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Ansgar – Der Apostel des Nordens

Freitag 17. August 2018 von Johann Hesse


Johann Hesse

Wer in Norddeutschland die Hansestädte Bremen und Hamburg oder wer die Länder Dänemark und Schweden besucht und sich zugleich mit Kirchengeschichte befasst, wird früher oder später auch auf Ansgar stoßen. Im Hamburger Rathaus hängt ein Bild Angars und auf der Trostbrücke, die früher die bischöfliche Altstadt Hamburgs mit der gräflichen Neustadt verband, befindet sich ein Statue des ersten Erzbischofs der Stadt. Im prachtvollen Backsteindom von Roskilde, der Grablege der dänischen Könige, findet man ein Ölgemälde, das Bischof Ansgar zeigt. Auch in Kopenhagen erinnert eine Statue an den „Apostel des Nordens“ oder auch „Apostel Skandinaviens“. Auf der Insel Birka in Schweden hält ein Ansgar-Kreuz die Erinnerung an den Missionsbischof wach. Wer war dieser Ansgar?

Bischof Ansgar, Trostbrücke in Hamburg

Unser Wissen über den Mönch, Missionar und Missionsbischof Ansgar stammt hauptsächlich aus einer Biographie mit dem Titel „Vita Anskarii“, die Rimbert, der ständige Begleiter und spätere Nachfolger Ansgars im Amt des Erzbischofs von Hamburg-Bremen, verfasst hat. Ansgar wurde im Jahr 801 n. Chr. in der Picardie in Nordfrankreich geboren. Er war also ein Bewohner des Frankenreiches unter Karl dem Großen, der von 768 bis 814 regierte. Im Jahr 800 wurde Karl der Große in Rom zum Kaiser gekrönt. Als der Kaiser starb war Ansgar 13 Jahre alt. Sein Name ist germanischen Ursprungs und bedeutet „Gottesspeer“. Ansgar wuchs in einer vornehmen fränkischen Familie, vermutlich sächsischen Ursprungs, auf. Die Mutter war eine „fromme, gottesfürchtige Frau“. Als diese verstarb, schickte der Vater den fünfjährigen Ansgar zur Schule in das nahegelegene Benediktinerkloster Corbie, wo er Schreiben und Lesen lernte und Benediktinermönch wurde.

Visionen und Offenbarungen

Rimbert berichtet, dass Ansgar zeitlebens Visionen und Offenbarungen empfing: „Von klein auf empfing er vom Himmel geistliche Offenbarungen; oft mahnte ihn die Gnade des Herrn durch überirdische Heimsuchungen, seinen Sinn vom Irdischen zu lösen und mit ganzem Herzen nach dem Himmel zu trachten.“ Die Tatsache, dass eine Vision Marias und seiner verstorbenen Mutter ihn zu einem sehr ernsthaften Mönch werden ließen, ist ein deutlicher Hinweis auf die leider schon damals verbreitete Marienfrömmigkeit der römisch-katholischen Kirche.

In einer weiteren Vision, die er im Jahr 814, dem Todesjahr Karls des Großen als dreizehnjähriger Mönch empfing, sah er sich zum Missionar und Märtyrer berufen: „Gehe hin und vom Martyrium gekrönt wirst du zu mir zurückkehren“. Tatsache ist, dass er keinen Märtyrertod starb. Allerdings interpretierte Rimbert Ansgars Leben und Sterben im Sinne einer Vollhingabe seines Lebens zum Zeugnis für das Evangelium.

Mit 15 Jahren wurde Ansgar Lehrer in Corbie für die jüngeren Schüler und erhielt erneut eine Vision, in der er Jesus Christus sah und vor ihm niederfiel. Ansgar beichtet vor Christus seine Sünden und dieser sagt zu ihm: „Fürchte dich nicht, denn ich selbst bin es, der deine Sünden tilgt“.

