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Die Dreieinigkeit Gottes und ihre Bedeutung für unseren Glauben

Die Dreieinigkeit Gottes und ihre Bedeutung für unseren Glauben

Einleitung

Vor 20 Jahren habe ich meine Vikarsausbildung in Braunlage durch das Pfarrehepaar Lundbeck erhalten, seit fast 7 Jahren bin ich als Gemeindepfarrer in Braunlage und Tanne tätig. Unsere schöne Holzkirche in Braunlage heißt „Trinitatis“ – die lat. Übersetzung des Wortes Dreieinigkeit, sogar – wie in BS Tradition: „St. Trinitatis“ – die heilige Dreieinigkeit. Der auf Pfingsten folgende Sonntag trägt den Namen „Trinitatis“ – die Dreieinigkeit Gottes – und ist damit zugleich auch Namenstag unserer Kirche. Den haben wir jetzt gerade gefeiert und befinden uns noch in dieser Woche! Und das ganze weitere Kirchenjahr wird nach Trinitatis gezählt und dadurch entfaltet – Grund genug, sich mit der Dreieinigkeit Gottes näher zu beschäftigen.

Hauptteil

Lehre der Dreieinigkeit Gottes

Eine eigentliche Lehre von der Dreieinigkeit Gottes finden wir in der Bibel nicht entfaltet, aber vielfältige Zeugnisse über Gott, den Vater, seinen Sohn Jesus Christus und den Heiligen Geist, die auf ihre zusammenfassende Deutung und Bekräftigung im späteren Trinitätsdogma hindrängen. Auf einige biblischen Bezüge gehe ich etwas später ein.

Ihr Zeugnis stellt eindeutig fest, dass Gott nur einer ist, es neben ihm keine vergleichbare Autorität gibt, und dass er selbst auch nicht geteilt oder zwie-spältig ist. Aus der Begegnung mit diesem Gott wuchs schon in Israel das Bekenntnis zu seiner Einzigkeit. Dtn 6,4: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein“. Das wurde von Jesus bestätigt (Mk 12, 29f.) und auch von den Aposteln übernommen, so von Paulus in der Frage des Umgangs mit Götzenopferfleisch (1.Kor 8, 4-6). Die Theologie des Nizänums, unseres Glaubensbekenntnisses, spricht darum von der Wesenseinheit (griech. homousios) von Vater, Sohn und Heiligem Geist und bringt darin zum Ausdruck, dass niemand anderes als der eine, ungeteilte Gott durch Sohn und Geist an uns handelt. Alle Aussagen über die Gottheit des Sohnes und des Geistes müssen darum innerhalb der Grenzen des Monotheismus bleiben. Die Erkenntnis, dass der eine unteilbare Gott zugleich in sich dreifaltig ist, ergibt sich nur aus seiner heilsgeschichtlichen Offenbarung, also seiner Selbsterweisung, durch Jesus Christus im Heiligen Geist. Jesus ist den Menschen als jemand begegnet, durch den Gott selbst redet und handelt. Wer an ihn glaubt, bezeugt wie Paulus: Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber (2.Kor 5,9). Zugleich unterschied sich Jesus aber auch von seinem himmlischen Vater und suchte nur dessen Herrschaft, das Reich Gottes. Der ewige Gott offenbarte sich also gerade in der Unterordnung des Sohnes unter den Vater und damit als ein ewiges Gegenüber von Vater und Sohn. Der Heilige Geist wiederum ist die Weise, in der niemand anderes als Gott selber in den Glaubenden Wohnung nimmt. Er macht diejenigen, die Christus annehmen, zu Gottes Kindern, indem er ihnen Anteil gibt an der Gemeinschaft Christi mit dem Vater. Er ist der Geist der Sohnschaft, wie es Paulus in Röm 8,15 schreibt: “ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater“. Das setzt voraus, dass der Heilige Geist bereits die innergöttliche Vermittlung der Gemeinschaft von Vater und Sohn ist. Das christliche Bekenntnis zu Jesus und zum Heiligen Geist besagt demnach, dass der eine Gott sich in dreierlei Gestalt offenbart und dass Gott in Ewigkeit kein anderer ist, als er sich offenbart. Gottes Werk gründet in seinem Wesen. Theologisch ausgedrückt: Die Offenbarungstrinität gründet in seiner Wesenstrinität.

Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes hat nun die Aufgabe, um des rechten Verständnisses von Christus und vom Heiligen Geist willen, zugleich von seiner Einheit und von seiner Dreiheit zu sprechen. Gott existiert in einem ewigen Gegenüber von Vater, Sohn und Geist und ist dennoch der eine unteilbare Gott. Er ist Einheit in der Dreiheit und Dreiheit in der Einheit. Es kann nur darauf ankommen, das Wesen Gottes nicht zu teilen und die Personen nicht miteinander zu vermengen.

Die Dreiheit in der Einheit lässt sich dadurch ausdrücken, dass der Vater allein ursprungslos ist und er damit Ursache für die Gottheit von Sohn und Geist ist, die auf verschiedene Weisen aus dem Vater hervorgehen. Der Begriff der Zeugung des Sohnes aus dem Vater unterscheidet ihn sowohl vom Heiligen Geist als auch von allen Geschöpfen und sichert ihm zugleich seine Wesenseinheit mit dem Vater. Eine seinshafte Abstufung darf aus den innergöttlichen Unterscheidungen nicht gefolgert werden, sondern nur die Unvertauschbarkeit ihrer Aufgaben innerhalb des göttlichen Heilsplanes. Bei der Streitfrage, ob der Heilige Geist seine Gottheit nur vom Vater oder vom Vater und vom Sohn (filioque) hat, ist zu bedenken, dass der Sohn auf Erden auch Empfänger des Geistes ist. Zugleich aber ist auch zu bedenken, dass er als zum Vater Erhöhter auch den Geist aus sich mit hervorgehen lässt. So kann man sagen, der Geist geht vom Vater durch den Sohn aus. Obwohl der dreieinige Gott in allen seinen Taten ungeteilt gegenwärtig ist, muss man doch aufgrund der heilsgeschichtlichen Offenbarung den drei Personen unterschiedliche Werke besonders zuordnen: dem Vater die Schöpfung, dem Sohn die Erlösung, dem Heiligen Geist die Neuschöpfung. Die Einheit in der Dreiheit besteht darin, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist sich gegenseitig so durchdringen, dass man keiner Person ohne die anderen beiden begegnen kann. Kein Werk Gottes lässt sich also ausschließlich einer Person Gottes zuordnen. Und so wenden auch wir uns in all unseren Gebeten, ob wir dabei den Vater, den Sohn oder den Heiligen Geist anrufen, immer an ein „Du“ und nie an ein „Ihr“.

Die dreieinige Erweisung Gottes und das Bekenntnis zum dreieinigen Gott gehen der Ausbildung der Lehre von der Dreieinigkeit Gottes voraus. Darum jetzt noch ein kurzer Blick auf die biblischen Bezüge der Dreieinigkeit Gottes.

Biblische Bezüge der Dreieinigkeit Gottes

Es finden sich schon im AT Hinweise, die aus christlicher Sicht auf die Dreieinigkeit Gottes bezogen wurden:

Gen1,2: der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser (urspr. „brütete“)

Gen 1,26: „Lasset uns Menschen machen“ – Plural majestaticus oder schon Hinweis auf ein Gespräch zwischen Vater und Sohn und auch dem Heiligen Geist?

Gen 18,2: Gott erscheint dem Abraham in Gestalt von drei Männern und kündigt ihm und seiner Frau die Geburt des Sohnes an.

Num 6,24-26: der sog. Aaronitsche Segen, der die Dreizahl enthält.

Jes 6,3: Das dreimalige Engellob (Trishaggion) der Heiligkeit Gottes: Heilig, heilig, heilig ist der HERR Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll.

