Kritische Anfragen in der Perspektive der Zwei-Regimenten-Lehre1
I Einleitung
Nach dem »Ende der Säkularisierungsthese«2 und der »Rückkehr der Religionen«3 stößt heute die Frage nach dem Verhältnis von Religion und Politik auf ein großes Interesse. Sogar Jürgen Habermas ermutigt Religionsgemeinschaften dazu, mit ihren Argumenten am demokratischen Diskurs teilzunehmen4 sowie Räume für die sensible Wahrnehmung existenzieller Fragen bereitzustellen.5 Auch in der aktuellen politischen Flüchtlingsdebatte spielt das Thema Religion eine wichtige Rolle. Christliche Kirchen verteidigen in politischen Stellungnahmen die großzügige Aufnahmepolitik der Regierungsparteien. Freiwillig Engagierte in Kirchengemeinden und Sozialarbeiter der kirchlichen Wohlfahrtsverbände bilden in vielen Fällen die Speerspitze der Willkommenskultur. Während in der Vergangenheit die Kirchen im Sinne ihres sozial-anwaltschaftlichen Selbstverständnisses häufig öffentliche Kritik an der staatlichen Asylpolitik geübt haben (bis hin zum zivilen Ungehorsam in Form der Gewährung von »Kirchenasyl«), gehören die Kirchen und die kirchlichen Wohlfahrtsverbände nun zu den wichtigsten Partnern des Staates im Blick auf die Bewältigung der Folgen der Flüchtlingspolitik.
Nicht nur aus historischer, sondern auch aus sachlicher Perspektive ist die – vielfach missverstandene bzw. missbrauchte – Zwei-Regimenten-Lehre Martin Luthers das wichtigste Paradigma evangelischer politischer Ethik. Danach gibt es zwei Regierweisen Gottes, durch die Gott dem Menschen Gutes tut und die sich in ihren Zielen und in ihren Mitteln unterscheiden, nämlich die geistliche Regierweise und die weltliche Regierweise. Die geistliche Regierweise Gottes zielt auf das Heil, auf die Erlösung des Menschen. Die weltliche Regierweise zielt auf das Wohl, auf die Erhaltung der Welt und des Lebens des Menschen. Die geistliche Regierweise bedient sich zur Erreichung ihres Ziels der Bezeugung der guten Botschaft von der Liebe Gottes durch Christen und die Kirche. Die weltliche Regierweise bedient sich zur Erreichung ihres Ziels der Gewalt durch die weltliche Obrigkeit, des Rechts und weltlicher Ordnungen. Mittels der drei einfachen Grundeinsichten der Zwei-Regimenten-Lehre (Zusammengehörigkeit der beiden Regimente als Regimente Gottes, Unterscheidung der Ziele der beiden Regimente und Unterscheidung der Mittel der beiden Regimente) ließen sich damals und lassen sich heute grundlegende Fehlentwicklungen in Politik und Kirche erkennen und benennen, die insbesondere durch eine Verwechslung der Ziele oder Mittel zustande kommen, seien es beispielsweise die Instrumentalisierung der weltlichen Gewalt durch die mittelalterliche Kirche, politische Totalitätsansprüche zur Zeit des Dritten Reichs oder der Verzicht von Christen auf Widerstand im Dritten Reich unter Berufung auf eine falsch verstandene Eigengesetzlichkeit des politischen Bereichs.6
Vielfach wurde theologischerseits Kritik an der Zwei-Regimenten-Lehre geäußert: Sie besitze keine konkrete Orientierungskraft, sei zu statisch und lediglich um den Erhalt des Status quo besorgt und habe zur Katastrophe des Dritten Reiches mit beigetragen. Diese Vorwürfe lassen sich jedoch nicht aufrechterhalten. Beispielsweise Reiner Anselm zeigt, dass die Fehlentwicklungen in der politischen Ethik des Luthertums in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Folge gerade einer Missachtung der ursprünglichen Zwei-Regimenten-Lehre waren.7 Weder die neulutherische Zwei-Reiche-Lehre noch die statische, ideologieanfällige Lehre von den Schöpfungsordnungen sind genuin lutherisch.8 Insofern muss auch der behauptete Gegensatz zwischen der Zwei-Regimenten-Lehre und der Lehre von der Königsherrschaft Christi (die im Kirchenkampf gegen eine als Trennung von Politik und Glaube interpretierte Zwei-Reiche-Lehre formuliert und später zur theologischen Programmformel gemacht wurde) als Missverständnis betrachtet werden.9 Der direkte Rückgriff auf die Zwei-Regimenten-Lehre bei der Formulierung der fünften These der Barmer Theologischen Erklärung beweist deren konkrete Orientierungskraft. Die wegweisende Denkschrift der EKD »Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie« von 1985 greift ebenfalls konstruktiv auf die Zwei-Regimenten-Lehre als Grundlage für die Ge-staltung des Staates zurück.10 Auch im Blick auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte können aus der Zwei-Regimenten-Lehre weiterführende Anregungen gewonnen werden.
II Die geistliche Regierweise Gottes
1. Legitime Ziele und Mittel
a) Gesellschaftliche Orientierung
Gott gebraucht die Kommunikation des Evangeliums durch die Kirche, um Menschen zum Heil zu führen. Mit dem Auftrag der Kommunikation des Evangeliums ist auch ein Öffentlichkeitsauftrag gegeben. Dazu gehört auch – so die EKD-Denkschrift »Das rechte Wort zur rechten Zeit« –, dass die Kirche öffentlich zu politischen und gesellschaftlichen Fragen Stellung nehmen soll,11 denn »das Evangelium bezeugt und begründet die Freiheit im Glauben, die in der Verantwortung vor Gott und den Menschen gelebt wird. Es hat kulturelle, soziale und politische Kraft«12. Indem die Kirche im Rahmen der Erfüllung ihres Auftrags das christliche Verständnis vom Menschen und von der Welt in Wort und Tat kommuniziert, leistet sie auch einen Beitrag zur ethischen Orientierung für die Gesellschaft im Blick auf aktuelle Herausforderungen.13
Nach Eilert Herms sollte sich diese Orientierung insbesondere auf die »Wohlordnung des menschlichen Zusammenlebens«14 beziehen, wie sie in der Zwei-Regimenten-Lehre veranschaulicht wird. Inhaltlich müsste die Kirche demnach primär an fundamentale Unterscheidungen erinnern, wie diejenige von geistlichem und weltlichem Regiment Gottes, Kirche und Staat, Letztem und Vorletztem, Schöpfung und Erlösung, Gesetz und Evangelium, Gott und Götze, Gerechtigkeit vor Gott und Gerechtigkeit vor den Menschen, Person und Werk usw.15 Formal muss die Orientierung seitens der Kirche frei sein vom Ton der Besserwisserei, der klerikalen Bevormundung und des Rigorismus, um dem evangelischen Verständnis eigener Fehlbarkeit, der Achtung vor dem individuellen Gewissen sowie unausweichlicher Schuld zu entsprechen. Außerdem werden politische Stellungnahmen der Kirche durch ihre faire Art der Darstellung den legitimen Pluralismus sowohl innerhalb der Kirche als auch innerhalb der Gesellschaft respektieren (im Wissen um die Unverfügbarkeit von Wahrheitsgewissheiten).16
In der aktuellen politischen Flüchtlingsdebatte haben sich Repräsentanten der EKD vielfach zu Wort gemeldet. Angesichts einer weitgehend emotional und polemisch geführten Debatte sowie einer zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung scheint zunächst ein hoher Bedarf an einem kirchlichen Beitrag zur Orientierung zu bestehen. Die Kirche hat zudem einen starken Bezug zum Thema und verfügt über eine anerkannte, aus eigener langjähriger Praxis in der Flüchtlingsarbeit gewonnene Expertise. Umso ernüchternder sind bei näherer Betrachtung die Ergebnisse. Sándor Fazakas resümiert in der ZEE, dass die entsprechenden Stellungnahmen eher Bekenntnischarakter haben und »die Sachlichkeit und analytische Kompetenz schuldig bleiben«17. Ausgerechnet im Blick auf grundlegende Unterscheidungen im Zusammenhang der Zwei-Regimenten-Lehre weisen die bisherigen Stellungnahmen deutliche Reflexionsdefizite auf, wie u. a. Johannes Fischer18 und Ulrich Körtner19 zeigen. Nach Körtner leidet die einseitige kirchliche Unterstützung der Flüchtlingspolitik der Regierungsparteien, die noch dazu mit einem »Gestus der moralischen Überlegenheit«20 vorgetragen werde und auch bei ihrer biblischen Begründung hermeneutische Defizite aufweise, insbesondere unter einer vollkommenen Vernachlässigung der ethischen Bedeutung der staatlichen Verantwortung für Recht und Frieden, wie sie von der Zwei-Regimenten-Lehre eingeschärft wird. Diese Verantwortung schließe die Verantwortung für sichere Grenzen sowie die Pflicht zur Formulierung und zur Durchsetzung von Kapazitätsgrenzen im Blick auf die realistische Ermöglichung langfristiger Integration ein. Die Kirche moralisiere, anstatt sich den ethischen Dilemmata, die sich aus der Spannung von Letztem und Vorletztem ergeben, zu stellen.21
b) Ideologiekritik
Im Rahmen ihrer öffentlichen Kommunikation des Evangeliums und des christlichen Wirklichkeitsverständnisses übt die Kirche immer auch (explizit oder implizit) Ideologiekritik. An der Frage, vor die uns das erste Gebot stellt, ob ein Mensch, eine Gesellschaft oder eine Kirche ihr Herz an Gott oder an einen Götzen hängen, entscheidet sich aus der Perspektive eines christlichen Wirklichkeitsverständnisses schlechterdings alles. Darum ist Theologie ihrem Wesen nach Ideologiekritik, zumindest dann, wenn der Begriff Ideologie nicht lediglich wertungsfrei als Synonym für Weltanschauung verwendet wird, sondern negativ konnotiert im Sinne von Verblendung, Verschleierung oder Vergötzung. In diesem Sinne betonte Karl Barth vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus das antiideologische »Wächteramt« der Kirche nach innen und nach außen.22 Theologen wissen, dass es weder ein gott- bzw. götzenfreies menschliches Leben geben kann noch eine weltanschauungsfreie Wissenschaft, Politik oder Wirtschaft. Darum liegt in der Ideologiekritik nicht nur eine Kernaufgabe, sondern auch eine spezifische Kompetenz der Theologie. Dabei steht natürlich die Kirche jederzeit selbst in der Gefahr, sich von herrschenden Ideologien vereinnahmen und instrumentalisieren zu lassen.