Karl der Große, die Franken und die Sachsen

An die Nordgrenze des Frankenreiches grenzten zur Zeit Karls des Großen die Gebiete der Sachsenstämme. Diese Grenze war zugleich die Trennlinie zwischen Christentum und Heidentum. Karl der Große wollte diese Grenze sowohl aus politischen als auch aus christlichen Motiven in nördlicher Richtung verschieben. Der Krieg mit den Sachsen dauerte über drei Jahrzehnte. Berühmt und berüchtigt, wenn auch in seinen Ausmaßen unter Historikern umstritten, ist das Blutbad von Verden, das im Jahr 782 stattfand. Nach einem Aufstand der Sachsen unter Widukind ließ Karl der Große 4.500 Sachsen bei Verden an der Aller hinrichten. Im Jahr 804 hatte Karl der Große sein Ziel erreicht. Die Sachsen waren unterworfen und schlossen sich gezwungenermaßen dem christlichen Glauben an. Das Reich der Franken reichte nun vom Ebro auf der iberischen Halbinsel im Westen bis nach Österreich und von Holstein im Norden bis hinter Rom im Süden. Das fränkische Reich war ein christliches Reich. An der Nordgrenze dieses Reiches begann das nordische Heidentum. Doch auch das Christentum der unterworfenen Sachsen war zunächst ein rein äußerliches. Eine Verinnerlichung erforderte die beharrliche Missions- und Überzeugungsarbeit christlicher Missionare.

Gründung und Leitung des Klosters Corvey

Kloster bzw. Schloss Corvey bei Höxter

Im Jahr 822 gründete der Abt des Klosters Corbie Adalhard, der ebenfalls aus sächsischem Geschlecht stammte, das Kloster Neu-Corbie bei Höxter (Villa Huxori). Dieser als Kloster bzw. Schloss Corvey bekannte Ort ist heute Weltkulturerbe. Ansgar wurde zum Leiter dieser Klostergründung gemacht: „Man fand ihn für diese Stellung so überaus geeignet und passend, dass alle ihn dazu erwählten, auch öffentlich der Gemeinde Gottes Wort in der Kirche zu verkünden. So war er dort zugleich der erste Schulmeister und Volkserzieher.“

Jeder Tag Ansgars war von den Psalmen begleitet. Auch während der Arbeit betete er Psalmen (ora et labora). Rimbert: „Welche Psalmen er in der Nacht oder am Tag singen wollte, welche während der Zurüstung zur Messe, welche beim Einkleiden und Schlafengehen, war genau festgelegt.“ Im Anschluss an die Psalmen fügte Ansgar noch eigene Gebete an, die er Würze nannte (Pigmentii), die später auch schriftlich herausgegeben wurden.

Die Anfänge der nordischen Mission

Mit Blick auf die heidnischen Dänen und Slawen entstand bei den weltlichen und geistlichen Oberhäuptern des Frankenreiches immer stärker der Wunsch, diese Menschen mit dem christlichen Glauben zu erreichen. Während in früheren Jahrhunderten der Rhein Grenzfluss des Christentums war, so missionierte Bonifatius (672-754), der Apostel der Deutschen, die Germanen „nördlich des Rheins, war es in dieser Zeit zumindest in der Gedankenwelt der damaligen Menschen die Elbe. Dahinter war der „gefährliche Norden“, wo es finster, kalt war und wo noch heidnisch-barbarische Sitten gepflegt wurden.

