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Gottes Gericht in Zeit und Ewigkeit

Mittwoch 16. April 2008 von Prof. Dr. Reinhard Slenczka (1931-2022)


Prof. Dr. Reinhard Slenczka (1931-2022)

Gottes Gericht in Zeit und Ewigkeit

Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Laßt uns beten: Herr, himmlischer Vater, wir bitten dich, erleuchte durch dein Wort unsere Herzen und unseren Verstand, daß wir deine Allmacht, deine Gerechtigkeit und deine Liebe in dieser Zeit im Glauben recht erkennen und dich preisen bis wir dich schauen von Angesicht zu Angesicht in deiner ewigen Herrlichkeit. Das bitten wir in Jesu Namen. Amen.

0. Umschau

Hebr 11, 6: „Aber ohne Glauben ist’s unmöglich, Gott zu gefallen; denn wer zu Gott kommen will, der muß glauben, daß er ist und daß er denen, die ihn suchen, ihren Lohn gibt.“

Aus diesem Wort halten wir zweierlei für alles Weitere fest: 1. Gott ist nicht ein Gedanke, den man haben und verstehen oder nicht haben und nicht verstehen kann; er ist außerhalb von uns, ganz gleich, ob wir das glauben oder nicht. 2. Gott handelt mit Lohn und Strafe, richtend und rettend, unabhängig davon, ob uns das gefällt oder nicht. Man mag das also bestreiten oder bezweifeln; aufheben kann man das nicht, und das Gericht Gottes wirkt mit Sicherheit gerade auch dann, wenn es verschwiegen wird.

In einer Theologenkommission verhandelte man über das Gericht Gottes. Ein Oberkirchenrat bemerkte dazu: Ich möchte nicht so gerne von Gericht Gottes sprechen, sondern lieber vom Reich Gottes. Diesem Theologen war offenbar nicht bewusst, daß richten und herrschen nicht nur zusammengehören, sondern dasselbe bedeuten. Die Verkündigung Jesu lautet in kürzester Zusammenfassung: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes herbeigekommen. Tut Buße und glaubet an das Evangelium!“ (Mark 1, 15) Evangelium aber ist die frohe und befreiende Botschaft von der Rettung aus dem kommenden Gericht.

Solche Vorbehalte gegen das Wortfeld Gericht, richten, Richter sind in Theologie und Kirche sehr weit verbreitet. Daher ist es nicht überraschend, wenn in der Taufpraxis das Einsetzungswort von Mark 16, 16: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt (wörtlich: abgeurteilt) werden“ vermieden und in neueren Agenden (VELKD) sogar ausgelassen wird.

Verbreitet ist auch die Meinung, daß im Alten Testament nur vom zornigen und strafenden Gott die Rede sei. Seit den Anfängen der christlichen Kirche (Markion) bis in die Gegenwart (Adolf von Harnack und von Nationalsozialisten) wurde daher immer wieder gefordert, das Alte Testament abzuschaffen weil diese Gottesvorstellung nicht vereinbar sei mit der Liebe Gottes wie sie sich in Jesus Christus offenbart.

Nicht nur in den Theologie und Kirche, sondern ebenso in der öffentlichen Meinung begegnen tiefsitzende Vorbehalte gegen alles, was mit Gericht, Gesetz und Ordnung zu tun hat. „ Law and order“ ist ein weitverbreitetes spöttisches Schimpfwort.

Was aber geschieht, wenn im Straßenverkehr jeder gegen Ordnung und Gesetz beliebig rechts oder links fahren würde? Die Strafe folgt dann auf dem Fuß, so heißt es im Volksmund. Was geschieht, wenn die Unterscheidung von Mein und Dein aufgehoben würde? Jeder wird sein Eigentum nach Kräften schützen und verteidigen. Das kann man in Ländern sehen und erleben, in denen „law and order“ fehlen und zusammengebrochen sind. Die Leute leben dann in Burgen oder Festungen und führen Waffen mit sich. Was bliebe vom Fußball übrig ohne Schiedsrichter, gelbe und rote Karten, Platzverweise und Strafstöße (penalty)? Was geschieht, wenn wir das Naturgesetz der Schwerkraft missachten? Wir fallen elend auf die Nase.

So sind wir alltäglich und notwendig auf Recht und Ordnung angewiesen und davon umgeben. Dabei handelt es sich ja nicht nur um Strafe, sondern zuerst immer um Schutz und Sicherung. Furcht vor dem Richter und dem Gericht muß eigentlich nur ein Schuldiger haben, der sich vor der Strafe fürchten muß. Gerechte und vor allem Schwache sind auf Recht und Gericht angewiesen.

Und richten wir nicht selbst ständig über andere Personen, Zeiten und Dinge? Doch gegen Gottes Gericht wehrt sich unser alter Adam mit allen Kräften, weil er offenbar nach wie vor ein schlechtes Gewissen vor Gott hat und sich vor ihm verstecken will.

Schließlich noch ein letzter einleitender Hinweis: als lutherischen Christen liegt uns die Rechtfertigung am Herzen. Rechtfertigung aber hat immer mit Recht und Gericht zu tun. Denn es geht dabei darum, daß der Sünder aus dem Gericht Gottes gerettet wird im Vertrauen darauf, daß Jesus Christus für uns gestorben und auferstanden ist. Im Vertrauen auf ihn sollen wir aus dem Gericht gerettet werden, wenn er kommt, „zu richten die Lebenden und die Toten“, wie wir das als unseren Glauben bekennen.

Unter drei Aspekten möchte ich im Folgenden das Thema behandeln: 1. Geht es um die Schöpfungsordnung, und das betrifft das Naturgesetz; 2. Geht es um die Erhaltungsordnung, und das betrifft die Ordnung von Sitte und Recht im menschlichen Leben und Zusammenleben; 3. Geht es um die Heilsordnung, und das betrifft die Rechtfertigung des Sünders zur Rettung aus dem Gericht Gottes durch den Glauben an Jesus Christus.

Diese drei Themenkreise beziehen sich jeweils auf die Grundlagen unseres christlichen Glaubens. Daher gehe ich stets von einem Bibeltext aus, und das geschieht unter der Voraussetzung, daß die Heilige Schrift das Wort des Dreieinigen Gottes ist, in dem er sich selbst zu erkennen gibt, wie er ist, was er tut und was er von uns will. In dieser Weise ist die Heilige Schrift Erkenntnisgrundlage (a priori), Ausgangspunkt für unsere Erkenntnis.

