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Verfolgung als Kampf um die Definierung christlicher Identität – Betrachtungen aus der Türkei

In der Türkei kann ein beachtliches Ausmaß an Vorurteilen gegenüber Christen festgestellt werden. Die Meinungsmacher nationalistischer und islamistischer Ideo­logien benutzen und vertiefen bestehende Vorurteile, um christliche Identität in einer Weise zu definieren, die zu gewalttätigeren Formen der Verfolgung und einem falschen Selbstbild der Christen führen kann. Darum ist der Kampf um die Definierung christlicher Identität ein wichtiges Element von Verfolgung in der heutigen Türkei. Als Antwort auf falsche Definitionen müssen die Christen sich auf ihre wahre christliche Identität besinnen. Der erste Petrusbrief spricht in eine ähnliche Situation hinein, in der Christen Verfolgung und Ausgrenzung erlitten. Der Brief stellt die Bekräftigung wahrer christlicher Identität in den Mittelpunkt sowie die Ermahnung, dass Christen nicht durch unangebrachtes Verhalten falsche Definierungen provozieren sollen.

Wenn 1 Petr 4,16 feststellt, dass ein Jünger Jesu ώς Χριστιανος („als ein Christ“) leiden kann, und es für nötig hält, die Ermahnung anzuschließen „so schäme er sich nicht“ (LÜ 1984; μὴ αἰσχυνέσθω),[1] [1] so ist es wahrscheinlich, dass „Christ“ hier, wie auch in der Apostelgeschichte (11,26; 26,28), in einem feindlich gesinnten Kontext als Bezeichnung für die Nach­folger Jesu verwendet wird, und nicht als eine Art Ko­sename gemeint ist, son­dern als Be­leidigung bzw. Verleumdung (vgl. Green 2007:159).

Im zweiten nach­christ­lichen Jahrh­undert wur­de der Begriff „Christ“ immer mehr „zu einem negativen Stereotyp, das mit Atheismus, Inzest und Kannibalismus ver­bunden wurde“ (so Holloway 2009: 55 über Justins Apologie II).

Eine wichtige Facette von Christen­ver­folgungen ist der Versuch, den „Na­men der Christen“ falsch zu definieren, wobei es nicht nur um den Begriff geht, sondern auch um die Identität der Christen. Am Beispiel der Türkei möchte ich die Quellen („wer?“), die Ziel­grup­pen („wen?“) und die Inhalte („wie?“) solcher falschen Definitionen be­schreiben.

In der heutigen Türkei ist die Haltung zu Christen für gewöhnlich durch Vor­ur­tei­le und Stereotypen geprägt. Einerseits geben die be­ste­henden Vorurteile Nähr­stoff für falsche Definitionen. Anderer­seits erzeugen und verfestigen diese Defini­tionen Vorurteile.

Die neuere Forschung be­stätigt, dass die Autoren der neutestamentlichen Schrif­ten sich mit dem Verhältnis zwi­schen Ver­folgung und christ­licher Identität be­schäf­tig­ten.[2] [2] Insbesondere im ersten Petrusbrief ist ein starkes Bemühen des Autors zu er­kennen, christliche Iden­tität in Antwort auf falsche De­finierungen durch die Gegner zu definieren. Der erste Petrusbrief ist daher von hoher Relevanz für unser Thema, weil „Vorurteile mit all ihren ver­störenden Folgen den un­mittel­baren Anlass des ersten Petrusbriefes dar­stellen“ (Holloway 2009:73). Womit der Apostel Petrus[3] [3] sich hier aus­ein­an­dersetzt, ist noch keine „formale Ver­folgung“ (Green 2007:225), sondern vor allem Vorurteile, Verleumdung und Ausgren­zung.

Ich werde versuchen aufzuzeigen, dass es in der Türkei ebenso wie im Kontext des ersten Petrusbriefes um einen Kampf um die Deutungshoheit geht, d. h. um das Recht, zu definieren wer und was Christen sind.

1. Verfolgung und christliche Identität in der heutigen Türkei

1.1 Das spezielle Identitäts­problem türkischer Christen[4] [4]

Die Frage der Identität ist problematisch in der Türkei, insbesondere unter türki­schen Christen. Als die westeuropäische Idee der nationalen Identität begann, das vorwiegend muslimisch geprägte, aber dennoch multinationale und multi­reli­giöse Osmanische Reich zu beeinflussen, schlugen alle Versuche fehl, eine multi­religiöse „osmanische Nation“ zu grün­den (Lewis 1968:333). Muslimische Den­ker fingen an, Nation und Islam zu­sammen zu sehen. Daraufhin suchten die Christen im Reich, die tendenziell noch stärker von europäischen Gedanken be­einflusst waren, umso mehr nach einer Identität als „christliche Nationen“. Das führte zu Aufständen und Unabhängig­keits­kriegen. Einige christ­liche Völker er­rangen ihre ei­genen Na­tionalstaaten (z. B. Grie­chen­land 1829, Ser­bien 1878 und Bulgarien 1908). Während die christ­lichen Nationen das Reich ver­lie­ßen, strömten die Mus­lime, die mit Gewalt aus diesen neuen Staaten ver­trieben wur­den, nach Ana­tolien, dem Herzland des Reiches, und veränderten so die dortige demo­grafische und religiöse Landschaft (vgl. Kreiser/Neumann 2009:315).

Als Mustafa Kemal (spä­ter bekannt als Atatürk) 1923 die türkische Repu­blik grün­dete, versuchte er die Türkei nicht auf einer muslimischen, son­dern auf einer türkischen Identität aufzubauen. Der rechtliche Status der in diesem Land verblie­benen Christen war „auf dem Pa­pier höher als je zuvor“ (Lewis 1986: 351), ihre faktische Bedeutung in der Republik jedoch geringer denn je. Viele Muslime gaben den Christen die Schuld am Niedergang und endgültigen Zerfall des Osmanischen Reiches.