So vermisst man in kirchlichen Beiträgen zur Flüchtlingsdebatte beispielsweise beinahe durchgängig einen differenzierten Umgang mit Begriffen wie »Asylberechtigte«, »Schutzberechtigte«, »Wirtschaftsmigranten« und »Armutsflüchtlinge«, obwohl eine sachgemäße Analyse ohne solche Differenzierungen schlechterdings unmöglich ist. Sätze wie »jenseits von Eden sind wir alle Migrantinnen und Migranten«23, wie es im Orientierungsbeitrag der EKHN heißt, sind wenig hilfreich. Tabuisierungen, die dazu führen, dass ein Gespräch zwischen Befürwortern und Kritikern der aktuellen Flüchtlingspolitik so gut wie nicht mehr stattfindet, werden nicht aufgebrochen, sondern verstärkt. Beispielhaft sei ein Satz aus der Stellungnahme des Rates der EKD genannt: »Geben wir die Empathie auf, geben wir die Menschlichkeit auf«24. Im gleichen Text steht auch der eher naive Satz: »Die Integration darf keine Verlierer hervorbringen, weder unter den Flüchtlingen noch unter der einheimischen Bevölkerung«25. Eine sachliche und ideologiekritische Analyse muss natürlich die Verlierer eines solchen Prozesses benennen – ebenso wie die Gewinner, zu denen z. B. auch die Pharmaindustrie, die Versicherungswirtschaft, Profiteure von Lohnkostensenkungen und nicht zuletzt soziale Dienstleister gehören.
c) Sozialanwaltschaft
Zur Kommunikation des Evangeliums in Wort und Tat durch die Kirche und die Diakonie gehört notwendig auch das sozialanwaltschaftliche Engagement, das sozial benachteiligten Menschen ein Leben unter menschenwürdigen Bedingungen und in Selbstachtung ermöglichen bzw. sie dazu befähigen möchte. Als theologische Begründung für ihr sozialanwaltschaftliches Selbstverständnis nennen Kirche und Diakonie insbesondere die sogenannte vorrangige Option für die Armen und Schwachen, die theologisch auf vielfache Weise hergeleitet werden kann. Dass die kirchlich-diakonische politische Sozialanwaltschaft im Ergebnis meistens eher ineffektiv ist, liegt an fehlender Professionalisierung und Ressourcenausstattung dieses Arbeitsfeldes, an Unglaubwürdigkeit und internen Interessenkonflikten und speziell im Bereich der Diakonie an der existenziellen ökonomischen Abhängigkeit von staatlichen Geldern unter Wettbewerbsbedingungen.26
Das Arbeitsfeld der Flüchtlingshilfe, das ich aus eigener lang-jähriger Praxiserfahrung gut kenne, ist eines der wenigen erfreulichen Beispiele für kirchliche Sozialanwaltschaft, bei denen kontinuierlich sichtbare und messbare politische Erfolge im Blick auf die Gesetzgebung verzeichnet werden können (entgegen der in Aktivistenkreisen verbreiteten Klage, dass sich die Lebenslagen von Flüchtlingen immer nur verschlechtern).27 Über Jahrzehnte hat sich die Kirche praktisch und politisch für Flüchtlinge eingesetzt und damit ihrer Rede von der vorrangigen Option für die Armen und Schwachen Glaubwürdigkeit verliehen. Dass es sich bei den Flüchtlingen meist um ökonomisch Arme und rechtlich Schwache handelt, wird auch der nicht bestreiten, der zu Recht darauf hinweist, dass die biblische Rede von Asylsuchenden und von Fremden Personengruppen meint, die mit heutigen Flüchtlingen und Migranten nicht vergleichbar sind,28 und dass die Ärmsten und Schwächsten unter den Flüchtlingen gerade diejenigen sind, die nicht nach Europa kommen können. Im Jahr 2015 schließlich haben die Kirchen auf die Herausforderungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten schnell und konkret reagiert. Die evangelischen Landeskirchen haben nicht nur insgesamt über 100 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Flüchtlingshilfe bereitgestellt.29 Kirche und Diakonie haben auch die Arbeit von 100.000 Ehrenamtlichen koordiniert, die Flüchtlinge unterstützen wollten. Und sie haben sich nicht zuletzt als zuverlässige und professionelle zivilgesellschaftliche Partner des Staates im Blick auf eine menschenwürdige Versorgung der Flüchtlinge und Migranten erwiesen.
2. Illegitime Ziele und Mittel
a) Politisierung
Indem die Kirche im Rahmen ihrer Kommunikation des Evangeliums gesellschaftliche Orientierung anbietet, Ideologiekritik übt und als Sozialanwältin auftritt, ist sie wesenhaft immer schon politisch. In diesem Sinn ist Dorothee Sölle zuzustimmen, wenn sie vor einer Entpolitisierung des Evangeliums warnt und betont: »Es ist eine gefährliche Einbildung, zu meinen, theologische Sätze seien zunächst ›rein‹ theologisch zu verstehen und hätten keine politischen Voraussetzungen, Gehalte und Konsequenzen«30. Nach Luther soll jeder Christ Mitverantwortung dafür übernehmen, dass die politische Regierung ihren göttlichen Auftrag sachgemäß wahrnehmen kann. Darum nahm er selbstverständlich auch in seinen Predigten zu politischen Fragen Stellung.31 Aber genauso wie die recht verstandene Zwei-Regimenten-Lehre die Zusammengehörigkeit von Religion und Politik betont, so betont sie auch die Notwendigkeit ihrer klaren Unterscheidung. Andernfalls müsste man von einer problematischen Politisierung des Glaubens bzw. der Kirche, des Evangeliums oder der Theologie sprechen.
Zunächst darf die Religion nicht durch Politik ersetzt werden im Sinne einer »Inthronisierung der Politik als der leitenden, sinngebenden Instanz des Menschen«32. Weiterhin darf die Kirche weder das Wort mit dem Schwert vertauschen noch die Rolle des politischen Regenten einnehmen wollen; eine Gefahr, die auch heute noch überall dort, wo Kirche mit politischer Macht in Berührung kommt, im Hinterkopf behalten werden sollte. Schließlich darf die Kirche, wie die Barmer Theologische Erklärung in ihrer ersten und dritten These betont, sich weder einem politischen Zeitgeist unterwerfen noch einer politischen Position oder Entwicklung Offenbarungsqualität zuerkennen. Dies ist – angesichts der in geschichtlicher Betrachtung offensichtlichen Anfälligkeit der deutschen evangelischen Kirche dafür (und zwar keineswegs nur im Blick auf die Zeit des Dritten Reichs) – ein Thema, bei dem die kritische Selbstprüfung nie nachlassen darf.