Diese Auffassung unterscheidet sich grundlegend von einer anderen, sehr weit verbreiteten Auffassung, nach der die Heilige Schrift Erkenntnisgegenstand ist. Dann richtet sich das Interesse darauf, wie man die Texte alter Zeiten für die Menschen von heute verständlich machen kann. Die Verstehensvoraussetzungen und Erfahrungen (a posteriori) des heutigen Menschen bekommen dann eine normative Funktion. Man fragt dann: Wie verstehe ich das? Gefällt mir das? Was gibt mir das?

Die personale Beziehung zwischen Gott und Mensch, wie wir sie im Gebet vollziehen im Verhältnis von Ich und Du wird ohne das uns anredende Wort Gottes zum Selbstgespräch. Man spricht dann nicht mehr von Gott, wie er ganz unabhängig davon, ob wir an ihn glauben oder nicht, außerhalb von uns existiert, sondern es ist die Rede von Gottesbildern, die dann u. U. nach unseren jeweilig herrschenden Ideologien auch männlich und weiblich, nicht jüdisch, sondern germanisch sein müssen. Die Gebote Gottes erscheinen dann als bloße „Angebote“ zur gefälligen Auswahl, wie uns das passt.

Diese Entscheidung, ob die Heilige Schrift Erkenntnisgrundlage oder Erkenntnisgegenstand ist, wird uns im Folgenden immer wieder begegnen, und ich möchte das daher an einem wichtigen Beispiel deutlich machen:

Der Mensch ist, wie wir aus dem Wort Gottes wissen (Gen 1, 26f), von Gott zu seinem Bild und Gleichnis geschaffen. Aus unserer Erfahrung mit unseren lieben oder bösen Mitmenschen können wir das schwerlich bestätigen. So hat auch der Verhaltensforscher Konrad Lorenz (1903-1989) gesagt: „Wenn ich den Menschen für das endgültige Ebenbild Gottes halten sollte, würde ich an Gott irre werden“ (Das sogenannte Böse. 388). Dieser Naturwissenschaftler geht von dem aus, was er mit seinen Augen sieht und nach seinen Maßstäben beurteilt (a posteriori). Ist das Wort Gottes jedoch Erkenntnisgrundlage (a priori), dann fällt ein Licht aus der Offenbarung auf unsere Erfahrung, das uns zeigt: Jeder Mensch, unabhängig von Hautfarbe, Rasse, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, ist von Gott geschaffen und von ihm geliebt. Dem ist nachzudenken, besonders wenn wir prüfen, nach welchen Kriterien wir Menschen zu beurteilen und zu verurteilen pflegen. Von hier aus gesehen sind Menschenrechte nicht Forderungen, die durchzusetzen sind, sondern Gabe und Einsicht, oft genug gegen alle unsere Erfahrung mit unseren Mitmenschen.

1. Die Schöpfungsordnung: Das Naturgesetz

Weisheit 11, 21-26: „Aber du hast alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet. Denn deine Kraft gewaltig zu erweisen ist dir allezeit möglich, und wer kann der Macht deines Arms widerstehen?

22 Denn die ganze Welt ist vor dir wie ein Stäublein an der Waage und wie ein Tropfen des Morgentaus, der auf die Erde fällt.

23 Aber du erbarmst dich über alle; denn du kannst alles, und du übersiehst die Sünden der Menschen, damit sie sich bessern sollen.

24 Denn du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von dem, was du gemacht hast; denn du hast ja nichts bereitet, gegen das du Hass gehabt hättest.

25 Wie könnte etwas bleiben, wenn du nicht wolltest? Oder wie könnte erhalten werden, was du nicht gerufen hättest?

26 Du schonst aber alles; denn es gehört dir, Herr, du Freund des Lebens“.

Das Wort Gottes öffnet unseren Blick dafür, wie alles im Weltall eine ganz bestimmte Ordnung und Gesetzmäßigkeit aufweist. Die Griechen bezeichnen das Weltall als Kosmos, und das bedeutet Ordnung und Schönheit (daher: Kosmetik). Wie blind sind wir und vor allem wie undankbar sind wir doch, wenn wir in der Welt vorwiegend nur Mängel und Fehler sehen und uns ständig Sorgen machen! Unser Herr sagt dazu, daß wir keinen Grund zu Sorge und Furcht haben: „Kauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als viele Sperlinge“ (Mat 10, 29 f).

Mathematiker und Physiker zeigen uns, wie alles nach „Maß, Zahl und Gewicht“ geordnet ist. Das sind Regeln und Gesetze, für die aus guten Gründen eine absolute und unveränderliche Geltung beansprucht wird.

Manche Kirchenväter und Theologen, wie Augustin (354-430) oder Nikolaus von Kues (1401-1464) haben sich intensiv mit den Geheimnissen des Zahlensystems beschäftigt: „Ratio et veritas numeri“, so nennt es mit großer Bewunderung Augustin, und darunter versteht er das, was sich an Vernunft und Ordnung in der von Gott geschaffenen Welt findet und was wir mit unserer Vernunft zu entdecken und zu verstehen suchen. Ratio heißt aber nicht nur Vernunft, sondern auch Grund und Ursache, das, was man berechnen kann. Anders ausgedrückt: Es geht hier um die Gesetzmäßigkeit von Ursache und Wirkung sowie um das Zahlensystem, das übrigens eine Sprache ist, die über allen Sprachen steht (eine Metasprache).

Das Verhältnis von Ursache und Wirkung verläuft in der Natur mechanisch. Im Leben und Zusammenleben von Menschen jedoch verläuft dieses Verhältnis moralisch. Das bezieht sich auf Tat und Folge, auf Erfolg und Misserfolg und damit auch auf Schuld und Strafe. Selbst wenn die Gerichtsvorstellungen in Theologie und Kirche verdrängt werden, sind wir in der Natur und in der menschlichen Geschichte davon umgeben und darin gefangen. Das sind Gesetzmäßigkeiten, denen wir niemals entrinnen können. Wir versuchen, „Vergangenheit zu bewältigen“, Schuld „wieder gut zu machen“. Ein frommer Jude sagte mir dazu einmal sehr richtig: „Das kann doch nur Gott!“

Das biblische Zeugnis von der Schöpfung ist sehr weit und umfassend. Allerdings trifft es immer wieder, auch bei Theologen, auf den Vorbehalt, daß es sich dabei um Texte aus vergangenen Zeiten und wissenschaftlich überholte Vorstellungen handele: Die Welt in sechs Tagen geschaffen, die Erde als Mittelpunkt der Welt – geozentrisches Weltbild – die Erde als Scheibe etc.