1.2 Das geringe Ansehen der Christen in der Türkei

Der PEW Global Attitudes Survey unter Menschen aus 24 Ländern, darunter sechs mit einer muslimischen Mehrheit und zwei weitere mit einem großen muslimischen Bevölkerungsanteil, hat ge­zeigt, dass der Anteil der Menschen, die eine „in gewissem Grade negative“ oder „sehr negative“ Meinung über Christen haben, in der Türkei größer war als in irgendeinem anderen Land der Um­frage (The Pew Global Attitude Pro­ject 2008:51-52).[5] [5] Für dieses ver­blüf­fen­de Ergebnis in gerade dem Land, das ja eigentlich enger mit dem Westen ver­bunden ist als jedes andere mehr­heit­lich muslimische Land, können ver­schiedene Gründe angeführt werden.

Einen dieser Gründe hat die Türkei mit anderen mehrheitlich musli­mi­schen Län­dern gemein­sam, nämlich die nega­tive Sicht der Christen in der islamischen Theo­lo­gie. Obgleich es na­tür­lich Zeiten relativer Harmonie zwischen Christen und Muslimen im Osmanischen Reich sowie in anderen Ländern mit mus­li­mischer Regierung gab, so enthält doch der Koran und die frühe islamische Tradition Sichtweisen über Christen und ihren Glauben, die christliche Identität ganz anders definieren, als Christen sich selbst verstehen. Entsprechend dieser Sicht­weisen halten die Christen an einem Glauben fest, der zwar Schutz genießen kann, aber überholt und unterlegen ist im Vergleich zu der „letzten Offenbarung“ im Islam. Aber nicht nur das: Weil die Christen sich Mohammeds Botschaft und Autorität widersetzten, betrachtet der Isl­am sie als Lügner und Betrüger (vgl. Schirrmacher 2009:41-42).[6] [6]

Die besondere Lage des Osmanischen Reiches, das „an der Grenze zwischen Islam und Christentum geboren wurde“ (Lewis 1986:42), die historischen Ent­wicklungen (siehe Kapitel 2.1) und das his­torisch verfestigte negative Bild von westlichen „christlichen Nationen“, die ver­suchen das Osmanische Reich zu be­herrschen und endgültig zu spalten, tra­gen zu der auffällig negativen Sicht der Christen in der Türkei bei.

Eine eher neue Ent­wick­lung ist die er­hebliche An­zahl von Muslimen, die zum Christentum konver­tieren und kleine türkische christliche Gemeinden bil­den. Die Existenz von eth­nischen Türken mit musli­mi­schem Hintergrund, die Christen wer­den, zu akzeptieren, ist eine große Her­ausforderung für die Familien[7] [7] und für die Gesellschaft.

1.3. Können Voreingenommenheit und Ausgrenzung als Verfol­gung betrachtet werden?

Als im April 2007 drei Christen in Malatya in der Osttürkei brutal ermordet wurden (vgl. Häde 2009), war ein Grund für die laute Empörung im Westen, dass es gerade keine alltägliche Erfahrung in der Türkei ist, dass Menschen um ihres Glaubens willen getötet werden. Ver­fol­gung in der Türkei geschieht haupt­sächlich durch Vorurteile, üble Nachrede und Ausgrenzung. Können wir diese „harm­loseren“ (Schirr­ma­cher 2011:103) Formen des christlichen Leidens als eine Verfolgung im vollen Sinne des Wortes betrachten? Fest­steht, dass diese ver­ba­len Formen, durch die Leid zugefügt wird, Teil des größeren Zusammenhangs von Ver­fol­gung sind (vgl. Cochran 2010:87, wo zu­recht auf Mt 5,11 ver­wie­sen wird).

Insbesondere in dem kulturellen Kontext der Türkei mit der zentralen Bedeutung von Ehre und Schande sollte die Be­zeichnung als Lügner, Verräter oder Bür­ger zweiter Klasse besser nicht als „harm­loser“[8] [8] bezeichnet werden. Ob­gleich Schläge, Verhaftung und Mord eine andere Qualität der Verfolgung dar­stellen, ist auch der Angriff auf die Iden­tität des einzelnen Christen oder der christlichen Gemeinschaft eine sehr schwer­wiegende Form der Verfolgung.[9] [9]

2. Ein Kampf um die Definierung christlicher Identität in der Türkei

Die verbalen Angriffe auf Christen in der Türkei sind ein Versuch, christliche Iden­tität zu definieren, nämlich der Öf­fent­lichkeit zu erzählen, wer die Christen sind und was man von ihnen zu erwarten hat. Wie schon in der Einleitung be­merkt, müssen wir fragen, wer hier ver­sucht zu definieren, an wen diese De­finition sich richtet und welchen Inhalt sie hat.

2.1 Wer versucht zu definieren?

Wenn wir über Versuche sprechen, christliche Identität in der Türkei zu definieren, dann müssen wir zunächst einmal einräumen, dass jeder, der ir­gend­wie über jemand anderes redet, in gewisser Weise die Identität des anderen bestimmt. Wenn ich von einem Kampf um die Definition christlicher Identität spreche, dann meine ich damit Personen, die die öffentliche Meinung ent­schei­dend beeinflussen, wie z. B. Journalisten, Politiker, Theologen, Intellektuelle, also die Meinungsmacher der türkischen Ge­sellschaft.

Christliche Identität zu de­finieren kann, aber muss nicht immer ein bewusster Akt „psychologischer Kriegs­führung“ sein. Wie wir in Kapitel 3.2 sehen wer­den, sind die inten­dierten Adressaten oft gar nicht die Christen selbst. Doch die Mei­nungs­macher sind sich im All­ge­meinen bewusst, wel­che Wirkung ihre Wor­te haben können, ins­besondere wenn es da­rum geht, eine Minorität zu de­finieren.

