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Durch den Glauben wird der Staat leben.

Freitag 29. Mai 2015 von Erzbischof Janis Vanags


Erzbischof Janis Vanags

Das Land Lettland, unser Staat und wir als das Volk sind mit schicksalhaften Bindungen miteinander verbunden. Unser Land, das Gott so schön und lieblich geschaffen hat, hat unseren Charakter und uns selbst geprägt. Wir haben dieses Land ohne einen Namen zu einem Staat entwickelt nach unseren Vorstellungen geprägt uns zum Gleichnis und haben ihm unseren eigenen Namen gegeben. Nun sind 25 Jahre vergangen, seit wir unsere Unabhängigkeit zurück erhalten haben – ein Viertel eines Jahrhunderts und ein Drittel eines Menschenlebens. Wie steht es um Lettland? Ganz gleich, wie unser Urteil ausfällt, sollten wir uns zuvor daran erinnern, dass wir mit ihm ursächlich eng verbunden sind. In diesem Zusammenhang ist ein Wort besonders wichtig: der Glaube.

Martin Luther hatte unter Blut und Schweiß mit der Frage gerungen, wie er das Reich Christi bei sich selbst erbauen könnte? Er ordnete sich selbst mit eifrigen Werken der Askese unter. Er quälte sich selbst mit strengen sittlichen Forderungen, um Christus eine heilige Stätte zu bereiten Doch er begriff, dass er bei allen seinen Mühen nie so weit mit seiner Frömmigkeit kommen würde, dass er sagen könnte: „Schaut auf mich! Ich habe bei mir das Reich Christi erbaut!“ Das trieb ihn in die Verzweiflung, bis er in einem Augenblick der Offenbarung den Sinn der Worte des Apostels Paulus begriff: „Aus dem Glauben wird der Gerechte leben.“ Christus selbst ist es, der sein Reich bei dem erbaut, der an ihn glaubt, auf ihn hofft und sich auf ihn verlässt.

Auch bei der Erbauung des Staates Lettland und der Erneuerung seiner Unabhängigkeit brauchten wir den Glauben. Zunächst den Glauben daran, dass es möglich ist, sowohl die roten als auch die blau-grauen Kräfte zu überwinden und aus dem Lande zu vertreiben, und als Letten gemeinsam mit Menschen anderer Volkszugehörigkeit aus diesem Lande einen lebensfähigen Staat erbauen konnten. Ebenso brauchten wir in den Jahren des nationalen Erwachens Menschen, die, obwohl sie nicht wussten, was mit ihnen geschehen würde, zu den ersten Demonstrationen kamen nur in dem Glauben, dass dieses der von Gott bestimmte Augenblick sei, dass Lettland wieder ein wirklich freier Staat werden könnte. Als dieser Glaube die erforderliche Mehrheit im Volk erreichte, erneuerte Gott selbst unseren Staat, baute diesen Staat auf, verwaltet ihn und versorgte ihn.

Das Errichten eines Staates ist bei dem Vergleich mit dem Aufbau des menschlichen Organismus so, dass beide nicht am Ende sind, sondern erst anfangen. Wenn ein Mensch um seines Glaubens an Christus willen begnadigt wird, wenn er an Christus glaubt und auf Christi Namen getauft ist, wird ihm die Gnade zugesprochen, denn seine Schuld ist ihm vergeben und seine Sünden sind ihm abgewaschen. Damit beginnt ein Prozess, den man Heiligung nennt. Der alte Mensch wird durch den neuen Menschen ersetzt. Die zerstörenden Gewohnheiten sollen verblassen und durch fromme und erhebende ersetzt werden. Der Weg des Fleisches wird verlassen und es beginnt der Weg des Geistes, der göttliche Weg. Unser Staat ist von der Herrschaft der Macht der Gottlosigkeit befreit worden, ebenso wie die Seele von der Herrschaft der Sünde, des Todes und der Teufels befreit worden ist. Auch für den Staat ist dieser Weg noch nicht zu Ende, sondern am Anfang. Wir müssen den Weg der Heiligung weiter gehen. Wir müssen den eingeschlagenen Weg des fleischlichen Verlangens verlassen und den Weg des Heiligen Geistes suchen, damit niemand mehr Anlass für die Ausrede hätte: „Ich liebe dieses Land, aber ich hasse den Staat.“ Die Präsidentschaft in der EU erschien uns so wichtig, dass wir darin Millionen von Euros investierten. Was sind wir für die Heiligung Lettlands zu investieren bereit?

Darauf könnten wir antworten, dass wir Büros zur Bekämpfung der Korruption und Behörden zur Verteidigung der Rechtssicherheit haben. Aber Bestimmungen und Gesetze können nur die Ordnung fordern. Die Herzen zu verändern vermag nur der Glaube und der Geist Gottes. Die Heiligung ist Gottes Werk. Wir sind bereit, viel Mühe und Geld zu investieren, um der Propaganda zu widersprechen, die uns einreden möchte, dass es Lettland nicht gelungen sei, ein Staat zu werden. Damit es dem freien Lettland gelingt, ein Staat zu werden, benötigt es viel mehr als nur die Gegenpropaganda. Es benötigt die Heiligung. Die Präsidenten kommen und gehen und sie sind sehr wichtig. Aber nur die Heiligung schafft die Voraussetzung für die Langfristigkeit. Was sind wir bereit, in die Heiligung unseres Staates zu investieren? Wir müssen vom Staat her darauf achten, dass unsere beschlossenen Gesetze, unser Bildungssystem und das Wirken unserer Medien der Heiligung nicht im Wege stehen und sie behindern. Doch zuerst müssen wir in unser eigenes Herz investieren. Wir sind mit unserem Staat schicksalhaft verbunden und mit einem unheiligen Herzen werden wir weder unsere Staatlichkeit noch unseren Staat in rechter Weise aufbauen können. Deshalb lasst uns von ganzem Herzen und mit dem Staat mit allen seinen Hilfsquellen dem Wirken des Geistes Gottes nicht im Wege stehen. Er möge uns den Weg Gottes zeigen und uns dazu helfen ihn zu gehen. Der Gerechte wird aus dem Glauben leben. Aus dem Glauben wird auch unser Staat leben. Er wird aus dem Glauben an Christus leben.

Ansprache von Erzbischof Jānis Vanags am 4. Mai im Dom zu Riga

Auszüge aus Svētdienas Rīts, Zeitschrift der Evangelisch-lutherischen Kirche Lettlands, herausgegeben von ICHTYS GmbH, erscheint seit Januar 1920

Ausgabe Nr. 5 (1894) für den Monat Mai 2015.

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 29. Mai 2015 um 10:44 und abgelegt unter Christentum weltweit, Gesellschaft / Politik.