Diese Hinweise sind aber für sich genommen noch nicht aussagekräftig genug. Die Offenbarung der Dreieinigkeit Gottes ist an die Person Jesu und die Geisterfahrung der christlichen Gemeinde gebunden.

Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist stehen mehrfach in formelhaften Aussagen nebeneinander, z.B. im Taufbefehl (Mt 28,19): „Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ oder in 1.Kor 12,4-6: „Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. Und es sind verschiedene Kräfte, aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen“ oder der Briefschluss aus 2.Kor 13,13, den wir Prediger häufig als Kanzelgruß verwenden: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!“ Ebenso der hymnische Text aus Eph 4,4-6: „Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“.

Der Briefbeginn des 1.Petr, wo der Apostel seine Adressaten anspricht als die, „die Gott, der Vater, ausersehen hat durch die Heiligung des Geistes zum Ge-horsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi“. Oder die Schlusser-mahnung im Judasbrief (Jud 20f.): “Ihr aber, meine Lieben, erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben, und betet im heiligen Geist, und erhaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet auf die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben“.

Wir können sehen, dass sich das urchristliche Bekenntnis schon auf die drei Personen der Dreieinigkeit bezieht, wie dann später in den Glaubensbekenntnissen weiter ausgeführt wird. Offen bleibt im NT, wie diese Zusammengehörigkeit genau zu verstehen ist und wie der Glaube an die Gottheit Jesu Christi und des Heiligen Geistes mit dem Monotheismus, also dem Ein-Gott-Glauben, zu vereinbaren ist.

Probleme der Dreieinigkeit Gottes

Kardinal Meißner, Erzbischof von Köln, überschreibt sein Grußwort in der Zeitschrift „Diakrisis“ (Sonderausgabe 3/08) mit einer lateinischen Formel zum Geheimnis der Dreieinigkeit, die ich zu Beginn dieses Unterpunktes gerne aufnehmen möchte: „Sunt quinque notiones, quattuor relationes, tres personae, duae processiones, una natura, nulla probatio“ (Übers.: Es gibt in der Allerheiligsten Dreieinigkeit fünf Kennmale, vier Beziehungen, drei Personen, zwei Hervorgänge, eine göttliche Natur, keinen Beweis.) Mit diesem leicht eingängigen Satz, der aber theologisch in Bezug auf die fünf Kennmale und die vier Relationen theologisch spekulativ ist, wollte man folgendes sagen:

A. Die fünf Kennmale sind:

1. Ursprungslosigkeit: diese kommt dem Vater zu. Er stammt von niemandem und ist der Ursprung selbst.

2. Vaterschaft: diese kommt dem Vater zu, weil er den Sohn gezeugt hat.

3. Sohnschaft: diese kommt dem Sohn zu, der vom Vater gezeugt wurde.

4. Hauchung: diese kommt dem Vater und dem Sohn zu, die den Heiligen Geist gehaucht haben.

5. Hervorgang: dieser kommt dem Heiligen Geist zu, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgegangen (gehaucht) ist.

B. Mit den vier Beziehungen ist gemeint:

1. Vaterschaft: Beziehung des Vaters zum Sohn

2. Sohnschaft: Beziehung des Sohnes zum Vater

3. Hauchung: Beziehung des Vaters und des Sohnes zum Heiligen Geist

4. Hervorgang: Beziehung des Heiligen Geistes zu Vater und Sohn

C. Zum dogmatischen Kernbestand der Lehre von der Dreieinigkeit Gottes gehört: Die drei göttlichen Personen sind der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

D. Die beiden Hervorgänge sind die Zeugung des Sohnes aus dem Vater und die Hauchung des Heiligen Geistes aus dem Vater und durch den Sohn.

E. Die eine göttliche Natur kommt allen drei göttlichen Personen zu.

Und für all das gibt es keinen Beweis, weil das Geheimnis der Allerheiligsten D. unerforschlich ist und wir nur davon wissen, weil es Gott uns geoffenbart hat.

