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Predigt: Die verfolgte und wachsende Kirche (Apg 12,1-25)

In den Evangelien lesen wir über das Wirken Jesu, seine Kreuzigung auf Golgatha und seine Auferstehung von den Toten, danach beginnt Lukas die Apostelgeschichte mit der Himmelfahrt Christi. Es folgt das mächtige Pfingstgeschehen mit der Ausgießung des Heiligen Geistes. Die erste christliche Gemeinde entsteht und sie „blieben beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeindeschaft und im Brotbrechen und im Gebet“ (Apg. 2, 42). Danach schildert Lukas wie durch Gottes Wort und Wunder, in Freude und Gericht, durch Angriffe und Errettungen die Gemeinde weiter wächst. Das erste Märtyrerblut fließt als Stephanus gesteinigt wird.

Einem der leidenschaftlichen Verfolger der jungen Gemeinde versperrt Christus selbst den Weg vor den Stadttoren von Damaskus. Wir hören von der Bekehrung des Paulus und seiner Berufung zum Völkerapostel. Gott öffnet das Heil für alle Menschen. Petrus und die Urgemeinde erfahren, dass Christus nicht nur für die Juden Rettung, Heil und ewiges Leben erworben hat, sondern auch für die Heiden. Nun hören wir, wie es weiterging: Gottes Wort aus Apostelschichte 12. [1]

Liebe Gemeinde!

In zwei Schritten schauen wir uns diese bewegende Zeit in der Urchristenheit näher an.

1. Christenverfolgung und die Waffen der Gemeinde

Wir befinden uns im Jahr 41 nach Christi Geburt. Der römische Kaiser Claudius hat aus Dankbarkeit den Herodes Agrippa zum König von Jerusalem ernannt, er ist der Enkel von Herodes dem Großen, den wir aus der Weihnachtsgeschichte kennen. Herodes Agrippa war ein schlimmer Despot, der die negative Stimmung der Juden gegen den christlichen Glauben für seine Interessen nutzte. „Um diese Zeit legte der König Herodes Hand an einige von der Gemeinde, sie zu misshandeln. Er tötete aber Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwert.“

Während sich das Evangelium schnell über die Grenzen ausbreitete, musste die Urgemeinde in Jerusalem nun durch tiefe Ängste und Leiden gehen. Der Jünger Jakobus erlebte und erlitt, was Jesus ihm vorausgesagt hatte.

Als nun Herodes Agrippa merkte wie durch diese böse Tat seine Beliebtheit im Volk aber stieg, „nahm er auch Petrus gefangen. Es waren aber die Tage der Ungesäuerten Brote“. Die Verhaftung des Jüngers geschah also am gleichen Festtag wie damals bei Jesus. Petrus wurde in den Kerker geworfen, mit Ketten gefesselt und streng bewacht. – Der Fürst der Welt kämpft gegen die Gemeinde Jesu. Was ist zu tun? Zunächst müssen wir uns klarmachen, dass dies kein Kampf ist gegen Herodes Agrippa. Wenn die Gemeinde Jesu bedrängt und verfolgt wird, steht dahinter immer Satan, wie Paulus an die Gemeinde in Ephesus (6, 12) schreibt: „Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.“ Deshalb hat es gar keinen Sinn mit herkömmlichen Waffen und menschlichen Methoden kämpfen zu wollen. Die geistliche Waffenrüstung für Christen sieht ganz anders aus. So heißt es dort unter anderem: „Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit im Gebet für alle Heiligen.“

Genau das tat die christliche Gemeinde in Jerusalem als Petrus im Gefängnis weggesperrt war.

Wie machen wir das bei Angriffen, Anfechtungen, Sorgen und Problemen? Kämpfen wir mit der geistlichen Waffenrüstung Gottes oder versuchen wir mit eigener Kraft und Vermögen die Dinge zu regeln? Und sehen wir das Gebet nur als letzten Notanker, wenn sonst nichts mehr hilft? Trauen wir Gott zu, dass er unser Gebet erhört und auch Wunder tun kann? Rechnen wir damit, dass Gott auch „Unmögliches“ möglich machen kann? Und wenn es geschieht, sind wir dann oft nicht genauso misstrauisch wie die Beter damals, als Petrus des Nachts plötzlich vor dem Hoftor stand?