Im Kontext der aktuellen politischen Flüchtlingsdebatte vollzieht sich eine gesellschaftliche Spaltung. Während nach einer Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD vom Dezember 2015 noch 88 Prozent der Befragten davon ausgingen, dass sich das Engagement für Flüchtlinge positiv auf Deutschland auswirken werde,33 glaubten nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap vom September 2016 nur noch 42 Prozent, dass der Flüchtlingszuzug langfristig gut für Deutschland sei.34 Zunehmende Hasskommentare von beiden Seiten in Sozialen Medien zeugen von dieser Spaltung ebenso wie die Situation in Dresdener Kirchengemeinden, in denen Teilnehmer der Pegida-Demonstrationen und Teilnehmer der Gegendemonstrationen sich nicht mehr im gleichen Raum aufhalten möchten. Kirchliche Stellungnahmen, die hier einen status confessionis ausrufen, wie das Impulspapier »Flucht und Exil« des Reformierten Bundes von 2016, nach dem das »Kirchesein« der Kirche »auf dem Spiel« stehe,35 verstärken diese Spaltung und verdunkeln dabei reformatorische Grundeinsichten wie die Rechtfertigung allein aus Glauben und die Relativierung der Politik als etwas Vorletztem. Wenn kirchliche Stellungnahmen, wie der EKD-Text »… denn ihr seid selbst Fremde gewesen« von 2009 oder das Gemeinsame Wort der Kirchen zur interkulturellen Woche von 2016, aus der Tatsache, dass in Deutschland seit Langem Zuwanderung stattfindet, folgern, dass »der bunten Gegenwart auch die Zukunft gehört«36, die Politik eine »positive Haltung gegenüber der Grundgegebenheit von Migration«37 haben müsse und der entstandene Pluralismus von Christen bejaht werden müsse »als Ausdruck des schöpferischen Wirkens des Geistes Gottes«38, dann liegt nicht nur formal ein naturalistischer Fehlschluss vor. Sondern es stellt sich mit der Barmer Theologischen Erklärung auch die Frage nach dem Offenbarungscharakter geschichtlicher Ereignisse. Satzfolgen wie »Wo immer Zuwanderung geschah und geschieht, befördert sie die Vielfalt einer Gesellschaft«39 und »Vielfalt bejahen. […] Die Schöpfung Gottes ist auf Vielfalt angelegt«40 suggerieren eine Eindeutigkeit in politisch-ethischen Fragen, die der vielschichtigen Problematik nicht gerecht wird – unabhängig davon, ob man vielleicht persönlich der dargestellten ethischen Position aus guten Gründen zustimmt.
b) Sozialreligiöse Machtausübung
Nach der Zwei-Regimenten-Lehre gehört Machtausübung – anders als beim Machtbegriff der modernen Soziologie stets gedacht als politische Machtausübung – auf die Seite des weltlichen Regiments, schon weil wahre Christen nach Luther nicht nach der Befriedigung ihrer eigenen Interessen, sondern nach der Befriedigung der Interessen ihrer Nächsten trachten. Und dort, wo Christen Macht zur Befriedigung dieser Interessen ihrer Nächsten ausüben müssen, agieren sie nicht als christliche Privatpersonen oder Kirchenvertreter, sondern als weltliche Amtspersonen.41 Nun ist jedoch nicht nur die mittelalterliche Kirche entgegen ihrer reformatorisch definierten Bestimmung der Versuchung politischer Machtausübung erlegen, sondern auch in der Gegenwart haben Kirche und Theologen Teil an einer subtilen Form ausbeuterischer Herrschaft – so zumindest eine provokante These von Helmut Schelsky. Danach sei in den westlichen Gesellschaften in den 1960er Jahren eine Art neuer Sozialreligion mit einer Priesterkaste aus Intellektuellen entstanden, die mittels soziologischer Heilslehren, Moralismus und Sprachmanipulation das Bildungssystem und die Medien kontrollieren, die Politik maßgeblich beeinflussen und sich von der arbeitenden Bevölkerung ökonomisch aushalten lassen.42 Während die christliche Religion nach Schelsky eigentlich ein Hauptgegner dieser neuen Pseudoreligion hätte sein müssen, habe sie die Chance ergriffen, neuen gesellschaftlichen Einfluss zu gewinnen, indem sie sich die diesseitige Heilshoffnung der Soziologen auf eine Gesellschaft ohne Unsicherheit, Leiden, Gewalt, Krankheit und Armut, die durch politisches Handeln herzustellen sei, zu eigen gemacht und sich dem Moral-Kartell angeschlossen habe.43
Selbst wenn man die Theorie Schelskys insgesamt als zu schematisch oder polemisch zurückweist, finden sich darin durchaus Anknüpfungspunkte für eine konstruktive Kritik an kirchlichem Auftreten in Politik und Öffentlichkeit heute. So beobachtet beispielsweise Friedrich Wilhelm Graf Klerikalisierungstendenzen und moralisierende Dauerappelle bei Kirchenfunktionären sowie eine Verfälschung christlicher Begriffe wie Nächstenliebe zu Herrschaftsinstrumenten.44 Andere kritisieren, dass manche Kirchenvertreter in öffentlichen Reden häufig aus machtstrategischen Gründen vom (fehlenden) Argument zur Betroffenheitsrhetorik wechseln. So auch der aktuelle Bestseller von Erik Flügge mit dem wenig seriösen Titel »Der Jargon der Betroffenheit – Wie die Kirche an ihrer Sprache verreckt«45.
In der aktuellen politischen Flüchtlingsdebatte profitieren Kirche und Diakonie tatsächlich in dem Sinn, dass sie stärker als sonst seitens der Politik angefragt und an politischen Prozessen beteiligt werden. Sie werden auch häufiger zu öffentlichen Stellungnahmen aufgefordert. Ich habe bereits dargelegt, inwiefern sie meines Erachtens diese Gelegenheiten bisher zu selten zum Differenzieren auf der Basis bewährter theologischer Traditionen und zu oft zum Moralisieren genutzt haben, durchaus mitunter mit einer gewissen Nähe zu Schelskys Sozialreligion, man denke an die Predigt Rainer Maria Kardinal Woelkis mit Flüchtlingsboot und dem theologisch nicht falschen, aber differenzierungsbedürftigen Satz: »Wer Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, lässt Gott ertrinken«46. Sprache als Herrschaftsinstrument im Sinne eines Vokabulars, das gegen unliebsame Fragestellungen und Differenzierungen abschirmt, wird in der Flüchtlingsdebatte von beiden Seiten benutzt. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung des Flüchtlingsbegriffs für alle Einwanderer, so dass nicht mehr zwischen erwünschten und unerwünschten Einwanderern unterschieden werden darf. Das ist aus Sicht einer bestimmten politischen Position strategisch klug, aber dient nicht der Sachlichkeit der Debatte.
c) Schwärmerei
Die polemische Bezeichnung Luthers für Anhänger des sogenannten linken oder radikalen Flügels der Reformation als »Schwärmer« oder »Schwarmgeister« sollte uns nicht daran hindern zu fragen, welche theologischen Gründe ihn dazu bewogen, die Schwärmerei als mindestens genauso große und gefährliche Irrlehre wie das von ihm mit dem Antichristen gleichgesetzte Papsttum einzuschätzen. Luther fasste sehr unterschiedliche Gruppen unter dem Begriff Schwärmer zusammen. Gemeinsam war vielen dieser Gruppen, dass sie bestimmte theologische Grundeinsichten, die besonders klar in der Zwei-Regimenten-Lehre formuliert werden, missachteten. Ausgehend von einer Verachtung des Äußeren und Geschichtlichen stellen schwärmerische Ansätze Institutionen, weltliche Ordnungen und Regierungsgewalten in Frage. Teils pazifistisch und teils gewaltbereit wollen sie über den Heiligen Geist verfügen und das Reich Gottes auf Erden herbeiführen. Sie machen Prinzipien einer himmlischen Ordnung (beispielsweise Gleichheit der Menschen vor Gott) zu Prinzipien einer angeblich besseren Weltordnung, glauben einen Zustand dadurch herbeiführen zu können, indem sie so tun, als ob er schon verwirklicht wäre, und machen damit das Evangelium zum Gesetz, während sie das eigentliche lebensdienliche Gesetz abschaffen.47
In der aktuellen politischen Flüchtlingsdebatte werden teilweise Positionen vertreten, die von Luther wohl als schwärmerisch eingeordnet worden wären, und zwar sowohl in kirchlichen Stellung-nahmen als auch in einer säkularisierten Form. So wird beispielsweise bereits in der EKD-Arbeitshilfe »… und der Fremdling, der in deinen Toren ist« von 1998 die ethische Verpflichtung zu einer Politik, die Zuwanderungsmöglichkeiten verbessert, Einbürgerungen vereinfacht und nationalstaatliches Denken überwindet, letztlich damit begründet, dass »Gott nicht auf die Person schaut, sondern Menschen aller Völker in sein Reich ruft« und dass es »in der Kirche keine Ausländer geben kann, denn alle sind eins in Christus«48. Und im bereits zitierten Orientierungsbeitrag der EKHN von 2016 verläuft die Argumentationslinie von den Feststellungen, dass wir als Christen »jetzt schon zu Gottes neuer Welt gehören, [… und es] dort nur Schwestern und Brüder der einen Menschenfamilie« gebe und dass »die Erde allen Menschen gleichermaßen der Ort ihrer ›Migration‹ jenseits von Eden und diesseits des Himmels« sei,49 zu den Forderungen nach einer bewussten Gestaltung der Gesellschaft als Zuwanderungsgesellschaft und einer Beteiligung aller Zuwanderer an Solidarsystemen.50 Man kann diese politisch-ethischen Positionen mit guten Gründen vertreten, aber man sollte sie nicht auf diese Weise theologisch begründen.
