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Predigt „Vom heiligen Abendmahl“

Ich habe es von dem HErrn empfangen, das ich euch gegeben habe. Denn der HErr Jesus in der Nacht, da Er verraten ward, nahm das Brot, dankte und brach es und sprach: Nehmet, esset, das ist Mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches tut zu Meinem Gedächtnis. Desselbigengleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Dieser Kelch ist das Neue Testament in Meinem Blut; solches tut, so oft ihr’s trinket, zu Meinem Gedächtnis. Denn so oft ihr von diesem Brote esset und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis daß Er kommt. Welcher nun unwürdig von diesem Brot isset, oder von dem Kelch des HErrn trinket, der ist schuldig an dem Leibe und Blute des HErrn. Der Mensch prüfe aber sich selbst, und also esse er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch. Denn welcher unwürdig isset und trinket, der isset und trinket sich selber das Gericht, damit, daß er nicht unterscheidet den Leib des HErrn. 1. Kor. 11, 23-29

Wir kennen die wunderschöne Geschichte, wie der HErr zwei Seiner Jünger hinschickte nach Jerusalem, um das letzte Osterlamm zu bereiten, welches Er mit Seinen Jüngern essen wollte. Es ist eine rechte Glaubensgeschichte, vor der Welt lauter Torheit und Narrheit, vor Gott lauter Herrlichkeit und Klarheit. Wunderlich war der Auftrag, welchen Jesus Seinen Jüngern gab. Gehet hin in die Stadt Jerusalem, sprach Er, da werdet ihr antreffen einen Menschen, der trägt einen Wasserkrug, dem folget nach; in das Haus, wo der hineingehet, da gehet auch ihr hinein und fraget den Hausherrn: wo ist der Saal, darin unser Meister das Osterlamm essen kann mit Seinen Jüngern? Und alsbald wird er euch einen großen, gepflasterten Saal zeigen, daselbst bereitet das Osterlamm.

Ist es nicht eine närrische Geschichte vor der Vernunft? In einer Stadt wie Jerusalem soll ein Mann, der einen Wasserkrug trägt und ihnen so zufällig begegnet, ihnen den Weg weisen zu dem von Christo bestimmten Hause. Wenn Er noch gesagt hätte, geht auf die und die Straße und sucht die und die Hausnummer und fragt den und den Mann, der so und so heißt, das wäre vernünftig und verständlich gewesen, da hätten die lieben Jünger nicht irren können. Aber ein solcher Befehl, das ist denn doch zu arg! Können ihnen nicht in der großen Stadt hundert Wasserträger in einer Straße begegnen? Und wenn’s nur einer ist, solch ein unbekannter, zufällig ihnen aufstoßender Mensch, der soll ihr Wegweiser sein zu einem unbekannten Herrn in einem unbekannten Hause! Wie, wenn sie nun hineingehen, und der Hausherr schaut sie ganz verwundert an und sagt etwa: ich habe keinen Saal für so unbekannte Leute, wie ihr seid, was bildet ihr euch ein? Soll ich alle unbekannte Leute nur so von der Straße aufnehmen und ihnen meine beste Stube einräumen?

Ich glaube, wenn wir in der Jünger Stelle gewesen wären, wir hätten etwa so räsoniert und den HErrn Jesum lieber gebeten, Er möge doch so gut sein, uns den Namen der Straße und die Hausnummer und den Namen des Mannes sagen. Ja, das wäre auch recht verständig gewesen, aber niederträchtig ungläubig. Gottlob, bei den Jüngern ist es anders, denen fällt solches Fragen gar nicht einmal ein. In ihrem kindlichen, unbedingten Glauben an den HErrn und das Wort Seines Mundes ist ihnen genug; der HErr hat’s gesagt! Was Er sagt, ist allezeit recht, und wie Er’s sagt, ist es auch allzeit recht, und nie etwas dabei auszusetzen. In diesem Glauben gehen sie mit Kindeseinfalt den Weg, den der HErr ihnen gesagt hat, und machen es so, wie der HErr es ihnen gesagt hat. Und kommt vielleicht etwas Verkehrtes dabei heraus? Nein, sie treffen es geradeso, wie der HErr gesprochen hat.