Es ist keine Frage, daß die menschliche Erforschung der Natur und des Kosmos sich entwickelnd fortschreitet. Dieser Fortschritt besteht jedoch nicht darin, daß sich die von Gott geschaffene Welt verändert, sondern daß man genauer und vielleicht mit besseren Mitteln das erkennt, was seit jeher besteht und geschieht. Erkenntnisfortschritt ist also ständige Beseitigung von Fehlern. Grundsätzlich jedoch ist festzuhalten: Wir können die Natur aus Gottes Wort erkennen, nicht jedoch Gott aus der Natur ohne das Wort Gottes.

Doch was sagt uns Gottes Wort von der Schöpfung und Erhaltung dieser Welt, in der und von der wir leben? Zunächst leitet es uns dazu an, daß wir diese Schöpfung Gottes bewundern und unsere Grenzen erkennen: „Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur daß der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende“ (Pred 3, 11). Weiter werden uns die Augen geöffnet; ein paar Hinweise dafür müssen hier genügen.

Die Welt ist am Anfang von Gott aus Nichts geschaffen. So lesen wir: „…und Gott sprach“. Dieses Sprechen hat als Wort die Form des Befehls: „es werde“. Psalm 33, 9: „Denn wenn er spricht, so geschieht’s; wenn er gebietet, so steht’s da.“

Ebenso geschieht durch das befehlende Wort die Trennung und Unterscheidung: Licht und Finsternis, Wasser und Land; ferner die Benennung und Namengebung. Diese Schöpfung durch das Wort Gottes beantwortet also nicht nur die Frage nach dem Ursprung, sondern das ist ein Herrschaftsakt, durch den von vornherein andere Herrschaften wie z.B. Naturgewalten, Gestirne etc. ausgeschlossen sind. Astrologische Ratgeber, wie sie sich auch in einer wissenschaftsgläubigen modernen Welt in Zeitungen und im Internet finden, sind damit unvereinbar, weil falsch und überflüssig.

Schließlich kommt dazu die Beurteilung und Bewertung des Geschaffenen: „Und Gott sah, daß es gut war“. Und zum Schluss heißt es: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (Gen 1, 31).

Wie aber steht es mit den sechs oder sieben Schöpfungstagen? Wenn wir aus unserer Erfahrung urteilen, dann hat der Tag 24 Stunden, danach gemessen, wie sich die Erde um ihre eigene Achse dreht. Die weiteren Zeitbestimmungen ergeben sich daraus, wie sich der Mond um die Erde und die Erde um die Sonne dreht. D. h. wir haben – auch nach Kopernikus – eine geozentrische, an unsere Erde gebundene Zeitvorstellung. Wohin das führt kann man sehen, wenn man den Kosmos aus der geozentrischen Perspektive in Milliarden von Lichtjahren zu berechnen versucht, wenn das Licht in einer Sekunde 300.000 km im Vakuum zurücklegt. In der Lichtgeschwindigkeit sehen wir mit Einstein eine kosmische Konstante. Oder wenn man ebenso „Nanosekunden“ /Zwergsekunden) misst, also mit Milliardstels von Sekunden[10-12]. Man kann das messen; vorstellen kann man das sich nicht, sondern wohl nur bewundern.

Die Zeitvorstellung des biblischen Zeugnisses ist jedoch weder geozentrisch noch heliozentrisch; es ist theozentrisch: Weder Erde noch Sonne stehen im Mittelpunkt, sondern Gott steht und herrscht über allem: Das Licht wird am Anfang und vor den Lichtern der Gestirne am 4. Tag von Gott geschaffen. Ebenso die Unterscheidung von Licht und Finsternis mit der Benennung von Tag und Nacht geschieht am ersten Tag. Dabei ist sprachlich interessant, daß im Gegensatz zu vielen ungenauen Übersetzungen dieser erste Tag auf hebräisch nicht als „erster“ mit der Ordinalzahl, sondern als „Tag eins“ mit der Kardinalszahl bezeichnet ist. Im Hebräischen gibt es keine Null. An ihrer Stelle steht die „eins“ als Kardinalzahl, und darauf folgen dann mit Ordinalzahlen, der zweite, der dritte und jeder weitere Tag.

Gottes Tage sind jedenfalls nicht in 24 Stunden an der Erdumdrehung zu messen, sondern dazu heißt es im Psalm 90, 4; 2 Petr 3, 8): „Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.“ Das ist theozentrische Zeit.

In ähnlicher Weise wird unsere geozentrische Zeitvorstellung durchbrochen, wenn es Hebr 13, 8 heißt: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“. Und: Offb 1, 8: „Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ Gott ist Schöpfer und Herr der Zeit. Er ist für alle Zeit und jeden Menschen gleichzeitig. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind von Gott geschaffen, umgriffen und beherrscht.

Daßelbe gilt vom Raum: Wenn es heißt, daß Gott im Himmel wohnt, dann wird unser Blick von der Erde abgewendet nach oben. Es heißt jedoch nicht, daß er hinter den Wolken oder in den Sternen zu suchen ist, denn „siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen“(1 Kö 8, 27). Der Schöpfer von Himmel und Erde kann gewiss überall sein, doch er ist nicht in Raum und Zeit, die er doch geschaffen hat, eingeschlossen.

 Was ich in diesem Abschnitt vorgeführt, im Grunde nur angedeutet habe, ist ein gewaltiges Thema. Es geht aber allein um die Einsicht, wie die Erschaffung der Welt durch Gott nicht nur eine Antwort auf die Menschheitsfrage nach dem ersten Ursprung ist, sondern ein Hinweis auf die sich in dieser Schöpfung offenbarende Macht, Herrlichkeit und Herrschaft Gottes. Das bekennen wir als unseren Glauben an „Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erden.“ Gott ist Schöpfer und Herr von Raum und Zeit.