2.2 An wen richtet sich die Definition?

Ich arbeite zur Zeit an einem For­schungs­projekt über die Wahrnehmung von Christen in fünf türkischen Zei­tungen mit unterschiedlichem ideo­logischen Hinter­grund.[10] [10] Kolum­nis­ten in Tages­zei­tungen sind sehr effektive Meinungs­macher in der Türkei. Aber sie schreiben hauptsächlich für Menschen mit einem ähnlichen Weltbild wie das ihre. Die Vor­liebe für eine Zeitung hängt in der Türkei im Allgemeinen eng mit dem jeweiligen Welt­bild zusam­men. Auch wenn Politiker oder Theologen ver­suchen, Men­schen anderer Ideo­logien für ihre Ideen zu gewinnen, so erreichen doch auch sie meist nur ihre Klientel.

Wenn daher Mei­nungs­macher ver­su­chen, zu bestimmen, was und wie Chris­ten sind, dann versuchen sie zunächst einmal Menschen zu belehren und zu warnen, die ihr eigenes Weltbild teilen. Sie halten es für nötig, ihnen ihre „Wahrheit“ über Christen zu erzählen, weil sie fürchten, dass ihre Klientel von Christen be­ein­flusst oder gar angezogen wird, wenn sie in Kontakt mit der De­finition von Christ­sein kommen, die Christen sich selbst geben.

Meine Forschung beschäftigt sich mit einem Zeitraum, der von einer lebhaften Debatte über christliche missionari­sche Aktivitäten gekenn­zeich­net war.[11] [11] Ich stellte dabei fest, dass jede Zeitung, wenn auch in unter­schied­lichem Grade, die Debatte über christ­liche Missionare für ihre eigene politische Agenda nutzte. Die extremen Na­tionalisten versuchten zu beweisen, dass die isla­mische Re­gierung nicht die Souveränität des Lan­des ver­teidigte, die moderaten Islamisten nutzen die Verwirrung über Missionare, um zu be­haupten, dass es ein Fehler der Säku­laristen sei, Koran-Kurse zu ver­hindern usw.

Gleichwohl beeinflussen diese öffentlich verbreiteten Meinungen über Christen auch zutiefst die Christen selbst. Sie wer­den womöglich täglich mit der Mehr­heitsmeinung konfrontiert, die von den Meinungsmachern beeinflusst ist. Auch wenn sie nicht direkt angesprochen werden, so nehmen sie doch Botschaften wahr, wie „du solltest dich schämen“, „du hast falsche Motive“, „du gehörst nicht wirklich zu diesem Land, du bist so­gar gefährlich für es.“

2.3 Wie wird christliche Identität definiert?

Ich möchte unterstreichen, dass es Mei­nungsmacher gibt, insbesondere in dem liberal-demokratischen Segment der tür­kischen Ge­sellschaft, die die Agitation gegen Christen und andere Minoritäts­gruppen verurteilen. Es gibt andere (auch wenn diese immer weniger werden), die den Erfolg des Westens bewundern und diesen zum Teil dem Einfluss des Chris­ten­tums zuschreiben. Da ich jedoch über Definition von Identität als Teil von Verfolgung schreibe, werde ich mich hier auf negative Definitionen kon­zentrieren, ohne damit verleugnen zu wollen, dass es diese anderen Stimmen auch gibt.

2.3.1 Gegen Christen oder gegen Missionare?

Im Mittelpunkt der Debatte über das Christentum in der Türkei in den Jahren von ca. 2002 bis 2007 standen Mis­sionare und missionarische Aktivitäten. Die extreme Kritik an Missionaren wurde manchmal (nicht immer) durch die Bemerkung abgemildert, dass die Kri­tik sich nicht gegen alle Christen richte, auch nicht gegen alle Missionare, sondern gegen diejenigen, die unethische Methoden gebrauchten.

Auf den Vorwurf un­ethischer Methoden müssen ernsthafte Christen natür­lich eingehen. Meiner Mei­nung nach ist je­doch der Versuch, die Identität der Mis­sionare negativ zu de­finieren, ein Angriff gegen alle Christen. Einer­seits ist es in der heutigen Türkei nicht politisch kor­rekt, negativ über Christen im All­gemeinen zu sprechen. Ein türkisches Sprichwort sagt: „Meine Tochter, ich sage dies zu dir. Meine Schwieger­toch­ter, verstehe, was ich da­mit meine.“[12] [12] Darum scheint die Kritik, die sich an Missionare richtet, sehr oft als Kritik und Warnung gegenüber jedem Christen gemeint zu sein.

Andererseits geben Chris­ten, die auf­hö­ren zu evan­gelisieren, ein un­verzicht­bares Element ihres Glau­bens auf. Die besondere Rolle der Christen im frü­hen Islam als dhimmi (vgl. Bosworth1982) und später im Osmanischen System religiös getrennter millet (religiös de­fi­nierter Gesellschaftsgruppen) zwangen die Christen, sich der Mission unter Muslimen zu enthalten. Daraus ent­wickelte sich eine „Minderheitenpsyche“ (vgl. Tamcke 2008:41-48), die bei den meisten Christen unter muslimischer Herrschaft die aktive Mission aus dem Horizont geraten ließ.

Die scharfe Kritik an missionarischen Akti­vi­tä­ten scheint manchmal ein Ver­such zu sein, die­jenigen Christen, die sich weniger in der Evange­lisation engagieren, gegen diejenigen aufzu­brin­gen, die sich aktiv an Mission beteiligen. Dahinter steht das alte Prinzip divide et impera.

