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Acht Jahre nach Malatya-Morden: Witwe rechnet nicht mehr mit Gerechtigkeit

Nach dem letzten Verhandlungstag im Malatya-Mordprozess äußerte die Witwe Susanne Geske gegenüber einer türkischen Zeitung, dass sie in dieser Welt nicht mehr mit Gerechtigkeit rechne. Sie mache sich wegen der fünf aus der Untersuchungshaft entlassenen Hauptverdächtigen Sorgen, so dass ihre Kinder immer wieder Angst hätten, wenn eine neuer Verhandlungstag ansteht. Am 18. April 2007 wurden die drei evangelischen Christen Tilman Geske, Ugur Yüksel und Necati Aydin im osttürkischen Malatya ermordet. Auch wenn die fünf mutmaßlichen Mörder noch am Tatort von der Polizei festgenommen werden konnten, ist bis heute kein Urteil gefällt worden. Seit etwa einem Jahr sind diese fünf jungen Männer nicht mehr in Haft, sondern mit elektronischen Fußfesseln versehen in Hausarrest, nachdem die maximale Zeit für eine Untersuchungshaft überschritten war.Im Laufe der Jahre wurden nicht zuletzt auf intensives Drängen der Anwälte der Hinterbliebenen etliche mutmaßliche Hintermänner der Tat festgenommen und angeklagt. Aber auch in allen diesen Fällen ziehen sich die Verhandlungen hin und ein Ende ist nicht in Sicht. Erschwerend kommt jetzt eine mögliche Verwicklung dieser Angeklagten in eine Verschwörung gegen den türkischen Staat (bekannt unter dem Stichwort „Ergenekon-Prozess“) hinzu, nachdem die türkische Regierung die Gülen-Bewegung, mit der sie viele Jahre eng verbunden war, beschuldigt, Prozesse manipuliert zu haben. Deshalb treten die der Mithilfe an den Malatya-Morden Beschuldigten mit der Behauptung auf, auch in ihrem Fall sei alles nur manipuliert worden.

Ein Pastor aus der Türkei schreibt BQ: „Das tragische an der Sache ist, dass wohl kaum noch jemand glaubt, dass wirklich die ganze Wahrheit ans Licht kommt. Vielmehr bekommt man den Eindruck, dass immer je nach politischer Lage in die eine oder andere Richtung manipuliert wird. Ob wenigstens das Verfahren gegen die fünf offensichtlichen Täter bald zum Abschluss kommt, ist auch immer noch nicht sicher. Der nächste, 104. Prozesstag ist für den 06. Mai 2015 angesetzt.

Die Lage der Christen und Kirchen in der Türkei ist nach wie vor vielfach problematisch. Neben einzelnen positiven Aspekten gab es auch im Jahr 2014 wieder eine ganze Reihe von Menschenrechtsverletzungen gegen Christen bzw. Kirchen und Gemeinden. Deshalb hat das Internationale Institut für Religionsfreiheit auch den jüngsten Bericht über Menschenrechtsverletzungen für das Jahr 2014 der Vereinigung Protestantischer Kirchen, der Türkischen Evangelischen Allianz, in deutscher Übersetzung veröffentlicht.

18.4.15
Bonner Querschnitte 351; Nr. 15/2015
www.bucer.de/bq.html
Hier kann auch der Menschenrechtsbericht der Türkischen Evangelischen Allianz auf Deutsch heruntergeladen werden.