Missionsreisen zu den Dänen

Bischof Ansgar, Kopenhagen

Im Jahr 826 ließ sich der Dänenkönig Harald Klak am Hofe Ludwig des Frommen, dem Sohn Karls des Großen, taufen. Ansgar wurde ausgewählt, Harald Klak an den dänischen Königshof zu begleiten, um den König und seine Großen im christlichen Glauben zu unterweisen und auch den Dänen das Evangelium zu bringen. Wieder erhielt Ansgar eine Vision mit Ansage: „Gehe hin und verkünde den Heidenvölkern das Wort Gottes“. Obwohl Harald Klak vom Königsthron vertrieben wurde, blieb Ansgar mit seinem Begleiter Autbert unter den Dänen: „Viele wurden durch ihr Vorbild und ihre Lehre zum Glauben bekehrt, und täglich wuchs die Zahl derer, die im Herrn gerettet wurden.“ An Haralds Hof wurde eine christliche Schule gegründet. Rimbert berichtet weiter über Ansgar: „Seine Predigtsprache war von gewinnender Milde, aber er konnte ebenso erschüttern und erbrachte dadurch den Beweis, dass ihm offensichtlich der Heilige Geist seine Worte eingab. Durch diese Verbindung von Schrecken und Milde durfte er die Macht des göttlichen Gerichts dartun, in dem der Herr erscheinen wird, furchtbar den Sündern und mild den Gerechten. Diese erstaunliche Begnadigung zeigte sich auch in seinen Gesprächen und seinem Blick. Mächtige und Reiche, vor allem aber trotzige und freche Menschen sahen daher mit Furcht auf ihn, die einfachen Leute liebten ihn wie einen Bruder, die Armen aber verehrten ihn innig als ihren Vater“. Ansgar blieb von 826-829 in Dänemark.

Auch später unter König Horich I. reiste Ansgar wieder nach Dänemark und versuchte, auch diesen dänischen König davon zu überzeugen, sich taufen zu lassen und die Mission in Dänemark zuzulassen. Der König von Dänemark ließ sich überzeugen: „Freundlich nahm Horich alle seine Reden über die Heilige Schrift auf und rühmte ihren wahrhaft guten und heilsträchtigen Gehalt.“ Horich erteilte Ansgar die Erlaubnis, in Schleswig (Sliaswich) eine Kirche zu bauen, an der ein Priester Dienst tun sollte und Menschen im Glauben unterrichtet werden sollten. Der Platz an dem dies geschah war Haithabu, diesem wichtigen dänischen Handelsplatz südlich von Schleswig. Rimbert beendet den Bericht über Ansgars Dänenmission, die ihn vielleicht nie über die „Haithabu-Grenze“ hinaus geführt hatte mit den Worten: „Eine Menge Volk bekehrte sich zum Glauben an den Herrn“.

Missionsreisen zu den Schweden

Ansgarkreuz, auf Birka (Schweden)

Im Jahre 829 hielt Ludwig der Fromme einen Reichstag in Worms ab, bei dem auch eine Delegation aus Schweden empfangen wurde. Diese bekundeten im Auftrag des Schwedenkönigs Björn, das die Schweden sich für den christlichen Glauben interessierten. Die Delegation bat um die Entsendung christlicher Missionare. Als Ansgar, der aus Wilhelmshaven angereist war, den Auftrag erhielt, nach Schweden zu reisen, war er begeistert: „Ihm war es eine reine Freude, dass er an der Seelengewinnung sollte arbeiten dürfen. Er nahm sich vor, alle Widrigkeiten und Unglücksfälle, die ihm auf einer solchen Reise zustoßen konnten, für Christus ergeben zu ertragen.“

Tatsächlich wurden Ansgar und seine Begleiter auf dieser Reise im Jahr 830 von Wikingern überfallen. Vierzig wertvolle Bücher gingen bei diesem Überfall verloren, Geschenke des Kaisers an die Schweden, darunter Bibeln, Predigthandbücher und Kommentare. Doch Ansgar gab nicht auf und erreichte Birka, das rund 30 km westlich vom heutigen Stockholm liegt.

Tatsächlich erlaubte der König die Mission unter den Schweden und viele nahmen das Evangelium bereitwillig auf und ließen sich unterweisen und taufen. Bis in das Jahr 831 blieb Ansgar zunächst mit seinem Begleiter Witmar in Birka.

Von 852-854 reiste Ansgar wiederum nach Schweden. König Olaf wusste von Ansgars erneuten Missionsplänen und machte diese von der Entscheidung der schwedischen Thingversammlung abhängig. In der Thingversammlung wurde das Los geworfen, das  zu Gunsten der christlichen Mission fiel. Doch zunächst entstand ein großer Streit in der Versammlung, in dessen Verlauf ein alter Mann aufstand und eine Rede hielt: „Wenn wir die Gnade dieses Gottes der Christen für uns in vielem als nützlich anerkannt haben, weshalb sollen wir da nicht gern zustimmen, dass seine Diener bei uns weilen? Überlegt euren Entschluss, Männer, und verfehlt euren Vorteil nicht! Wollen unsere Götter uns nicht gewogen sein, dann ist es gut, die Gnade dieses Gottes zu besitzen, denn er kann und will immer und überall denen helfen, die ihn anrufen“. Dieses weniger christliche, sondern vielmehr heidnisch-pragmatische Argument des alten Mannes überzeugte die Abgeordneten der Thingversammlung. Ansgar konnte seine Missionsarbeit aufnehmen.