2.3.2 Religiöse Definitionen

Christen religiös zu definieren, bedeutet in der Türkei, sie entsprechend des islamischen Verständnisses zu defi­nieren. Natürlich ist der Islam in der Türkei keine einheitliche Größe. Daher unterscheiden sich auch die religiösen Definitionen christlicher Identität. Aber selbst 2007 kann in einem Buch, das in dem Verlag des offiziellen Diyanet İşleri Başkanlığı (Präsidium für religiöse Angelegenheiten) erschienen ist, eine sehr traditionelle islamische Sicht über Christen stehen: „Das Volk des Buches [die Bezeichnung für Christen im Koran] hat außer vielen anderen schlechten Ei­gen­schaften Dinge wie ‚Unglaube, Ver­leugnung und Lüge’ sozusagen zu sei­nem Beruf gemacht.” (Kesler 2007: 118).[13] [13] „Unglaube, Verleugnung und Lüge“ beziehen sich auf die Reaktion der Christen gegenüber dem Anspruch des islamischen Prophe­ten.[14] [14]

Dass Christen als Lügner betrachtet werden, gründet offensichtlich auf der Vor­aussetzung, dass nur un­wahr­haftige Menschen den Propheten und seine Re­ligion ablehnen können (vgl. Kapitel 2.2). Darüber hinaus werden die Christen beschuldigt, ihre eigene Heilige Schrift gefälscht zu haben. Die Vermutungen, dass Christen nicht ehrlich seien, dass Missionare ihre wahren Motive ver­ber­gen würden und dass Betrug eine weitverbreitete Me­thode der Mission sei, sind in der Türkei weit verbreitet – nicht nur unter Islamisten, sondern auch unter extremen Nationalisten (wenn auch hier mit anderen Konnotationen).

Die historische Erfahrungen mit west­li­chen „christlichen“ Ländern (vgl. Kapitel 2.1) haben in der Türkei zu dieser Art der Wahrnehmung und der Definition christ­licher Identität beigetragen. Jedoch nutzen muslimische Fundamentalisten offen den Koran und die frühe isla­mi­sche Tradition für ihre Definition von Chris­ten, und viele Menschen in der Türkei scheinen von diesem Bild beein­flusst zu sein.[15] [15]

2.3.3 Nationalistische Definitionen

In nationalistischen Kreisen wurde die Theorie der Türkisch-Islamischen Syn­these insbesondere in den 1970ern und 1980ern lebhaft diskutiert (vgl. Kurt 2010). Gemäß dieser Ideologie fanden die Türken ihre Identität einst im Islam und haben sie noch heute eben dort. Darum können extreme Nationalisten einen tür­kischen Muslim, der zum Chris­tentum konvertiert, nur als Verräter de­finieren. Diese Denkweise ist sogar unter Leuten, die nicht sehr vertraut mit ihrem mus­li­mischen Glauben sind, so ver­brei­tet, dass viele tür­ki­sche Konvertiten von ihrer Familie mit dem Vorwurf kon­fron­tiert werden, Verräter zu sein (vgl. Häde 2009).

Nach dieser Denkweise muss jeder Ver­such aus­ländischer oder einheimi­scher „Missiona­re“, Türken für ihren Glauben zu ge­winnen, als Angriff auf die Einheit und Sicherheit des Landes betrachtet werden.[16] [16]

Eng verbunden mit diesen natio­na­lis­tischen Definitionen christlicher Identität sind politische Definitionen:

2.3.4 Politische Definitionen

Missionare werden als Spione für andere Länder bezeichnet;[17] [17] sie sind eine Ge­fahr für die Einheit der türkischen Republik. Sie stehen im Verdacht, eine politische und keine religiöse Agenda zu haben.[18] [18]

Diese Art des Denkens kann manchmal zu Äußerungen führen wie, „Jede mis­sio­narische Aktivität ist ein terro­ris­tischer Akt.“[19] [19]

2.3.5 Historische Definitionen

Historisch werden Christen, ins­be­son­dere Christen aus dem Westen, als Fortsetzung der Kreuzzüge und des Ko­lonialismus verstanden. Während die fun­damentalistischen Islamisten der Millî Gazete mehr „die Gefahr der Angriffe durch Christen“ betonen, sehen die mo­de­raten Islamisten der Yeni Şafak die Ver­suche des Westens, Muslime zu be­einflussen, als Verteidigungsstrategie ge­gen­über der eigent­lichen Über­legen­heit des Islam.[20] [20]

Auch wenn Christen die Fehler und die Schuld der Vergangenheit nicht leug­nen können und dürfen, so ist doch der Ver­such, sie und ihre missionarischen Akti­vi­täten alleine mit diesen historischen Para­digmen zu definieren, Ruf­schä­di­gung und daher eine Form der Ver­folgung.

2.3.6 Definitionen der Minderwertigkeit

Weil es für viele türkische Meinungs­macher eine religiöse und nationa­lis­tische Undenkbarkeit ist, dass sich eth­nisch türkische Muslime dem Christen­tum zuwenden, konstruieren sie eine weitere Form der Definition, indem sie die Minderwertigkeit derer herausstellen, die einen solchen Schritt tun.

Türken, die Christen werden, hätten ent­weder keine Ahnung vom wirklichen Isl­am, seien mit Dollars bestochen worden, hätten sich mit Ver­spre­chen von Heirat oder Stu­dium im Ausland kau­fen lassen, seien so­wieso unzuverlässige Men­schen,[21] [21] oder hätten christliche Vor­fahren.[22] [22]

Es muss wohl nicht weiter ausgeführt werden, dass solche Behauptungen für türkische Konvertiten schwer zu ertragen sind.