In den Psalmen wird uns das Lob Gottes in den Mund gelegt, und unser Blick wird geöffnet für die Schönheit und Ordnung von Gottes Schöpfung (z. B. 8; 104; 139 u. a.). Um nur einen Text zu zitieren, der zugleich zum folgenden Abschnitt überleiten kann, Ps 119, 89-94:

„HERR, dein Wort bleibt ewiglich, so weit der Himmel reicht;

90 deine Wahrheit währet für und für. Du hast die Erde fest gegründet, und sie bleibt stehen.

91 Sie steht noch heute nach deinen Ordnungen; denn es muß dir alles dienen.

Und nun folgt die Überleitung zu unserem nächsten Thema, die menschliche Rechts- und Sittenordnung:

92 Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre, so wäre ich vergangen in meinem Elend.

93 Ich will deine Befehle nimmermehr vergessen; denn du erquickst mich damit.

94 Ich bin dein, hilf mir; denn ich suche deine Befehle.“

2. Die Gesellschaftsordnung:
Menschliche Rechts- und Sittenordnung

Was wir von der Erschaffung der Welt durch das Wort Gottes gesagt und gehört haben, betrifft ausnahmslos jeden und alle Menschen, ganz gleich, ob sie nun an Gott glauben oder nicht. In einer Gesellschaft, die darum ringt, den weltanschaulichen Pluralismus in einer Staatsordnung zusammenzuhalten, wird eine solche Behauptung befremdlich erscheinen oder sogar auf spontane Ablehnung stoßen. Doch einerseits müssen wir uns daran erinnern, daß durchgehend in allen biblischen Schriften eine pluralistische und multireligiöse Gesellschaft besteht. Dadurch entstehen viele Konflikte, Anfechtungen und Versuchungen. Das Volk Gottes wird in solchen Fällen immer wieder auf das erste Gebot hingewiesen: „Ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Andererseits ist festzuhalten, daß Gott eben nicht ein Produkt unserer Phantasie ist, sondern daß er außerhalb von uns und auch ohne unsere Anerkennung als Schöpfer, Erhaltung, Richter und Retter der Welt und aller Menschen existiert.

Im Bildungszentrum der antiken Welt, in Athen, hat der Apostel Paulus das vor den Vertretern der beiden großen Philosophenschulen jener Zeit, den Stoikern und den Epikureern, so verkündet:

Apg 17, 24-31: „Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind.

25 Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen, wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt.

26 Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen,

27 damit sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns.

28 Denn in ihm leben, weben und sind wir; wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts.

29 Da wir nun göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Kunst und Gedanken gemacht.

30 Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, daß alle an allen Enden Buße tun.

31 Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.“

Gegenüber dem heidnischen Polytheismus verkündet der Apostel den einen und einzigen Gott, der alles geschaffen hat, der auch das Zusammenleben der Völker ordnet, der an einem festgesetzten Tag das Gericht über alle Welt halten wird, aus dem allein der Glaube an Jesus Christus, den gekreuzigten und auferstandenen, retten wird.

Mit diesem Text wird unsere Aufmerksamkeit zunächst auf die Ordnung des menschlichen Zusammenlebens gerichtet. Dabei geht es um Recht und Sitte. Ich möchte das an einigen Punkten vorführen:

2.1. Ermöglichung und Verlust der Freiheit

Am Anfang der Gemeinschaft von Gott und Mensch steht ein Gebot und ein Verbot: „Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm issest, mußt du des Todes sterben“ (Gen 2, 6f.)

Das Gebot „du darfst“ übergibt den Menschen die ganze Fülle der Früchte aus dem Paradies. Das Verbot schließt einen einzelnen Baum davon aus. Sollte die Liebe Gottes nicht grenzenlos sein? Der Sündenfall setzt genau bei diesem Verdacht und dieser Frage ein: „Sollte Gott gesagt haben…?“

Wenn wir jedoch nicht von unserem Einwänden ausgehen, sondern dem Wort Gottes nachdenken, dann werden wir zu folgender Einsicht geführt: mit dem Verbot erhält der Mensch Adam die Freiheit, sich für oder gegen Gott zu entscheiden.

Bei unseren natürlichen Widerwillen halten wir Verbote für eine Beschränkung unserer Freiheit. Doch das ist genau das Kennzeichen und die Folge des Sündenfalls. Die Frage jedoch, „Sollte Gott gesagt haben…?“ begleitet die Menschheit durch ihre ganze Geschichte mit Gott. Verbote reizen immer zum Widerspruch und zur Übertretung; sie wecken die Sünde (Röm 7, 7 ff).

Damit halten wir auch fest, daß die Unterscheidung von Gut und Böse keineswegs die bessere Möglichkeit des Menschen ist, sondern sichtbarer Folge des Abfalls von Gott. Zu diesen sichtbaren Folgen des Sündenfalls im menschlichen Leben gehört auch die Mühe der Arbeit, die Schmerzen bei der Geburt, die Abhängigkeit der Frau vom Mann und nicht zuletzt der Tod als „der Sünde Sold“ (Röm 6, 23). Wir sind uns sicher alle im Klaren darüber, wie unser ganzes menschheitliches Leben darauf ausgerichtet ist, diese Folgen des Sündenfalls nicht nur zu beseitigen, sondern zu bekämpfen. Doch „der Versuch, den Himmel auf Erden zu verwirklichen, produzierte stets die Hölle“ – so sagte es der Philosoph Karl Popper (1902-1994) .

2. 2. Das Gewissen

So schreibt der Apostel Paulus im Brief an die Römer:

11 Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott.

12 Alle, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verloren gehen; und alle, die unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durchs Gesetz verurteilt werden.

13 Denn vor Gott sind nicht gerecht, die das Gesetz hören, sondern die das Gesetz tun, werden gerecht sein.

14 Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz fordert, so sind sie, obwohl sie das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz.

15 Sie beweisen damit, daß in ihr Herz geschrieben ist, was das Gesetz fordert, zumal ihr Gewissen es ihnen bezeugt, dazu auch die Gedanken, die einander anklagen oder auch entschuldigen

16 an dem Tag, an dem Gott das Verborgene der Menschen durch Christus Jesus richten wird, wie es mein Evangelium bezeugt“ (Röm 2, 11-16).