Ausgehend von der Zwei-Regimenten-Lehre können solche Positionen jedoch auch inhaltlich als problematisch angesehen werden, da das Reich Gottes – als Welt ohne Grenzen, Gewalt und Armut – gerade nicht dadurch hergestellt werden kann, dass in dieser Welt einzelne Staaten auf Grenzkontrollen und staatliche Gewalt verzichten und ihre Sozialsysteme für alle öffnen. Nach der Logik der Zwei-Regimenten-Lehre müssen solche Versuche vielmehr zum Gegenteil führen, nämlich zur Überforderung der Sozialsysteme und zum Verlust innerer Sicherheit, unter dem die Schwächsten am meisten zu leiden haben, beispielsweise allein reisende Frauen in Flüchtlingsunterkünften. Die Durchsetzung von Menschenrechten setzt in der Welt des »Noch nicht« die Existenz handlungsfähiger Nationalstaaten voraus und die Funktionsfähigkeit großzügiger solidarischer Sozialsysteme die Unterscheidung von Staatsbürgern und Nicht-Staatsbürgern.51
III Die weltliche Regierweise Gottes
1. Legitime Ziele und Mittel
a. Verantwortung des christlichen Politikers
Gott gebraucht Rechtssetzung und gewaltsame Rechtsdurchsetzung durch die politische Obrigkeit, um Menschen ein Leben in äußerem Frieden und Sicherheit zu ermöglichen. Um seinen Auftrag als regierender Politiker in diesem Sinne gut zu erfüllen, muss man nach Luther kein Christ sein. Im Gegenteil: Seine programmatische Schrift »Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei«52 entstand insbesondere aus der Notwendigkeit heraus, Missstände zu bekämpfen, die aufgrund eines falschen Verständnisses christlicher Politik durch christliche Fürsten entstanden waren (insbesondere das Verbot des Besitzes der lutherischen Übersetzung des Neuen Testaments durch Herzog Georg von Sachsen und Kurfürst Joachim I. von Brandenburg). Die Schrift endet mit einem ausführlichen Abschnitt zur Frage, was einen guten christlichen Fürsten ausmacht.53 Er soll seine Macht nicht zur persönlichen Vorteilsnahme missbrauchen, sondern Werke der Liebe zum Nutzen des Nächsten tun. Werke der Liebe haben eine jeweils unterschiedliche Form, je nachdem, ob man in der Rolle als Privatperson oder als Amtsperson handelt. Für eine Privatperson bedeutet Nächstenliebe einen Verzicht auf Gewalt, auch wenn dies zu persönlichen Nachteilen führt. Für eine Amtsperson bedeutet Nächstenliebe, die Menschen, für die man Verantwortung trägt, zu schützen und zu fördern unter Aufwendung aller dafür notwendigen Gewalt. Das Amt des politischen Regenten erfordert nach Luther eine schonungslose Anwendung von Gewalt, um zu verhindern, dass Bürger von bösen Menschen Unrecht erleiden, und um den gesellschaftlichen Frieden zu sichern. Ein guter christlicher Regent versucht nicht, mit dem Evangelium, mit Milde oder mit Barmherzigkeit zu regieren, weil dies eine tragische Verwechslung der angemessenen Mittel zur Erfüllung seines Schutz-Auftrags und damit eine Verletzung der Nächstenliebe bedeuten würde.54 Ganz im Sinne von Luthers Unterscheidung von Privatethik und Amtsethik fordert Max Weber mit seiner vielzitierten Gegenüberstellung von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik, dass Politiker ihre persönliche ethische Gesinnung nicht über ihre Amtspflichten bzw. über eine verantwortungsbewusste Folgenabwägung stellen dürfen.55
Die Äußerungen von Repräsentanten der EKD im Kontext der aktuellen politischen Flüchtlingsdebatte folgen, wie es scheint, bewusst nicht den Grundprinzipien der Zwei-Regimenten-Lehre. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Entscheidung der Grenzöffnung u. a. mit dem Verweis auf christliche Werte begründet hatte,56 stellte sich der EKD-Ratsvorsitzende hinter sie. In einem Zeitungsartikel mit der Überschrift »Flüchtlingskrise – Verantwortung aus christlicher Gesinnung« betont er, dass das weltliche Reich auch unter dem Regiment Gottes stehe und Gott sich in Jesus Christus als barmherzig offenbart habe, und dass darum das christliche Barmherzigkeitsethos auch im politischen Bereich anzuwenden sei.57 An anderer Stelle argumentiert er, dass auch staatliches Handeln im Lichte der Versöhnung der Welt mit Christus geschehe und dass der Staat darum die Gewalt in seinem Handeln minimieren müsse.58 Beide Argumentationen des insgesamt für sein differenziertes Urteil geschätzten Ethikers basieren zwar jeweils auf einer theologisch unbedingt zustimmungsfähigen Prämisse, enden aber bei einer Konklusion, die – in der Perspektive der Zwei-Regimenten-Lehre – nicht in gleicher Weise theologisch unbedingt zustimmungsfähig ist. Ulrich Körtner merkt zum Artikel Bedford-Strohms darum kritisch an, dass sich aus dem Barmherzigkeitsethos keine »Handlungsanweisungen für Fragen einer langfristigen Migrationspolitik« und »schon gar nicht […] die politische Forderung nach unbegrenzter Zuwanderung« ableiten ließe.59 Es sei »die Aufgabe des Staates, in Übereinstimmung mit Gottes Gebot für Recht und Frieden zu sorgen. Das schließt seine Verantwortung für sichere Grenzen und prinzipiell auch das Recht und die Pflicht zur Steuerung von Zuwanderung ein«60.
b) Recht und Gewalt
In Anlehnung an Luther definiert Martin Honecker Politik als den Bereich, dem es um das Gut eines Lebens in Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit geht. Dazu bedarf es des Rechts, das Rechtssicherheit, Gemeinwohl und die Wahrung von Menschenrechten erst ermöglicht. Aufgrund dieser lebensdienlichen Funktionen ist das Recht auch aus theologischer Sicht notwendig.61
Das deutsche Grundgesetz räumt politisch Verfolgten ein individuell einklagbares Recht auf Asylgewährung ein. Diese großzügige Gesetzgebung stellte eine Reaktion auf die geschichtliche Erfahrung der im Ausland insgesamt begrenzten Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem nationalsozialistischen Deutschland dar.62 Angesichts sinkender demokratischer Akzeptanz infolge stark steigender Asylantragszahlen wurde das Asylrecht 1993 durch die Drittstaatenregelung sowie die Sichere-Herkunftsstaaten-Regelung eingeschränkt (und 2015 noch einmal im Blick auf Ausführungsdetails verschärft). Nach Meinung der einen wird durch die Gesetzesänderung das Recht, um das es dem Grundgesetz geht, faktisch gebrochen, da nun keine angemessenen individuellen Verfahren mehr gewährleistet sind, was in vielen Fällen im Rahmen durch Kirchenasyl erzwungener Überprüfungen nachgewiesen werden konnte.63 Nach Meinung anderer, wie der des Rechtswissenschaftlers Udo Di Fabio, ist die Einschränkung der notwendige Preis dafür, um das individuelle Recht auf Asylgewährung (das Obergrenzen verbietet) in Zeiten globaler Wanderungsbewegungen aufrecht-erhalten zu können.64 Mit den gleichen Argumenten stehen sich Befürworter einer engen Auslegung des Asylrechts für politisch Verfolgte im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und Verfechter einer Erweiterung des Asylrechts auf weitere Migrantengruppen im Sinne einer kosmopolitischen Ethik gegenüber.
