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Stellungnahme zum EKD-Grundlagentext „Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt in evangelischer Perspektive“

Was wäre von folgender Aussage zu halten? “Ich bin mit Leidenschaft Christ und gegen Religionsvermischung, Relativierung, Beliebigkeit und Anpassung, und die Kirche ist auch kein Markt der Möglichkeiten. Ich muss aber anerkennen, dass es auch andere Religionen gibt, die etwas für sich haben, weshalb der christliche Glaube insoweit nichts Besonderes ist.” Zu diesem Schluss kommt man, wenn man sich mit dem “EKD Grundlagentext Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt in evangelischer Perspektive” befasst hat.

Aber der Reihe nach: Der neueste Grundlagentext der EKD von 2015 ist unter “Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt in evangelischer Perspektive” im Internet aufrufbar, umfasst etwa 80 Seiten und ist in 5 Abschnitte gegliedert.

Beim ersten sporadischen Überblick hatte ich den Eindruck, dass man sich auf rund 80 Seiten ständig im Kreise dreht und in allen Abschnitten, nur mit anderen Worten, immer dasselbe sagt, ohne dabei konkret zu werden. Nachdem ich nicht weiter kam und auch keine 80 Seiten ausdrucken wollte, habe ich mir den Text in Form einer Broschüre über den Buchhandel beschafft. Ich will in aller Kürze ein paar Aussagen aus dem Grundlagentext zitieren (Aussagen im Grundlagentext sind kursiv, eigene Anmerkung in normaler Schrift geschrieben):

Lieber Vielfalt als Einfalt….Ein positives Verständnis religiöser Vielfalt wird gerade dadurch ermöglicht, dass wir leidenschaftlich für unsere eigene Glaubensüberzeugungen einstehen und die damit verbundene innere Freiheit spüren, anstatt unsere Identität durch Abgrenzung zu gewinnen.

Anmerkung: Die Christen sind die aus der Welt Herausgerufenen, die sich nicht der Welt gleichstellen sollen und sich insoweit abgrenzen, aber trotzdem als Salz und Licht in die Welt hineinwirken. Sie gewinnen ihre Identität gerade durch Abgrenzung, in dem sie anders sind und nicht bei allem mitmachen.

Die reformatorischen Leitworte ”allein durch den Glauben”, “allein durch das Wort”, “allein die Schrift” sind zwar auf Eindeutigkeit und Unverwechselbarkeit aus, sie sind aber mit einem Exklusivismus des alleinigen Wahrheitsbesitzes nicht zu verwechseln.

Anmerkung: Es fehlt “allein Jesus Christus”. Bei solchen Satzstellungen entsteht der Eindruck, dass am Ende das Gegenteil von dem gesagt wird, was am Anfang stand. Tatsächlich muss es um einen Absolutheitsanspruch des christlichen Glaubens gehen, der allerdings nicht zu Intoleranz, Zwang und Gesetzlichkeit führen darf.

Denn der Glaube an den einen Gott aller Menschen schließt die Vielfalt religiöser Erfahrungen nicht aus…die Existenz anderer religiöser Gewissheiten und die Glaubensfreiheit, aus der Christenmenschen leben, gehören untrennbar zusammen.

Anmerkung: Hier wird wohl einiges verwechselt. Die Freiheit des Christenmenschen besagt, dass ein Christenmensch „sein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan ist, gleichzeitig aber auch ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan ist.“ Das heißt nicht, dass er andere religiöse Erfahrungen begrüßen muss, die naturgemäß im Widerspruch zur Freiheit des Christenmenschen stehen.

Auf andere Weise unzureichend ist der Versuch, der Pluralität der Religionen dadurch zu begegnen, dass man diese auf das ihnen allen Gemeinsame, sozusagen auf den kleinsten Gemeinsamen Nenner, reduziert. Man riskiert damit, dass alles, was als das Besondere einer Religion gilt und was den Widerspruch anderer hervorrufen könnte, als nebensächlich erscheint.

Anmerkung: Man könnte hier an eine Produktpalette denken, wo zum Beispiel PKWs angeboten werden, die alle bestimmte Gemeinsamkeiten wie Motor und vier Räder haben, sich in der Ausstattung und Zweckbestimmung jedoch erheblich unterscheiden, wobei aber alle gleich gut und brauchbar sind, je nach dem für was sie gebraucht werden.

Die Evangelische Kirche stellt sich der Aufgabe, andere Religionen als Partner in der offenen Gesellschaft anzunehmen.