Jakobus (5, 16) schreibt: „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. Elia war ein schwacher Mensch wie wir; und er betete ein Gebet, dass es nicht regnen sollte, und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und sechs Monate. Und er betete abermals, und der Himmel gab den Regen und die Erde brachte ihre Frucht.“

Vertraut auf Gott mit heiligem Ernst und lasst Euren Zweifel hinter euch. Es ist in vielen Kirchen ja modern geworden zu behaupten „der Zweifel gehört zum Glauben dazu“. Man sage mir, wo das in der Schrift geschrieben steht. Ja, es wird von zweifelnden Menschen berichtet, wenn sie auf ihr eigenes Empfinden und Vermögen schauen. Aber in Christus, im Glauben an den HErrn und Heiland, ist kein Platz für Zweifel. Im Gegenteil, den Zweifel will Satan in uns streuen, damit unser Vertrauen auf Gottes Güte und Allmacht sinkt.

Was aber ist, wenn trotz unseres Gebetes keine Veränderung oder Rettung geschieht? Warum wurde Petrus durch den Engel des HErrn aus dem Gefängnis befreit, aber Jakobus kurz zuvor musste sterben? Ist Gott etwa ungerecht? Nein, das sei ferne. Gott hört und erhört unser Gebet, aber er handelt auf Seine Weise. Alles geschieht unter seinem Willen und seinem Heilsplan für diese Welt. „Dein Wille, Herr, geschehe!“ Was durch unser Gebet geschieht, liegt in Gottes Hand und dort ist es gut aufgehoben. Das lässt uns nicht übermütig werden, wenn nach dem Beten tatsächlich Wunder geschehen. Es lässt uns aber auch nicht verzweifeln und an Gott zweifeln, wenn etwas nicht nach unseren Wünschen und Gebeten geschieht.

Und deshalb gehen wir gerne in die Gebetsschule der ersten Gemeinde. In Apostelgeschichte 4 wird beschrieben, wie sie beteten nach der Freilassung von Petrus und Johannes aus dem Gefängnis. Sie beteten aber nicht, dass das Drohen der Mächtigen nun aufhöre oder ihnen nichts mehr anhaben könne, sondern das Herzensanliegen ihres Gebetes war es, dass die Apostel und sie selbst „mit allem Freimut reden dein Wort“.

Es geht um Gottes Wort. Es geht um den Auftrag Gottes, in dieser Welt den Menschen die frohe Botschaft zu bringen, das Evangelium zu verkünden. Das steht im Mittelpunkt ihres Gebetes und nicht ihr eigenes Wohlergehen. Es geht um Gottes Wort.

Damit sind wir beim nächsten Punkt:

2. Gottes Wort läuft und läuft und läuft

Liebe Gemeinde

So manches könnte man aus diesem zwölften Kapitel noch für die Predigt fruchtbar machen, aber morgen feiern wir den Reformationstag und gemäß dem „sola scriptura“ – „allein die Schrift“ – steht es uns gut an, heute die Sache mit dem Wort Gottes näher zu betrachten, damit wir einen klaren Maßstab haben, alle Themen und auch Lehren von Bischöfen, Kirchenleitungen und Synoden zu beurteilen.

Obwohl die Verkündigung des Wortes Gottes ganz oben auf der Wichtigkeits-Skala steht, heißt es hier von Petrus, nachdem er der Gebetsversammlung berichtet hatte, wie seine Befreiung geschehen war: „Verkündet dies dem Jakobus und den Brüdern. Dann ging er hinaus und zog an einen andern Ort.“

Warum fängt Petrus nicht wieder gleich an zu predigen? Weil er klug und nüchtern denkt und handelt. Er kann sich ja vorstellen, wie Herodes toben und ihm nachstellen wird, wenn er von seiner Befreiung erfährt. Und Petrus sah es als notwendig an, jetzt erst einmal von der Bildfläche zu verschwinden. Er durfte sein Leben nicht leichtfertig riskieren, weil Gottes Plan mit ihm noch nicht zu Ende war.

