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Predigt über Johannes 12,20-26: Das Weizenkorn, das in die Erde fällt

Viele Menschen sind auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens. Sie erkennen, das kann doch nicht alles gewesen sein. Da muss doch etwas bleiben. Die in Düsseldorf erscheinende „Wirtschaftswoche“ schrieb: „Die Menschen in Deutschland waren noch nie reicher als heute. Sie waren aber auch nie wurzelloser.“[1] [1] Und so sind sie empfänglich für vielerlei Ideologie, vielleicht sogar für Esoterik und die vielversprechende Werbung für alle möglichen Programme, wie unser Leben besser, erfolgreicher, glücklicher, schöner etc. werden könnte. Sie kosten oft viel Geld und bringen nicht, was sie versprechen.

Ich will heute von einem Zielerreichungsprogramm berichten, das Sie zunächst vielleicht irritiert und abschreckt. Es lautet:

„Durch Tod zum Leben, durch Leiden zur Herrlichkeit!“

Da stellt sich natürlich die Frage: „Wer hat sich denn so etwas ausgedacht?“ Das mag zwar unserem Denken diametral entgegenstehen, aber es ist das einzige erfolgreich erprobte und durchgeführte Patentrezept, das zum Ziel, zum eigentlichen Ziel unseres Lebens führt; zum Fruchtbringen für die Ewigkeit. Denn es ist Gottes Weg. ER ist unser Schöpfer und weiß genau wie ER mit uns zu dem Ziel kommt, das ER für unser Leben geplant hat.

Sehen wir uns das am Beispiel Jesu an: Jesus hatte in Galiläa die folgenschwere Entscheidung getroffen, mit Seinen Jüngern zum Passahfest hinauf nach Jerusalem zu ziehen. Bei Seinem Zwischenstopp in Bethanien, vor den Toren Jerusalems, zeigt ER Seine göttliche Macht und Autorität und ruft Seinen schon verwesenden Freund Lazarus aus dem Grab ins Leben zurück.

Die Menschen sind überrascht, erstaunt, begeistert. Das hatte bisher noch kein Mensch geschafft. Wenige Tage darauf (am Palmsonntag), bereiten IHM die Festpilger einen triumphalen Empfang. Unter den Jubelrufen: „Hosianna! Gelobt sei der da kommt in dem Namen des HERRN, der König von Israel!“ (Joh 12,13) zieht ER in Jerusalem ein.

Jesus befindet sich auf dem Gipfel Seiner Popularität. Der langersehnte Erfolg und der Griff nach der Macht und Herrschaft liegt verlockend vor IHM. Jetzt wäre für IHN doch der richtige Augenblick gekommen, sich zu offenbaren, die IHM von Gott übertragene Herrschaft anzutreten und Sein Reich auf dieser Erde aufzurichten. Denn man muss doch das Eisen schmieden, solange es heiß ist.

Aber was geschieht nun?

Joh. 12,20-26:

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest. 21 Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen. 22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen’s Jesus. 23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. 24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. 25 Wer sein Leben lieb hat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s bewahren zum ewigen Leben. 26 Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.

Es scheint ja wirklich aufwärts zum Triumph zu gehen. Seine Bekanntheit scheint sich nun auch auf die Heidenwelt auszudehnen. Es kommen sogar Griechen, also Pilger von außerhalb Israels, aus der griechischen Welt, die Jesus nicht nur sehen sondern näher kennenlernen wollen. Wollen sie IHM vielleicht sogar nachfolgen?

Jesus antwortet ihnen: „Die Zeit ist gekommen, wo der Menschensohn in Seiner Herrlichkeit offenbart wird.“

Endlich scheint es soweit zu sein: Will sich Jesus, der „Menschensohn“, jetzt vor aller Welt in Seiner Herrlichkeit offenbaren? Ja – aber anders als sich die Jünger und auch die Pilger das vorstellen. Jesus muss ihnen klarmachen, dass Seine Verherrlichung nur über das Kreuz geschieht, denn es geht IHM nicht um Erfolg haben, sondern um Frucht bringen und Menschen retten. Das macht ER ihnen am Beispiel des Weizenkorns deutlich.