Der Wasserträger zeigt sich, das Haus tut sich auf, der Hausherr räumt den Saal ein, und sie können fröhlichen Herzens das Osterlamm bereiten und warten, bis der HErr kommt mit den übrigen Jüngern. Der kommt auch zur rechten Zeit und sie feiern zum letztenmal miteinander das Passahmahl, wie es Moses auf Gottes Befehl eingesetzt hatte. Das ist aber auch überhaupt das letzte Passahmahl gewesen, das auf Erden gegessen worden ist. Denn nach diesem Passahmahl hat der HErr Jesus das heilige Abendmahl eingesetzt, von welchem jenes ja nur das Vorbild war, und eben damit hat das Vorbild aufgehört, nachdem es im Abendmahl seine Erfüllung gefunden hat.

Was ist das heilige Abendmahl?

Unser HErr Jesus Christus, in der Nacht, da Er verraten ward, nahm Er das Brot, dankte und brach’s und sprach: Nehmet, esset, das ist Mein Leib, der für euch gebrochen wird. Solches tut zu Meinem Gedächtnis. Desselbigengleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: dieser Kelch ist das Neue Testament in Meinem Blut; solches tut, so oft ihr es trinket, zu Meinem Gedächtnis.

In diesen Einsetzungsworten liegt die Antwort auf die Frage, was das heilige Abendmahl sei! Es kann diese Antwort nicht klarer, einfacher und schöner ausgedrückt werden als mit den Worten unsers lieben Katechismus: das heilige Abendmahl ist der wahre Leib und das wahre Blut unsers HErrn Jesu Christi, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christo selbst eingesetzt. Unser HErr Jesus nahm Brot und Wein; es ist also wirkliches Brot und wirklicher Wein da.

Es ist mithin nicht wahr, was die Katholiken sagen, daß im Abendmahl kein wirkliches Brot und kein wirklicher Wein mehr vorhanden sei, sondern nur noch die Gestalt und das Aussehen von Brot und Wein. Christus hat wirkliches Brot und wirklichen Wein genommen und sagt nun: Dies Brot und dieser Wein, also wirkliches Brot und wirklicher Wein. Und von diesem wirklichen Brote und wirklichen Weine sagt nun der HErr weiter: das ist Mein Leib und das ist Mein Blut. Ebenso gewiß also, als wahres Brot und wahrer Wein da ist, ebenso gewiß ist dies Brot der wahre Leib und dieser Wein das wahre Blut Christi. Es ist mithin nicht wahr, was die Reformierten sagen, daß kein wirklicher Leib und kein wirkliches Blut Christi im Brot und Wein sei, sondern daß das Brot und der Wein den Leib und das Blut Christi nur bedeute. Christus sagt: dies Brot ist Mein Leib, und dieser Wein ist Mein Blut, es ist also dies Brot wirklicher Leib Christi und es ist dieser Wein wirkliches Blut Christi, denn Christus hat es gesagt, und Christus lügt nicht. Durch das allmächtige Wort des Herrn vereinigt sich also der wahre Leib und das wahre Blut Christi mit dem wirklichen Brot und Wein, und so ist beides im heiligen Abendmahl vorhanden, Brot und Wein, und in dem Brot und Wein Leib und Blut Christi.

