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Predigt: Unser täglicher Gottesdienst

Dienstag 13. Juni 2006 von Dr. Joachim Cochlovius


Dr. Joachim Cochlovius

Unser täglicher Gottesdienst

Ps. 100
Ein Psalm zum Dankopfer. Jauchzet dem Herrn, alle Welt:
2 Dient dem Herrn mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Jubel!
3 Erkennt, daß der Herr Gott ist: Er hat uns gemacht und wir sind sein, sein Volk und die Herde seiner Weide.
4 Kommt in seine Tore mit Danken: in seine Vorhöfe mit Lobpreis! Dankt ihm, lobt seinen Namen!
5 Denn der Herr ist gütig: ewig währt seine Gnade, von Geschlecht zu Geschlecht seine Treue.

I

Unsere Sprache ist schlauer als wir denken. Sie verrät mehr über das Herz, über die Grundeinstellungen der Persönlichkeit, als den Betreffenden lieb sein kann. Christen bilden da keine Ausnahme. Die Begriffe, die wir bilden und gebrauchen und vor allem, wie wir sie gebrauchen, spiegeln unseren Glauben deutlicher wider als wir meinen. Wenn wir die Amtsträger in unseren Gemeinden „Geistliche“ nennen, so zeugt das weder von Bibelkenntnis noch von Gerechtigkeitssinn. „Geistlich“ sind nämlich alle, die den Heiligen Geist haben. Auch unser Gebrauch des Wortes „Gottesdienst“ ist demaskierend. Offensichtlich meinen wir, Gott einmal in der Woche dienen zu sollen. Es gibt keine einzige Bibelstelle, die einen solchen Wortgebrauch zuläßt! Im Gegenteil, Paulus sagt es klar in Röm. 12,1, daß unser ganzes Leben ein Gottesdienst sein soll. Aber wie sieht er aus, dieser tägliche Gottesdienst, und wie können wir uns in ihn eingewöhnen? Ps. 100 gibt dafür eine vorzügliche Anleitung. Der Psalm ist einfach gegliedert. Die Überschrift (die einzige derartige im Psalter!) weist uns schon darauf hin, daß unser Leben ein Dankopfer für Gott sein soll. Dann folgen vier kleine Abschnitte, die das Thema entfalten. Drei Abschnitte beschreiben den täglichen Gottesdienst, der vierte gibt die Begründung.

II

Wie die meisten Psalmen ist auch Ps. 100 göttliche Prophetie. Leider wird diese Dimension oft ausgeblendet. Es ist aber sehr lohnend, sich mit der prophetischen Dimension der Psalmen zu beschäftigen. Hier bekommen wir Horizonte der Ewigkeit, die wir dringend brauchen, wenn uns der Alltag den Blick auf die Majestät und Kraft Gottes verengt. Deswegen sollten wir uns zuerst dieser Perspektive widmen. Es wird einmal eine Zeit geben, wo „alle Welt“ Gott mit Freude dienen wird. Kaum vorstellbar, wenn man die 200 Nationen betrachtet, die heute die Erde bevölkern, auf der sich der Säkularismus und der Islam immer mehr ausbreiten. Doch so wird es kommen. Die Völker werden einst Gott erkennen. Sie werden ihn suchen, und es wird ein Priestervolk geben, das ihnen zeigt, wo sie ihn finden können. Das erneuerte Volk Israel wird der neuen Menschheit auf der neuen Erde im Neuen Jerusalem Gott zeigen. Die „Tore“ und die „Vorhöfe“ in V. 4 sind durchaus wörtlich zu nehmen, denn dort, im Neuen Jerusalem wird es Tore und ein Heiligtum Gottes geben. Eine erhebende biblische Schau, die wir da vor uns haben!

III

Aber wir wollen ja von Ps. 100 vor allem lernen, wie unser täglicher Gottesdienst aussehen soll und kann. Deswegen wenden wir uns den drei Aufforderungen in den Versen 2 bis 4 zu. Die erste ermahnt uns, vor Gottes Angesicht mit Freude zu treten. Dreimal wird hier die Freude thematisiert: Jauchzen sollen wir, mit Freude Gott dienen und sein Angesicht mit Jubel suchen. Gott scheint verbissene Christen nicht sonderlich zu schätzen, Christen, die nur aus Pflichtgefühl beten und die sich krampfhaft überwinden müssen, um 10 Euro zu spenden. Viele von uns haben es nötig, daß sie sich wieder Freude antrainieren. Wir waren im März in einer russischen Gemeinde der Evangeliumschristen-Baptisten in Rjasan, knapp 200 km südlich von Moskau. Die Frau des Gemeindepastors dort muß als Krankenschwester zum Lebensunterhalt dazuverdienen, sonst könnte die 7-köpfige Familie nicht überleben. Sie erhält dafür monatlich umgerechnet 30 Euro. Sie essen fast nur selbstangebaute Kartoffeln, viel mehr können sie sich nicht leisten. Den meisten Gemeindegliedern dort geht es nicht besser. Trotzdem sind sie frohe Christenmenschen. Das merkte man beim Gottesdienst, als im Zeugnisteil viele berichteten, was sie mit Gott in der letzten Woche erlebt hatten. Wir sind dort sehr nachdenklich geworden. Unsere Lebensbedingungen hier in Deutschland sind weit besser, wieviel mehr Grund haben wir doch, Gott mit Freude dienen!