2.3.7 Die Notwendigkeit, dass Christen auf diese Definitionen reagieren

Warum sollten Christen in der Türkei reagieren, wenn andere versuchen, ihre Identität falsch zu definieren? Ich sehe zwei Gründe für ausgewogene und gut begründete Antworten auf diesen Aspekt der Verfolgung:

Einerseits müssen Christ­en ihre eigene Wahr­neh­mung christli­cher Iden­tität schüt­zen. Neue Christen könn­ten sonst ebenso eine „Min­der­hei­tenpsyche“ mit all ihren negativen Implikationen ent­wickeln (vgl. Kapitel 3.3.1). Sie könnten den Mut verlieren, positiv zur Ge­sell­schaft bei­zutragen und sich selbst für min­der­wer­tig halten. Oder aber Christen könnten eine sek­tie­re­ri­sche Hal­tung ent­wickeln und versuchen, in ihrem eigenen sozialen Get­to zu leben und sich ins­ge­heim „den anderen“ über­legen fühlen.

Der zweite Grund für einen aktiven Kampf gegen falsche Definitionen ist die Tatsache, dass in der Geschichte der Christen­heit[23] [23] und in der türkischen Wirk­lichkeit Vorurteile und Aus­gren­zung mit großer Wahrscheinlichkeit zu sol­chen Akten der Verfolgung führen, die nicht nur den Geist,[24] [24] sondern auch den Körper der Christen angreifen.[25] [25]

Als Antwort darauf, dass als Teil der Verfolgung ihre Identität falsch definiert wird, müssen Christen sich ihrer Identität bewusst werden und diese selber de­finie­ren.

3. Eine christliche Antwort nach dem ersten Petrusbrief: Die Vergewisserung christlicher Identität

Der erste Petrusbrief richtet sich nicht nur an Christen, die in römischen Pro­vinzen lebten, die alle innerhalb des Gebietes der heutigen Türkei liegen. Noch wichtiger ist: Der Brief scheint ein guter Entwurf für die Christen in der Türkei zu sein, wie sie ihre eigene Iden­tität bestimmen können. Eine Beson­der­heit des ersten Petrusbriefes ist, dass Aussagen über das Leiden im Vergleich zu anderen Schriften des Neuen Tes­ta­ments „ungewöhnlich häufig“ (Feld­meier 1992:105 Fußnote 1) vorkommen. In der Tat ist der Grund, der Petrus zum Schreiben dieses Briefes veranlasste, dass er die Christen mit guter Theologie ausrüsten wollte, die ihnen helfen kann, mit dem Leiden als Christ zu­recht­zu­kommen (vgl. Feld­meier 1992:105 und Fußnote 2). Dieses Leiden bestand je­doch noch nicht in einer sys­tematischen Ver­fol­gung durch den Staat. Vielmehr erlebten die Christen üble Nachrede, falsche An­schul­digungen und Aus­grenzung von­seiten der Gesellschaft.

3.1 Das Erschaffen einer Identität oder die Vergewisserung der Identität?

Die Tatsache, dass Petrus wie auch an­dere neutestamentliche Autoren im Kontext des christlichen Leidens damit reagieren, dass sie die christliche Iden­tität definieren, ist in der gegenwärtigen Forschung weithin unbestritten.[26] [26] Sogar Autoren, die Identität nicht zu ihrem Hauptthema machen, sondern im ersten Petrusbrief nach der „controlling meta­phor“ suchen (Mbuvi 2004:42), gehen indirekt auf christliche Identität ein, wenn sie bestimmte Metaphern der petri­ni­schen Beschreibung der Christen zu­ordnen, sei es „Christen als Fremdlinge“ (Feldmeier 1992), die Identifikation mit der alttestamentlichen Exilserzählung (Mbuvi 2004) oder mit dem eschato­lo­gischen Volk des Messias (Dubis 2002).

Umstrittener ist die Frage, ob die Ver­fasser des Neu­en Testaments ange­sichts des Leidens die Chris­ten der Identität vergewissern, die sie in Christus bereits haben, oder ob sie dazu beitragen, eine neue Iden­tität zu erschaffen. Hart ver­sucht in seiner Unter­suchung zum ersten Thes­salonicherbrief aufzuzeigen, dass Paulus und andere frühe Christen ein Narrativ der Verfolgung instru­men­ta­li­sierten, um eine christliche Identität zu formen (Hart 2008). Dunning (Dunning 2005:iv) möch­te zeigen, dass dieselbe Realität der Verfolgung im ersten Petrus­brief und in anderer frühchristlicher Literatur genutzt wurde, um bei der Ausformung ver­schie­dener Identitäten zu helfen.

Ohne dass ich hier weiter ins Detail gehen kann, würde ich dem zustim­men, dass die Leidenser­fahrungen der Chris­ten in Kleinasien Petrus veran­lasst haben mögen, neu zu fragen, was die Identität der Christen sei. Die neue Situation verlangte nach einer Interpretation. Doch die Theologie von Petrus ist tief mit den anderen Schriften des Neuen Testa­mentes verwoben (vgl. Green 2007:226-238), und Petrus macht in seiner Inter­pretation des Christseins reichlich vom Al­ten Testament Gebrauch. Darum kom­me ich zu der Schlussfolgerung, dass Petrus geleitet von Gottes Geist die Wahr­heit des Wortes Gottes und die Bot­schaft von Jesus auf die Situation der ver­folgten Gläubigen anwandte. Die In­tention des Apostels Petrus war zumin­dest nicht, eine neue Identität zu ers­chaffen oder auch nur zu formulieren, sondern durch die Interpretation des Alten Testamentes und des Evangeliums die Christen der Identität zu ver­gewis­sern, die sie bereits in Christus und gemäß dem Zeugnis der Schrift hatten.

3.2 Falsche Definitionen der Identität korrigieren

Wie nun korrigiert Petrus die falschen Definitionen christlicher Identität?