Anmerkung: Es kann anderen Religionen gegenüber keine Partnerschaft geben. Was es geben kann ist Toleranz. Man lässt den anderen ihren Glauben, reißt keine Gräben auf, bleibt aber eindeutig in seinem Bekenntnis. Unter Partnerschaft versteht die EKD das Humane, das man auch in anderen Religionen zu finden meint. Im Dialog findet man solche Gemeinsamkeiten, die eine an der Oberfläche bleibende Partnerschaft ermöglichen.

Auch der Islam als dritte Großreligion muss sich in Deutschland frei entfalten können, sei es durch den Bau von Moscheen wie durch die Teilhabe am öffentlichen Leben, insbesondere im Bildungsbereich.

Anmerkung: Auch wenn sich der Islam bei uns (bislang) verträglich gibt, steht er seinem Wesen nach dennoch in Feindschaft zum Christentum. Christentum und Islam sind unvereinbar. Diese Aussage der EKD kann man unter der Prämisse, “nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selbst”, zusammenfassen.

Dazu meint die EKD:

Der christliche Glaube zieht nicht ängstlich Grenzen zwischen “Mein” und “Dein”…sondern er zeigt sein Profil, in dem er sich an allem freut, was für ihn in anderen Religionen als Ausdruck wahren Menschseins erkennbar ist…Verzicht auf einen Geist der Kleinlichkeit, der dem anderen nichts gönnt, nicht einmal die Distanz, die er vielleicht gegenüber dem Christentum behalten will.

Anmerkung: Diese Aussage ist ein glatte Verhöhnung der Christen, die in islamischen Ländern grundsätzlich verfolgt werden, wobei nicht in erster Linie an den IS und Boko Haram zu denken ist.

Für den Islam ist Abraham der Freund Gottes, der sich als Erster zur Anbetung des wahren Gottes bekehrt und sich von allen Göttern seiner heidnischen Herkunftsreligion abgewendet hat…obwohl sich alle drei Religionen auf denselben Abraham beziehen, steht Abraham jeweils für eine andere religiöse Grundüberzeugung und verkörpert sozusagen je einen anderen Sinn des Glaubens an Gott.

Anmerkung: Es geht um das Konstrukt der sogenannten “Abrahamitischen Religionen.“ Hier wird völlig verkannt, dass der “wahre Gott” im Fall des Islams der Götze Allah ist. Abraham wird in der Bibel als Freund Gottes bezeichnet, wobei es um den lebendigen Gott geht, der sich ausschließlich in seinem Wort und in Jesus Christus und keinesfalls im Koran offenbart.

Bis dahin die Zitate aus dem Grundlagentext.

Wie ist das alles zu bewerten?

Grundsätzlich ist es positiv, wenn sich die Kirche zu den aktuellen Problemen der Zeit äußert. Eine Handreichung zur religiösen Vielfalt ist aber nur dann wirklich hilfreich, wenn sie aus der Sicht des christlichen Glaubens erfolgt und damit “einseitig” ist. “Einseitig” in dem Sinn, dass Jesus Christus der einzige Weg zu Gott und die Bibel verbindliches Wort Gottes ist, wodurch alle anderen Religionen als Irrwege und Sackgassen erkennbar werden.

Aber eben gerade das wird im Grundlagentext ausdrücklich abgelehnt. Der Text ist typisch ökumenisch im Sinne einer Gleichwertigkeit aller Religionen.

Da wird von einem Bekenntnis zum christlichen Glauben geschrieben, wobei im gleichen Atemzug gleich wieder auf die zu akzeptierende religiöse Vielfalt verwiesen wird. Es kommt dabei nie zu klaren Aussagen, sondern nur zu gewundenen Formulierungen des „sowohl als auch.“

Dazu werden die neutestamentlichen Aussagen entsprechend passend interpretiert. Die gemachten Aussagen sind damit Halbwahrheiten. Der Titel des Grundlagentextes hätte deshalb besser “Christlicher Glaube als Teil religiöser Vielfalt” lauten sollen.

Wie müsste ein brauchbarer Grundlagentext zum Thema Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt aussehen?

Er müsste Jesus Christus als das Fundament in die Mitte stellen, von dem aus die Dinge beurteilt werden.

Dazu müssten zuerst die unverrückbaren Grundlagen des christlichen Glaubens dargestellt und diesen die einzelnen Religionen gegenübergestellt werden, wobei die Unterschiede und Unvereinbarkeiten deutlich würden.

In Sachen des mittlerweile allgegenwärtigen Islam müsste zum Beispiel deutlich werden, dass im Christentum Jesus Christus die Mitte ist, wobei das Erlösungswerk Jesus Christi im Koran nicht nur kategorisch geleugnet wird, sondern die Christen gerade deshalb, weil Jesus Christus für sie die Mitte ist, als “Ungläubige” und “Lebensunwürdige” dargestellt werden, die es zu eliminieren gilt.