Das Vorgehen Ansgars in Dänemark und Schweden zeigen, dass der christliche Glaube im Normalfall durch die mühsame und aufopfernde Überzeugungsarbeit christlicher Missionare ausgebreitet wurde. Die „Christianisierung“ der Sachsen durch militärische Unterwerfung hat es sicher und leider auch gegeben, war aber nicht der Normalfall frühmittelalterlicher Mission. Diese wurde durch Männer wie Ansgar geleistet, die den Menschen durch Wort und Tat das Evangelium von Jesus Christus brachten und dadurch viele Menschen überzeugen und gewinnen konnten.

Die Gründung der Hammaburg

In den letzten Jahren seiner Herrschaft und nach 804 ließ Karl der Große an der Nordgrenze seines durch die sächsischen Gebiete erweiterten Reiches die Hammaburg errichten. Eine Niederungsburg, die auf dem heutigen Domplatz Hamburgs gestanden hat. Der Begriff Hamma oder Hamme bedeutet „Land in einer Flussbiegung; Landzunge; etwas Gekrümmtes.“

„Hamburg ist also die an einer Flussbiegung, auf einer Landzunge gelegene Befestigungsanlage. Der Wall hatte die Form eines Vierecks mit abgerundeten Ecken und bestand aus Plankenwerk, das man mit Erdreich angefüllt hatte, und wurde vermutlich auf noch älteren Anlagen errichtet. Die Größe lag bei etwa 130 mal 130 Meter, die Wälle waren fünf bis sechs Meter hoch und 15 Meter breit, bestanden aus rund 10.000 Bäumen und 20.000 m³ Erdreich. Innerhalb der Wallumzäunung, die durch Palisaden noch erhöht war, standen auf einem Areal von etwa einem Hektar die schlichte hölzerne Taufkirche (Marienkirche) des Bistums Hammaburg mit den zugehörigen Klostergebäuden der in der Stadt ansässigen Benediktiner sowie eine Reihe von Häusern, deren stattlichstes, den Königshof, der Burgvogt (Graf) bewohnte. Im Vordergelände des Erdwalles lag die Vorstadt mit den Unterkünften der Kaufleute und Handwerker. Sie grenzte an einen Hafen, der an einem der Nebenarme der Alster lag, dem 1877 zugeschütteten Reichenstraßenfleet, einem ehemaligen Flussarm von der Bille zur Alster.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Hammaburg)

Die Einrichtung eines Missionsbistum in der Hammaburg

Im Jahr 831/832 wurde Ansgar Missionsbischof von Hamburg. Im Jahr 832 wurde er außerdem päpstlicher Legat für den Norden. Die Mission Ansgars fand offensichtlich voll und ganz im Rahmen der römisch-katholischen Papstkirche statt.

Rimbert schreibt, dass Kaiser Ludwig der Fromme sich Gedanken über die Einrichtung eines Missionsbistums im Norden gemacht hatte: „Im Bewusstsein der schon früher zur Verehrung Gottes eingeleiteten Unternehmungen bei den Dänen lobte er den allmächtigen Gott und dankte ihm und hielt im brennenden Glaubenseifer jetzt die Zeit für eine Prüfung der Frage gekommen, wie sich im Norden, an der Grenze seines Reiches, ein Bischofsitz errichten lasse: einerseits musste er dem dort eingesetzten Bischof die Gelegenheit bieten, die nordischen Länder häufig auf Missionsreisen zu besuchen, andererseits den Barbarenvölkern, leicht und ausreichend das Geheimnis der heiligen Sakramente zu empfangen“.