Die Gegner „befremdet es“ (ξενίζονται, 4,4), was die Christen tun, sie „reden Bö­ses“ wie „von Übeltätern“ (ὡς κακο­ποιῶν, 2,12), sie gebrauchen Schimpf­wörter (λοιδορία, 3,9) und Ver­leum­dungen (3:16). Christen werden „ge­schmäht“ (εἰ ὀνειδίζεσθε, 4,14).

Dagegen erinnert Petrus sie an ihre Iden­tität als Erwählte Gottes (1,2 ἐκλεκτὸν; 2,4; 2,9). Sie sind nicht ein seltsamer und unwichtiger Teil der Gesellschaft, son­dern sie spielen eine so wichtige Rolle in Gottes Plan, dass sogar die Propheten des Alten Testaments ihnen zu dienen hatten (1:12). Der Apostel erinnert sie daran, dass sie „gehorsame Kinder (1,14), „lebendige Steine“ (2,4) sind, aus denen der neue Tempel gebaut ist, sowie ein „königliches Priestertum“ (2,9).[27] [27] Petrus stellt nicht nur den falschen Behaup­tungen die richtigen Fakten entgegen. In einem Kontext, wo Leiden als be­rech­tigter Grund angesehen wurde, um Schande zu empfinden, stellt Petrus „die Interpretation auf den Kopf“ (Green 2007:226). Leiden „um des Namens Christi willen“ (4,14) sind kein Grund, sich zu schämen, sondern stolz zu sein (4,16). Be­leidigt zu werden ist viel­mehr ein Beweis dafür, dass „der Geist der Herr­lichkeit und Gottes auf euch ruht“ (4,14).[28] [28]

Die Gläubigen wirken nicht nur fremd für ihre Nachbarn (ξενίζονται, 4,4), son­dern sie sollen tatsächlich „Fremd­linge in der Welt“ sein (1,1, hier παρεπιδήμοι), weil Gott sie dazu berufen hat (1,1).

3.3 Identität durch das Einordnen der christlichen Existenz in das biblische Narrativ

Petrus Haupt-„Instrument“ für die De­fi­ni­tion christlicher Identität ist, die Exis­tenz der Gläubigen in das alt­tes­ta­ment­liche Narrativ einzuordnen (vgl. Kapitel 3.1 zur „con­troll­ing meta­phor). 1 Petr 2,9 bezieht die Christen mit in die Ge­schich­te Israels ein, indem es Lev 19,6 und Jes 43,21 auf die neutesta­ment­liche Kirche anwendet (vgl. 2,10).[29] [29]

Motive aus dem alttesta­mentlichen Exo­dus-Narra­tiv (vgl. 1,13 mit Ex 12,12; 1,19 mit Ex 12,5; 1,16 mit Lev 19,2) und dem Exil-Narrativ (vgl. insbesondere die Bemerkung, dass Chris­ten Fremde sind und unter Heiden leben: 1, 1; 2,11-12) definieren christliche Identität als Teil des alten, großen Planes Gottes.

Ich würde nicht soweit gehen wie Lai, der in dem „jesajanischen Neuen Exo­dus“ das „zugrunde liegende Thema des ganzen Briefes“ sieht (Lai 2009:152). Jedoch ist es für die Identität der christlichen Gläubigen bedeutungsvoll, dass sie als Gemeinschaft im Exil be­trach­tet wird, die einen Restorations­pro­zess erlebt (vgl. Lai 2009:152), und somit als Fortsetzung des Volkes Gottes, das im Exil unter Feinden lebte.

Die Art und Weise, wie Petrus das alt­tes­ta­ment­liche Narrativ gebraucht, um die Situation der Nachfolger Jesu zu inter­pretieren, ist ein weiterer Beweis dafür, dass für den Apostel christliche Identi­tät etwas ist, das schon ge­geben ist und nicht neu kreativ er­schaffen werden muss. Zugleich zeigt dies, dass die Apos­tel und die christliche Gemeinschaft wahrscheinlich durch die Not­wendigkeit, auf die Verfolgung zu reagieren, zu einem tieferen Verständnis der Stellung der Gläubigen im alt­tes­tamentlichen Kontext gelangten.

3.4 Identität durch Identifizierung mit Christus

Das stärkste Argument, mit dem Petrus den Christen erklärt, wer sie im Leiden sind, ist, dass Leiden ein unvermeidbares Element der Berufung zur Nachfolge Christi ist, denn Christus selbst litt (2,22-25). Ripken bestätigt, wie wichtig diese Identifizie­rung für die leidenden Chris­ten ist: „One of the greatest gifts that can be given to believers in the midst of per­secution is for the believing community to assure them that what they are ex­periencing is for Christ’s sake and for no other reason“ (Ripken 2004:34).

Dubis (Dubis 2002;150-157) interpretiert zurecht τοῦ Χριστοῦ παθήματα in 4,13 als messianische Leiden, an denen der Messias selbst und seine Nachfolger Anteil nehmen.

3.5 Falsche Interpretationen christlicher Identität vermeiden

Petrus schließt an keiner Stelle aus, dass Christen zurecht als „Übeltäter“[30] [30] an­geklagt werden könnten (4,15). Daher können die Definitionen von Christen durch Außenstehende eine Heraus­for­de­rung sein, umso mehr alles zu ver­mei­den, was anderen Grund geben könnte, sie zu Recht anzuklagen (vgl. 2,1; 2,12). Es gibt ein Leiden als Folge falschen Verhaltens. Christen sollten solches Ver­halten vermeiden (vgl. 2,14.20; 3,17; 4,15).