Er sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“

Mancher denkt vielleicht, was ist denn ein einzelnes Weizenkorn – was kann das denn schon bewirken. Aber in einem Weizenkorn liegen ungeheure Vermehrungskräfte.

Aus einem einzigen Weizenkorn, können bereits in der vierten Generation eine Million Körner hervorgegangen sein. Voraussetzung zum Fruchtbringen ist allerdings, dass dieses eine Weizenkorn weder in der Scheune noch im Banksafe aufbewahrt wird, sondern in die Erde kommt. Dort beginnt der Sterbeprozess, an dessen Ende die vielfache Vermehrung (Frucht) steht.

Ich habe das mal ausprobiert. Vor 14 Tagen habe ich einige Sonnenblumen-Samenkörner in diesem Töpfchen in die Erde gesteckt und angegossen. Und was geschah?

Nach einer Woche hob sich die Erde und es waren kleine grüne Keime zu sehen. Schon am nächsten und den folgenden Tagen wuchsen die kleinen Pflanzen heraus. Die Samenkörner sind aufgeplatzt und gestorben und das ist daraus geworden: lebende Pflanzen.

Was will Jesus mit dem Bild vom Weizenkorn ausdrücken und deutlich machen? ER redet von sich als dem Weizenkorn, das in die Erde versenkt wird und Frucht bringen wird. Es geht mit IHM jetzt nicht im Triumph zur Herrlichkeit, sondern es geht durch Seinen Tod zum Leben, durch Sein Leiden zur Herrlich­keit. Jesus hätte theoretisch die Möglichkeit gehabt, Seinen Kreuzestod zu verhindern und sein Leben zu retten, indem ER sich nach Griechenland zurückgezogen hätte, um den Menschen dort Seine Botschaft zu verkünden. Dort hätte ER als vollmächtiger Prediger, Weisheitslehrer und Vorbild einige Jahre wirken und eine beschränkte Anzahl Menschen für Seine Botschaft und Ideen gewinnen können. Später wäre Seine Mission dann aber im Sande verlaufen und Sein Leben wäre ohne Frucht geblieben und, das Schlimmste, es gäbe keine Rettung für uns verlorene Sünder.

Aber Jesus entscheidet sich in Seiner unüberbietbaren Retterliebe um unseretwillen für den Weg, Samenkorn zu sein und durch Seinen Tod, Rettung und wahres Leben für uns Menschen zu ermöglichen.

Durch Seinen stellvertretenden Sühnetod hat uns Jesus aus der Sklaverei der Sünde und des Todes befreit und ein ewiges Leben in der Gemeinschaft mit Gott erworben. Durch Seine Auferstehung und Himmelfahrt ist ER jetzt durch Seinen Heiligen Geist weltweit gleichzeitig und überall wirksam.

Schon Jesaja 53,10 lesen wir: „Wenn er mit seinem Leben für die Schuld der anderen bezahlt hat, wird er Nachkommen haben. Er wird weiterleben und den Plan des Herrn ausführen.“

Das hat sich erfüllt. Welch eine Frucht ist aus dem Weizenkorn „Jesus“ entstanden, der Sein Leben nicht geschont, sondern es für viele dahingegeben hat! Aus Seinen 12 Aposteln sind in 2000 Jahren über zwei Milliarden Christen geworden. Welch eine Frucht!

Dieses Prinzip des Weizenkorns zieht sich durch die ganze Heils- und Kirchengeschichte.