Diese christliche Tradition gibt dem Theologen und Christen die Aufgabe auf, mit der Frage der Dreieinigkeit Gottes umzugehen. In Texten der Bibel, Liedern, der Liturgie kommt die Dreieinigkeit Gottes immer wieder zur Sprache. Wir sehen uns vor die Herausforderung gestellt: Wir müssen die Tradition verantworten und wir müssen uns vor der Tradition verantworten. Wir werden gefragt und müssen uns selber fragen, wie weit wir dieses Dogma noch für bedeutungsvoll und grundlegend halten und als solches nach außen vertreten können.

Bedenken wir dabei, dass es dabei nicht nur um eine Lehre über die Dreieinigkeit Gottes geht, sondern dass damit zugleich auch gefragt wird: Wer ist dieser Jesus Christus, dessen Evangelium wir verkünden? Und in welchem Verhältnis steht er zum ewigen Gott? Auch der Kyrios-Titel wird sowohl für Christus als auch für den ewigen Gott gebraucht. Denken wir auch hier an unsere Gebetsanrede: „Herr“.

Und es stellt sich die Frage, wie können wir als sündige Menschen Zeugen für die Sache Gottes sein? Wie kann das Reich Gottes, wie kann die Kirche wach-sen, wenn wir fehlbare Menschen nicht von Gottes Kraft im Heiligen Geist selber dazu geleitet und befähigt werden? Und wie können wir in verständlicher Weise anderen von diesem Geheimnis weitersagen?

Die Verständnisschwierigkeiten, die die Lehre von den drei Personen in einer göttlichen Wesenheit bietet, sind offenkundig. Die nächstliegenden Möglichkeiten des Missverständnisses sind kirchengeschichtlich bekannt:

die tritheistische (drei Götter);

die modalistische (drei bloße Erscheinungsformen des einen Gottes, unter denen er sich den Menschen zeigt).

Obwohl beide als Häresie zurückgewiesen wurden, tauchen sie immer wieder auf. Dagegen spricht: Eine Vorstellung von drei Göttern wäre Mythologie. Gegen den modalistischen Gedanken spricht unser Bekenntnis, dass wir es als sterbliche Menschen mit dem unsterblichen Gott zu tun haben, der uns Menschen eben auf die drei Weisen seines Wesens erscheint. Darum darf vom drei-einigen Gott nicht in Form von Behauptungen über das An-sich-Sein seiner innersten Wesenheit nachgedacht und gesprochen werden, sondern in der Form des Bekenntnisses soll sein Verhältnis zum Menschen bezeugt werden und die Möglichkeit des Menschen, auf eben nur diese Weise in ein Verhältnis zu Gott zu finden. Wie ein alter trinitätstheologischer Lehrsatz besagt: Die Werke der Dreieinigkeit sind „nach außen“ unzerteilt (opera trinitatis ad extra sunt indivisa), das bedeutet: Wenn Gott handelt, handelt immer der „ganze“ dreieinige Gott.

Dieser so verstandene Gott wird vernehmbar im Wort und in der Geschichte Jesu Christi. Hier erweist sich Gott in seiner Gottheit: im radikalen, unausweichlichen Gottesanspruch an uns Menschen, dem Jesus Sprache verleiht, und im Geschehen der Passion und der Auferstehung, in dem Jesus stellvertretend für den Menschen den ganzen Anspruch Gottes an den Menschen trägt und erfüllt.