Was im Hebräischen das Herz ist, ist im Griechischen das Gewissen. Gewissen ist ein Wort, das erst durch die Bibelübersetzung in die deutsche Sprache und ebenso in manche andere Sprachen gekommen ist. Jeder Mensch hat ein Gewissen, vor allem weiß auch jeder Mensch, wie das Gewissen in ihm wirkt. Es gibt gutes und schlechtes Gewissen; dabei ist ein schlechtes Gewissen ein gutes Gewissen, weil es funktioniert. Manche Menschen sind gewissenlos oder sie machen sich kein Gewissen. Sicher wissen wir aber alle, wie das mit Anklage und Verteidigung in unseren Herzen und Gewissen vorgeht und wie Anklage und Verteidigung unter Menschen und in der Gesamtgesellschaft wirken. Wer Zeitungen liest, hat dies weltweit und täglich vor Augen, und auf diese Weise sind die Massenmedien durchaus eine Art von kollektivem Gewissen im guten wie im schlechten Sinn.

Der Apostel Paulus aber zeigt uns, wie im Gewissen das Gesetz und der Wille Gottes wirksam sind. Ferner zeigt er, wie Anklage und Verteidigung als Vorgänge im Gewissen auf das Gericht Gottes am Ende der Zeit und über Lebende und Tote hingerichtet ist. Das Endgericht ist also im Gewissen aller Menschen bereits gegenwärtig wirksam.

Auch wenn jeder Mensch ein Gewissen ebenso wie ein Herz hat, so muß dieses Gewissen jedoch gefüllt und gebildet werden. Das ist die Aufgabe der Erziehung. Man spricht in diesem Zusammenhang von Werten, allerdings meist erst dann, wenn diese Werte fehlen und vermisst werden. Zweifellos sind die Zehn Gebote ein solcher Wertekatalog der eine universale Geltung hat. Hier gibt es also, was wohl zu beachten ist, auch keinen Unterschied zwischen Christen und Nichtchristen, denn alle Menschen ohne Ausnahme, Lebende wie Tote, stehen in der Verantwortung vor dem für alle Menschen geltenden Gesetz Gottes, das auch der unveränderliche Maßstab für das Endgericht ist.

2. 3. Die staatliche Rechtsordnung:
Gesetzgebung und Rechtsprechung

Wie es Naturgesetze gibt, so gibt es Gesetze und Ordnungen für das menschliche Zusammenleben. Gesetzgebung, Rechtsprechung, Richter und Gerichte sind eine bittere Notwendigkeit für menschliches Zusammenleben. Immer wieder erleben wir, wie eine Gesellschaft im Chaos versinkt, wenn das fehlt oder zerstört ist. Denn dann regiert das Faustrecht, Macht und Recht hat der Stärkere. Gott hat die Obrigkeit eingesetzt und ihr auch die notwendige Macht übergeben, das Recht zu schützen und durchzusetzen. Das ist eine kostbare Gabe und dringende Notwendigkeit, freilich oft, wie auch viel andere Gaben Gottes, verachtet.

Daher ermahnt der Apostel Paulus im Brief an die Gemeinde in Rom, übrigens im Jahr 58, also in der Regierungszeit des Kaiser Nero (54-68) verfasst, die Obrigkeit als Gottes Ordnung anzuerkennen und zu achten. Der gerade in Deutschland aufbrechende spontane Einwand aus der Erfahrung einer gottlosen Obrigkeit, muß zunächst mit dem Hinweis beantwortet werden, daß jede Obrigkeit als Dienerin Gottes unter der Herrschaft und dem Gericht Gottes steht.

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland von 1949 beginnt mit dem Satz: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,… hat das Deutsche Volk… kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.“ In Verfassungen mancher anderer Staaten findet sich eine ähnliche ‚Anrufung Gottes‘‚ (invocatio Dei). Wiederum waren es protestantische Theologen in Deutschland und in der Schweiz, die der Meinung waren und entsprechende Anträge stellten, daß eine solche Anrufung Gottes deshalb nicht möglich sei, weil die dafür notwendige öffentliche Zustimmung fehle. Offenbar sind solche Theologen der Meinung, Gott könne wie ein Präsident demokratisch gewählt und entsprechend auch abgewählt werden. Wie Sie wissen, hat es um die europäische Verfassung eine ähnliche Auseinandersetzung gegeben. Doch hören wir, was der Apostel uns sagt (Röm 13, 1-10):

„ Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn, es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet.

Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu.

Denn vor denen, die Gewalt haben, muß man sich nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes; so wirst du Lob von ihr erhalten.

Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: sie ist Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut.

Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen.

Deshalb zahlt ihr ja auch Steuer; denn sie sind Gottes Diener, auf diesen Dienst beständig bedacht.

So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.

Seid niemand etwas schuldig, außer, daß ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.

Denn was da gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren«, und was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefasst: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.«

Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.“

Wohl gemerkt: Liebe ist Erfüllung, nicht also Aufhebung des Gesetzes!!

Recht und Moral gehören zusammen, sofern es hier um Gebote, Normen und Werte geht. Der Unterschied liegt allein darin, das Moral und Sitte zuerst im Bereich des einzelnen Gewissens lokalisiert sind, während das Recht in den Bereich der Politik gehört. Beides aber ist nach der göttlichen Anordnung und nach dem Inhalt nicht voneinander zu trennen. Alles steht unter dem Gericht Gottes und vollzieht sich unter seinem Gericht.

Daß die christliche Gemeinde aus ihrer Kenntnis des Wortes Gottes dafür eine ganz besondere Verantwortung hat, bei der es um die Inhalte und Werte geht, müssen wir nachdrücklich festhalten. Die gerade in protestantischen Kreisen weit verbreitete Aversion gegenüber diesem Bereich und Themenkreis kann man nur als Kurzsichtigkeit und Torheit bezeichnen. Ich brauche sicher nicht Beispiele dafür zu erwähnen. Dazu muß man auch wissen: Das Prinzip der Mehrheit mit dem, was alle tun, kann und darf hier nicht gelten und herrschen. Recht und Wahrheit gehören vielmehr zusammen, und dabei geht es um das, was nach Gottes Willen gut für den Menschen und die Menschheit ist. Es würde doch in der Welt ganz anders zugehen, wenn Mehrheit, Recht und Wahrheit daßelbe wären.

