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Endzeitlicher Sabbat

“ … und es wird keine Zeit mehr sein … “ (Offenbarung 10,6)

Wer unbeirrt auf Jesu Stimme hört, wer ihm nachfolgt, erfährt den Zuspruch des Letzten im Vorletzten, der Ewigkeit in der Zeit, den Sabbat ohne Ende in unseren Jahren der Sabbat-Anfänge. Der österliche Gruß des auferstandenen Jesus „Friede sei mit euch!“ öffnet die unvorstellbare, undenkbare Wahrheit: “ … und es wird keine Zeit mehr sein.“ Wir können das Nichts nicht denken, wir können die Ewigkeit nicht denken. Wir können von Vergangenem oder Künftigem nur im Gegenwärtigen denken, und beides wird gleichnishaft und zugleich nicht weniger wirklich.

Lass dir’s immer wieder sagen, du geängstetes Herz, wenn das Vergangene aufsteht gegen dich: das Verlorene, das Leid, die Schuld. – Es wird „nicht mehr sein“, es wird nicht mehr nur „vergangen“ sein; es wird gar nicht geschehen sein, es wird aufgehoben sein, weil es „in der Zeit war“, wie des Lazarus Tod „in der Zeit“ war. Aber wenn Jesus sagt: „Mein Freund schläft“, hebt er die Zeit auf, und Lazarus ist nicht „entschlafen“ (wie die Jünger sagen – Johannes 11,4.6.11-16). Jesus gibt das Zeichen: Ich hebe den Tod auf und damit hebe ich die Zeit auf, und ihr sollt wissen: „in der Zeit“ ist die Verherrlichung Gottes angebrochen, und bei ihm „wird keine Zeit mehr sein“.

Es wird „nicht mehr sein“, was „gewesen“ war im leidvollen wie schuldigen Glaubensweg. Es wird nicht nur einmal „gewesen“ sein, sondern gar nicht geschehen sein, so wie des Lazarus Tod gar nicht geschehen war in dem zeichenhaften Augenblick, wo Jesus sagt „er schläft“. Alles gottwidrige Vergangene wird nicht mehr nur „vergangen“ sein, sondern es wird gar nicht geschehen sein. – Es wird nicht mehr ein „gewesen“ sein, sondern „ein-gar-nicht-geschehen-sein“. In unserem Erfahren und Erinnern ist alles Gottwidrige „vergangen“, aber im Sieg, den Jesus einbringt, ist es aufgehoben, weggehoben, weggetragen, ausgelöscht, genichtet, – es „wird nicht mehr sein.“ „Alles ist ja mit Jesus neu geworden“ (2. Korinther 5,17). Die Zeit des Bösen ist aufgehoben, wo allein gilt „es wird keine Zeit mehr sein“. Karfreitag und Ostern verwandeln alle Zeit.

Wo je Schönes, wo je wahre Liebe, wo je Jesu Vergebung, wo je Glaube, wo je Hoffnung war, ist „in der Zeit“ schon angebrochen, was ewig ist und ewig gilt, „was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Sinn kommen konnte“ (1. Korinther 2,9), das ewig Bleibende, das Verwandelte, das durch den gekreuzigten Jesus Gerettete, hinein verwandelt und hinein gerettet in das Undenkbare, aber Wirkliche, das wir „Ewigkeit“ nennen, ohne es denken zu können.

Stehe im Vorletzten gegen unser Herz auf, wie es will. Es ist schon nicht mehr wahr, es ist aufgehoben, wo doch mit Jesus anbricht, was „nicht mehr in der Zeit gewesen sein“ wird, die Schuld, das Leid, der Tod, weil ja „keine Zeit mehr sein wird.“

Der Schmerz wird nicht mehr sein, der nicht sterben wollte. Er wird gestorben sein, weil er im Sterbensschmerz Jesu schon gestorben ist. Keine Anklage wird mehr sein, denn der „Verkläger“ wird nicht mehr sein (Offenbarung 12,10). Die unbenennbaren Rätsel, das Unaussagbare aller Geschichte wird nicht mehr sein, dieses Buch, „das niemand wirklich öffnen und lesen kann“ (Offenbarung 5,2-4), – sondern „Sabbat“ wird sein, Ruhe, Friede, versöhntes Wirken, alles wird eins, was Zwiespalt und Unbehaustsein und Fremdsein „in der Zeit“ war, – die ja „nicht mehr sein wird.“

Dann wird kein „Abend und Morgen“ gezählter Tage der ersten Schöpfung mehr sein (1. Mose 1,5-31), sondern „Sabbat“ wird sein (1. Mose 2,2), „Gott, alles in allem“ (1. Korinther 15,28), und was Gleichnis war, wird Wahrheit (Offenbarung 21,3-5).

So gehen wir „in der Zeit“ dem entgegen, der der Herr über die Zeit ist. „Ich erwarte die Überraschung eines jeden neuen Tages, in welcher sich die Liebe, die Kraft, der Verrat und die Sünde zeigt, die mich begleiten werden bis zu jener Begegnung mit dem wunderbaren Antlitz, von dem ich nicht weiß, wie es ist, dem ich andauernd entfliehe, das ich aber kennen und lieben möchte“ (Papst Franziskus) – unterwegs zum Sabbat, der schon anbricht.

,,0 Herr und Gott,
Du hast uns alles geschenkt, –
schenke uns den Frieden des Sabbats ohne Abend:
wo Du so in uns ruhen wirst, wie Du jetzt in uns wirkst,
(denn Du, 0 Herr, wirkst immerdar und ruhst immerdar), –
wo wir ganz Dir anhangen werden, mit unserem ganzen Wesen!
Dann wird kein Schmerz mehr uns drücken und keine Plage.
Dann wird unser Leben ganz von Dir erfüllt, ein wahres Leben sein.
Und dieses wundervolle Universum, das Du selbst „gut“ nanntest,
wird vergangen sein, nachdem es das gesetzte Maß erfüllt;
und es wird gewesen sein „ein Abend und ein Morgen“.
Der Sabbat aber hat keinen Abend und keinen Untergang:
Du hast ihn geheiligt, damit er immerdar währe.“

(Augustinus)

Quelle: Eduard Haller, Der Morgenstern, Sechzehn kleine biblische Lichter, mabaseverlag, Nürnberg 2014. (www.mabase-verlag.de [1])

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