  1. Nach der Steinigung des Diakons Stephanus (Apg 11,21) flohen viele Gläubige aus Jerusalem u.a. nach Antiochia, erzählten dort von ihrem Glauben an Jesus, den gekreuzigten und auferstandenen HERRN. Ergebnis: viele Heiden dort vertrauten diesem Jesus ihr Leben an.
  2. Als die Christen in Rom verfolgt, in die Arena getrieben und den wilden Tieren ausgeliefert wurden, haben sich viele von den Zuschauern die Frage gestellt: Was muss das für ein großer und gewaltiger liebender Gott sein, dass Menschen IHN nicht verraten und absagen, sondern bereit sind, ihr Leben für diesen Gott zu opfern. Viele von ihnen wurden Christen. Diesem Gott wollten sie auch angehören. In weniger als 100 Jahren war das ganze Römische Reich vom Christentum durchdrungen, bis in die höchsten Kreise, ja bis ins Kaiserhaus. – So zieht es sich durch die ganze Geschichte. Das war aber nicht nur damals. Das ist heute noch genauso.
  3. In China hat die maoistische Kulturrevolution, die von 1966 – 1976 jegliche Religion mit brutalsten Mitteln ausmerzen wollte, das Christentum erst zum Erblühen gebracht. Der chinesische Schriftsteller Liao Yiwu schreibt: „Die Stärke der meist stillen und zurückgezogenen Christen unter Verfolgung habe ihn als Nichtchristen fasziniert. Durch ihre Standfestigkeit seien sie noch stärker gewesen als die Studenten, die im Juni 1989 auf dem Pekinger ‚Platz des Himmlischen Friedens“ für Demokratie demonstrierten.
  4. Open Doors, das Hilfswerk für verfolgte Christen berichtet ganz aktuell:„Mitten im unfassbar grausamen Krieg in Syrien und im Irak, erleben wir eine große Erweckung unter Muslimen. Indem die verfolgten Christen auch notleidenden Muslimen helfen, setzen sie ein Zeichen der Nächstenliebe. Wir erleben, wie die Hand des HERRRN wie in Apg 11,21 mit unseren Gemeindenetzwerken vor Ort ist. Das, was sich damals durch die Zerstreuung der christlichen Gemeinde vollzog, wiederholt sich in großem Ausmaß gerade heute vor unseren Augen.“

Was für eine Frucht! Jesus, der Sein Leben am Kreuz von Golgatha für uns geopfert hat, will auch dich und mich zum Samenträger machen, damit wir in unserem Leben viel Frucht für IHN bringen können.

Frage: Bin ich dazu auch bereit? Bin ich bereit, auf die Durchsetzung meiner Wünsche und Ansprüche zu verzichten?

Das ist für viele das Problem, deshalb wiederholt Jesus in V 25, was ER im Bild vom Weizenkorn für Sein eignes Leben gezeigt hat, als klare Regel für alle.[2] [2]

„Wer sein Leben lieb hat, der wird’s verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s erhalten zum ewigen Leben.“

Dabei handelt es sich nicht um Forderungen, sondern Jesus stellt uns nur die Tatsachen vor Augen, wie Leben gelingt, d.h. Frucht bringt und zum Ziel, zur himmlischen Herrlichkeit, führt. Die Entscheidung, wie wir uns verhalten (welchen Weg wir wählen), liegt bei uns.

Von Jesus begeistert sein, wie die jubelnde Menge der Pilger beim Einzug in Jerusalem oder sich für IHN ernsthaft interessieren, wie die Griechen, die Jesus kennenlernen wollen, das reicht nicht.

Wer Jesus finden will, muss IHM nachfolgen, und diese Lebensgemeinschaft mit Jesus bedeutet auch Leidensgemeinschaft. Jesus war bereit, Sein Leben für uns in den Tod zu geben – Sollten wir aus Dankbarkeit nicht zur Hingabe unseres Lebens an Jesus bereit sein. Leiden, Hingabe, Verzicht – das widerstrebt uns aber vollkommen; denn wir lieben unser Leben.

Wir leben in einer Spaßgesellschaft, wir wollen etwas vom Leben haben und uns selbst verwirklichen, streben nach Sicherheit und Wohlergehen und beruflichem Erfolg. Wir drehen uns oft nur um uns selbst und fragen uns bei jeder Entscheidung: „Was hab‘ ich davon, was krieg ich dafür.“

In der Shell Jugendstudie wird ein 16-Jähriger zitiert: „Natürlich braucht man Spaß am Leben. Aber ohne Sinn macht es weder Spaß noch Sinn.“[3] [3]

Was sollen wir nun darunter verstehen: Das Leben lieben oder das Leben hassen?