3. Die Heilsordnung: Rechtfertigung des Sünders, jedoch nicht der Sünde, durch den Glauben an Jesus Christus zur Rettung aus dem Gericht

 Im Gespräch mit Nikodemus, einem Pharisäer, über Taufe und Wiedergeburt sagt unser Herr:

„ Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde.

Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes“ (Joh 3, 16-18).

In aller Kürze und Genauigkeit haben wir in diesem Wort alles, was den Glauben und die Lebenswirklichkeit eines Christen ausmacht. Glaube ist Vertrauen auf Jesus Christus, der für die Sünde der Welt am Kreuz gestorben ist und den Gott zu unserer Rettung auferweckt hat. Taufe auf den Namen des Dreieinigen Gottes ist reale Gemeinschaft mit Gott. Daher gilt, daß „Christus durch den Glauben in uns wohnt“ (Eph 3,17; Röm. 8 )

Dies hat zur Folge, daß der alte Mensch im Fleisch der Sünde in uns durch tägliche Buße und Reue abstirbt, während der neue Mensch in der Kraft des Heiligen Geistes in uns erneuert wird (Röm 7). Unter dieser Voraussetzung von Glaube und Taufe betrachten wir nun die Heilsordnung.

4. Lohn und Strafe – Gesetz und Evangelium

Folgenreiche und tiefgreifende Fehler treten in protestantischer Theologie und Kirche, in Verkündigung und Unterweisung dadurch auf, daß man meint, das Gesetz Gottes sei nunmehr beendet und das Gericht bereits bestanden. Doch im Alten wie im Neuen Testament ist ausdrücklich von Lohn und Strafe, von Segen und Fluch die Rede. So sagt Gott den Zehn Geboten: „Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten“ (Ex 20, 5-6). Im Kleinen Katechismus hat Luther das als Beschluss und Zusammenfassung aller zehn Gebote aufgenommen; im Großen Katechismus erscheint dieser Text als Inbegriff des 1. Gebots.

Bei den Geboten Gottes geht es also um Lohn und Strafe, um Segen und Fluch, und das betrifft nicht nur den Einzelnen, sondern auch die nachfolgenden Generationen. Daher muß man deutlich sehen und sagen: Die vieldiskutierte Verantwortung für die nachfolgenden Generationen beginnt nicht erst bei der Umwelt und bei den Renten, sondern bei dem Segen und Schutz aus den Geboten Gottes. An dieser Stelle sind die Christen und die Kirchen gefordert, wo sie leider ständig versagen und stattdessen leere Proklamationen zu Umwelt und Wirtschaft von sich geben.

In der Bergpredigt verweist Jesus durchgehend auf Lohn und Strafe:

„Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen. Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden.“

„ Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht töten«; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig“ (Mat 5, 11-12.21-22)

Und der Apostel Paulus ermahnt immer wieder seine Gemeinden und damit auch uns:

„Oder wisst ihr nicht, daß die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Lasst euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder, Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes ererben“ (1 Kor 6, 9-10; Eph 5, 5; Gal 5, 21).

Und schließlich werden wir in der ganzen Bibel von Anfang bis zum Ende auf das Gericht Gottes mit Lohn und Strafe in Zeit und Ewigkeit hingewiesen.

Wer aber hätte Recht und Vollmacht von Gott, zu behaupten und zu beschließen, daß solche Gebote und Warnungen heute nicht mehr gelten, weil sich die Verhältnisse oder auch die wissenschaftlichen Einsichten geändert haben? Es ist nicht zu bestreiten, daß sich das Verhalten von Menschen ändert, wohl aber ist energisch zu bestreiten, daß damit gleichzeitig Gott seine Ordnung und die uns bekannten Maßstäbe für sein Gericht geändert hätte. Wenn Gottes Wort von Lohn und Strafe spricht, dann bezieht sich das stets auf Heil und Unheil, auf Segen und Fluch, also auf das, was dem einzelnen Menschen und der ganzen Menschheit nützt oder schadet nicht nur in dieser Zeit, sondern ebenso für die Ewigkeit.

In Theologie und Kirche ist an vielen Beispielen mit großer Sorge zu beobachten, wie dieser heilsame Schutz der Verbote Gottes aufgehoben wird mit der altbekannten Formel: „Sollte Gott gesagt haben…?“ Auf diese Weise wird dann die Sünde gerechtfertigt, doch der Sünder wird nicht durch Umkehr und Vergebung gerettet, sondern unter das Gericht gestoßen. Gottes zeitliche Strafen werden nicht als Ruf zur Umkehr erkannt, sondern als Krankheit und Leiden entschuldigt und schöngeredet (Röm 1, 16 ff) wie z. B. beim Alkoholismus „alkoholkrank“ oder die Übertragung von Aids mit der Propagation von „safer sex“ und kirchlicher Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften als Schöpfungsvariante etc.

Gott leitet und erzieht sein Volk, er pflegt es wie einen Weinberg (Jes 6), er beschneidet es wie einen Weinstock (Joh 15).

Die Pädagogik Gottes ist jedenfalls nicht permissiv, indem sie gleichgültig alles zulässt; sie ist direktiv, auch mit Züchtigung wie im Brief an die Hebräer zu lesen ist: „… und habt bereits den Trost vergessen, der zu euch redet wie zu seinen Kindern: »Mein Sohn, achte nicht gering die Erziehung des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm gestraft wirst. Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.« Es dient zu eurer Erziehung, wenn ihr dulden müsst. Wie mit seinen Kindern geht Gott mit euch um; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Seid ihr aber ohne Züchtigung, die doch alle erfahren haben, so seid ihr Ausgestoßene und nicht Kinder. Wenn unsre leiblichen Väter uns gezüchtigt haben und wir sie doch geachtet haben, sollten wir uns dann nicht viel mehr unterordnen dem geistlichen Vater, damit wir leben? Denn jene haben uns gezüchtigt für wenige Tage nach ihrem Gutdünken, dieser aber tut es zu unserm Besten, damit wir an seiner Heiligkeit Anteil erlangen. Jede Züchtigung aber, wenn sie da ist, scheint uns nicht Freude, sondern Leid zu sein; danach aber bringt sie als Frucht denen, die dadurch geübt sind, Frieden und Gerechtigkeit“ (Hebr 12, 5-11; Prov 3, 11.12).

