- Gemeindenetzwerk - https://www.gemeindenetzwerk.de -

Botschaft zum Christfest des Jahres 2006

Botschaft zum Christfest des Jahres 2006

„Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“

Das sagte der Engel des Herrn in der Christnacht, und Engel sind Boten Gottes. Christi Geburt sieht Gott als große Freude für alle Menschen. Wenn ich versuchen wollte zu entwirren, weshalb sich das Christfest für uns mit Bescherung, Wohltätigkeit, Liebe, Vergebung und überhaupt mit allem Besten verbindet, wozu unser Herz fähig ist, dann würde es uns deutlich werden, daß das die im Laufe von Jahrhunderten entwickelte Antwort der Menschen an Gott ist in Dankbarkeit für Seine Gabe, für das Kind zu Bethlehem, das der Welt Gottes Wohltat, Liebe und Vergebung brachte. Alles, was in unserer Zivilisation wirklich gut und heilig ist, ist durch die Persönlichkeit und die Lehre Christi inspiriert.

Doch habt ihr nicht auch den Eindruck, daß jetzt eine Zeit gekommen ist, in der es schwer fällt, die Freude der Engel zu verstehen? Sogar der weltlichen Gesellschaft beginnt die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes zu mißfallen, doch diese ist nur eine Ausdrucksform für ein viel tieferes Problem. In der heutigen Gesellschaft entsteht anscheinend Abneigung gegenüber allem Guten, was die Geburt Christi in die Welt gebracht hat. Nach heutiger Auffassung wirkt eine Persönlichkeit anziehend durch Ironie und Zynismus. als intelligent und tief gilt heute derjenige, welcher tobt, schockiert und in Abrede stellt. Um Aufmerksamkeit zu erregen, genügt es, das traditionell Gute zu zerbrechen und zu verspotten. Diese ganze Atmosphäre gibt dem Menschen ein unbehagliches Empfinden und das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, wenn es ihm gelungen ist, sittliches Verhalten an den Tag zu legen. In seiner Verfassung hat Europa es abgelehnt, Christus als die Quelle seiner Identität überhaupt nur zu erwähnen. Diejenigen, die die Ablehnung Christi Lettland in den Mund legten, meinen anscheinend, daß sie damit etwas Gutes getan und für das Wohl Europas gesorgt hätten – so sehr hat sich die Vorstellung über das Gute verändert. Wir stehen an einer Zeitenwende.

Gerade deshalb ist die Weihnachtszeit sehr kostbar. Die Seelen sind, wie sonst nie, dem Licht zugewandt. Das sollten wir nutzen. Wir sollten uns an das erinnern, was gut und heilig war, sonst werden wir es bald nicht erkennen, selbst wenn wir es dicht vor Augen haben. Und wo bleiben dann die wertvollen Geschenke, die für Geld gekauft wurden, wenn uns die Fähigkeit abhanden gekommen ist, das Gute zu erkennen und uns gegenseitig zu schenken? Wenn wir diese Fähigkeit nicht mehr haben, was ist dann die Wiege für alles Gute in unserem Leben gewesen?

Dennoch redet das Christfest nicht ganz allgemein über etwas, was wir als „das Gute“ bezeichnen könnten. Es verkündigt die Geburt Christi. Dadurch, daß er Christus hier zur Welt kommen ließ, nahm Gott Anteil am Leben des Menschen, damit wir am Leben Gottes Anteil hätten, damit wir die Möglichkeit hätten, unseren göttlichen Anteil zu entdecken und zu erwerben. der für uns sonst unerreichbar bliebe. Christus ist als der uns von Gott bescherte Träger der Freiheit geboren. Er befreit uns vom Irdischen, Zynischen und Bösen – zuerst in uns selbst. Er errettet von Sünde und Tod. Er heilt unser zerrissenes Leben. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben in jeder Sackgasse, in die wir hineingeraten sind. In Ihm finden wir Frieden und Freude die Fülle.

„So nimm unsre Herzen zum Opfer denn hin;
wir geben sie gerne mit fröhlichem Sinn.
Ach mache sie heilig und selig wie deins
und mach sie auf ewig mit deinem nur eins.“

Das singen wir am Christabend im Lied „Ihr Kinderlein, kommet“ dem in Bethlehem geborenen Jesus zu. Dieses so beliebte Weihnachtslied mag uns vielleicht etwas sehr kindlich erscheinen, und dennoch geht es sehr tief. Sich selbst dem Kind in Bethlehem zur Gabe anbieten, das ist das größte Geschenk, das wir uns zu Weihnachten selbst machen können. Wenn wir mit Ihm leben, dann erreichen wir das Ziel, um dessentwillen wir in diese Welt hineingeboren wurden – es gibt keinen größeren Trost als diesen. Wenn wir mit Christus sterben, dann erreichen wir das ewige Leben, und der Tod öffnet uns dabei die Tür.

Sich selbst dem Kind von Bethlehem schenken, sein Leben Christus widmen, das ist das größte Geschenk, das wir anderen machen können. In uns selbst haben wir nichts Gutes, was wir schenken könnten, doch Christus vermag es, den inneren Menschen zu verwandeln und uns zum Widerschein Gottes, zum Licht für die Welt zu machen. Die Geschenke, die wir anderen machen, und uns dabei von Christus abgewendet haben, pflegen bitter zu werden und verursachen Leid. Was wir von unserem Leben Christus schenken, und was von Christus in uns lebt, das bereichert uns stets, inspiriert und erhebt uns. Der zu Bethlehem Geborene ist die Quelle alles Guten und alles Segens. Schenken wir uns Ihm, damit diese Quelle in uns nie versiegen möge.

Ich wünsche allen ein gesegnetes und mit tiefer und aufrichtiger Freude erfülltes Weihnachtsfest!

Auszüge aus Svētdienas Rīts, Zeitung der Evangelisch-lutherischen Kirche Lettlands, 4. Sonntag im Advent, Ausgabe Nr. 47/48 vom 23. Dezember 2006