Aber kommt denn so viel darauf an, so steif und fest und unerschütterlich auf dieser lutherischen Lehre und diesem lutherischen Glauben zu verharren? Ja, so viel, daß man lieber Gut und Blut und Leib und Leben aufgeben müsse, als einen Tüttel von dieser Lehre fahren lassen. Denn ohne diese Lehre würde eigentlich das Abendmahl ganz aufhören, Abendmahl zu sein. Gesetzt den Fall, es wäre nach der Lehre der Katholiken kein Brot und Wein mehr da, sondern das Brot und der Wein wäre ganz in Leib und Blut Christi verwandelt, so daß von Brot und Wein nur noch die äußere Gestalt und der Schein da wäre, so könnte ich ja mit meinem irdischen Munde und mit meinen irdischen Lippen den Leib und das Blut Christi, welches eine himmlische Gabe ist, gar nicht empfangen, wenn nicht diese himmlische Gabe in irdischen Elementen wäre, wodurch sie allein von meinen irdischen Lippen empfangen und genossen werden kann. Und auf der andern Seite, wenn im heiligen Abendmahle nach der Lehre der Reformierten nur Brot und Wein, aber nicht Leib und Blut Christi im Brot und Wein gegenwärtig wäre, so ist zwischen Abendmahl und anderweitigem Genuß von Brot und Wein kein wesentlicher Unterschied. Ich wüßte in der Tat nicht, weshalb ich noch zum Abendmahl gehen und Brot und Wein essen und trinken sollte, was ich zu jeder andern Zeit und an jedem andern Ort auch kann. Sicherlich, der Genuß von Brot und Wein kann mir den Genuß von Leib und Blut Christi nicht bringen, wenn nicht der Leib und das Blut Christi im Brot und Wein ist.

Ich weiß wohl, daß Katholiken und Reformierte in ihrem Abendmahl wirklich Himmelsgüter und Himmelsspeise bekommen trotz ihrer falschen und unrichtigen Lehre; denn Gottes Gnade ist immer viel größer als die Schwachheit und der Irrtum der Menschen, Gott tut ja überschwenglich über Bitten und Verstehen und siehet das verlangende und nach Ihm begehrende Herz an; aber wenn Gott nicht in Seiner Gnade also handelte mit den Menschen, so würde nach der Lehre der Katholiken und Reformierten eigentlich kein Abendmahl vorhanden sein.

So ist also erstlich ein irdisches Element im heiligen Abendmahl, nämlich Brot und Wein; zu diesem irdischen Elemente kommt das allmächtige Wort des HErrn: das ist Mein Leib und das ist Mein Blut, und so vereinigt sich mit dem irdischen Elemente die himmlische Gabe, nämlich der Leib und das Blut des HErrn Jesu Christi, und so wird das Element zum Sakrament, das uns mit Jesu Christo, unserem Heiland, selber persönlich vereinigt, so daß ich fröhlich und selig singen kann: Der HErr ist bei mir eingekehrt und hält mich der Bewohnung wert; ich habe Christi Fleisch und Blut, darüber jauchzet Herz und Mut!

Der HErr sagt es ja auch selbst: wer Mein Fleisch isset und trinket Mein Blut, der bleibet in Mir und Ich in ihm. So wird es nun durch das heilige Abendmahl eine buchstäbliche Wahrheit, und nicht mehr eine bloße, schöne Redensart, daß Jesus mein Bräutigam ist und ich Seine Braut, daß wir in eins verbunden sind, daß ich sein muß, wo Er ist, und daß auch die Ewigkeit uns nicht voneinander trennen kann. Selbst unser Name: Christ erhält nun erst vollkommene Wahrheit.

Wie das Weib ihren Namen aufgibt und dagegen den Namen ihres Mannes annimmt, so ist es nun ganz in der Ordnung, nachdem ich durch das heilige Abendmahl mit Christus vermählt bin, daß ich Christ heiße, da Er Christus heißt. Eile, wie Verlobte pflegen, deinem Bräutigam entgegen, sagt der Gesang, und so ist es auch. O und welche wunderbare Liebe zeigt der HErr in diesem teuren Sakrament; hat sie doch in allem, was sich Liebe nennt auf Erden, ihresgleichen gesucht! Wohl die höchste, reinste und treueste Liebe auf Erden ist die Mutterliebe. Hat doch eine Mutter ihr Kind unter dem Herzen getragen und trägt es auf dem Herzen, und nährt es mit der Milch ihrer Brust. Aber was selbst die Mutterliebe nicht tut, das tut die Liebe Christi: Christus speiset uns mit Seinem Fleische und tränket uns mit Seinem Blute und gibt sich uns dadurch ganz zu eigen mit allem, was ER ist und hat. Nun ist Christus mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn; Christus ist der Weinstock, ich bin eine Rebe an diesem Weinstock; Christus ist der Leib, ich bin ein Glied an diesem Leibe. Darum ist auch in unserer teuren lutherischen Kirche, wenn es recht in ihr hergeht, Sonntag für Sonntag der Tisch des HErrn gedeckt für alle, die da hungert und dürstet nach seinem Fleische und Blute, Sonntag für Sonntag treten zu dem Altar des HErrn Seine seligen Abendmahlsgäste, die Himmelsspeise und den Himmelstrank zu empfangen, und man kann sich keinen lutherischen Sonntagsgottesdienst denken ohne Abendmahl. Das Herz blutet einem, wenn man in Gemeinden kommt, in denen man Sonntage ohne Abendmahl feiert. Und solcher Gemeinden gibt es jetzt leider in lutherischen Landen über und über genug.

