Gemeindenetzwerk

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Religionsfreiheit für den Islam in Deutschland?

Dienstag 31. Mai 2016 von Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider


Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Die Islamisierung Deutschlands wird mittels einer vermeintlichen Religionsfreiheit betrieben. Das Bundesverfassungsgericht faßt die Religionsgrundrechte der Absätze 1 und 2 des Art. 4 GG zu einem eigenständigen Grundrecht der Religionsfreiheit zusammen. Dieses soll das Recht geben, zu leben und zu handeln, wie es die Religion gebietet. Dieses durch die Menschenwürde gebotene Grundrecht dulde keinen Gesetzesvorbehalt und könne nur wegen gleichrangiger Verfassungsprinzipien eingeschränkt werden.

Der Islam, die Hingabe an Gott, ordnet das Leben und Handeln der Muslime nicht nur für das Jenseits, die Zweite Welt, sondern auch für die Erste Welt, das Diesseits. Höchste, nämlich göttliche, Verbindlichkeit haben nicht nur der Koran, sondern auch die Hadithe der koranischen Tradition. Aus beiden werden die Scharia gewonnen, der gebotene Weg, das von Gott Gewollte, die Gesetze.  Der Islam ist somit eine politische Religion. Er ist ein religiöses Rechtssystem, das jeder Muslim größtmöglich zur Geltung zu bringen hat. Islamisches Leben und Handeln ist danach in Deutschland durch die vom Bundesverfassungsgericht kreierte Religionsfreiheit mit höchstem Verfassungsrang geschützt.

Das Grundgesetz jedoch kennt eine solche Religionsfreiheit nicht. Art. 4 Absatz 1 und 2 GG schützen drei Religionsgrundrechte, die zu unterscheiden sind. Erstens in Absatz 1 die Glaubensfreiheit. Sie darf mangels eines Vorbehalts nicht eingeschränkt werden. Zweitens ebenfalls in Absatz 1 die Bekenntnisfreiheit. Auch sie ist unverletzlich. Das Bekenntnis ist das Glaubensbekenntnis, das seit der Confessio Augustana 1530 bis in die Weimarer Reichsverfassung als Gewissenfreyheit geschützt war. Drittens gewährleistet Absatz 2 die ungestörte Religionsausübung, das religiöse Handeln im Privaten und in der Öffentlichkeit. Dieses Handlungsgrundrecht unterliegt aber dem Vorrang des Staatlichen, also dem Vorrang der bürgerlichen Gesetze. Das steht in Art. 136 Abs. 1 WRV, der durch Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporiert ist.

Die Religionsgrundrechte schützen somit den Glauben des Menschen, sein Bekenntnis einer Religion und in den Grenzen der Gesetze deren Ausübung. Sie schützen vor allem den Glauben an einen Gott. Sie geben jedoch dem politischen Handeln keinerlei Grundrechtsschutz. In der Politik geht es um die Gestaltung des gemeinsamen Lebens durch bürgerliche Gesetze. Das verlangt nach der Kenntnis der Wirklichkeit, um diese richtig gestalten zu können. Das Bemühen darum ist u. a. Schutzgegenstand der in Artikel 5 geschützten Freiheiten, der Meinungsäußerungsfreiheit, der Pressefreiheit, begrenzt der Rundfunk- und Filmfreiheit und der Wissenschaftsfreiheit. An Gott, das ewige Leben und die Unsterblichkeit der Seele kann man glauben. Wissen kann man darum nicht. Folglich sind religiöse Äußerungen keine Meinungen im grundrechtlichen Sinne, weil diese ein Beitrag zu Wahrheit und Richtigkeit des Diesseits sein müssen. Die Religionsgrundrechte können auch nicht wie die politischen Grundrechte nach Art. 18 GG verwirkt werden, weil nur politisches Handeln die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpfen kann, nicht aber auf das Jenseits bezogenes religiöses Handeln, soweit es grundrechtlich geschützt ist.