Das Anliegen, Außenstehenden keinen berechtigten Anlass zu geben, christliche Identität falsch zu definieren, ist wahr­scheinlich der besondere Grund dafür, dass Petrus in diesem Zu­sam­menhang die Unterordnung unter die Re­gierung (2,13-17), unter Vorgesetzte (2,18-20) und Ehemänner (3,1-6) nennt. Der Hin­weis des Apostels, dass die Regierenden von Gott gesandt sind (2,14) oder dass Sara sich Abraham un­ter­ord­nete (3,6), lässt es sehr un­wahr­schein­lich er­schei­nen, dass Petrus Unter­ord­nung nur als tak­tisches Mit­tel lehrt, mit dem man Leu­te beein­drucken kann. Sein Haupt­an­liegen mit diesen Be­mer­kungen scheint je­doch tat­sächlich zu sein, „der Un­wissenheit törichter Men­schen das Maul zu stopfen“ (2,15).

4. Schlussfolgerungen

Die Form der Verfolgung, die Christen gegenwärtig in der Türkei erleben, be­steht hauptsächlich darin, dass sie Vor­urteilen, Verleumdungen und Aus­gren­zung begegnen. Mein Ziel war heraus­zustellen, dass dies schwer­wie­gende Fa­cetten von Verfolgung sind, die sehr ernst zu nehmen sind, weil sie ver­suchen, die Identität der Christen zu be­stimmen. Auch wenn die Motivation derjenigen, die diese Definitionen auf­stellen, sehr verschieden sein mögen, so beeinflussen doch die falschen Defini­tionen nicht nur die nicht christliche Mehrheit in der Türkei, sondern auch das Selbstbild der Christen.

Die These, dass ein Teil der Verfolgung ein Kampf um die Definition von Iden­tität ist, wird durch die Tatsache be­stä­tigt, dass die neu­tes­tamentlichen Ver­fas­ser als Antwort auf Ver­folgung großes Bemü­hen zeigen, christliche Identität rich­tig zu definieren. Der erste Petrus­brief stellt einerseits christliche Identität in den Rahmen des alttestamentlichen Narrativs und zeigt so die hohe und wich­tige Stellung, die Christen im Plan Gottes haben. Gleichzeitig ermahnt Pet­rus die Christen, schlechtes Verhalten zu vermeiden, damit sie keinen Grund für fal­sche Definitionen von Christsein ge­ben.

Verfolgung, insbesondere verbale Ver­folgung, als Angriff auf christliche Iden­tität zu sehen und an geeigneten Stra­tegien zu arbeiten, um Christen über ihre wahre Identität zu belehren, scheint eine große Hilfe für Christen in der Türkei und in ähnlichen Situationen zu sein. Weitere Forschung ist notwendig, um diesen Aspekt von Verfolgung zu unter­suchen und geeignete Antworten zu finden.

Wolfgang Häde

Wolfgang Häde (Jahrgang 1958) ist seit Abschluss seines Studiums an der STH Basel (MTh equiv.) gemeinsam mit seiner türkischen Frau in der Ge­meinde­gründungsarbeit in der Türkei tätig. Er arbeitet in der theologischen Ausbildung in dem türkischen Zweig des Martin Bucer Seminars und schreibt an einer Dissertation (DTh) über die Darstellung des Christentums in türkischen Zeitun­gen (University of South Africa). Email: whaede@swissmail.org.

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[1] [33] Bibelzitate nach LÜ 1984, wenn nicht anders vermerkt.

[2] [34] Vgl. zu diesem Thema z. B. Campbell 2006, Hart 2008, Mbuvi 2004.

[3] [35] Ich gehe von Petrus als Autor des ersten Petrus­briefes aus. Da es hier nicht möglich ist, auf die viel diskutierte Frage der Verfasserschaft einzu­gehen, verweise ich auf die gelehrte Darstellung aller Gegenargumente gegen die petrinische Ver­fasserschaft und ihre Widerlegung in der Disser­tation von Tran (Tran 2006:10-28).

[4] [36] Vgl. für dieses Kapitel besonders Lewis 1986:317-355.

[5] [37] „Sehr negativ“ 62%, „im gewissen Grade ne­ga­tiv“ 12%, „sehr positiv“ 2%, „im gewissen Grade po­si­tiv“ 8%. Wir müssen hier ergänzen, dass zwi­schen den Umfragen von 2004 und 2008 eine bemerkenswerte Entwicklung zum Negativen statt­gefunden hat. Vielleicht lag das daran, dass der Krieg im Iran von vielen Türken als Invasion „christlicher“ Nationen in ein muslimisches Land wahrgenommen wurde.

[6] [38] Vgl. zur Sicht des frühen Islams von den Christen auch Khoury 1998:219-225; Tamcke 2008:20-61.

[7] [39] Als ein Beispiel für einen türkischen Muslimen, der Christ wird, vgl. das Leben von Necati Aydın in Häde:2009.

[8] [40] Was Campbell 1998:333 über den Ersten Petrus­brief bemerkt hat auch Relevanz für die heutige Türkei: „Peter’s concern is predominantly with honor, the primary cultural value of the ancient Mediterranean world.“ Schirrmacher 2011:103 hat „harmloseren“ allerdings auch in Anführungs­zei­chen gesetzt.

[9] [41] Ich möchte hier ein längeres Zitat aus Johnson 2002:483-484 über den Ersten Petrusbrief wieder­geben, weil es sehr passend die Schmerzen beschreibt, die soziale Ausgrenzung verursachen kann: „Suffering is no less real, however, just because it does not lead to death. Since scorn and contempt are slow-working acids that corrode in­dividual and community identity, social alienation should not be viewed as a trivial form of suffering. Persecution may bring death, but the martyr has the advantage of dying with meaning. Societal scorn, however, threatens meaning and identity.“

[10] [42] Diese Tageszeitungen sind Yeniçağ (extrem nationalistisch), Millî Gazete (islamisch funda­mentalistisch), Yeni Şafak (gemäßigt islamistisch), Milliyet (liberal demokratisch), Cumhuriyet (laizis­tisch in enger Anlehnung an Atatürk).

[11] [43] November 2004 bis Januar 2005.