Was nützt das heilige Abendmahl?

Auch auf diese Frage finden wir die Antwort in den Einsetzungsworten. Der HErr spricht: das ist Mein Leib, für euch gegeben; das ist Mein Blut, für euch vergossen zur Vergebung der Sünden. Auch da wiederum antwortet unser lieber Katechismus so unübertrefflich schön: das zeigen uns diese Worte: für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden; nämlich daß uns im Sakramente Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit durch solche Worte gegeben wird, denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit. Zuerst also, ich erhalte Vergebung der Sünden. Die Vergebung der Sünden ist eigentlich immer das Eine, was not ist, sie ist das tägliche Brot, das wir bedürfen; denn wir täglich viel sündigen und wohl eitel Strafe verdienen. Darum wird uns auch die Vergebung der Sünden auf mannigfaltigste Weise zuteil. So oft du im Glauben betest um die Vergebung der Sünden, so oft erlangst du sie auch gewiß und wahrhaftig; denn der HErr hat versprochen, daß ER Gebete erhört, und ER lügt nicht. Darum kann man ja auch keinen Abend zu Bette gehen, ohne erst um Vergebung der Sünden gebetet zu haben. Und wenn du die Predigt hörst von dem Sünderheiland, der am Kreuze gestorben ist für die Sünden der ganzen Welt, da quillt aus der Predigt von dem gekreuzigten Christus allezeit der Trost für die Vergebung deiner Sünden; denn ER ist auch für deine Sünden ein Fluch geworden, um dich von dem Fluch zu erlösten.

So oft du zur Beichte kommst und durch den Diener Gottes die heilige Absolution empfängst, so oft empfängst du die wahrhaftige Vergebung deiner Sünden; denn Gott spricht dich durch Seinen Diener frei, los und ledig von deinen Sünden, nach dem eignen Worte Seines Mundes, da ER sagt zu Seinen Dienern: Wem ihr die Sünden erlasset, dem sind sie erlassen; was ihr auf Erden löset, das ist auch im Himmel los. Das ist unbeschreibliche Gnade vom HErrn, daß uns so auf die allermannigfaltigste Weise immer das Eine, was not ist, zuteil wird, die Vergebung der Sünden, nach welcher man immer inniger und heißer verlangt, je mehr man die Sündennot erkennt und fühlt.

Aber nirgends ist die Vergebung der Sünden so kräftig, so handgreiflich, so göttlich versiegelt, so unmittelbar und unzweifelhaft gewiß, als im heiligen Abendmahl. Denn erstlich Christus, der Sünderheiland, kehrt im heiligen Abendmahl persönlich und leibhaftig bei mir ein und wohnet in mir. Muß denn da nicht die Sünde hinweggenommen sein, wo der selber wohnt, der das Lamm Gottes ist, das aller Welt Sünden trägt? Wie kann Christus mit der Sünde zusammenwohnen? Nein, so gewiß Christus im heiligen Abendmahl bei mir persönlich einkehrt, so gewiß nimmt ER alle Sünden hinweg.