Für unsere Ohren mag das abstoßend klingen; Züchtigung ist gesetzlich verboten. Doch auch Gottes Wort mahnt ausdrücklich: „Und ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn“ (Eph 6, 4); „Ihr Kinder, seid gehorsam den Eltern in allen Dingen; denn das ist wohlgefällig in dem Herrn. Ihr Väter, erbittert eure Kinder nicht, damit sie nicht scheu werden“ (Kol 3, 20f).

Daß der Mensch von Natur aus gut sei, das Gute erkenne und auch tue, ist einfach ein verhängnisvoller Irrglaube.

Auch die menschliche Lebenswirklichkeit zeigt uns das, wenn wir die Folgen von Versäumnissen in der Erziehung sehen. Das führt uns auch die Geschichte des Volkes Gottes wie auch der christlichen Kirche vor Augen, was Zorn und Strafe Gottes im Leben von Menschen und von Völkern ist. Doch über die Folgen von Fehlern und Versäumnissen, ja auch von direkten Irreführungen in der Erziehung, für die Eltern, Lehrer und Pfarrer verantwortlich sind, pflegt man zwar lautstark zu klagen. Ursache und Schuld jedoch werden verschwiegen, und die Opfer der Gesellschaftslügen unserer Zeit verschwinden in der Versenkung. Ihre Zahl wächst ständig, doch die Ursache wird verdrängt und verschwiegen. Hier sehen wir, wenn uns Gottes Wort dafür die Augen öffnet, was gegenwärtiges Gericht Gottes in Strafe und Verstockung ist.

Das wird uns auch in der ganzen Geschichte des Volkes Gottes vor Augen geführt, wie durch diese Gerichtspredigt die einen zu Umkehr und Vergebung geführt werden, während die anderen sich verstockt abwenden. Darin besteht die Wirkung des Wortes Gottes und damit seine schützende und rettende Liebe zu uns Menschen bis zum heutigen Tag.

 5. Gabe und Wirkung der Taufe

Hören wir dazu noch einmal das Einsetzungswort von Mark 16, 16: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt (wörtlich: abgeurteilt) werden“.

Was ist doch die heilige Taufe für eine große und wunderbare Gabe, indem sie uns von Anfang unseres Lebens an schon durch den Tod hindurch in das ewige Leben führt. Daran sollen wir uns selbst immer wieder erinnern, und es ist die Aufgabe von Eltern, Paten sowie der ganzen bei der Taufe hoffentlich anwesenden Gemeinde, die Verantwortung dafür zu übernehmen, daß die Getauften auch im christlichen Glauben und im Leben nach dem Wort Gottes erzogen werden. Denn die christliche Gemeinde hat keineswegs eine Kinder- oder Säuglingstaufe im Unterschied zu einer Erwachsenen- oder Gläubigentaufe. Recht getauft wird immer nur unter der Voraussetzung, daß für den Täufling das Versprechen für eine christliche Erziehung und zum Leben aus der Taufe gegeben wird. Dazu muß angeleitet und daran muß immer wieder erinnert werden. Das ist die Aufgabe von Eltern, Paten, Lehrern und Pfarrern sowie der ganzen christlichen Gemeinde mit ihrem Lebenszeugnis.

Leider gehört die heilige Taufe wohl zu den Dingen, die in unserem Leben am leichtesten vernachlässigt und verachtet werden. Dabei begegnet uns die Tauferinnerung meistens in jedem Gottesdienst beim Sündenbekenntnis: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden. Das verleihe Gott uns allen.“ Und bedenken wir auch dies: Sterbebegleitung, aber auch Beerdigung sollte immer auch und zuerst Tauferinnerung, gegebenenfalls auch Hinführung zur Taufe sein.

6. Das Endgericht nach den Werken über Lebende und Tote

Nach dem durchgehenden Zeugnis des Alten wie des Neuen Testaments ergeht das Gericht des Dreieinigen Gottes am Ende der Zeit über alle Menschen, über Lebende und Tote. Maßstab des Gerichts ist das unveränderliche Gesetz Gottes. Daher gilt: „Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten, es sei gut oder böse“ (2. Kor 5, 10). Gott durchschaut das Innerste von uns Menschen; er prüft „Herz und Nieren“ (Ps 7, 10; 26, 2; Jer 11, 20; 17, 10; 20, 12; Apg 1, 24; Offb 2, 23). In den Psalmen, besonders Ps 139, werden wir angeleitet, vor Gott zu treten in dem Bewusstsein, daß er uns besser kennt als wir uns selbst, daß er uns überall nahe ist und daß wir ihm nie und nirgends entrinnen können.

Vor Gottes Zorn und Strafgericht können wir uns nicht verbergen, und wir können ihm nicht entrinnen. Daher ist Gottesfurcht nicht nur eine abgegriffene Redensart, sondern das gehört zur Realität menschlichen Lebens, und aus gutem Grund beginnt jede Erklärung der zehn Gebote in Luthers Kleinem Katechismus mit der Wendung: „Wir sollen Gott fürchten und lieben…“ Dies aber folgt aus dem ersten Gebot, das uns in diesen Erwägungen immer wieder begleiten muß: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir“.

Das Gericht ist nach dem Wort des Herrn äußerst streng, denn „Ich sage euch aber, daß die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden“(Mt 12, 37f;). Wer kann damit bestehen?

Was wir zu Lebzeiten getan und nicht getan haben, ist schriftlich festgehalten: „Und ich sah die Toten, groß und klein, stehen vor dem Thron, und Bücher wurden aufgetan. Und ein andres Buch wurde aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben steht, nach ihren Werken. Und das Meer gab die Toten heraus, die darin waren, und der Tod und sein Reich gaben die Toten heraus, die darin waren; und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken“ (Offb 20, 12 f; vgl. Ps 69, 29; Dan 7, 10; 12, 1; Joh 20, 30; Phil 4, 3).

