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Frauen und Verfolgung – Konferenzbericht

Freitag 18. März 2016 von Martin-Bucer-Seminar


Martin-Bucer-Seminar

(Bonn, 18.03.2016) In Oxford fand eine internationale Konferenz statt, die das Ziel hatte, Lösungen für das wachsende Problem der gewalttätigen Verfolgung christlicher Frauen zu finden: „Immer mehr Frauen sind auf doppelte Weise gefährdet – einerseits wegen ihres christlichen Glaubens, und andererseits, weil sie Frauen sind“, sagte die Konferenzorganisatorin ‚Kate Ward‘ (Name zum Schutz geändert). Die Marcham Konferenz zum Thema „Frauen und Verfolgung“ wurde vom Internationalen Institut für Religionsfreiheit, der Religious Liberty Partnership und Release International, unter Mitarbeit von zahlreichen christlichen Organisationen und Netzwerken, organisiert.

Der Mitorganisator der Konferenz, Prof. Dr. Christof Sauer (IIRF Kapstadt, Südafrika / ETF Leuven, Belgien) sagte: „Die Marcham Konferenz war ein erfolgreiches Pilotprojekt, wie sich Praktiker und Akademiker gemeinsam eines brennenden Themas aus dem Umfeld von bedrängten und verfolgten Christen annehmen können“. Teilnehmer aus aller Welt erfuhren, dass Frauen im Rahmen einer bewussten Strategie angegriffen werden, um sie ihres Glaubens und ihrer Identität zu berauben. Die wachsende islamische Radikalisierung fördert Gewaltverbrechen gegen Frauen als eine gezielt eingesetzte Kriegswaffe und Jihad-Taktik.

Christliche Frauen in Gemeinschaften, die aus Glaubensgründen bedrängt werden, sehen sich vielen Formen von Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. Dazu gehören Vergewaltigung, Entführung, Zwangsverheiratung, Diskriminierung durch Gesetze, Vergeltung für Religionswechsel, sexuelle Belästigung, Kleidungsvorschriften und Einschränkung der Bewegungsfreiheit, falsche Anklage, Menschenhandel und berufliche Diskriminierung.

Außerdem greifen Radikale die Ehefrauen und Töchter von christlichen Pastoren an, die in Gebieten mit religiösen Konflikten meist männlich sind, um diese einzuschüchtern und zu demoralisieren. „Das größte Verbrechen und die größte Gewalt, die man einer Gemeinschaft antun kann, ist Gewalt gegen Frauen und Kinder“, sagte Kate Ward. „Wir sehen dies an den zahllosen Grausamkeiten, die jetzt von vielen Menschen erlebt werden.“

„Einige dieser missbrauchten Frauen werden geliebt und akzeptiert, aber leider nicht alle. Andere werden, weil sie vergewaltigt worden sind, durch ihre eigenen Familien nochmals zu Opfern.“

„Besonders in der Zentralafrikanischen Republik, in Nigeria und im Irak ist die Lage der Frauen besorgniserregend. Der Schmerz und das Leiden der Frauen wird noch verschlimmert durch die Ablehnung innerhalb der Gemeinschaft und durch ihre Ehemänner.“ Für christliche Frauen, die durch Krieg zu Heimatvertriebenen werden, ist das Risiko noch größer. Der Konflikt in Syrien hat die Realität von organisiertem Menschenhandel und der Versklavung von Flüchtlingen aufgedeckt.

Kultureller und religiöser Missbrauch

Oft sind die Grenzen zwischen kulturellem und religiösem Missbrauch fließend. Auf der Konferenz erzählte eine in Großbritannien geborene Frau, deren Name nicht genannt werden kann, ihre Geschichte. „Armina“ wurde als Kind von ihrem Vater, einem Leiter in der islamischen Gemeinschaft, missbraucht. Als sie noch ein Kind war, erklärte ihr Vater eines Tages, dass sie ins Ausland gebracht werden sollte, um eine arrangierte Ehe einzugehen. Und zwar unverzüglich. „Mein Vater sagte, ich müsste schon am nächsten Tag ins Flugzeug steigen. Ich hatte gar keine Ahnung. Ich war noch gar nicht so weit, um überhaupt jemanden zu heiraten.“

Armina lief von zu Hause weg und lebte eine Woche lang auf der Straße, bevor sie von Christen aufgenommen und versorgt wurde. Später wurde festgestellt, dass sie an einem posttraumatischen Syndrom litt. „Ich hatte Depressionen und Selbstmordgedanken wegen der Schande, die ich über meine Familie gebracht hatte“, sagte sie. „Ich wurde als Verräterin bezeichnet.“

Durch die Liebe und Akzeptanz einiger Christen kam sie zum christlichen Glauben. Viele andere Christen, die ihre Situation nicht verstanden, glaubten jedoch, sie habe den Missbrauch selbst verschuldet. Heute hilft Armina anderen Frauen islamischer Herkunft.