Der Koran ist voll von “frommen und gottesfürchtigen” Formulierungen, nimmt dabei Anleihen aus der Bibel und ist in mancher Hinsicht ein Abklatsch der Bibel. Hier muss aufgezeigt werden, dass der Koran Parallelen zu vielen biblischen Aussagen hat, die aber in eine völlig andere Richtung zielen.

Auch wenn Islam und Christentum unvereinbar sind, könnte trotzdem zum Umgang mit den muslimischen Mitbürgern angeleitet werden. Dies unter der Prämisse der Nächstenliebe und dass auch die Muslime Ebenbilder Gottes sind und Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

Hinsichtlich des Buddhismus könnte dargestellt werden, dass die Religionen, was die Verlorenheit des Menschen anbelangt, im Grundsatz vieles richtig erkannt haben. Im Buddhismus, wo vom Karma die Rede ist, wird auf die Selbsterlösung durch fromme Übungen und Kasteiungen abgehoben. Das steht im Widerspruch zum christlichen Glauben, durch den klar wird, dass sich der Mensch nicht selbst erlösen kann, sondern dass diese Erlösung bereits durch Jesus Christus geschehen ist.

Auf diese Weise könnte man alle gängigen Religionen durchnehmen, wobei Beispiele angeführt werden könnten, in denen Menschen durch die Bekehrung zum christlichen Glauben eine vollständige Befreiung und Erneuerung erfahren haben. Etwas, das die Religionen außerhalb des Christentums nicht vorweisen können.

Aus dem Grundlagentext spricht deshalb kein lebendiger, sondern allenfalls ein intellektueller Kopfglaube, was sich stellenweise wie ein politisches Manifest liest, bei der das Christentum zu einer religiösen Weltanschauung unter vielen wird. Zentrale Aussagen zum Christlichen Glauben wie Kreuz und Auferstehung, Buße, Vergebung, Erlösung, Wiedergeburt, Mission, Wiederkunft Christi, ewiges Leben, Weltgericht usw. fehlen völlig. Am Ende bestätigt sich der anfängliche Eindruck. Der Grundlagentext ist eine Anleitung zur Unverbindlichkeit und für einen bibelgläubigen Christen damit völlig wertlos. Eigentlich war von einem EKD-Grundlagentext auch nichts anderes zu erwarten.

Was kann vom Wort Gottes dazu gesagt werden?

„In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Ich sage euch das, damit euch niemand betrüge mit verführerischen Reden. Seht zu, dass euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“ (Kolosser 2, Verse 3,4,8 und 9)

Eigentlich müsste schon eine solche Aussage ausreichen, um das Verhältnis zu anderen Religionen und Weltanschauungen zu klären: An Jesus Christus führt kein Weg vorbei, und alle anderen Religionen müssen sich an diesem Maßstab messen lassen. Aber dazu müsste man das Wort Gottes ernst nehmen.

Die “religionsphilosophische Betrachtung” der EKD möchte aber “fair” sein und es allen recht machen. Dazu bekennt man sich zwar zum Christentum, begibt sich aber gleichzeitig in die Rolle des neutralen Beobachters, der die Dinge gewissermaßen sachlich distanziert von Außen betrachtet, und eben das geht nicht.

Es ist so, als wenn ein Mann seiner Frau seine Liebe erklärt und sagt, dass sie für ihn das Größte, Schönste und Wichtigste ist, um dann im gleichen Atemzug zu sagen, dass es auch noch viele andere interessante Frauen gibt, die er nicht übersehen kann, weshalb auch ihnen Anerkennung und Bewunderung zukommt – ohne dass er deshalb aber untreu würde.

Was soll man von einer solchen “Liebeserklärung” halten?

Glaube und Liebe sind “einseitig”. In beiden Fällen muss man sich auf etwas festlegen, wobei man sich gleichzeitig gegen alle anderen Möglichkeiten entscheidet. Im Glauben sollen wir Gott mit ungeteiltem Herzen dienen.

Davon ist man bei der EKD weit entfernt.

Für den Grundlagentext zeichnet die “Kammer für Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland” unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christoph Markschies verantwortlich.

Die Mitglieder der Kammer sind am Ende der Broschüre namentlich aufgeführt. Nach den akademischen Graden und Titeln zu urteilen, handelt es sich hier um die Crème de la Crème der EKD – Theologenzunft.

Das einzige, was mir dazu einfällt, sind die Aussagen der Schrift, wonach Menschenweisheit in Gottes Augen Torheit ist. Der Grundlagentext ist hierfür ein beredtes Beispiel.

Jörgen Bauer, Heidenheim, 20.7.2015

Quelle: www.christliche-Impulse.de [1]