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Segnung von Homoverbindungen in der württembergischen Landeskirche?

Vom 27. – 30.11.2017 tagt in Stuttgart die Evangelische Landessynode in Württemberg. Am Dienstag, 28.11., und am Mittwoch, 29.11., steht ein Punkt auf der Tagesordnung, der es in sich hat. Er hat das Potential, den künftigen Kurs der Landeskirche grundlegend zu verändern. In der Zeitschrift „Für Arbeit und Besinnung“, die alle Pfarrämter der Landeskirche erreicht, findet sich im Heft 19 vom 1. Oktober 2017 ein Interview der Stuttgarter Zeitung mit Dr. Clemens Hägele (Rektor des Albrecht Bengelhauses Tübingen) und Pfarrer Matthias Hestermann von der Synodalgruppe „Offene Kirche“.

Pfarrer Hestermann sagte (daselbst S. 33): „Für die Offene Kirche ist die biblische Auffassung, dass eine Ehe nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden kann, nicht mehr maßgeblich.“ Es wird hier also offen eingestanden, dass eine Homoverbindung nach der Bibel keine Ehe sein kann, und gleichzeitig erklärt, dass dies für diese Synodalgruppe nicht mehr verbindlich ist, also dass die Bibel nicht mehr das Wort Gottes und dass das „Allein die Schrift“ der Reformation aufgegeben ist. Hestermann weiter (aaO. S. 34): „Auch Jesus wusste nicht, dass es nicht nur Mann und Frau gibt und dass Homosexualität eine natürliche Veranlagung ist.“ – Also sowohl die Bibel als auch Jesus selbst ist überholt. Die Bibel ist „Gesprächspartner unter anderen“, wie junge 1968er-Theologen in Tübingen einst sagten.

Soll das tatsächlich im Gedenkjahr der Reformation kirchenamtlich bestätigt werden? Und was wären die Konsequenzen? Prof. W. Pannenberg kam nicht zufällig bei seiner Beurteilung dieser Frage zu dem Ergebnis: „In der Gesamtheit des biblischen Zeugnisses wird … praktizierte Homosexualität ausnahmslos zu den Verhaltensweisen gerechnet, in denen die Abwendung des Menschen von Gott besonders eklatant zum Ausdruck kommt… An dieser Stelle liegt die Grenze für eine christliche Kirche, die sich an die Autorität der Schrift gebunden weiß. Wer die Kirche dazu drängt, die Norm ihrer Lehre in dieser Frage zu ändern, muss wissen, dass er die Spaltung der Kirche betreibt. Denn eine Kirche, die sich dazu drängen ließe, homosexuelle Betätigung nicht mehr als Abweichung von der biblischen Norm zu behandeln und homosexuelle Lebensgemeinschaften als eine Form persönlicher Liebesgemeinschaft neben der Ehe anzuerkennen, eine solche Kirche stünde nicht mehr auf dem Boden der Schrift, sondern im Gegensatz zu deren einmütigem Zeugnis. Eine Kirche, die einen solchen Schritt tut, hätte darum aufgehört, evangelische Kirche in der Nachfolge der lutherischen Reformation zu sein“ (Pannenberg: Maßstäbe zur kirchlichen Urteilsbildung über Homosexualität, in: Wolfhart Pannenberg: Beiträge zur Ethik, Göttingen 2004, S. 99ff.).

Landesbischof July will nun der Synode vorschlagen, eine Segnung zu beschließen, aber keine Trauung. Das klingt natürlich für manche Gemeindeglieder beruhigender, ist aber sachlich nichts anderes, da in der evangelischen Kirche (anders als in der kath. Kirche) die Eheschließung auf dem Standesamt geschieht, die Trauung ist eine Segnung. Deshalb wird, falls tatsächlich die Segnung beschlossen würde, sicherlich mit eben dieser Begründung bald auch die Trauung nachfolgen. Leider hat der Vorsitzende der Lebendigen Gemeinde – Christusbewegung in Württemberg, wie in idea-Spektrum 45-2017, S. 41, zu lesen ist, beim Gemeinschaftstag in Stuttgart gesagt: „Die Einführung einer ‚Trauung für alle‘ halten wir biblisch-theologisch für nicht geboten.“ Damit bleibt er im Rahmen dessen, was der Landesbischof und der Oberkirchenrat der Synode vorschlagen wollen.

Aber dass solch eine Einführung gegen die Bibel ist, gilt nicht nur für die Trauung, sondern auch für die Segnung, und es ist nicht nur „nicht geboten“, sondern nach der Bibel ist es nicht möglich, wie der frühere Landesbischof Theo Sorg einst sagte: „Was Gott nicht segnet, kann die Kirche nicht segnen.“ – Eigentlich eine Selbstverständlichkeit! Denn allein Gott kann Segen geben. Sein Segen lässt sich auch nicht gegen Seinen Willen erzwingen. Maleachi 2,2 ist eine der Stellen, die den Ernst zeigen, um den es hier geht. Gott kann zu Priestern, die Ihn nicht hören und Ihm nicht gehorchen, sagen: „Verfluchen werde ich eure Segenssprüche“. Deren Segen wäre also kein Segen Gottes, im Gegenteil. Manche Pfarrer hoffen auf einen Gewissensschutz für sie, falls eine Einführung der Segnung von Homoverbindungen kommt. Aber dieser ist keine Lösung. Der Gewissensschutz für Pfarrer wird voraussichtlich nur für einige Zeit gelten. Eingestellt werden dann sicherlich auch keine Pfarrer mehr, die Homosegnung ablehnen. Damit ist die Spur gelegt, dass unsere Kirche sich ganz verändert. Wenn sich wenigstens die Synodalen des Gesprächskreises „Lebendige Gemeinde“ in der Ablehnung einer solchen Segnung einig wären, könnte die Homosegnung nicht kommen, da eine 2/3-Mehrheit erforderlich ist.

Aber leider ist nicht einmal dies sicher. Dann ist zu hoffen, dass Juristen in der Landeskirche feststellen, dass ein solches Gesetz wegen Kirchenverfassungswidrigkeit nichtig ist, denn in § 1 des württembergischen Kirchenverfassungsgesetzes heißt es: „Die evangelisch-lutherische Kirche in Württemberg, getreu dem Erbe der Väter, steht auf dem in der Heiligen Schrift gegebenen, in den Bekenntnissen der Reformation bezeugten Evangelium von Jesus Christus, unserem Herrn. Dieses Evangelium ist für die Arbeit und Gemeinschaft der Kirche unantastbare Grundlage.“ Dieses Evangelium ist gemeint in seinem Zuspruch und Anspruch, nicht ein Evangelium von der billigen Gnade, die Dietrich Bonhoeffer zurecht verworfen hat. Ein Gesetz, das gegen die Heilige Schrift und das bekenntniswidrig ist, ist danach also verfassungswidrig und damit nichtig.

Pfr. Karl Baral, Kusterdingen

Dieser Beitrag erscheint in der neuen Ausgabe des „Aufbruch – Informationen des Gemeindehilfsbundes“ (November 2017), die ab dem 27. November kostenlos versandt wird. Bestellungen bitte an die Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes, Mühlenstr. 42, 29664 Walsrode (info@gemeindehilfsbund.de).