Es war Ansgars Aufgabe als Missionsbischof von dem relativ jungen Ort Hammaburg aus, den „Norden jenseits der Elbe“ zu betreuen. Hamburgs Burg war damals völlig unbedeutend und war nur passend, weil es eben ein befestigter Ort an der Nordgrenze des christlichen Frankenreichs war. Hamburgs Urzelle war also ein kleiner, befestigter Handelsplatz und Missionsvorposten an der äußersten Nordgrenze des fränkischen Reiches.

Ansgar ließ in Hamburg eine kleine Holzkirche, eine hölzerne Klosteranlage sowie eine Bibliothek errichten. Leider wurden dort auch Reliquien ausgestellt. Ansgar erhielt von Kaiser Ludwig dem Frommen eine Prachtbibel für seinen Dienst in Hamburg. Eine Schule wurde gegründet, an der Lehrer aus dem Kloster Corbie angestellt wurden. Die Schulgründung zeigt auch sehr anschaulich, dass die christliche Mission und Verbreitung der Bibel immer auch die Schulbildung der Kinder mit sich brachte. Kinder lernten hier Lesen und Schreiben, um die Bibel und christliche Bücher zu lesen. Taufkirchen entstanden in Schenefeld und Heiligenstedten und Meldorf.

Als vor den Toren Hamburgs einmal christliche Kriegsgefangene als Flüchtlinge ankamen, wurden diese wiederum von den Bewohnern Nordelbiens gefangengenommen, gequält und weiterverkauft. Auch führende Leute waren in diesen Menschenraub verwickelt. Ansgar war davon so betroffen, dass er nach Nordelbien reiste und die Gefangenen freikaufte. Auch machte er den Tätern unmissverständlich deutlich, wie schändlich ihr Tun gewesen war.

Die Zerstörung Hamburgs durch die Wikinger

Rimbert berichtet:„Aber während Diözese und Mission sich lobenswert und gottgefällig entwickelten, tauchten ganz unerwartete wikingische Seeräuber mit ihren Schiffen vor Hamburg auf und schlossen es ein“.

Diese große Katastrophe Hamburgs fand im Jahr 845 statt. Die Wikinger überfielen die kleine Ansiedlung. In einem Überraschungsangriff waren die Schiffe der Dänen urplötzlich aufgetaucht, so dass es keine Zeit gab, um Unterstützung aus dem Umland zu organisieren. Die Bewohner flüchteten Hals über Kopf, viele wurden erschlagen oder gefangengenommen.

Ansgar konnte sich retten. Allerdings nahm er vor allem die Reliquien mit, die kostbare Prachtbibel dagegen und viele Bücher ließ er liegen. Sie wurden der Vernichtung preisgegeben. Kirche und Kloster wurden ein Raub der Flammen. Die Existenz des Bistums war damit zerstört. Es ist schon bezeichnend und zeigt das Ausmaß der theologischen Verirrung bereits zu dieser Zeit, dass Ansgar vor allem die Reliquien rettete und nicht das kostbare Wort Gottes, das in der Prachtbibel Ludwig des Frommen enthalten war.

Ansgar reagierte auf den Verlust der Hammaburg mit Worten aus dem Buch Hiob: „Der Herr hat`s gegeben, der Herr hat’s genommen. Wie es dem Herrn gefiel, so geschah es. Der Name des Herrn sei gepriesen“. In dieser Situation wurde das Vertrauen Ansgars zwar stark erschüttert, doch sein Glaube blieb fest.

Die Verlegung des Bischofssitz nach Bremen

Im Jahr 848 wurden die Bistümer Bremen und Hamburg zusammengelegt und Ansgar fand in Bremen einen neuen Bischofssitz, von dem er die nordische Mission weiterbetreiben konnte.

