigte Gnade, sondern auch der in Kapitel 1 und 2 verkündigte Zorn und die Ankündigung des Tages, „an dem Gott das Verborgene der Menschen durch Christus Jesus richten wird, wie es mein Evangelium bezeugt“ (Rö 2,16). Was dem Gericht verfällt, ist nach Rö 1,18-32 die Verkennung Gottes und die daraus folgende Verirrung in Sünde, für die die an erster Stelle aufgeführte gleichgeschlechtliche Verirrung offenbar Modellcharakter hat. Das Evangelium, Angebot und Zuspruch der Vergebung der Verfehlung, wird so lange verkannt und verworfen, wie die Sünde geleugnet wird. Dass das Evangelium von Christus und seiner Gemeinde untrennbar mit dem Ehebund zwischen Mann und Frau verbunden ist und nicht etwa mit seiner Pseudo-Nachahmung, bezeugt Luther durch sein Segensgebet im Traubüchlein (BSLK 3. Aufl., 534): „HERRE Gott, der du Mann und Weib geschaffen und zum Ehestand verordnet hast, dazu mit Fruchte des Leibes gesegnet und das Sakrament Deines lieben Sohns Jesu Christi und der Kirchen, seiner Braut, darin bezeichnet, wir bitten Deine grundlose Güte, Du wollest solch Dein Geschöpf, Ordnung und Segen nicht lassen verrucken noch verderben, sondern gnädiglich in uns bewahren durch Jesum Christum, unsern HERRN, AMEN.“
  1. Während der eingebrachte Gesetzestext eigenartigerweise keine Segnung erwähnt, macht der Oberkirchenrat bei seiner Einbringung deutlich, dass es um die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren geht, die um diese Segnung bitten. Wenn Paaren dieser erbetene Segen zugesprochen wird, ergibt die wirklichkeitsferne, für die Gemeinde nicht wahrnehmbare Differenzierung, nur die Personen, nicht der Ehebund werde gesegnet, keinen Sinn. Für die Einzelsegnung von Personen bedürfte es keiner neuen Gottesdienstform. So oder so kann eine Kirche, die dem Herrn der Ekklesia gehorcht, nicht dort den Segen und das Wohlgefallen Gottes zusprechen, wo ganz offenkundig Sünde gelebt und gerechtfertigt wird. Der Segen in Christus wird nur dort angemessen empfangen, wo Sünde erkannt, bekannt, bereut und gemieden wird; siehe Act 3,26: „Für euch zuerst hat Gott seinen Knecht Jesus erweckt und hat ihn zu euch gesandt, euch zu segnen, dass ein jeder sich bekehre von seiner Bosheit.“ Übrigens ist ein Segnungsgottesdienst für frisch Verheiratete nach evangelischem Verständnis im wesentlichen nichts anderes als eine Trauung. Eine alternative Benennung kaschiert nur, wo eine öffentlich handelnde Kirche nichts kaschieren sollte.
  1. Ein Ärgernis in der Gemeinde, so heißt es, verbiete die gottesdienstliche Feier zur Einsegnung von zwei Männern oder zwei Frauen. Diese Regelung wirft die Frage auf, wie sich dieses Ärgernis feststellen lässt. Fragt man einen Kirchengemeinderat danach, der seine Gemeinde zur „Regenbogengemeinde“ erklärt hat, wird er sicher nichts Anstößiges daran finden. Fragt man die Christen vor Ort, die dieser Entscheidung des Kirchengemeinderats nicht zustimmen, dürfte sich vermutlich in fast jeder württembergischen Kirchengemeinde der berechtigte Einspruch finden, dass Gott das Schöpfungswidrige nicht segnet. Weil zudem die einzelne Ortsgemeinde nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern Teil des landesweiten und weltweiten Leibes Christi ist, in dem Anstoß und Ärgernis zu vermeiden ist (Rö 14,13), verbietet sich die besagte Feier überall von selbst.