Gerade fromme Christen muß es anfechten, daß nicht alle in den Himmel kommen, und man möchte, zumal für liebe Angehörige und Freunde, hoffen und bitten, daß es auch nach dem Tod noch eine Möglichkeit gibt, das ewige Verderben abzuwenden. Es geht also darum, bestimmte Einwände aus unserer Erfahrung und aus unseren Gefühlen zu beruhigen. Das ist ein wesentliches Motiv für den Ablass, wenn es darum geht, zeitliche Sündenstrafen vor dem Endgericht über Lebende und Tote zu tilgen. Es kann eine quälende Frage sein, und daher ist es nicht überraschend, wenn gerade auch in pietistischen Kreisen dieses Thema immer wieder bis hin zu Tränen erörtert wird. Wie aber sollen wir den Ratschluss Gottes erforschen und die uns darin erscheinenden Widersprüche auflösen, wenn wir uns nicht an das geschriebene Wort Gottes halten? Nicht wir sollen über Gott richten, sondern er wird über uns richten. Dazu ein paar Hinweise zum Nachdenken:

Das eindringlichste Beispiel für den doppelten Ausgang des Endgerichts haben wir am Kreuz Jesu vor Augen mit den beiden Schächern, die zusammen mit Jesus hingerichtet werden (Lk 23, 39-43). Der ein lästert und verspottet den Messias, von dem alle das Heil Israels erwarten: „Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!“ – Der andere aber bekennt seine Sünde und bittet Jesus, seiner zu gedenken: „Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“

Dies aber ist nicht eine Auflösung von Vernunftwidersprüchen, sondern Vollzug von Verstockung und Bekehrung in der Todesstunde, bis zu der alles offen bleibt, was wir Menschen tun können und dürfen.

Entscheidend in der Verkündigung des Wortes Gottes vom Endgericht mit seinem doppelten Ausgang ist also nicht die Drohung, sondern der Ruf zur Umkehr und Bereitschaft, da wir nicht wissen, wie und wann dieser Tag kommt „wie ein Dieb in der Nacht“ (Mt 24, 43; Lk 12, 39; 1. Thess 5, 2; 2. Petr 3, 10). Mt 25 führt uns der Herr den doppelten Ausgang der endgerichtlichen Scheidung vor Augen: Die klugen und die törichten Jungfrauen (Mt 25, 1-13), die den Bräutigam mit ihren Lampen erwarten: Fünf von ihnen haben nur einen begrenzten Vorrat an Lampenöl, weil sie mit einer baldigen Ankunft rechnen. Die anderen haben einen größeren Vorrat, weil sie weder Zeit noch Stunde wissen. Und als der Bräutigam schließlich eintrifft, ist es für die einen zu spät: „Darum wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde.“ –

Ebenso die „anvertrauten Pfunde“ – im Griechischen „Talente“ (14-30). Während die einen mit dem, was ihnen anvertraut ist, Handel treiben und Gewinn machen, vergräbt einer sein Talent, ohne daß es etwas einträgt, und er versucht dazu noch, sich selbst zu entschuldigen, indem er seinen Herrn beschuldigt: „Da trat auch herzu, der einen Zentner (Talent) empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wusste, daß du ein harter Mann bist: du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine. Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wusstest du, daß ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe? Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen.

Darum nehmt ihm den Zentner ab und gebt ihn dem, der zehn Zentner hat. Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden. Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“

Und schließlich das „Große Weltgericht“ (31-46), das im Unterschied zu den beiden vorangehenden Texten kein Gleichnis ist, wohl aber in den Versen 32-33 ein Gleichnis mit dem Beispiel des Hirten, der seine Herde sortiert, enthält. Dabei zeigt sich schon, daß der Hirte nicht nur eine rettende Funktion hat (vgl. Joh 10; Lk 15, 3-7; Ps 119, 176) sondern auch eine richtende. Er ist König (V. 34). Das Eigenartige bei diesem Gerichtsverfahren besteht darin, daß weder die zur Rechten noch die zu Linken Gestellten wissen, weshalb über sie so oder so entschieden wird. Offenbar sind sie sich ihrer guten oder schlechten Taten, die sich auf das beziehen, was sie „einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan bzw. nicht getan haben“ nicht bewusst. Wohl aber wird in diesem Gerichtsverfahren das aufgedeckt das, „was euch bereitet ist von Anbeginn der Welt“ (V. 34) bzw. „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln“ (V. 41).

7. Schlussbemerkungen

Zum Schluss hören wir noch einmal den Bericht vom Abschluss und von der Wirkung der Predigt, die der Apostel in Athen auf dem Areopag gehalten hat:

„ Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat. Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, begannen die einen zu spotten; die andern aber sprachen: Wir wollen dich darüber ein andermal weiter hören. So ging Paulus von ihnen. Einige Männer schlossen sich ihm an und wurden gläubig; unter ihnen war auch Dionysius, einer aus dem Rat, und eine Frau mit Namen Damaris und andere mit ihnen“ (Apg 17, 31-34).

In Theologie und Kirche machen wir uns oft Sorgen darüber, wie wir Menschen gewinnen und festhalten können. Die Gesetzes- und Gerichtspredigt scheint dafür am schlechtesten geeignet, weil sie doch Furcht einflößt, Gewissen beunruhigt und dann auch direkt Widerwillen und Aggressionen auslöst. Das gehört nun einmal zu der doppelten Wirkung des Wortes Gottes in Gesetz und Evangelium, daß es Verstehen, aber auch Verstockung auslöst. Ein paar, d.h. ganz wenige Leute schließen sich dem Apostel Jesu Christi an. Dies aber ist, wie auch der Apostel immer wieder bezeugt, keineswegs der Erfolg seiner rhetorischen Fähigkeiten, sondern es ist das Wunder und die Wirkung des Heiligen Geistes, wie er am ersten apostolischen Pfingsten in Jerusalem ausgegossen wurde und bis heute weltweit am Wirken ist, auch hier unter uns.

Aber wenn wir begreifen, daß Evangelium nach der Bedeutung des Wortes und nach seiner Gabe und Wirkung die frohe Botschaft von der Rettung aus dem Endgericht ist, dann kann das nur Anlass zu tiefer und großer Freude sein, wie es der Apostel Paulus an seine Gemeinde in Philippi aus dem Gefängnis und unter der möglichen Erwartung der Todesstrafe schreibt:

 „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Eure Güte lasst kundsein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus“ (Phil 4, 1-7).

Der Herr erwecke und leite unsere Gewissen; er segne sein Wort an uns allen. Amen.

Vortrag vor der Mariengemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Berlin-Zehlendorf am 16. April 2008

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 16. April 2008 um 13:27 und abgelegt unter Theologie.