„Während der Fastenzeit ließ Ansgar in Bremen täglich vier Bedürftige speisen, zwei Männer und zwei Frauen. Er selbst wusch den Männern mit den Brüdern die Füße. Den Frauen erwies im Armenspital an seiner Stelle eine gottgeweihte Frau den gleichen Dienst. Wenn er als Bischof einen Sprengel visitierte, ließ er erst die Armen hereinführen, bevor er sich selbst zu Tisch setzte, reichte ihnen selbst Waschwasser und gab ihnen das gesegnete Brot, mischte den Trank.“

Immer hatte er am Gürtel einen Geldbeutel, um selbst ohne Zögern spenden zu können. Ansgar war bekannt für Freigiebigkeit, Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft.

Im Jahr 858 wurde auch Bremen von den Wikingern geplündert.

Rimbert schreibt: „Selbst während der beinahe ständigen, seinen ganzen Sprengel verwüstenden Einfälle von Männern aus den Heidenländern, die seine Leute raubten, betete er genauso für seine Feinde und Peiniger, wie er ohne Unterlass Gottes Erbarmen für die Bekehrung der Ãœbeltäter erflehte; er bat, es möge ihnen nicht als Sünde angerechnet werden, dass sie in Unkenntnis der göttlichen Gerechtigkeit, von teuflischem Irrglauben getäuscht, Feinde der Christen seien. Diese brennende Sorge erfüllte ihn unablässig…“.

Im Jahr 864 wurde Ansgar Erzbischof von Hamburg-Bremen. Hamburg – Bremen wurde damit offiziell zum Erzbistum.

Das Jahr 865 ist das Todesjahr Ansgars. Als er in den frühen Morgenstunden des 3. Februars im Sterben lag, betete er mit erhobenen Händen Psalmenworte: „Gott sei mir Sünder gnädig“ und „In deine Hände, Herr, befehle ich meinen Geist“.

Ein persönliches Fazit

Mich beeindruckt die missionarische Leidenschaft und Retterliebe dieses mittelalterlichen Missionars. Was hat dieser Mann an Strapazen auf sich genommen, um die Menschen im Norden des Frankenreiches und in Skandinavien mit dem christlichen Glauben zu erreichen. In großer Treue setzte er den Missionsbefehl unseres Herrn um und ließ sich auch durch Rückschläge nicht entmutigen. Was bin ich bereit zu tun, um Menschen für Jesus zu gewinnen? Wie treu bin ich in der Weitergabe des Evangeliums?

Mich beeindruckt auch die tiefe Frömmigkeit Ansgars, die durch den unablässigen Umgang mit den Psalmen oder die Gebetszeiten während des Tages und der Nacht zum Ausdruck kommt. Auch seine Barmherzigkeit und Großzügigkeit gegenüber Armen und Bedürftigen ist vorbildlich. Bin ich in den Psalmen wirklich zu Haus? Gehe ich täglich mit ihnen um? Wie sieht mein Gebetsleben aus? Sehe ich die Not meines Nächsten? Hier will ich von Ansgar lernen.

Aus biblischen Gründen lehne ich allerdings die Marienfrömmigkeit, die durch Ansgars Berufung auf Marienerscheinungen zum Ausdruck kommt, so wie den Reliquienkult Ansgars ab. In jedem Fall hätte ich die Prachtbibel Ludwig des Frommen gerettet und stattdessen die Reliquien den Wikingern bzw. den lodernden Flammen überlassen.

Johann Hesse, Geschäftsführer und Prediger des Gemeindehilfsbundes

Die in diesem Beitrag verwendeten Informationen über das Leben und Werk Ansgars sind weitgehend dem sehr lesenswerten Buch „Ansgar – Apostel des Nordens“ von David Fraesdorf entnommen. Das Buch ist im Verlag topos -Taschenbücher erschienen (2009), hat 126 Seiten und kostet 8,95 €.

Bildrechte:

Bischof Ansgar, Trostbrücke in Hamburg: wikimedia/Engelberg Joseph Peiffer
Kloster bzw. Schloss Corvey: wikimedia/Arimja
Bischof Ansgar, Kopenhagen: wikimedia/Chron-Paul
Ansgarkreuz, Birka/Schweden: wikimedia/Holger.Ellgaard

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 17. August 2018 um 10:37 und abgelegt unter Kirchengeschichte, Mission.