Der beliebte Verweis auf die Menschenrechte ist hier weniger klärend, als es auf den ersten Blick scheint. Weder Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte noch die Genfer Flüchtlingskonvention (denen es historisch um eine Bewältigung der Situation in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg und nicht um zukünftige globale Massenbewegungen ging) verpflichten einzelne Staaten zur Gewährung eines individuellen Rechtsanspruchs auf Asyl und damit auch nicht zu einer Zulassung von Massenimmigration ohne Obergrenzen. Niemand hat einen moralischen Anspruch auf Asyl in einem bestimmten Land. Kein Staat kann die Menschenrechte aller Menschen sichern. Weil das Menschenrecht auf Asyl keinen bestimmten Staat allein verpflichtet, kann es »auch nicht von einem einzelnen Staat verletzt werden, der es grundsätzlich anerkennt, jedoch unter die Bedingung stellt, es faktisch auch einlösen bzw. langfristig sichern zu können«65. In der politisch-ethischen Abwägung zwischen der Bedeutung von Recht und Sicherheit einerseits und Humanität andererseits lösen engagierte Christen und kirchliche Stellungnahmen das Dilemma oft allzu schnell im Sinne der Humanität auf, anstatt die Spannung auszuhalten bzw. deren notwendige Zusammengehörigkeit zu beachten. Ein typisches Beispiel dafür findet sich in der bereits zitierten EKD-Arbeitshilfe »… und der Fremdling, der in deinen Toren ist« von 1998, wo proklamiert wird, dass im Blick auf den staatlichen Umgang mit Ausländern Menschenwürde, Arbeitsrechte und Familienschutz wichtiger seien als die Vermeidung der Gefährdung öffentlicher Sicherheit und Ordnung sowie ein staatliches Gefahrenabwehr-Interesse.66 Möglicherweise wäre diese Formulierung nach den Erfahrungen von Paris, Köln und Berlin weniger eindeutig ausgefallen.
Der Politikwissenschaftler und Integrationsforscher Stefan Luft merkt zur aktuellen Flüchtlingsdebatte kritisch an: »Funktionsfähigkeit und Legitimität des politischen Systems beruhen wesentlich darauf, dass die Exekutive rechtsstaatlich [und demokratisch] zustande gekommenen Gesetzen Geltung verschafft. Das gilt auch für Gesetze, die der Kontrolle und der Steuerung von Migrationsprozessen dienen«67. Die Folgen der aktuellen staatlichen Handlungsunfähigkeit bestehen nicht nur in unkalkulierbaren langfristigen Kosten, Sicherheitsrisiken und Integrationsherausforderungen (Wohnungsbau, Arbeitsmarkt, Schulen) und einem Vertrauensverlust in die Politik bei weiten Teilen der Bevölkerung, der sich bereits bei Wahlen in einer Neujustierung des Parteienspektrums niedergeschlagen hat. Sie bestehen insbesondere auch – und hier gewinnt Luthers Mahnung zur Rechtsdurchsetzung zum Schutz der Schwachen an Plausibilität – zum Beispiel in einer teilweise problematischen Unterschreitung der Unterbringungsstandards, in der Unfähigkeit, flächendeckend Gewalt gegen Frauen, Kinder und religiöse Gruppen in Gemeinschaftsunterkünften zu verhindern,68 in entstandenen Wartelisten bei vielen Tafeln oder in der beginnenden politischen Diskussion über eine Aufweichung des Mindestlohns. Außerdem – dies ist ethisch besonders relevant – gehen Experten davon aus, dass die deutsche Politik der offenen Grenzen Migrationsentscheidungen befördert und es darum zu vermehrten Wanderungsbewegungen kommt, also zusätzliche Notlagen und Gefährdungen (Verlust der Heimat, enttäuschte Hoffnungen) herbeigeführt werden. Zudem ist bereits jetzt als Folge der bisherigen Politik ein dynamischer und in den kommenden Jahren kaum mehr zu kontrollierender Prozess von Kettenwanderungen in Gang gesetzt worden.69
c) Realismus
Hinter der von Luther formulierten politischen Hauptaufgabe der Rechtssetzung und strengen Rechtsdurchsetzung zur Ermöglichung eines friedlichen Zusammenlebens steht die Empfehlung einer nüchternen und realistischen Grundhaltung. Eine solche zeigt sich nach Luther beispielsweise in einem pessimistischen Menschenbild, in einem permanenten kritischen Überprüfen aller Empfehlungen, in Augenmaß und Verhältnismäßigkeit und vor allem im Bewusstsein um den begrenzten weltlichen Auftrag allen politischen Handelns.70
Im Blick auf die aktuelle politische Flüchtlingsdebatte erfordert Realismus zunächst einen Abschied von der Illusion, dass Flüchtlinge und Migranten per se bessere Menschen seien. Des Weiteren erfordert es die Sachlichkeit, zwischen den Themen Asylpolitik und Einwanderungspolitik zu unterscheiden. Eine Vermischung verhindert nicht nur die notwendige Priorisierung unterschiedlich schutzbedürftiger Personengruppen, sie führt auch zu einer unangemessenen ökonomischen Instrumentalisierung von Flüchtlingen und setzt Anreize zum Missbrauch des Asylrechts. Während bei anerkannten Asylberechtigten nicht zwischen erwünschten und unerwünschten Personen unterschieden werden darf, setzt eine vernünftige Einwanderungspolitik genau diese Unterscheidung zwingend voraus. Sofern Zuwanderungsbedarf besteht (wobei entsprechende Berechnungen der Arbeitgeberseite aufgrund des Zusammenhangs von Arbeitskräfteanzahl und Lohnsenkungspotenzial stets mit Skepsis zu betrachten sind),71 kann dieser durch Flüchtlinge aufgrund des durchschnittlichen Qualifizierungsprofils gerade nicht gedeckt werden.72
Ökonomische und kulturelle Integration stellen den Staat und die Gesellschaft vor ganz andere Herausforderungen als eine vorübergehende Unterbringung in provisorischen Unterkünften, die ja bereits angesichts der großen Anzahl von Menschen nur schwer gelang. Der durchschnittlich sehr niedrige Ausbildungsstand erschwert eine Integration zusätzlich. Insofern haben wahrscheinlich diejenigen Experten Recht, die das Gelingen der Integrationsbemühungen von einer drastischen Senkung der Zuwanderungszahlen abhängig machen.73 Dies wurde mir insbesondere durch meine einjährige Wohngemeinschaft mit einem jungen Flüchtling aus Ghana bewusst, dessen Teilhabehoffnungen trotz aller seiner Bemühungen immer wieder enttäuscht wurden.
2. Illegitime Ziele und Mittel
a) Zivilreligion
Die Zwei-Regimenten-Lehre richtete sich insbesondere auch gegen eine religiöse Überhöhung der Politik, gegen weltliche Fürsten, die – wie Luther es formulierte – gerne über Seelen regieren und in das geistliche Regiment Gottes eingreifen wollten.74 Auch heute gibt es politische Ideologien bzw. Sakralisierungstendenzen, die teilweise unter dem Begriff der Zivilreligion diskutiert werden. Der Aufklärungsphilosoph Jean-Jacques Rousseau prägte diesen Begriff im Sinne einer säkularen Religion der Zivilgesellschaft, die u. a. ein verpflichtendes Bekenntnis zur Heiligkeit des Gesellschaftsvertrages und der Gesetze sowie der Toleranz beinhaltete.75 In der US-amerikanischen Debatte spielt der Begriff seit den 70er Jahren eine Rolle, verstanden als Aufladung der Politik und der Zivilgesellschaft durch religiöse Elemente. In der deutschen Diskussion kann der Begriff Zivilreligion sehr verschiedene Deutungen erfahren, beispielsweise als Verfassungspatriotismus (Demokratie, Menschenwürde), Leitkultur, Bürgertugenden, Aufrechterhaltung eines gemeinsamen Fundus von Symbolen76 oder gar als Schuldkult-Ideologie.77 Bei aller unverzichtbaren Differenzierung ist sicherlich die Kritik an politischen oder religiösen Instrumentalisierungen geschichtlicher Schuld ebenso notwendig wie an dem, was der Historiker Heinrich August Winkler die selbstgefällige deutsche »Lebenslüge« nennt und womit er den Glauben vieler Deutscher meint, sie seien aufgrund ihrer Geschichte dazu »berufen, gegebenenfalls auch im Alleingang, weltweit das Gute […] zu verwirklichen«78. Der Philosoph Günter Rohrmoser spitzte diesen Gedanken – unter Berufung auf Luthers Kampf gegen die Schwärmer – polemisch zu mit der These, dass man in Deutschland meine, man müsse um jeden Preis »als Avantgarde der Welt vormachen, was eine multikulturelle Gesellschaft« sei.79
Ob man hier die Rede von einer Zivilreligion angemessen finden mag oder nicht, in jedem Fall spielt der Verweis auf die deutsche Geschichte und damit verbundene Schuld sowohl für politische Entscheidungen als auch für kirchliche Stellungnahmen im Kontext der aktuellen Flüchtlingsdebatte eine wichtige Rolle: Bundesinnenminister Thomas de Maizière spricht zu Recht von einer besonderen historisch begründeten Verantwortung Deutschlands für Flüchtlinge,80 und nach Johannes Fischer lasse sich der deutsche Sonderweg innerhalb der europäischen Flüchtlingspolitik »wohl nur auf dem Hintergrund der deutschen Geschichte« verstehen, insofern als die »Willkommenskultur […] vielen Bürgerinnen und Bürgern [wieder] ein hohes Maß an Identifikation mit ihrem Land« ermöglicht habe.81 Die EKD-Arbeitshilfe »… und der Fremdling, der in deinen Toren ist« von 1998 verweist auf das »düsterste Kapitel der deutschen Geschichte« als Begründung für eine »Belastung in der Begegnung mit dem Fremden«82 sowie für die Dringlichkeit im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit gegenüber Flüchtlingen, aber auch für die deutsche Asylgesetzgebung.83 Das Ziel müsse sein, »solche Erinnerungen lebendig zu halten und zu einem dauerhaften Kern christlicher und politischer Identität in unserem Land zu machen«84. Auch in der »Erklärung der Leitenden Geistlichen der evangelischen Landeskirchen Deutschlands« zur Flüchtlingskrise von 2015 wird zum Abschluss auf die besondere Verantwortung Deutschlands für Flüchtlinge aufgrund seiner Geschichte rekurriert.85 Theologischerseits muss vor dem Versuch gewarnt werden, Flüchtlinge und Migranten als Sühneobjekte zu instrumentalisieren. Ein differenzierter Umgang mit dem Thema Schuld, wie er in der EKD-Ostdenkschrift von 1965 Ausdruck fand, ist wünschenswert. Dort heißt es: »Aus der Anerkennung politischer und geschichtlicher Schuld müssen Folgerungen für das heutige politische Handeln gezogen werden. [… Aber:] Eine Politik aus einseitigen Schuldkomplexen […] würde keine haltbare Ordnung für morgen schaffen«86.