Und dazu kommt noch dies. Der HErr sagt zu den Abendmahlsgästen: Nehmet, esset, nehmet, trinket, das ist Mein Leib, für euch gegeben, das ist Mein Blut, für euch vergossen zur Vergebung der Sünden. Da heißt es nicht etwa bloß so im allgemeinen: Christus hat Sein Blut für alle Sünder vergossen; sondern hier sagt der HErr zu dir insbesondere, was also nur auf dich allein zu beziehen ist, wie es dir insbesondere gesagt wird: Du, der du issest Meinen Leib, du, der du trinkest Mein Blut, für dich ist Mein Leib, den du issest, gegeben, für dich ist Mein Blut, das du trinkest, vergossen, für dich zur Vergebung der Sünden. Da wird es dir ganz insbesondere und vor allen andern zugesagt und noch dazu durch den Genuß Seines Leibes und Blutes versiegelt, daß du Vergebung der Sünden hast. Du hörst es aus dem Munde des HErrn bei Seinem Altar, und zum Pfande dessen, was dein Ohr hört, isset und trinket dein Mund des HErrn Leib und Blut, daß du Vergebung der Sünden habest. Da wird ja alle Ungewißheit, aller Zweifel aufgehoben, und die vollkommene Gewißheit ist da durch das Wort und Siegel des HErrn. Selbst der Gedanke, der sonst so oft den Christen anficht und peinigt, kann dich nun nicht mehr quälen, als ob deine Sünden zu groß wären, als daß sie dir vergeben werden könnten. Wer ist so groß als der HErr Jesus? Und der kehrt im Abendmahl bei dir ein, müssen da nicht deine Sünden verschwinden als klein gegen den großen Jesus?

Das ist also das erste, was dir das heilige Abendmahl nützt, du empfängst die gewisse, unzweifelhafte, handgreifliche, von Christo selbst ausgesprochene und versiegelte Vergebung der Sünden. Und dazu kommt nun weiter: du empfängst Leben und Seligkeit. Das eine folgt so notwendig aus dem andern, daß der Katechismus mit Recht den unwiderleglichen Schluß macht: denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit. Es ist ja lediglich um meiner Sünden willen, daß ich sterben und verdammt werden muß. Habe ich nun Vergebung der Sünden, wie ist es da möglich, daß ich noch sterben und verdammt werden kann? Wo die Ursache aufhört, da muß ja auch die Folge und Wirkung aufhören. Aber, damit unser Glaube nicht etwa auf einer bloßen Schlußfolgerung beruhe, sondern wiederum auf dem ausdrücklichen Worte des HErrn, so sagt der HErr Jesus ausdrücklich Joh. 6: Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch, wer Mein Fleisch isset und trinket Mein Blut, der hat das ewige Leben und Ich werde ihn am jüngsten Tage auferwecken. Da sagt es der Herr nicht nur, Er schwört es sogar, daß Sein Abendmahlskind, weil es Sein Fleisch ißt und Sein Blut trinkt, das ewige Leben und die Auferweckung des Leibes habe.

Und es ist ja auch nicht anders möglich. Ist Christus nicht das ewige Leben selber? Ist ER nicht, als der wahre Gott, der Weg, die Wahrheit und das Leben? Und dieser Christus ist es ja, der im heiligen Abendmahl bei dir einkehrt und Wohnung bei dir macht. Da müssen ja Tod und Teufel und Verdammnis weichen, wo Christus einkehrt, der das Leben selber ist. Darum kannst du im Tode jauchzen: Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Gott sei Dank, der mir den Sieg gegeben hat durch Jesum Christum, meinen lieben HErrn! Denn siehe, sobald das kommt, was die Leute Sterben heißen, so schickt dein Jesus Seine heiligen Engel, die tragen deine Seele in Abrahams Schoß, wo kein Teufel sie mehr anrühren kann. Dein Leib wird zwar in die Erde gelegt. Aber er ist nicht tot, er schläft nur. Wie könnte der Leib tot sein, welcher den lebendigen Christus, den Fürsten des Lebens gegessen hat?

