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Evangelisch-lutherisches Missionsbistum in Finnland

Das Bistum wurde am 16.3.2013 gegründet. Es hat allerdings eine Vorgeschichte von über 14 Jahren. 1999 wurde die Lutherstiftung Finnland gegründet mit dem Ziel, in möglichst vielen Orten einen Gottesdienst nach lutherischem Bekenntnis zu begründen, damit den Christen, die in ihren bisherigen Gemeinden heimatlos geworden sind, ein geistliches Zuhause zur Verfügung steht.

Die evangelisch-lutherische Volkskirche war noch vor einer Generation die Kirche von 97% der Finnen, ziemlich beliebt, aber trotzdem wenig in Anspruch genommen. Seit 1922 ist sie zwar keine Staatskirche mehr, hat aber als die große Mehrheitskirche enge Verbindungen zum Staat. Der Pietismus hat tief in die Kirche hineingewirkt, besonders seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Die verschiedenen Erweckungsbewegungen – meistens eben pietistischer Natur – konnten zwar in der Volkskirche bleiben, ihre Mitglieder fanden aber das eigentliche geistliche Leben nicht in der Kirche, sondern in ihren eigenen Kreisen, „Stunden“ genannt. Die Sakramente „holte“ man sich noch aus der Kirche. Es entwickelte sich eine bestimmte Auffassung vom geistlichen Leben ohne Gottesdienst, das mit der offiziellen Kirche, mit Pfarramt, Liturgie und Sakramenten kaum noch etwas zu tun hatte. Wo aber erweckte Pfarrer in den Gemeinden wirkten, nahmen die Pietisten deren Dienst dankbar an und fanden ihre Heimat dann doch z. T. auch in der Amtskirche.

Seit den 60-er Jahren ist der geistliche Zustand der Kirche rapide verkümmert, und einige Jahrzehnte später sank auch die Mitgliederzahl, wobei heute immer noch über 70% der Finnen formal der Kirche angehören und Kirchensteuer zahlen. Der Gottesdienstbesuch ist extrem niedrig: Nur 1% der Kirchenglieder sind sonntags im Gottesdienst zu finden. Die liberale Theologie hat natürlich schon lange gewirkt, aber ein neues Tief in der Theologie kam in den 60er- und 70er-Jahren. Die Theologen lernten Gottes Wort zu verachten, der Zeitgeist gab den Ton an. 1986 wurde die Frauenordination beschlossen und zwei Jahre später auch realisiert. Allmählich wurde den Pfarrern, die die Frauenordination ablehnen, trotz ausdrücklicher Beteuerungen und Beschlüsse, das Leben schwer und z. T. unmöglich gemacht. Schließlich hat die Volkskirche auch Schritte Richtung Homoehe gemacht, obwohl dies noch hinter dem frommen Schleier der formalen Fürbitte für „registrierte Partnerschaften“ getarnt ist. Zunehmend wurden solche Christen, die noch in der Kirche blieben, in ihren eigenen Gemeinden heimatlos. Viele wanderten mangels Alternativen in die Freikirchen.

Einige Vertreter der Kirchenleitung verstanden diese Not. Der Bischof von Oulu (Nord-Finnland, Lappland) ordinierte einen jungen Theologen, den Pfarrer Juhana Pohjola mit dem Auftrag, Gottesdienstgemeinschaften zu gründen, die Gottes Wort und das lutherische Bekenntnis ernst nehmen. 1999 wurde die erste solche Gemeinschaft in Helsinki gegründet. Am Anfang beteiligten sich ca. 20 Gottesdienstteilnehmer. Heute gibt es 31 solche Gemeinden und dazu einige Predigtstellen überall in Finnland. Es sind in ihnen 20 hauptamtliche und 15 nebenamtliche Pfarrer im Dienst, dazu noch ca. 15 befreundete Pfarrer, die je nach Bedarf dienen. Die Bistumsordnung (Verfassung) verpflichtet die Pfarrer auf Gottes Wort und auf die lutherischen Bekenntnisschriften, so wie es auch noch formal in der Volkskirche geschieht. Auch die Gottesdienstliturgie entspricht der finnischen lutherischen Ordnung. Die wichtigste Einsicht und Überzeugung in der Arbeit des Bistums ist, dass die Gnadenmittel nicht nur hilfreich sind, sondern unverzichtbar. Gott wirkt nicht unmittelbar, sondern durch die Predigt des Wortes und die Sakramente.

Die Gemeinden finanzieren sich ausschließlich aus freiwilligen Spenden der Gemeindeglieder. Kirchensteuergelder oder Gelder aus dem Ausland stehen nicht zur Verfügung, ebenso keine Gemeinderäume (Kirchen und andere) der Volkskirche, obwohl die große Mehrheit unserer Gemeindeglieder und auch Pfarrer noch Glieder und damit Steuerzahler der Volkskirche sind. Unsere Gemeinden mieten die Gottesdiensträume derzeit z. B. bei den Adventisten und den Orthodoxen.

Die Gründung einer Gemeinde fordert eine gewisse Anzahl von interessierten Christen, die den Kontakt zur Bistumsleitung aufnehmen. Zuerst werden Bibelstunden und Unterricht gehalten mit dem Inhalt „die Kennzeichen der Kirche“. Was ist eine Gemeinde, was sind die Gnadenmittel, wie sind sie im Gottes Wort begründet usw. Dann fängt man an, Gottesdienste mit Abendmahl zu halten – meistens noch nicht jeden Sonntag. Zuerst muss ein Pastor einer möglichst nahen Gemeinde der neuen Gemeinde dienen. Das Ziel ist es, für sie einen eigenen Pastor zu bekommen. Die Gemeinden haben das Missionsbistum am 16. März 2013 gegründet. Das Bistum hat eine ganz lockere Struktur, denn das eigentliche geistliche Leben findet in den Gemeinden statt. Ein Bischof wurde bei der Gründung gewählt und am 4.5.2013 in sein Amt eingesetzt. Als Vorbild und „Modell“ für sein Amt hat der neue Bischof den bisherigen Bischof Dr. Matti Väisänen, der im Rahmen der Missionsprovinzen von Schweden und Finnland wirkte. Er hat auch den neuen Bischof, Propst Risto Soramies in sein Amt eingesetzt.

Einige unserer Pfarrer sind noch von der Amtskirche ordiniert. Da aber dort schon recht lange ein Ordinationsstopp für bekenntnistreue Kandidaten in Kraft ist, hat man zunächst im Rahmen der Missionsprovinzen in Schweden und Finnland je nach Bedarf ordiniert. Jetzt kann das Missionsbistum dies selber tun. Die Amtskirche hat mittlerweile einigen der von ihr ordinierten Pfarrer die Pfarrrechte entzogen. Eine Hoffnung, dass die Amtskirche das Missionsbistum anerkennen könnte, besteht praktisch nicht. Man hat zwar keine bestimmten Pläne für die Gründung einer eigenen Kirche, aber diese steht wohl dennoch irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft an.

Risto Soramies, Bischof des Evangelisch-lutherischen Missionsbistums in Finnland August 2014

Quelle: Aufbruch – Mitteilungen des Gemeindehilfsbundes, II/2014

Der Aufbruch kann in der Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes bestellt werden (info@gemeindehilfsbund.de). Der Bezug ist kostenlos.

Bischof Soramies wird auf dem Gemeindehilfsbund-Kongress in Zavelstein (27.–29. März 2015) sprechen. Das Thema des Kongresses lautet: „Die Gemeinde in der Zerreißprobe zwischen Nachfolge und Verweltlichung“.