b) Moralisierung
Aus dem Ernstnehmen der Sünde folgt für eine evangelische Ethik, auch für eine evangelische politische Ethik, das Rechnen mit allgegenwärtiger ethischer Ambivalenz. Handeln kann jeder nur als Sünder innerhalb von Strukturen unausweichlicher Schuld.87 Auch das scheinbar Gute bleibt unter den Bedingungen des Vorletzten stets fragmentarisch und zweischneidig. Für Moralismus oder Rigorismus ist hier kein Platz. Insbesondere in ethischen Dilemmasituationen, aber nicht nur dort, gehört, wie Dietrich Bonhoeffer eindrücklich deutlich machte, die Bereitschaft zur Schuldübernahme zum verantwortlichen Leben. Wer ohne Sünde bleiben will, geht daran zugrunde oder wird zum Heuchler.88 Politische Programme, mittels derer sich der Mensch aus der Verstrickung der Sünde befreien zu können glaubt oder mittels derer nicht nur die Folgen der Sünde bekämpft, sondern die Sünde an sich überwunden bzw. ein innerweltlicher Heilszustand hergestellt werden soll, haben einen ideologischen oder gar totalitären Charakter.89 Die Politik in der Welt des »Noch nicht« stößt nicht nur permanent an anthropologische und soteriologische, sondern auch an materielle Grenzen – die allesamt einer oberflächlichen Moralisierung der Politik entgegenstehen.
Aber auch aus Gründen der demokratischen Kultur ist eine Moralisierung der Politik abzulehnen, wie Johannes Fischer betont. Regierende Politiker können nicht einfach das tun, was sie persönlich für das ethisch Beste halten, sondern sie sind dem Souverän verpflichtet, müssen argumentativ für Mehrheiten werben und nach politischen Kompromissen suchen.90 Der Philosoph Hermann Lübbe wandte sich in seinem gleichnamigen Buch gegen »politischen Moralismus«, worunter er u. a. einen moralisierenden Dauerton in der politischen Rhetorik, die politische Selbstermächtigung zum Verstoß gegen geltendes Recht unter Berufung auf eine höhere Moral sowie die Bezweiflung der moralischen Integrität der Argumente des politischen Gegners anstelle einer argumentativen Auseinandersetzung mit diesen verstand.91
Ein moralisierender Dauerton prägt auch die aktuelle politische Flüchtlingsdebatte. Dahinter scheint oft der verständliche, aber unrealistische Wunsch nach ethischer Eindeutigkeit zu stehen. Exemplarisch kann dafür das in philosophischen Kreisen beliebte Beispiel Peter Singers genannt werden, in dem ein Mann sieht, wie ein Kind in einem Teich ertrinkt, und offensichtlich die ethische Verpflichtung hat, diesem Nothilfe zu leisten.92 Aber mit diesem Beispiel begründen zu wollen, dass Deutschland ebenso offensichtlich die ethische Verpflichtung habe, alle Flüchtlinge und Migranten aufzunehmen, greift zu kurz. Weder sind Menschen an den Grenzen Deutschlands in unmittelbarer Lebensgefahr, noch ist die Aufnahme von Menschen die einzige Möglichkeit staatlicher Hilfeleistung, noch ist ein bestimmter Staat der einzige mögliche Helfer, noch ist die Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten eine einmalige und abgeschlossene Handlung. Die politisch-ethische Situation ist nun einmal komplexer. Warum sollte der politische Deal mit der Türkei ethisch vorzugswürdiger sein als die Schließung der Balkanroute?93 Handelt Spanien ethisch schlecht, wenn es die Flüchtlingsboote zurückschickt, obwohl durch die Politik der Abschreckung die Zahl der Ertrunkenen vor Spaniens Küsten drastisch reduziert wurde? Ist es ethisch gut, Deserteure aus dem Kampf gegen den IS aufzunehmen, auch wenn wir dadurch andere zum Desertieren ermutigen und den Vormarsch des IS begünstigen?
Dass eine ethische Verpflichtung für die Industrienationen zur Hilfeleistung besteht, insbesondere auch aufgrund ihrer Verwicklung in die Flucht- und Migrationsursachen (Kolonialgeschichte, destabilisierende Außenpolitik, Waffenhandel, Rohstoffstrategien, Landgrabbing, Klimawandel),94 lässt sich nur schwer bestreiten. Viele Gründe sprechen allerdings dafür, politisch deutlich stärker auf Hilfe in den betroffenen Regionen anstatt auf Hilfe durch Masseneinwanderung zu setzen: Massenmigration bedroht die Zukunft und ökonomische Entwicklung der Herkunftsländer (brain drain),95 sie trägt nichts zur Armutsbekämpfung vor Ort bei, vielmehr verringert sie den Anreiz dazu seitens der lokalen Verantwortungsträger,96 nur vor Ort kann den am meisten Bedürftigen (Alte, Kranke) geholfen werden, aber vor allem kann mit denselben finanziellen Mitteln vor Ort bzw. in den Nachbarländern viel mehr Menschen geholfen werden als in Deutschland.97 Moralisierende Denkverbote oder Unterstellungen an Diskussionspartner helfen in der Debatte nicht weiter. Gemeinsam muss immer wieder neu nach – notwendig unvollkommenen – Wegen nachhaltiger Hilfe für die betroffenen Menschen gesucht werden.
c) Innerweltlicher Heilszustand
In seinem satirischen Gedicht »Deutschland – Ein Wintermärchen« aus dem Jahr 1844, das u. a. einen großen Einfluss auf die Sozialdemokratie ausübte, formulierte Heinrich Heine den berühmten Satz »Wir wollen hier auf Erden schon / Das Himmelreich errichten«98. Karl Popper greift, nachdem er sich mit den Heilslehren Platons und Hegels sowie deren Einfluss auf totalitäre Regime beschäftigt hat, diesen Satz kritisch in der These auf: »Der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, erzeugt stets die Hölle«99. Dass weltliche Machthaber das Reich Gottes auf Erden durch politisches Handeln weder herbeiführen können noch sollen, ist auch eine der Pointen der Zwei-Regimenten-Lehre. Den vollkommenen Frieden und die vollkommene Gerechtigkeit verwirklicht Gott durch seine geistliche Regierweise. Mit dem Auftrag, das Böse mittels Recht und Gewalt so weit in Schach zu halten, dass in der Welt des »Noch nicht« überhaupt Leben in eingeschränktem Frieden und eingeschränkter Gerechtigkeit im Rahmen der vorläufigen menschlichen Ordnungen möglich ist, haben die weltlichen Regenten genug zu tun.
In der aktuellen politischen Flüchtlingsdebatte entfalten vielfach Utopien einer Welt ohne Grenzen, Statusunterschiede, Ressourcenbegrenzungen, Egoismus, Privateigentum, Armut, Leid, kulturelle Konflikte und Kriege einen gewissen Einfluss. Bei diesen Utopien handelt es sich offensichtlich um mehr oder weniger säkularisierte Varianten jüdisch-christlicher Reich-Gottes-Hoffnungen. Das Reich Gottes ist jedoch etwas Absolutes, das Ziel und die Vollendung von allem, und wird allein von Gott herbeigeführt. Gleichzeitig entfalten Reich-Gottes-Hoffnungen Wirksamkeit für menschliches Handeln, indem sie innerweltliche gesellschaftliche Zustände relativieren und in Frage stellen, indem sie den Blick auf die gesamte Menschheit ausweiten, indem sie quietistische Frömmigkeit aufbrechen und indem sie die Ethik stimulieren und motivieren. Aber das Reich Gottes kann niemals Ziel menschlichen bzw. politischen Handelns sein, sonst wären Überforderung, Resignation und Ideologisierung die notwendigen Folgen. Menschen haben eine begrenzte Verantwortung für das in ihrer Macht Stehende und sollen lediglich die Verwirklichung irdischer Güter, das Gute auf Erden anstreben.100 Aber das sollen sie mit ganzer Kraft, auch wenn das, was sie herbeiführen können, nicht mit dem Reich Gottes verwechselt werden darf.