Wie hätten wir an der Stelle von Petrus gehandelt? Hätten wir sofort nach der Freilassung wieder in Jerusalem angefangen zu predigen? Nach dem Motto „jetzt erst recht“. Und wenn Gott mich aus dem Gefängnis befreit, dann kann er mich ja auch aus der nächsten Gefahr herausretten. Ich selbst muss an dieser Stelle sehr aufpassen, weil ich eher so ein Macher-Typ bin, der gerne die Ärmel hochkrempelt. Aber wir sollen mit unserem Handeln Gott nicht leichtfertig herausfordern. Demut und Gelassenheit sind angebracht. Die Verkündigung beruht nämlich nicht so sehr auf meinem Tun, sondern Gott selbst sorgt für sein Wort. – Dabei sollen wir aber nicht auf der anderen Seite vom Pferd fallen nach dem Motto „dann brauchen wir ja gar nichts mehr dafür zu tun“, nein, Gott will uns bei der Verbreitung seines Wortes mit dabei haben und hat uns im Missionsbefehl ja auch dazu beauftragt. Aber nicht von uns, nicht von mir, hängt alles ab, sondern von Gottes Plan und Wille und sein Heiliger Geist leitet mich im richtigen Augenblick das Richtige zu tun. Trotz allem, was Martin Luther vollmundig, treu und beständig für das Wort Gottes getan hat, so können wir gerade auch an ihm Demut und Gelassenheit lernen, wenn er sagt: „Während ich hier sitze und mein Wittenbergisch Bier trinke, läuft das Evangelium.“

Gottes Wort läuft also, es läuft und läuft. Was hat es mit diesem Wort Gottes so wunderbares auf sich? Warum lieben wir es so sehr?

Das Wort Gottes ist für uns Rettung, Heil und Leben, jetzt und auch in Ewigkeit. So bekennt der Apostel Paulus (Römer 1, 16): „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.“

Und in Johannes 1 steht geschrieben: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. … Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“

Christus, Wort Gottes und Wahrheit sind untrennbar. Und Jesus hat den Aposteln, den Augen- und Ohrenzeugen, sein Evangelium anvertraut. Deshalb schreibt der Apostel Petrus: „Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet.“ (2. Petrus 1, 20f)

Liebe Gemeinde!

Ist das nicht wunderbar? Um uns Menschen zu begegnen, hat Gott den Himmel verlassen und ist Mensch geworden. Gott hat sich uns Menschen ausgeliefert bis ans Kreuz, um uns zu retten. Und auch sein Wort hat er in Mund und Hand von Menschen gelegt. Sein Wort hat er uns Menschen ausgeliefert, damit wir hineingenommen werden in seinen Heilsplan mit dieser Welt. So sehr brennt seine Liebe für uns. Und alles wirkt Gott durch seinen Heiligen Geist. So hat er mit seinem Geist die Apostel erfüllt, so hat er in sie sein Wort hineingelegt und sie dieses aufschreiben lassen. Und auch wenn wir heute Gottes Wort hören oder lesen, so können wir es nur in rechter Weise verstehen, wenn es uns Gottes Heiliger Geist erschließt. Erkennt und spürt Ihr die Heiligkeit dieses Geschehens? Der Geist wirkte das Niederschreiben des Wort Gottes und er wirkt das rechte Verstehen und den Glauben.

Deshalb schreibt Paulus: „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, dass der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt.“ (2. Timotheus 3, 16)

Liebe Glaubensgeschwister!

An dieser Stelle müssen wir ganz genau unterscheiden. Denn es gibt so allgemeine Lehrsätze, die an sich nicht falsch sind, mit denen aber großer Schaden in der Kirche angerichtet wird, indem man sie falsch gebraucht.

