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„Der Herr schützt die Fremdlinge“ (Ps 146,9)

Samstag 12. Dezember 2015 von Family Life Mission


Family Life Mission

Schädliche Einflüsse

„Als er (Salomo) alt war, neigten seine Frauen sein Herz fremden Göttern zu…“ (1. Könige 11,4). Gott war Salomo zweimal erschienen (1. Könige 3,5; 9,2). Er hatte Freude an diesem König, der wie sein Vater David selbstlos war und ein reines Herz hatte. Salomo wollte Gott dienen und war mit einer so großen Weisheit ausgestattet, dass man in schwierigen Fällen seinen Rat suchte (1. Könige 3,16-28). Auch die Königin von Saba reiste zu ihm, um von ihm zu lernen (1. Könige 10). Lange Zeit war er treu in Gottes Wegen. Sein Liebesleben allerdings lag außerhalb der Norm, die für die Israeliten galt. Könige und Wohlhabende leisteten sich des Öfteren mehrere Frauen, gewissermaßen als Statussymbol.

Während König David israelische Frauen hatte (2. Samuel 3,1-5; 2. Samuel 5,13), brachte Salomo es auf 700 Hauptfrauen und 300 Nebenfrauen, die aus etlichen Ländern stammten. An ihnen hing er mit Liebe (1. Könige 11,2). Seine Ehen und Konkubinate hatten eine politische Komponente. Indem er mit jedem wichtigen ausländischen Herrscherhaus verschwägert war, betrieb er eine Bündnispolitik, die ihm Frieden und Handelsaustausch sicherte. Durch die Heirat mit der Tochter Pharaos (1. Könige 3,1) war die gute Beziehung zu Ägypten gewährleistet. Ähnlich verhielt es sich mit den Königshäusern von Moab, Ammon, Edom, Sidon und der Hethiter (1. Könige 11,1).

Salomo missachtete Gottes Weisung, diese Völker zu meiden und sich mit ihnen nicht zu verbünden oder zu verschwägern (1. Könige 11,2). Die Absicht dieses Verbotes war, Israel vor dem Eindringen fremder Kulte zu schützen. Den Frauen gestattete er sogar, Tempel für ihre jeweiligen Gottheiten zu bauen, und duldete Götzenpriester, die ihnen ein religiöses Heimatgefühl gaben. Salomos Absicht war es leider nie gewesen, diese Frauen zum Glauben an den lebendigen Gott, nämlich den Gott Israels, zu bringen. In falsch verstandener Toleranz erlaubte er, was Gott verboten hatte. Ja, er selbst wurde zum Götzendiener und baute den fremden Göttern Stätten der Verehrung (1. Könige 11,5-8). Salomo war zum Polytheisten geworden.

Die „fremden Frauen“, die Salomo von Gott abbrachten, waren נשים נכריות (naschim nochrijjot). Die Worte נכר (nechar) und נכרי (nochri) bezeichnen etwas Fremdartiges, Ausländisches. Fast immer handelt es sich dabei um Menschen oder Mächte, die die Erwählung Israels und seine Identität als Gottesvolk ablehnen und ihm schaden wollen. Von solchen Einflüssen sollte Israel sich fern halten, damit es rein blieb für Gott. Denn diese Fremden wollten ihre Denkart und ihre Religion nicht aufgeben, sondern sie nach Israel importieren und das Volk zum Abfall von Gott bringen. Salomo, der Gesalbte Gottes, war zum Handlanger gottfeindlicher Mächte geworden.

Einige hundert Jahre später sahen Esra und Nehemia eine ähnliche Gefahr und nötigten das Volk, sich von heidnischen Frauen zu trennen und sie zurückzuschicken (Nehemia 13,23ff, Esra 10,2.3.10.14.17-19.44). Anscheinend erinnerte man sich an Salomos Fehlverhalten und wollte solche Zustände nicht wieder einreißen lassen. Auch hier handelt es sich um ausländische Frauen, mit denen Israeliten sich nicht einlassen durften, um eine Religionsvermengung zu vermeiden.