Wenn die Ausübung einer Religion eine Politik zu verwirklichen trachtet, kann sie sich somit nicht auf die Religionsgrundrechte stützen. Die meisten Religionen stellen aber politische Maximen auf, Regeln für das Leben im Diesseits. Diese müssen Grundrechtsschutz in den politischen Grundrechten suchen. Die Einheit von Religion und Politik ist in der aufklärerischen Republik nur hinnehmbar, wenn die Religionsgemeinschaft und deren Mitglieder, die Gläubigen, nachhaltig die Säkularisation leben, nämlich die Trennung der Politik von der Religion, der Kirche vom Staat, der Zweiten von der Ersten Welt. Das leisten die christlichen Kirchen. Das widerspricht aber dem Islam, wie allein schon die religiöse Verbindlichkeit der Scharia erweist, hinter der ausweislich der Kairoer Erklärung von 1990 auch die Menschenrechte zurückstehen. Eine Religionsgemeinschaft, die die Säkularisation nicht zu ihrer Sache macht, kann Grundrechtsschutz aus Art. 4 GG nicht in Anspruch nehmen. Die Säkularität gehört zur Verfassungsidentität eines freiheitlichen Gemeinwesens, einer Republik, die demokratisch sein muß.

Die weltliche Republik freier Bürger ist religionspluralistisch. Demgemäß muß der Staat Neutralität gegenüber den verschiedenen Religionen wahren. Er hat die Religionen nicht nur wie jeder seiner Bürger, die als Bürgerschaft der Staat sind, zu tolerieren, sondern um der Religionsgrundrechte willen zu schützen und ihnen hinreichende Möglichkeiten zu geben, ihre Religion auszuüben. Aber der Staat hat auch die Grenze der Religionsausübung durchzusetzen, die Gesetze, die die Bürger wegen ihres Glaubens weder diskriminieren noch privilegieren dürfen.

In der freiheitlichen Demokratie ist jeder Bürger Gesetzgeber. Er hat teil an der Ausübung der Staatsgewalt, sei es unmittelbar durch Abstimmungen oder mittelbar durch die Vertretung des Volkes in den Organen des Staates. Verbindlich sind die Gesetze nur, weil sie der allgemeine Wille des Volkes sind, der, freiheitsdogmatisch, von den Abgeordneten erkannt und beschlossen wird. Jede andere Dogmatik wäre herrschaftlich und mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar. Die Bürger können zur Erkenntnis dessen, was auf der Grundlage der Wahrheit richtig für das gute Leben aller Bürger ist, nur gelangen, wenn sie sich in politicis von ihrer Religion lösen; denn ihre Religion ist nicht allgemein. Sie sind als Bürger verpflichtet, sich innerlich zu säkularisieren. Im Islam sind die Gesetze demgegenüber der Wille Allahs. Deren Erkenntnis kann von den Weisen beratschlagt werden, ihre Verbindlichkeit ist aber nicht Wille des Volkes. Der Gegensatz einer islamischen Verfassung, in welcher Besonderheit auch immer, zur aufklärerischen, bürgerlichen Verfassung ist unüberwindlich.

Deswegen und aus vielen weiteren Gründen ist der Islam mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Hingewiesen sei auf die Defizite der Gleichberechtigung von Mann und Frau, auf die menschenrechtswidrigen Strafen der Scharia, vor allem aber auf die theokratische Fundierung jeder islamischen Ordnung. Vereinigungen, die den Islam in seinen elementaren Prinzipien in Deutschland verwirklichen wollen, sind nach Art. 9 Absatz 2 GG ex constitutione verboten, weil sie gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen. Darüber helfen die Religionsgrundrechte nicht hinweg, in welcher Dogmatik auch immer. Im Gegenteil hat nach  Art. 20 Absatz  4 GG jeder Deutsche das Widerstandsrecht gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung nämlich, zu beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Es können nicht die einen ein Grundrecht haben, gegen dessen Ausübung die anderen Widerstand leisten dürfen. Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist Grenze jeden Grundrechts. Sie verpflichtet jeden Menschen in Deutschland.

Nur nach nachhaltiger Säkularisierung kann der Islam zu Deutschland gehören. Das ist Aufgabe für die muslimischen Vereinigungen und für jeden Muslim und jede Muslima. Bisher ist ein solches Bemühen noch Apostasie. Der Islam verpflichtet die Umma und damit alle Muslime zum Dschihad.

In der Schrift „Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam“, Duncker & Humblot, Berlin, 2010, 2. Aufl. 2011, 140 Seiten, habe ich die hier skizzierten Rechtsfragen näher erörtert.

Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Quelle: Deutscher Arbeitgeberverband, 4. Mai 2016

Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 31. Mai 2016 um 10:50 und abgelegt unter Gesellschaft / Politik, Weltreligionen.