Dieser so verstandene Gott ist auch der Geist: „Der Herr ist der Geist“, bezeugt Paulus in 2.Kor 3,17. Der Heilige Geist ist kein anderer als der Geist des Vaters und des Sohnes. Und dieser Geist ist in uns. Dieser dritte Aspekt der Gotteswirklichkeit ist notwendig. Denn um vom Vater und vom Sohn angemessen zu reden, bedarf es der dieser mystischen Kategorie des „In-Seins“: Wir sind in Gott, Gott ist in uns. Eine Belegstelle ist aus der Predigt des Paulus auf dem Areopag in Athen entnommen: „Denn in ihm leben und weben und sind wir“ (Apg 17,28). Zwei Stichworte, die als Folgen diese „In-Seins“ zu sehen sind, will ich hier nur kurz erwähnen, ohne sie weiter ausführen zu können: Sinnstiftung und Dialogfähigkeit. Der Heilige Geist wirkt in unserem Leben Sinnstiftung mitten hinein in alle gesellschaftlichen oder individuell konstruierten Sinngebungen. Und er ermöglicht Dialog: mit Gott und miteinander als Menschen. In diesem Dialog besteht die Möglichkeit, dass Wandlung, Verwandlung, schöpferisches Neuwerden geschieht. Das ist das Werk des Schöpfergeistes: die Verwandlung bei gleichzeitiger Bewahrung der eigenen Identität. Die Neuschöpfung einer Person durch Verwandlung zu einem neuen Sein, zu einem neuen Bild, das Gott schon jetzt von uns hat.

Bedeutung der D. für unseren Glauben und unser Gemeindeleben

Bilder und Beispiele:

Naturwissenschaft: H2O ist die eine chem. Formel für Wasser, das sich aber in drei unterschiedlichen Aggregatzuständen zu verschiedenen Funktionen zeigen kann: unter 0°C als Eis im festen Zustand, über 1°C als Wasser im flüssigen Zustand, über 100°C als Wasserdampf im gasförmigen Zustand. Doch ist es ein Grundstoff, der durch seine verschiedenen Aggregatzustände verschiedene, teilweise lebenswichtige Funktionen erfüllen kann.

Mathematik: Dimensionen in der Geometrie. Im Raum kann man sich in drei Richtungen bewegen: rechts-links, vor-zurück, nach oben-unten. Das sind die drei Dimensionen, in denen wir konstruieren und in denen wir auch leben. Mit Hilfe einer Dimension können wir einen Strich ziehen, mit Hilfe von zwei Dimensionen gelingt schon eine geometrische Figur, etwa ein Viereck aus vier geraden Linien. Mit Hilfe der dritten Dimension können wir dann einen regelrechten Körper bilden, etwa einen Würfel aus sechs Vierecken. In Gottes Dimensionen finden wir ein Wesen, das aus drei Personen besteht, während es doch ein Wesen bleibt.

Theologie: Erinnerung aus einem Seminar in praktischer Theologie: Gott als Vater – der Ursprung, Christus als Sohn – der Ursprüngliche, der Heilige Geist – das Urspringen. Zeigt eine Dynamik in der Beziehung zwischen Ursprung und Geschöpf auf, in die wir durch den Glauben hinein genommen werden.

C.S.Lewis bringt ein praktisches Beispiel (in: Pardon, ich bin Christ, Basel 1977, S. 128f.): „Ein ganz durchschnittlicher, schlichter Christ kniet nieder, um zu beten. Er versucht, Gott nahe zu kommen. Aber wenn er ein Christ ist, weiß er, dass alles, was ihn zum Gebet drängt, auch Gott ist; sozusagen Gott in seinem Inneren. Er weiß auch, dass all sein Wissen um Gott von Christus kommt, dem Menschen, der Gott war; außerdem, dass Christus neben ihm steht, ihm beim Gebet hilft, für ihn betet. Was also geschieht? Gott ist es, zu dem er betet, das Ziel, das er erreichen möchte. Gott ist es aber auch, der in ihm wirkt und ihn zum Beten drängt; Gott ist die bewegende Kraft. Und zudem ist Gott der Weg, die Brücke, auf der er zu jenem Ziel hinzukommen versucht. So kann sich das ganze dreifache Leben des dreieinigen Wesens in einem ganz normalen Schlafzimmer vollziehen, in dem ein ganz normaler Mensch zu Gott betet“. Das ist geistliches Leben: Ein Mensch ist durch Gott in Gott hinein genommen worden und bleibt doch er selber, aber mit der entscheidenden Möglichkeit der Veränderung. Denn wenn ein Mensch so von Gott in Gott hinein genommen worden ist, bleibt er nicht derselbe.