So liegt denn dein Leib schlafend im Kämmerlein des Grabes, und am jüngsten Tage kommt dein Herr Jesus, ruft hinein in dein Grab mit Seiner allmächtigen Stimme, und dein Leib steht auf aus dem Grabe in verklärter HErrlichkeit, ähnlich dem verklärten Leibe deines HErrn Jesu Christi. Denn es ist unmöglich, daß Christus Seine Glieder im Grabe lassen kann, und auch dein Leib ist ein Glied an Christo um des heiligen Abendmahls willen, denn dein Mund hat ja Jesu Leib gegessen und Sein Blut getrunken am Altare des HErrn. Darum sehnet sich auch ein kranker Christ auf seinem Krankenbette so sehr nach dem heiligen Abendmahl und weiß nichts mehr von Schrecken des Todes, wenn er es empfangen hat.

Welches ist das Hauptstück im heiligen Abendmahl?

Zuerst, daß wir essen und trinken. Gott sagt ausdrücklich: nehmet hin und esset, nehmet hin und trinket. Es gibt Leute, die kommen gar nicht oder nur selten zum Abendmahl, und wenn man sie fragt: Warum tut ihr also? so antworten sie: O, auf den leiblichen Genuß des heiligen Abendmahls kommt es so sehr nicht an, das ist nur etwas für den gewöhnlichen Schlag von Christen, die noch nicht so hoch ausgebildet sind als wir, sondern die nur an der äußeren Schale kauen. Der eigentliche Kern ist, daß wir im Geist das heilige Abendmahl feiern, und das können wir alle Tage und tun es auch alle Tage, und dazu bedürfen wir des leiblichen Genusses nicht. Diese Leute sind um kein Haar besser als die gemeinsten und gottlosesten Abendmahlsverächter, und werden einst sicher mit ihnen verdammt werden. Christus, unser HErr, sagt: esset und trinket, und diese greulichen Leute treten vor lauter Geistlichkeit den Befehl Christi mit Füßen, und sagen: Ja, Christus befiehlt es zwar, aber wir haben das nicht nötig, für uns gilt das nicht. Woher haben diese Leute solchen Freibrief? Der Segen des heiligen Abendmahls ist nur denen versprochen, die das Abendmahl gebrauchen, die also essen und trinken nach dem Befehle des HErrn. Wer diese Bedingung nicht erfüllt, der kann auch natürlich den Segen des Abendmahls nicht empfangen und ist ein schändlicher Abendmahlsverächter, ganz einerlei, ob er es verachtet aus übergroßer Geistlichkeit oder aus schändlicher Gottlosigkeit.

Ist nun das Essen und Trinken das erste Hauptstück, so ist es aber damit nicht das einzige Hauptstück, sondern es kommt dazu noch das andere Hauptstück, nämlich der Glaube. Ich muß im Glauben essen und trinken, sonst hilft mir das Essen und Trinken nichts. Erstlich hat unser Heiland befohlen, wir sollen das heilige Abendmahl genießen zu Seinem Gedächtnis. Denn wie kann ich das heilige Abendmahl zu Jesu Gedächtnis genießen, wenn ich nicht an Jesum Christum glaube? Glauben, daß Jesus Christus mein Gott und Heiland ist, glauben, daß Er Seinen Leib hat kreuzigen und am Kreuze Sein Blut hat fließen lassen zu meiner Erlösung, glauben, daß Er mir zugut das heilige Abendmahl eingesetzt hat, um mich mit Seinem Leibe zu speisen, und mit Seinem Blute zu tränken, glauben, daß Er durch solchen Genuß des heiligen Abendmahls mir Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit schenkt, wie Er ja ausdrücklich gesagt hat: für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden, das heißt das Abendmahl genießen zu Seinem Gedächtnis.