IV

Im 3. Vers fordert uns der Psalm auf, Gott zu erkennen. Unser Gott hält sich nicht verborgen wie der Allahgott des Islam. Unser Gott läßt sich in die Karten blicken. Er offenbart seine innersten Herzensregungen, und der Heilige Geist teilt uns das mit (1. Kor. 2,10). Wir können uns sättigen an Gotteserkenntnis, wenn wir nur wollen. Prof. Wilder-Smith, der geniale Evolutionskritiker, verglich einmal in seinen Vorträgen unser Denken mit einer Kaffeemaschine. Er meinte, daß viele Menschen ihr Denken mit falschen Inhalten schädigen, genauso als ob man eine Kaffeemaschine mit Steinen füllt und diese zu mahlen versucht. Ich halte das für ein zutreffendes Bild. Womit füllen wir unser Denken? Ps. 100 fordert uns auf, Gott immer besser zu erkennen und unser Denken mit göttlichen Inhalten zu füllen. Neulich habe ich einen Vortrag über Josua 10 gehört. Das ist dasjenige Kapitel, das naturwissenschaftlich am schwersten eingängig ist. Josua hat im Kampf gegen die Amoriter die Himmelsgestirne Sonne und Mond (und damit natürlich auch die Erde) in ihren Bahnen für fast einen Tag angehalten. Die naturwissenschaftlichen Konsequenzen eines solchen Geschehens auf alle irdischen Lebensprozesse sind im Grunde unvorstellbar. Insofern tat ich mir immer schwer mit dieser Überlieferung. Nach diesem Vortrag, in dem ein Naturwissenschaftler die Größe Gottes hervorhob, der durchaus in der Lage ist, alle infrage kommenden Naturgesetze eine gewisse Zeit anzuhalten, hatte sich meine Gotteserkenntnis erweitert. Ich bin dafür von Herzen dankbar.

V

Die dritte geistliche Ermahnung bezieht sich auf das Danken. Dank, Lobpreis und noch einmal Dank ist das Thema. Zum täglichen Gottesdienst gehört der tägliche Dank. Auch das ist ein Trainingsprogramm. Paulus spricht öfter von Danksagung als von Dankbarkeit. Die Danksagung ist ein Gehorsamsakt, die Dankbarkeit ist ein Gefühl. Welche weitreichenden Konsequenzen ein Leben haben kann, das sich der Danksagung verpflichtet hat, habe ich in Bad Harzburg erfahren. Dort steht das Diakonissen-Mutterhaus Kinderheil, das eine interessante Geschichte hat. Ursprünglich war es in Stettin. Es ist um die Mitte des 19. Jahrhunderts dort gegründet worden, als eine einzige Predigt Theodor Fliedners dort eine Erweckung ausgelöst hatte. Wenn man sich mit Fliedners Biographie näher befaßt, stößt man auf die Mitteilung, daß er eine Zeit lang ein sog. Selbstprüfungsbuch geführt und sich auf diese Weise die tägliche Danksagung antrainiert hat. In einer Predigt faßte er einmal seine Erfahrungen mit dem Dank zusammen: „Je mehr man dankt, um so mehr beginnt man zu danken“. So ist es, die tägliche Danksagung erschließt uns ein gewaltiges Lebensgeheimnis. Wir werden aus Nehmenden Beschenkte. Wir werden stabile Menschen. „Danken schützt vor Wanken, Loben zieht nach oben“.

VI

Es gehört zu den bewunderungswürdigen Eigenarten des biblischen Worts, daß wir überall dort, wo wir zu einer Veränderung aufgerufen werden, auch die Begründung hören. Gott fordert nichts ohne Begründung. Ps. 100 weist uns hin auf die ewigwährende Güte und Gnade Gottes. Er ist kein Wesen, das Stimmungen und Veränderungen unterworfen ist wie wir, sondern er bleibt immer derselbe. Seinem Volk Israel gegenüber hält er unwandelbar die Treue, auch wenn dieses Volk ihm mannigfaltig untreu war und untreu ist (Röm. 3,3). Über Jesus Christus hören wir in Hebr. 13,8, daß er unwandelbar durch die Zeiten derselbe ist und bleibt. Wenn Gottes Gnade ewig währt, dann ist sie uns heute genauso zugänglich wie morgen und bis in alle Ewigkeit. Das ist wahrlich ein Grund, Gott täglich zu dienen. Indem wir sein Angesicht mit Freude suchen, indem wir ihn mehr und mehr zu erkennen suchen und indem wir uns in die tägliche Danksagung einüben.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 13. Juni 2006 um 17:04 und abgelegt unter Predigten / Andachten.