  2. Professor Dr. Heinrich de Wall, Erlangen, stellte beim Studientag der Synode am 24. Juni 2017 in Bad Boll fest: „Befürworter und Gegner haben ein grundlegend unterschiedliches Verständnis der Normativität der biblischen Aussagen zur Ehe. Damit ist in der Tat die Einführung von Trauungen homosexueller Partnerschaften eine Bekenntnisfrage, genauer: Sie beinhaltet eine Änderung des bisherigen Verständnisses von Schrift und Bekenntnis und bedarf daher des Konsenses.“ Das jetzt eingebrachte Gesetz stellt ausdrücklich fest, dass es den magnus consensus im Blick auf die biblischen Aussagen nicht gibt. Folglich hebelt es rechtswidrig den Bekenntnisstand der württembergischen Kirche aus.
  1. Der Oberkirchenrat verweist bei seiner Einführung darauf, dass außer der württembergischen Kirche nur noch die Kirche von Schaumburg-Lippe keinen derartigen Segnungsgottesdienst kennt. Gleichgeschlechtlich lebende Gemeindeglieder fühlten sich ausgegrenzt und gesellschaftliche Gesprächspartner irritiert. Diese Aussagen legen offen, woher die Motivation stammt, ein Novum und ein Skandalon zu installieren, das in 2000 Jahren Kirchengeschichte seinesgleichen sucht. Die Kirche passt sich an eine westliche Gesellschaft an, die in den letzten Jahrzehnten von Vertretern einer Gleichheitsideologie systematisch in Richtung einer Umwertung der Werte, sprich: einer nie dagewesenen Akzeptanz der Homosexualität diskursiv, politisch und medienstrategisch geführt und gezwungen worden ist. Die Kirche wird umgeformt im Sinne einer Zivilreligion, die den Vorstellungen der gesellschaftlichen Meinungsmacher entspricht. Der diskriminierenden Anklage von „Ausgrenzung“, „Diskriminierung“ und „Homophobie“ entgeht man durch den kirchlichen Beitritt zu einem System der Akzeptanz. So entkommt man den Mechanismen der Ächtung durch den Mainstream, der jede Abweichung vom politisch Korrekten gnadenlos ahndet.
  1. Die Alternative zu dieser Strategie ist die Seelsorge von Jesus, dem Sohn des lebendigen Gottes, der tatsächlich jedem Menschen die berührende Annahme und die liebende Zuwendung Gottes vermittelt; aber so, dass der Oberzöllner auf der Stelle seine Mafia-Machenschaften aufgibt, die Ehebrecherin das Fremdgehen und die Prostituierte ihr Arbeitsfeld. Jesus wehrt dem Hintergehen und Auflösen der Schöpfungsordnung für Mann und Frau (Mt 19,4-6) und weist so den Weg zu Glück und Segen. Dieses Glück bezeugen viele Menschen, die zumindest auf Abschnitten ihres Lebensweges gleichgeschlechtlich unterwegs waren und dann dem Evangelium – Jesus Christus selbst – begegnet sind. Wer ihr Zeugnis wahrnimmt und ernst nimmt, wird der Seelsorge im Sinne des Herrn keinen Gottesdienst zur Segnung des Abweges an die Seite stellen, sondern vielmehr Beratung und Seelsorge in der Spur von Jesus fördern, die die annehmende, vergebende und erziehende Gnade Gottes erfahrbar macht.
  1. Die Synode, die erneut vor eine Wahl gestellt wird durch einen Vorschlag, der theologisch, kirchenrechtlich und seelsorgerlich abwegig ist, möge dessen eingedenk sein, dass der Kampf der Reformation ganz wesentlich auch ein Kampf gegen den falschen Gottesdienst war, „lauter Menschenfundlin, von Gott nicht geboten“, „ein fährlich Ding, ohn Gottes Wort und Willen erticht und erfunden“ (BSLK 3. Aufl., 416f). Die Kirchenspaltung entstand durch den falschen Gottesdienst aufgrund einer falschen Theologie mit einem falschen Gottesbild.

Es könnte sein, dass es heute um nicht weniger geht als um den Anfang vom Ende der einen evangelischen Landeskirche.

Pfr. Dr. Tobias Eißler, Ostfildern-Ruit, Januar 2019