Nach Luthers eigener Auffassung stellt die Zwei-Regimenten-Lehre das Wesentliche seiner reformatorischen Lehre dar.101 Bei meinen kritischen Anfragen an die Flüchtlingsdebatte in der Perspektive dieser Lehre wollte ich keineswegs den Eindruck erwecken, als liefere sie einfache Antworten auf ethisch komplexe Fragen. Die lutherischen theologischen Kategorien sind ja gerade ein Ausdruck des Ernstnehmens unauflöslicher Spannungen. Aber es hat sich gezeigt, dass die Zwei-Regimenten-Lehre dazu geeignet ist, theologische und ethische Einseitigkeiten in der gegenwärtigen Debatte aufzuzeigen und dadurch einen Beitrag zur Überwindung gesellschaftlicher Spaltungen zu leisten – insbesondere im Interesse der Flüchtlinge und Migranten.
Prof. Dr. Alexander Dietz, Theologische Literaturzeitung 142 (2017) 4, Sp. 325-342.
Mit freundlicher Genehmigung des Verfassers sowie der Theologischen Literaturzeitung.
(1) Dieser Beitrag ist die gekürzte Fassung eines Vortrags, den der Verfasser bei der Jahrestagung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD am 05.10.2016 in der Evangelischen Akademie Loccum gehalten hat.
(2) Hans Joas, Kontingenz und Gewissheit. Religion und das Ende der Säkularisierungsthese, in: Info: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer des Bistums Limburg 35 (2006), 164–170.
(3) Martin Riesebrodt, Die Rückkehr der Religionen. Fundamentalismus und der ›Kampf der Kulturen‹, München 2000
(4) Jürgen Habermas, Politik und Religion, in: Friedrich Wilhelm Graf u. a. (Hrsg.), Politik und Religion. Zur Diagnose der Gegenwart, München 2013, 287– 300, 290.
(5) Jürgen Habermas, Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze, Frankfurt am Main 2005, 115.
(6) Wilfried Härle, Autonomie – ein vielversprechender Begriff, in: Ders., Menschsein in Beziehungen. Studien zur Rechtfertigungslehre und Anthropologie, Tübingen 2005, 213–241, 221.
(7) Reiner Anselm, Von der theologischen Legitimation des Staates zur kritischen Solidarität mit der Sphäre des Politischen. Die Zwei-Reiche-Lehre als Argumentationsmodell in der politischen Ethik des 20. Jahrhunderts und ihre Bedeutung für die theologisch-ethische Theoriebildung in der Gegenwart, in: Tim Unger (Hrsg.), Was tun? Lutherische Ethik heute, Hannover 2006, 82–102, 84.
(8) Wolfgang Huber, Gerechtigkeit und Recht. Grundlinien christlicher Rechtsethik, Gütersloh 1996, 115 f.
(9) Martin Honecker, Art. »Politik und Christentum«, in: TRE, Bd. XXVII, Berlin u. a. 1997, 6–22, 14 f.
(10) Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und Aufgabe, Gütersloh 1985, 13 ff.
(11) Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Das rechte Wort zur rechten Zeit. Eine Denkschrift des Rates der EKD zum Öffentlichkeitsauftrag der Kirche, Gütersloh 2008, 7.
(12) a. O., 18.
(13) a. a. O., 20.
(14) Eilert Herms, Theologie und Politik. Die Zwei-Reiche-Lehre als theologisches Programm einer Politik des weltanschaulichen Pluralismus, in: Ders., Gesellschaft gestalten. Beiträge zur evangelischen Sozialethik, Tübingen 1991, 95–124, 117.
(15) Gerhard Ebeling, Kriterien kirchlicher Stellungnahmen zu politischen Problemen, in: Ders., Wort und Glaube, Bd. III, Tübingen 1975, 611–634.
(16) Eilert Herms, Theologie und Politik. Die Zwei-Reiche-Lehre als theologisches Programm einer Politik des weltanschaulichen Pluralismus, in: Ders., Gesellschaft gestalten. Beiträge zur evangelischen Sozialethik, Tübingen 1991, 95– 124, 102 ff.
(17) Sándor Fazakas, Ihr seid auch Fremdlinge gewesen. Kirchliche Stellungnahmen auf dem Prüfstand, in: ZEE 60 (2016), 4–9, 6.
(18) Johannes Fischer, Politische Verantwortung aus christlicher Gesinnung? Über Gesinnungsethik, Verantwortungsethik und das Verhältnis von Moral und Politik, in: ZEE 60 (2016), 297–306.
(19) Ulrich H. J. Körtner, Gesinnungs- und Verantwortungsethik in der Flüchtlingspolitik, in: Marianne Heimbach-Steins (Hrsg.), Begrenzt verantwortlich? Sozialethische Positionen in der Flüchtlingskrise, Freiburg u. a. 2016, 66–81.
(20) a. O., 67.
(21) a. a. O., 74.78 f.
(22) Karl Barth, Brechen und Bauen. Eine Diskussion, in: Ders., »Der Götze wackelt«. Zeitkritische Aufsätze, Reden und Briefe von 1930 bis 1960, hrsg. v. Karl Kupitsch, Berlin 1961, 108–123, 122 f.
(23) Kirchenleitung der EKHN, Noch Raum in der Herberge? Zur theologischen Vergewisserung und ethischen Orientierung angesichts von Flucht und Migration, Darmstadt 2016, 4.
(24) Pressestelle der EKD (Hrsg.), Stellungnahme des Rates der EKD zur Situation von Flüchtlingen, Hannover 2016, 1.
(25) a. O., 2. [1] [1]
(26) Alexander Dietz, Ungünstige Rahmenbedingungen für verbandliche Sozialanwaltschaft, in: Ders. u. a. (Hrsg.), Barmherzigkeit drängt auf Gerechtigkeit. Anwaltschaft, Parteilichkeit und Lobbyarbeit als Thema für Soziale Arbeit und Verbände, Leipzig 2013, 109–129.
(27) Hildegund Niebch, Voraussetzungen erfolgreicher Lobbyarbeit und Anwaltschaftlichkeit am Beispiel der Flüchtlingsarbeit und kritische Überlegungen, in: Alexander Dietz u. a. (Hrsg.), Barmherzigkeit drängt auf Gerechtigkeit. Anwaltschaft, Parteilichkeit und Lobbyarbeit als Thema für Soziale Arbeit und Verbände, Leipzig 2013, 177–187, 181.
(28) Rainer Kessler, Grenzen der Übersetzbarkeit. Biblisches Fremdenethos und die modernen Herausforderungen der Migration, in: Marianne Heimbach-Steins (Hrsg.), Begrenzt verantwortlich? Sozialethische Positionen in der Flüchtlingskrise, Freiburg u. a. 2016, 82–93, 83 u. 92.
(29) EKD (Hrsg.), Zahlen und Fakten zum kirchlichen Leben, Hannover 2016, 27.
(30) Dorothee Sölle, Politische Theologie, Stuttgart 1982, 41.
(31) Theodor Strohm, Überlegungen zur Sozialethik Martin Luthers, in: Alexander Dietz u. a. (Hrsg.), Armut und Ausgrenzung überwinden. Impulse aus Theologie, Kirche und Diakonie, Leipzig 2016, 59–80, 63.
(32) Hans Maier, »Politische Theologie«. Einwände eines Laien, in: Helmut Peukert, Diskussion zur »politischen Theologie«, Mainz 1969, 1–25, 6.
(33) Petra-Angela Ahrens, Skepsis oder Zuversicht? Erwartungen der Bevölkerung zur Aufnahme von Flüchtlingen in _Deutschland, Hannover 2015, unter: www.ekd.de/si/download/Fluechtlinge 21.12.15.pdf (abgerufen am 24.09.2016).
(34) Birgit Beck, Wie Deutsche über Flüchtlinge denken, 2016, unter: www.br.de/nachrichten/fluechtlinge-umfrage-infratest-100.html (abgerufen am 24.09.2016).
(35) Moderamen des Reformierten Bundes, Flucht und Exil. Impulse für eine theologische Vergewisserung, 2016, unter: www.reformiert-info.de/daten/ File/Upload/doc-15299-1.pdf (abgerufen am 24.09.2016), 1.
(36) Reinhard Marx, Heinrich Bedford-Strohm, Augoustinos von Deutschland, Begegnung – Teilhabe – Integration. Gemeinsames Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche 2016, unter: www.ekd.de/EKD-Texte/interkulturelle Woche 2016.html (abgerufen am 24.09.2016).