Willkommene Fremdlinge

Das biblische Israel war keineswegs fremdenfeindlich, sondern hatte ein großzügiges Gastrecht. Die Erfahrung, selbst mehrere Jahrhunderte in einem fremden Land (Ägypten) gelebt zu haben, führte dazu, dass Fremde gut behandelt wurden. Hierfür gibt es zahlreiche Vorschriften in der Bibel. Auch in den Zehn Geboten wird der Fremdling erwähnt. Der Fremde war ein גר (ger), also ein Schutzbürger, bzw. ein תושב (toschab), ein Beisasse. Beim „ger“ handelt es sich um einen Zugezogenen, der im Land weilt und auch Geschäfte treibt. Seine rechtliche Stellung ist höher als die eines Gastes. Er ordnet sich dem Recht des Gastlandes unter und respektiert alle Vorschriften. Er ist geschützt und hat viele Rechte. Am religiösen Leben kann er bedingt teilnehmen. Wenn er zum jüdischen Glauben übertreten will, lässt er sich beschneiden und erlangt damit das Bürgerrecht in Israel.

Die Regeln für den תושב (toschab), den Beisassen, ähneln denen, die für den Fremdling gelten (2. Mose 12,45; 4. Mose 35,15). Vermutlich bezeichnet תושב (toschab), Beisasse, „unter wirtschaftlichem Gesichtspunkt denselben Mann, der nach seinem rechtlichen Status גר (ger) – Fremdling – heißt, der also ohne Grundbesitz bei einem israelischen Vollbürger untergekommen ist“ (Elliger, Handbuch zum Alten Testament, I/4, 293f.).

Abraham lebte als Fremdling in Gerar (1. Mose 20,1). Mose war ein Fremdling im Lande Midian (Apostelgeschichte 7,29; 2. Mose 2,15). Dort heiratete er Zippora. Zu biblischen Zeiten gab es in vielen Völkern Wanderungsbewegungen, oft bedingt durch Kriege oder Hungersnöte. So kam Jakob mit seiner Familie nach Ägypten (1. Mose 46,1-7). Elia ließ sich am Bach Krit nieder und wurde durch Raben versorgt (1. Könige 17). Auf Geheiß des Propheten Elisa zieht eine Frau aus Schunem angesichts der beginnenden Hungersnot mit ihren Verwandten für sieben Jahre nach Philistäa und kommt nach Ablauf der Hungersnot wieder zurück (2. Könige 8,1-6).

Solche „Fremdlinge“ gab es überall. Nicht nur in Israel, auch in anderen Ländern fanden sie Schutz und Versorgung, da sie nicht als feindlich empfunden wurden. Sofern sie nach Israel kamen, ging es ihnen gut. Durch Gottes Anweisung standen sie unter dem Schutz eines Dorfes oder eines Menschen. Diese Fremden waren willkommen, und man half ihnen gerne, aufgrund der Erfahrungen, die die Vorfahren in Ägypten gemacht hatten. Noomi (Naemi) war mit ihrem Mann und den beiden Söhnen nach Moab gezogen. Mit ihrer Schwiegertochter Ruth kam sie zurück nach Juda, als die Lebensumstände dort besser geworden waren. Ruth hatte ihre Herkunft hinter sich gelassen und sich dem Volk Israel und seinem Gott angeschlossen (Ruth 1-4). Sie wurde zur Vorfahrin von David und Jesus (Ruth 4,22; Mat. 1,5).

Joseph und Maria zogen nach Jesu Geburt mit ihm nach Ägypten, wo sie vor der Verfolgung des Königs Herodes sicher waren. Sie waren Fremdlinge und Flüchtlinge (Mat. 2,13-15. 19-23), die sich für einige Zeit unter den Schutz Ägyptens begaben. Nach dem Tod des Stephanus setzte in Jerusalem eine Christenverfolgung ein. Die Gläubigen flohen nach Judäa und Samaria, wo sie missionierten und Gemeinden gründeten (Apostelgeschichte 8,1.4-6.25). Schutzsuchender war man unter Umständen also auch im eigenen Land.

Hans-Joachim Heil
Family Life Mission Nr. 135; 4. Quartal 2015

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 12. Dezember 2015 um 19:35 und abgelegt unter Gemeinde, Predigten / Andachten, Theologie.