Ich sehe die entscheidende Dimension der Dreieinigkeit Gottes darin, dass es Gottes Wille ist, Heil zu schaffen und heil zu machen. Und uns Menschen das Heil zuzueignen, das wir selbst eben nicht schaffen und erreichen können durch tugendhaftes oder moralisch einwandfreies Leben. Es gibt nur den Weg der Gnade: sola gratia, dass Gott selber und allein in seiner dreifachen Wesenheit das Heil schafft und für uns Menschen erfüllt, um es uns dann schenken zu können. Und nur als Geschenk bekommen wir Anteil am Heil. Wer sich nicht beschenken lässt wie ein Kind, der kann nicht in Gottes neue Welt kommen (Vgl. Mk 10, 14f.).

Aus den Abschiedsreden Jesu ist mir die Aussage Jesu wichtig geworden: „Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden“ (Jh 16,7). Können wir uns etwas Besseres vorstellen als mit Jesus zusammen zu sein? Das konnten sich die Jünger damals auch nicht. Aber Jesus sagt genau das. So gut es ist und war, dass ich mit euch auf dem Weg war. Der Heilige Geist, der hier sicher nicht umsonst von Jesus der „Tröster“ genannt wird, dieser Heilige Geist wird euch leiten, stärken, trösten, befähigen, meine Zeugen zu sein, mehr noch als ich es könnte. Denn wenn Jesus geblieben wäre, hätte er es immer nur selber machen können und müssen. Oder hätten Sie sich getraut zu predigen, wenn Jesus neben Ihnen stände?! So geschieht durch den Heiligen Geist Gottes Heilsplan durch uns und mit uns – und manchmal sogar trotz uns und gegen uns, aber doch immer für uns – zur Ehre des allmächtigen, ewigen dreieinigen Gottes!

 Schluss

Ich schließe mit der ersten Strophe von Philipp Spittas Pfingstlied (EG 136,1): „O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein. Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an, dass jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann.“

Thesen zur Diskussion

Hat Gott sich als dreieinig offenbart, dann ist er auch von Ewigkeit her in sich selbst der Dreieinige.

Gott unterscheidet sich nicht, um von uns wegzugehen, sondern um uns zu sich einzuholen.

Liebe ist die Triebfeder der Dreieinigkeit Gottes und ereignet sich im Geheimnis des innergöttlichen Gegenübers und Miteinanders.

Die Dreieinigkeit Gottes ist das Urbild der Einigkeit für Jesu Jünger (Jesus betet darum in Jh 17, 20-26!) und für die Kirche.

Dreieinigkeit bedeutet Gottes Nahekommen und seinen Gnadenerweis zu und für uns Menschen: „Nicht nachträglich, sondern von sich selbst her und von seinem Schöpferwillen ist er Gott, der so zum Menschen kommen will, dass er im Sohn mit uns wird und durch den Heiligen Geist in uns die Kraft zu unserm wahren Leben in seiner Gemeinschaft wird: sola gratia“ (Wilfried Joest, Dogmatik Bd. 1, Göttingen 1984, S. 340).

Der Heilige Geist, die dritte Person der göttlichen Dreieinigkeit, erforscht und offenbart die Tiefen Gottes (vgl. 1.Kor 2, 10-16).

Wer sich vom dreieinigen Gott nicht mit seiner Gnade beschenken lässt, hat keinen Anteil an Gottes Reich.

Wenn Gott als der Dreieinige uns Menschen in seinen Dienst ruft und beruft, dann sind wir herausgefordert, uns in die Sinnsuche und den Dialog unserer Gesellschaft einzubringen und für Gottes Reich zu zeugen.

(Vortrag auf dem Regionaltreffen des Gemeindehilfsbundes in Goslar am 13.6.09)