Der eine Satz heißt: „Die Bibel ist Gottes Wort im Menschenwort.“

Wie wir gehört haben, kann man das durchaus so sagen. Verhängnisvoll wird es nur, wenn man nun meint, beides voneinander scheiden zu können. Wenn man also anfängt zu behaupten, was Gottes Wort und was Menschenwort sei. Wer spielt hier Richter? Das ist eine ungeheuerliche menschliche Anmaßung und Hochmut, quasi mit dem Skalpell an Gottes Offenbarung herum zu schneiden. So haben Menschen zu allen Zeiten versucht, Gottes Wort nach ihren eigenen Vorstellungen zurecht zu schneiden, es dem Zeitgeist anzupassen und weichzuspülen. Aber Salz, das nicht mehr salzt ist genauso unbrauchbar, wie ein zerstückeltes und angepasstes „Gottes Wort“. Paulus schreibt an Timotheus (2. Tim. 4,4): „Predige das Wort, steh dazu, es sei zur Zeit oder zur Unzeit; weise zurecht, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre. Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihren eigenen Gelüsten werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zukehren.“

Ein weiterer Satz heißt: „Christus ist mehr als die Bibel.“ Auch diesem Satz ist grundsätzlich zuzustimmen, weil nicht die Bibel Christus zu Gottes Sohn macht, sondern Christus das lebendige Wort Gottes ist, das die Bibel füllt und erfüllt.

Verhängnisvoll wird es aber, wenn Menschen nun anfangen Christus und die Schrift zu trennen und einen Gegensatz aufzubauen. Auch hier wird wieder die Skalpell-Methode angewendet. Eigene Vorlieben und Erkenntnisse werden „Christus“ in die Schuhe geschoben und zum Maßstab über Gottes Wort erhoben anstatt auf die Inspiration der Schrift durch Gottes Geist zu vertrauen. Christus ist doch nicht gekommen, um die Schrift aufzuheben, sondern um sie zu erfüllen!

In die gleiche Richtung geht ein häufig gebrauchter Mißbrauchssatz, der Martin Luther in den Mund gelegt wird. Demnach sei in der Schrift nur entscheidend und wertvoll „was Christum treibet.“ Auch damit werden skalpellmäßig Christus und die Schrift voneinander getrennt. Im aktuellen Deutschen Pfarrerblatt hat Dr. Clemens Hägele, Pfarrer der württembergischen Landeskirche und Rektor des Albrecht-Bengel-Hauses in Tübingen, ausführlich dargelegt, dass diese Formel „Was Christum treibet“ so gar nicht von Luther stammt. Er weist weiter nach, dass eine solche Formel nach Luther auch nicht als Kriterium für die Schriftauslegung zu verwenden ist, um damit einzelne Stellen abzuwerten oder für ungültig zu erklären. Vielmehr entspricht es biblisch-reformatorischer Theologie, alle Schrift von Christus her und auf Christus hin auszulegen. Theologen und Pfarrer, die erfüllt vom Heiligen Geist arbeiten und predigen, werden niemals Christus, das Wort und die Wahrheit gegeneinander in Stellung bringen.

Und auch wer meint, mit der „Liebe“ manche Schriftworte außer Kraft setzen zu können, der betreibt Mißbrauch, denn Liebe, Gottes Wort, Wahrheit und Christus sind nicht trennbar.

Ein letztes dazu: Wir dürfen und sollen uns durchaus theologisch mit der Schrift befassen und nicht meinen, jeden Satz in der Bibel würden wir immer sofort richtig verstehen.

Das gehört zur guten, biblischen Theologie. Wenn aber an die Bibel historisch-kritisch herangegangen wird,

dann wird man das heilsame und wunderbare von Gottes Wort nicht verstehen und erleben.

Jesus hat seine Jünger gelehrt und ermahnt: „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.“ (Lukas 21, 33)

Hören wir die Stimmen der Kirchenväter:

Liebe Glaubensgeschwister!

Agrippa ist gestorben und von Würmern gefressen, Gottes Wort aber bleibt in Ewigkeit. Verbum Dei manet in aeternum. Gebt allein Gott und seinem Wort die Ehre: „Denn ihr seid wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da bleibt.“ (1. Petrus 1, 23)  Amen.

Pfr. Ulrich Hauck, Predigt im NbC/GHB-Gottesdienst, Landau-Mörzheim am 30.10.2016