[12] [44] „Kızım sana söylüyorum, gelinim sen anla!“

[13] [45] Ehl-i kitap pekçok kötü özelliklerinin yanı sıra ‚İmansızlık, inkâr ve yalan’ gibi şeyleri âdetâ bir meslek haline getirmişlerdi.

[14] [46] Vgl. Khoury 1998:219-224 über die Frage, welche Christen im Koran als „gut“ und welche als  „schlecht“ angesehen werden.

[15] [47] Wenn Mehmet Şevket Eygi, ultraislamistischer Kolumnist der Millî Gazete, die „bösen Christen“ als „Misyonerler, Haçlılar, Teslisçiler” (Missio­nare, Kreuzzügler, Trinitarier) kennzeichnet (Millî Gazete, 6. Januar 2005, S. 2), dann zeigt das, wie grundlegend theologische Differenzen und his­torische Erfahrungen Hand in Hand gehen.

[16] [48] Vgl. die ganzseitige Serie von Artikeln an zwölf aufeinander folgenden Tagen gegen missionarische Aktivitäten in der türkischen Tageszeitung Yeni­çağ: Yüksel Mutlu. „Dünden günümüze bel­gele­riyle … Misyonerler“ („Missionare: Von ges­tern bis heute dokumentiert“) vom 4. – 15. Januar 2005.

[17] [49] Yeniçağ, 6. Januar 2005, S. 2: „Es fällt auf, dass jeder bei der christlichen Propaganda tätige Missio­nar gleichzeitig ein Spion ist.“ („Hıristi­yanlık pro­pa­gan­dası yapan misyonerlerin aynı zamanda birer casus olduklarına dikkat çekiyor.“)

[18] [50] Vgl. z. B. Yeniçağ, 6. Januar 2005, S. 8: „Burada amaç Türkiye’yi parçalayarak bölgeye hakim olmaktır“ („Die Absicht ist hier, die Türkei zu zersplittern, um die Region zu beherrschen.“)

[19] [51] Hasan Demir in Yeniçağ, 11. Januar 2005, S. 9: „Her misyoner faaliyet bir terör eylemidir.“

[20] [52] Vgl. Yusuf Kaplan in Yeni Şafak, 24. November 2004, S. 10: „Bugün Batılıların yapmak istediği iki şey var: Türkiye’nin İslâm medeniyeti iddialarına sahip çıkmasını önlemek ve dünyanın, özellikle Batı dünyasının kitleler halinde Müslü­man­laşma ihtimâlini ortadan kaldırmaktır.“ („Es gibt zwei Dinge, die Westler heute machen wollen: die Türkei davon abhalten, darauf zu bestehen, einen Anspruch auf die islamische Zivilisation geltend zu machen, und die Möglichkeit zu beseitigen, dass in der Welt und besonders im Westen Menschen massenweise zu Muslimen werden.“)

[21] [53] Vgl. Aydin 1996:15: „…dies sind Typen, die den Islam nicht kennen, die sich von nationalen und geistlichen Werten entfernt haben, die Furcht haben, ohne Selbst-Bewusstsein und ängstlich sind.“

[22] [54] Wie schwerwiegend selbst diese „Beschul­di­gung“ sein kann, veranschaulicht eine beinahe lus­tige Episode. 2008 sprach ein Parlamentarier der Oppositionspartei CHP von seinen Informationen darüber, dass Präsident Abdullah Gül armenische Vorfahren habe. Die Folge war, dass der Präsident ein Gerichtsverfahren gegen diese Behauptung um eine symbolische Entschädigungszahlung eröff­nete. Vgl. den Artikel “Gül’den Arıtman’a 1 YTL’lik tazminat davası”(Entschädigungsklage für 1 YTL von Gül gegen Arıtman”) in Yeni Şafak, 22. Dezember 2008. Zugriff am 15. März 2012: http://yenisafak.com.tr/Politika/?t=22.12.2008&i=157772.

[23] [55] Vgl. das Zitat von G.E.M. de Ste Croix in Holloway 2009:72-73, das über „the atmosphere of hostility, liable to turn at any moment into active persecution“ spricht.

[24] [56] Hier muss erwähnt werden, dass Vorurteile und Ausgrenzung niemals eine rein verbale Form der Verfolgung bleiben. Denn Konvertiten, die nicht mehr von ihrer Familie akzeptiert werden, können in schwere ökonomische Probleme gebracht wer­den. Kleine Geschäftsleute können ihre Kunden verlieren. In manchen Situationen kann er für einen bekennenden Christen schwieriger sein, Arbeit zu finden.

[25] [57] Vgl. dazu die Rolle, die die Medienkampagne dabei gespielt hat, um den Nährboden für die Mor­de an Andrea Santoro und den Märtyrern von Ma­latya vorzubereiten (vgl. Häde 2009:78-81, Ka­pitel „Saat und Ernte des Unheils“).

[26] [58] Vgl. z. B. Campbell 2006; Dunning 2005; Gra­ser 2011:155-163; Hart 2008; Holloway 2009; Mbuvi 2004.

[27] [59] Vgl. Graser 2011:155-163, Kapitel „Rekon­struk­tion des Selbstkonzepts“.

[28] [60] Vgl. auch Green 2007:226: „…suffering is a sign of the genuineness of one’s faith, an af­fir­ma­tion of one’s identity before God“.

[29] [61] Vgl. Green 2007:269: „Peter is in identity-for­ma­tion mode as he inscribes the community of Christians, mostly Gentiles, into the history of Israel, giving them strong roots in antiquity.“

[30] [62] So übersetzen die LÜ 84 und andere deutsche Übersetzungen κακοποιὸς. Die Neue evangelis­ti­sche Übersetzung trifft den Sinn mit „anderer Ver­brecher“ wohl noch exakter.