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Die „God Delusion debate“

Die „God Delusion debate“ zwischen Richard Dawkins
und John Lennox am 3.10.07 in Birmingham/Alabama USA

B i r m i n g h a m (PRO) – „Das war nicht nur eine Debatte, das war ein Erlebnis“, faßte ein Kommentator das Streitgespräch zwischen den beiden Wissenschaftlern zusammen. Der Religionskritiker und Autor des Buches „Der Gotteswahn“, Richard Dawkins, und der Mathematiker und Philosoph John Lennox waren von der christlichen „Fixed Point Foundation“ zu einem intellektuellen Wettkampf eingeladen worden. Die beiden boxten mit Worten 90 Minuten die Frage aus: Gibt es Gott oder ist er eine gefährliche Wahnvorstellung?

Richard Dawkins und John Lennox

„Auch Atheismus ist ein Glaube“, reizte der in zahlreichen theologischen Debatten geschulte Lennox seinen Widersacher. „Nein, ist er nicht“, fuhr ihm der ansonsten höflich-zurückhaltende Dawkins dazwischen. Das sollte dann auch der größte emotionale Ausbruch der beiden Gentlemen an diesem Abend bleiben. Das Konzept der Veranstalter sah es vor, daß beide Teilnehmer hintereinander eine festgelegte Redezeit nutzen sollten. „God Delusion Debate“, die „Gotteswahn-Debatte“, nannte die „Fixed Point Foundation“ die Diskussion, zu der sie am 3. Oktober in der Universität von Alabama in Birmingham eingeladen hatte. Dieser Name bezieht sich auf das Buch des Evolutionsbiologen Dawkins, das vor wenigen Wochen auch auf Deutsch erschienen ist und einen massiven Angriff auf den christlichen Glauben und andere Religionen darstellt.

Wie in einem Wettkampf wurden die beiden Gelehrten aus Oxford aufeinander losgelassen. Streng an Zeiteinheiten gebunden, durften sie jeweils nacheinander zu sechs Thesen des erklärten Atheisten Dawkins Stellung beziehen. Die Debatte wurde live im Rundfunk übertragen, zwei Kommentatoren verfolgten das Geschehen aus dem Off.

„Wir brauchen keinen Gott, um moralisch zu sein“, lautet eine These Dawkins. Aber nicht nur das: die Welt wäre besser ohne Glaube. Religion sei eine „gefährliche Waffe, weil sie für viele Greueltaten als Rechtfertigung herangezogen werden kann“. Lennox konterte: Atheismus sei genauso eine Ideologie wie jeder andere Glaube, und die Geschichte zeige, daß Atheisten zu den größten Greueltaten angetrieben wurden, etwa im Kommunismus; dennoch erwarte er von Dawkins nicht, in jedem Moment ein Verbrechen zu begehen, nur weil er Atheist sei, so Lennox. Ebenso wie er differenzieren könne zwischen verschiedenen Arten von Atheismus, erwarte er von seinem Kollegen, zwischen verschiedenen Arten von Religionen zu unterscheiden. Er könne nur für den christlichen Glauben sprechen, und die Botschaft Jesu sei definitiv eine friedliche.

„In einem reduktionistischen Weltbild gibt es kein Gut und Böse“

Auf die These, daß man auch ohne einen Gott moralisch handeln könne, sagte Lennox: „Wenn ein Stein von einem Felsen abspringt und auf den Kopf von jemandem fällt, kann man den Stein nicht als böse bezeichnen. Er existiert einfach.“ Nach dem reduktionistischen Weltbild von Dawkins und Co, nach dem alles Handeln des Menschen auf die Prinzipien der Materie reduzierbar ist, könnte man ebenso sagen: die Attentäter des 11. September waren nicht böse, sondern folgten nur den Regeln ihrer DNA. „Wenn es kein Gut und Böse in der Welt gibt, was macht es dann für einen Sinn, hier zu sitzen und über Gut und Böse zu sprechen, und sei es, über das Böse, das Religionen anrichten, und das Gute, das der Atheismus mit sich bringt?“ Wenn es keinen Gott gebe, sei Moral willkürlich.

Dawkins gab zu, daß fast jeder Mensch in der Natur ein Gefühl erleben könne, bei dem er angesichts der Schönheit und Perfektion ein übernatürliches Wesen anbeten wolle. „Auch ich fühle das, Wissenschaftler fühlen das, wie etwa Carl Sagan oder Albert Einstein“, so Dawkins. Dennoch sei es falsch, dieses Gefühl in die Anbetung eines Gottes oder gar einer Person umzuwandeln. „Der Glaube ist blind, Wissenschaft jedoch ist beweisbar“, schreibt Dawkins in seinem Buch. Viele Fragen seien noch ungeklärt, etwa, wie die Welt entstanden ist. „Aber wir arbeiten daran.“ Während Wissenschaft eine aktive Suche nach Ursachen bedeute, hätten Gläubige auf offene Fragen leider oft nur die Antwort: „Gott war es.“

„Was uns eint, ist die Suche nach Wahrheit“

Der überzeugte Christ Lennox antwortete: „Mancher Glaube ist blind, aber nicht jeder.“ Wenn man an das fliegende Spaghetti-Monster glaube – ein Bild, das Dawkins gerne heranzieht -, dann habe man keine Evidenz dafür, daß es existiert. Wenn man hingegen an den Gott der Bibel glaube, habe man sehr wohl Hinweise auf dessen Existenz, etwa „in der Geschichte und in der Wissenschaft, und manche basieren auf persönlichen Erfahrungen“. Dabei gehe es nicht um Beweise wie in der Wissenschaft, merkte Lennox an. „Wissenschaft kann dir zwar sagen, daß meine Großmutter sterben wird, wenn ich ihr Gift in den Tee mische. Sie kann aber nicht sagen, ob das moralisch gut wäre.“ Zu guter Letzt könne die Wissenschaft auch auf die Fragen eines Kindes nicht beantworten: Wer bin ich, und warum lebe ich?

Atheismus, wie von Dawkins in seinem Buch beschrieben, behauptet, das Leben sei durch eine zufällig Evolution entstanden, faßte Lennox zusammen. „Wenn dem aber so ist und man nach dem reduktionistischen Weltbild jede geistige Tätigkeit auf die physischen und chemischen Reaktionen der Neuronen reduziert, dann erhebt sich folgende Frage: wenn alle meine wissenschaftlichen Theorien lediglich auf den zufälligen Reaktionen der Atome in meinem Gehirn basieren, warum sollte ich ihnen dann glauben?“ Daher bedeute Atheismus für Lennox nichts anderes, als den Ast abzusägen, auf dem man sitze.

Lennox sagte, Dawkins Buch komme ihm vor wie ein „leidenschaftlicher Kreuzzug“, wie der Versuch, seine Mitmenschen vor einem Christentum zu warnen, das die Menschen „knechtet, unterdrückt und quält“. „Ich empfinde viele Sympathien für Sie, denn auch ich bin gegen jede Religion, die den Menschen ihre Standpunkte aufzwängen will. Mann kann die Wahrheit nicht mit Gewalt durchsetzen“, sagte Lennox. Auch er selbst verfolge, wie Dawkins, leidenschaftlich die Suche nach der Wahrheit. Was die Grundüberzeugungen angehe, unterscheide er sich jedoch vollkommen von Dawkins: „Gott ist keine Wahnvorstellung. Gott ist real, und er hat sich in der Schöpfung, in der Bibel und in seinem Sohn Jesus Christen geoffenbart.

10.10.07