(37) Kirchenamt der EKD (Hrsg.), »… denn ihr seid selbst Fremde gewesen«. Vielfalt anerkennen und gestalten, Hannover 2009, 26.
(38) a. O., 49.
(39) a. O., 7.
(40) a. O., 19.
(41) WA 11, 253,23 ff.
(42) Helmut Schelsky, Die Arbeit tun die anderen. Klassenkampf und Priesterherrschaft der Intellektuellen, Opladen 1975, 14 f.
(43) a. a. O., 77 ff.162.
(44) Friedrich Wilhelm Graf, Kirchendämmerung. Wie die Kirchen unser Vertrauen verspielen, München 2011, 21.102.127.
(45) Erik Flügge, Der Jargon der Betroffenheit. Wie die Kirche an ihrer Sprache verreckt, München 42016, 44.
(46) V., Art. »Wer Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, lässt Gott ertrinken«, in: FAZ vom 26.05.2016, unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/in-land/kardinal-woelki-wer-menschen-im-mittelmeer-ertrinken-laesst-laesst-gott-ertrinken-14253966.html (abgerufen am 24.09.2016).
(47) Wilhelm Stählin, Was ist »Schwarmgeisterei«?, in: Evangelische Jahresbriefe 5 (1952), 166–170.
(48) Kirchenamt der EKD (Hrsg.), »… und der Fremdling, der in deinen Toren ist«. Eine Arbeitshilfe zum Gemeinsamen Wort der Kirchen zu den Herausforderungen durch Migration und Flucht, Hannover 1998, Abs. 106 u. 214.
(49) EKHN, Herberge, 3 f.
(50) a. a. O., 4.
(51) Marie-Luisa Frick, Wenn das Recht an Verbindlichkeit verliert und die Zonen der Unordnung wachsen, rettet uns keine kosmopolitische Moral, in: Thomas Grundmann u.a. (Hrsg.), »Welche und wie viele Flüchtlinge sollen wir aufnehmen?« Philosophische Essays, Stuttgart 2016, 70–83, 72 f. u. 78 f.
(52) WA 11, 245–281.
(53) WA 11, 271 ff.
(54) WA 11, 251 ff.265 ff.
(55) Fischer, Verantwortung, 299.
(56) Nico Fried, Art. »Merkel verteidigt ihren Kurs mit christlichen Werten«, in: Süddeutsche Zeitung vom 08.10.2015, unter: www.sueddeutsche.de/po-litik/cdu-konferenz-merkel-verteidigt-ihren-kurs-mit-christlichen-werten-1.26 84442 (abgerufen am 27.09.2016).
(57) Heinrich Bedford-Strohm, Art. »Verantwortung aus christlicher Gesinnung«, in: FAZ vom 18.12.2015, unter: www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/flüchtlingskrise-verantwortung-aus-christlicher-gesinnung-13951414.html (abgerufen am 27.09.2016).
(58) Heinrich Bedford-Strohm, Das Verhältnis von Kirche und Staat – seine Geschichte und seine Aktualisierung bei Dietrich Bonhoeffer, in: Irene Dingel u. a. (Hrsg.), Kirche und Staat in Deutschland, Frankreich und den USA. Geschichte und Gegenwart einer spannungsreichen Beziehung, Göttingen 2012, 9–29, 26.
(59) Körtner, Verantwortungsethik, 72.
(60) a. O., 74.
(61) Martin Honecker, Grundriß der Sozialethik, Berlin u. a. 1995, 581 ff.589.
(62) EKD, Fremdling, Abs. 41.
(63) Thomas Schlag, Gewissen und Recht: Ethisch-theologische Aspekte zur Debatte über das Kirchenasyl, in: ZEE 40 (1996), 38–56, 41 u. 48.
(64) Udo Di Fabio, Migrationskrise als föderales Verfassungsproblem,_ 2016, unter: https://www.jura.uni-bonn.de/fileadmin/Fachbereich___Rechtswissenschaft/Einrichtungen/Lehrstuehle/Di Fabio/Gutachten Bay DiFabio formatiert.pdf (abgerufen am 29.09.2016), 91.
(65) Frick, Recht, 83.
(66) EKD, Fremdling, Abs. 177.
(67) Stefan Luft, »Steuerung oder Begrenzung«? Warum sich liberale Rechtsstaaten schwertun, Migration zu regulieren, in: Marianne Heimbach-Steins (Hrsg.), Begrenzt verantwortlich? Sozialethische Positionen in der Flüchtlings-krise, Freiburg u. a. 2016, 122–133, 123.
(68) Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Stellungnahme des Vorsitzenden der DBK, Kardinal Reinhard Marx, und des Vorsitzenden des Rates der EKD, Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, zur Situation von Christen und religiösen Minderheiten in Asylbewerberunterkünften,__ 2016,__unter: www.ekd.de/ download/Gemeinsame Stellungnahme Christen in Asylbewerberunterkuenften.pdf (abgerufen am 30.09.2016).
(69) Luft, Flüchtlingskrise, 7, 44 f.111.
(70) WA 11, 250,26 u. 11, 262,11 u. 11, 272,14 u. 11, 274,11 u. 11, 276,21.
(71) Luft, Flüchtlingskrise, 86.
(72) Philip Plickert, Art. »Ifo-Chef Sinn notfalls für nationale Grenzkontrollen«, in: FAZ vom 01.03.2016, unter:
www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirt-schaftspolitik/ifo-praesident-hans-werner-sinn-_redet-ueber-fluechtlinge-140989 16-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex 2 (abgerufen am 01.10.2016).
(73) Luft, Flüchtlingskrise, 114.
(74) WA 11, 262 ff.
(75) Jean-Jacques Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts [1762], Stuttgart 1977.
(76) Thomas Luckmann, Die unsichtbare Religion, Frankfurt am Main 21991.
(77) Karl Richard Ziegert, Zivilreligion. Der protestantische Verrat an Luther, München 2013, 82.187 ff.
(78) Heinrich August Winkler, Art. »Deutschlands moralische Selbstüberschätzung«, in: FAZ vom 30.09.2015, unter:
faz.net/aktuell/politik/fluecht-lingskrise/gastbeitrag-deutschlands-moralische-selbstueberschaetzung-1382653 4-p5.html?printPagedArticle=true#pageIndex 5 (abgerufen am 01.10.2016).
(79) Günter Rohrmoser, Geistige Wende. Christliches Denken als Fundament des modernen Konservativismus, München 2000, 77.
(80) Bundesministerium des Innern, Deutschland übernimmt eine besondere Verantwortung für Flüchtlinge, Pressemitteilung vom 20.06.2014, unter:
www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2014/06/weltflücht-lingstag.html
(abgerufen am 02.10.2016).
(81) Fischer, Verantwortung, 305.
(82) EKD, Fremdling, Abs. 24.
(83) a. a. O., Abs. 7 u. 41.
(84) a. O., Abs. 94.
(85) Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Zur aktuellen Situation der Flüchtlinge. Eine Erklärung der Leitenden Geistlichen der evangelischen Landeskirchen Deutschlands, 2015, unter: www.ekd.de/download/20150910 gemeinsame erklaerung fluechtlinge.pdf (abgerufen am 02.10.2016).
(86) Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Die Lage der Vertriebenen und das Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn. Eine evangelische Denkschrift, Hannover 1965, 40.WA B 2, 372.
(87) Dietrich Bonhoeffer, Ethik, hrsg. v. Eberhard Bethge, München 1985, 71f.238 ff.
(88) Martin Honecker, Einführung in die Theologische Ethik, Berlin u. a. 1990, 54.
(89) Fischer, Verantwortung, 302 ff.
(90) Hermann Lübbe, Politischer Moralismus. Der Triumph der Gesinnung über die Urteilskraft, Berlin 1987, 26.120.
(91) Peter Singer, Praktische Ethik, Stuttgart 21994, 292.
(92) Heinz-Gerhard Justenhoven, Europas Verantwortung für die Entstehung von Grundkonflikten in Afrika und der arabischen Welt, in: Marianne Heimbach-Steins (Hrsg.),
(93) Begrenzt verantwortlich? Sozialethische Positionen in der Flüchtlingskrise, Freiburg u. a. 2016, 174–190.
(94) Paul Collier, Exodus. Warum wir Einwanderung neu regeln müssen, München 2014.
(95) Honecker, Grundriß, 610.
(96) Thomas Pogge, Migration und Armut, in: Alfredo Märker u. a., Was schulden wir Flüchtlingen und Migranten? Wiesbaden 2002, 110–126.
(97) Heinrich Heine, Deutschland. Ein Wintermärchen, in: Ders., Sämtliche Schriften, Bd. IV, hrsg. v. Klaus Briegleb, München 1978, 578.
(98) Karl Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. II, Tübingen 1992, 277.