Hier geht es nicht um Emotionen, sondern darum, die Prioritäten in unserem Leben richtig zu setzen. Das Wichtigste zuerst. Und da liegt das Problem. Das Leben stellt permanent neue und oft unnötige und überzogene Forderungen, Wünsche und Bedürfnisse an uns, die unser Ego befriedigen sollen, nie zu sättigen sind und uns von dem rechten Weg ablenken. Man hat ja manchmal den Eindruck, das Leben liefe nach dem Motto:

„Ich, meiner, mir, mich. Alles dreht sich nur um mich.“ Wir leben in einer Ich-Kultur. Aber so kann das Leben nicht gelingen. Wer sein Leben auf diese Weise liebt und lebt, dem zerrinnt es zwischen den Fingern und wird es verlieren, denn er kann die entscheidende Lebenswende, die Hingabe seines Lebens an Jesus, für immer verpassen.

Pfarrer Wilhelm Busch besuchte einen 70-jährigen Bergmann, der erzählte ihm: „Als ich 17 Jahre war, kam ich mal in eine Evangelisationsversammlung. Und da merkte ich, dass Jesus bei mir anklopft. Aber da habe ich mir gesagt: ‚Wenn ich damit ernst mache und nehme ihn auf, Mensch, dann lachen mich alle meine Kameraden aus. Es ist unmöglich.‘ Und dann bin ich rausgelaufen.

Und er fuhr fort: „Nun ist mein Leben verflossen. Ich bin alt geworden. Und jetzt weiß ich, dass mein Leben falsch war, weil ich in jener Stunde Jesus nicht die Tür aufgetan habe!“[4] [4]

Ist das nicht traurig? Jesus aber will uns das wahre Leben schenken, das Gott für uns vorgesehen hat. Doch niemand kann gleichzeitig die Welt und Jesus lieben. Deshalb fordert ER uns auf, die Prioritäten in unserem Leben richtig zu setzen:

„Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit…“ (Mt 6,33)

Das gelingt aber nur, wenn wir uns selbst verleugnen, uns auf das ewige Ziel konzentrieren und Jesus unser Leben ganz anvertrauen.

Wir können uns ein Beispiel an Sportlern nehmen. Sportler, die sich zum Ziel gesetzt haben, einen Pokal oder eine Olympia-Medaille zu gewinnen, unterwerfen ihr ganzes Leben, Lebensstil und Lebenshaltung diesem einen Ziel. Sie wissen ganz genau, ohne diese Priorität ist das Ziel nicht zu erreichen.

Was ist unsere Priorität? Wofür geben wir unser Leben hin – unsere Gaben an Kraft, Zeit, Geld und Ideen?

Wem das Leben in eigener Regie und in eigenem Interesse wichtiger ist, der wird das wahre Leben verpassen; wer sich aber mit allem, was er hat, an Jesus „verliert“, wird ewiges Leben gewinnen – schon hier.

Das gelingt aber nur in der Nachfolge, d.h. in enger Gemeinschaft mit Jesus. ER sagt: „Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.“ (V 26)

Ein Leben in dieser Gemeinschaft mit Jesus schenkt uns den Sinn im Leben, bringt Frucht und führt uns zum ewigen Ziel und in der Ewigkeit werden wir von unserem Vater im Himmel mit göttlicher Ehre beschenkt.

Ist das nicht eine lohnende Lebensaufgabe?

Wir sollten unser Leben überdenken und entscheiden, ob wir unser Leben als Samenkorn weiterhin hegen und pflegen wollen, um es zu bewahren, oder ob wir es an Jesus unseren Retter hingeben wollen, um unserem Leben Sinn zu geben, viel Frucht für IHN zu bringen und das ewige Ziel unseres Lebens zu erreichen.

Mache mich zum guten Lande,
wenn dein Samkorn auf mich fällt.
Gib mir Licht in dem Verstande,
und, was mir wird vorgestellt,
präge du im Herzen ein,
laß es mir zur Frucht gedeihn.

Amen.

Prädikant Wolfgang Wilke

[1] [5] Zitiert in Peter Hahne, Schluss mit lustig, S. 52

[2] [6] WStB S.56

[3] [7] Zitiert in: Schluss mit lustig, a.a.O. S. 25

[4] [8] Wilhelm Busch, Jesus unser Schicksal, S14. Auflage, 1967, S. 34