Sogar innerhalb der Kirche

Das Problem von Gewalt gegen Frauen existiert jedoch auch innerhalb der Kirche, nämlich dort, wo die vorherrschende Kultur erst noch durch eine biblische Weltsicht ersetzt werden muss, die Frauen achtet.

Die Gewalt, der sie in ihren Häusern, Familien und Kirchen begegnen, umfasst physischen, sexuellen, emotionellen, psychologischen, verbalen und geistlichen Missbrauch. Auch die Frauen christlicher Leiter erfahren solche Gewalt.

Kate Ward berichtete: „Ein erfahrener Bibellehrer, der in Verfolgungsgebiete reist, erzählte mir kürzlich: „Wie oft sehe ich am Ende einer Schulung, wie eine Frau den leitenden Pastor anstößt, der dann zu mir kommt und sagt: ‚Ich schlage meine Frau. Wie können Sie mir helfen?‘“

Einer der Konferenzredner war Peter Grant von der Organisation Restored, die kürzlich ihren eigenen Bericht über Gewalt gegen Frauen herausgegeben hat. Er verdeutlichte dieses Problem in der weltweiten Kirche folgendermaßen: „In Zimbabwe sagte ein Pastor: ‚Ich erwarte, dass meine Frau sich vor mir verneigt, so wie ich mich vor Christus verneige.‘“ Und er fügte hinzu: „Es gibt noch mehr Beispiele, die dem Namen Christi Schande machen.“

Besonders verwundbar sind christliche Frauen in Ländern, in denen sowohl ihr Glaube als auch ihr Geschlecht marginalisiert werden. In Pakistan landen arme christliche Frauen und deren Familien oft in der Sklaverei. Eine Frau berichtete dem Forschungsteam: „In den Fabriken werden Frauen sehr schlecht behandelt. Oft bringen die Eigentümer von Ziegelbrennereien unsere Frauen um, nur um ihre eigenen Verbrechen zu vertuschen.“ Kate Ward konstatierte: „Was mir den größten Kummer bereitet, ist die Tatsache, dass christliche Frauen in der ganzen Welt heute dieselben historischen Benachteiligungen durchmachen müssen wie die Frauen im England des 19. Jahrhunderts.“

Aufruf zum Handeln

Die Marcham Konferenz bereitet einen Aufruf zum Handeln für die weltweite Kirche vor. Dazu gehört die Forderung, dass die Kirche „das Ausmaß und die Schwere der Gewalt gegen christliche Frauen“ öffentlich anerkennt. Es sollen Strategien zur Änderung gefunden werden, die in den unterschiedlichen Situationen rund um die Welt angewandt werden können.

„Das Problem ist überwältigend. Kirchen, Organisationen und Freiwilligenbewegungen werden auf allen Ebenen zusammenarbeiten müssen“, sagte Kate Ward. „Wir werden Wege finden müssen, um kulturelle Grenzen zu überwinden und Tabus in Frage zu stellen. Engagement und Zusammenarbeit auf höchstem Niveau werden nötig sein. Ich bete, dass viele Nationen verändert werden, wenn wir uns die Zeit nehmen zu denken, zu beten, zu diskutieren, zu argumentieren und zu reflektieren – und hinauszugehen, um die Sache in Angriff nehmen.“

Die Teilnehmer der Marcham Konferenz kamen aus den folgenden Organisationen und Netzwerken: Internationales Institut für Religionsfreiheit, Religious Liberty Partnership, Release International, Open Doors, Restored, Interserve, World Vision, Turkic Belt Ministries, ADF International, Voice of the Martyrs Kanada, Voice of the Martyrs USA, All Nations Christian College, World Watch Monitor.

Der Stellvertretende Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit, Prof. Dr. Christof Sauer, kündigte an: „Wir freuen uns darauf, zu einer Folgekonferenz zu diesem Thema im Jahr 2017 einzuladen, die möglicherweise in der Evangelischen Theologischen Faculteit in Leuven (Belgien) stattfinden wird.“

Das Internationale Institut für Religionsfreiheit (Bonn – Kapstadt – Colombo) wurde 2006 gegründet, um die akademische Erforschung von Religionsfreiheit und Verfolgung zu fördern

Quelle: Bonner Querschnitte 08/2016 Ausgabe 403

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 18. März 2016 um 11:45 und abgelegt unter Christentum weltweit, Gesellschaft / Politik.