Darum sollen wir auch durch unser Abendmahlgehen den Tod des Herrn verkündigen, bis daß Er kommt. So oft ich zum Abendmahl gehe, lege ich öffentlich vor den Menschen ein Zeugnis ab, daß ich an den Versöhnungstod des HErrn Jesu glaube, daß ich glaube, dieser Versöhnungstod Christi sei die einzige Ursache meiner Seligkeit. Und was Christus durch Seinen Versöhnungstod mir erworben hat, das teilt Er mir mit, das schenkt Er mir im heiligen Abendmahl dadurch, daß ich Seinen für mich geopferten Leib esse und Sein für mich vergossenes Blut trinke, und also die Vergebung der Sünden empfange, die Er mir durch Seinen Tod erworben hat. Eben dies verkündige und bezeuge ich durch mein öffentliches Hinzutreten zu dem heiligen Abendmahl vor der versammelten Gemeinde. Das ist auch der Grund, weshalb das Abendmahl öffentlich mit und vor der Gemeinde gefeiert werden soll, nach dem rechten Gebrauch der lutherischen Kirche, nicht an Wochentagen einzeln, oder familienweise, oder privatim, sondern sonntäglich, öffentlich, vor und mit der Gemeinde. Das teure Abendmahl soll nicht zu einer Winkelmesse erniedrigt werden.

Darum pflegt man auch das heilige Abendmahl eine Kommunion zu nennen, d. h. eine Gemeinschaft, durch welche die Gemeinschaft des HErrn mit Seiner Gemeinde und die Gemeinschaft der Gemeindeglieder untereinander und miteinander bezeugt und öffentlich dargestellt werden soll.

Haben wir nun als erstes Hauptstück im heiligen Abendmahl das leibliche Essen und Trinken erkannt, als zweites Hauptstück den Glauben, und zwar vorzüglich an die Worte: das ist Mein Leib und das ist Mein Blut, und an die andern Worte: für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden, so können wir keinen Zweifel haben, daß die, welche Jesu Leib und Blut im Glauben essen und trinken, Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit empfangen, denn der HErr hat es gesagt, und Er ist nicht ein Mensch, daß Er lüge, noch ein Menschenkind, daß Ihn etwas gereue. Ja, der HErr hat es gesagt, das ist der einzige Grund, auf welchem dein Glaube ruht, wie es denn überhaupt keinen andern Grund des wahren Glaubens gibt, als Gottes Wort. Der HErr hat es gesagt: das ist Mein Leib und das ist Mein Blut, darum glaube ich und zweifle nicht, daß ich Jesu Leib und Blut wahrhaftig esse und trinke im gesegneten Brot und Wein. Der HErr hat gesagt: für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden, darum glaube ich und zweifle nicht, daß ich wahrhaftig empfange im heiligen Abendmahl Vergebung der Sünden. Der HErr hat es gesagt: wer Mein Fleisch isset und trinket Mein Blut, der hat das ewige Leben, darum glaube ich und zweifle nicht, daß durch das heilige Abendmahl das ewige Leben mein ist.

Sind nun solche Gnadengüter im heiligen Abendmahl vorhanden, so müssen wir aus den Worten: so oft ihr von diesem Brote esset und so oft ihr von diesem Kelche trinket, noch ein drittes Hauptstück herleiten, nämlich daß wir oft zum heiligen Abendmahl kommen. Luther sagt einmal: der am wenigsten zum heiligen Abendmahl kommt, sollte doch mindestens viermal im Jahr kommen. Einen rechten, lebendigen Christen aber braucht man nicht stark zum Abendmahlgehen zu treiben, den treibt sein eigner Hunger und Durst genug dazu.

Wer empfängt das heilige Abendmahl würdig?

Darauf ist eigentlich die Antwort schon im vorigen mit enthalten, nämlich: wer im Glauben das heilige Abendmahl genießt. Auch hierüber sind die Worte unsers teuren Katechismus so schön: Fasten und leiblich sich bereiten, ist wohl eine feine, äußerliche Zucht. Aber der ist recht würdig und wohl geschickt, der den Glauben hat an diese Worte: für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Wer aber diesen Worte nicht glaubt oder zweifelt, der ist unwürdig und ungeschickt; denn das Wort „für euch“ fordert eitel gläubige Herzen. So gibt es also nur Eine Würdigkeit zum Abendmahl, das ist der Glaube, und Eine Unwürdigkeit zum Abendmahl, das ist der Unglaube. Und wenn der heilige Apostel so dringend sagt: der Mensch prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch, so sollst du dich besonders danach prüfen, ob du glaubest oder nicht. Kommst du im Glauben zum heiligen Abendmahl, so kommst du würdig und issest und trinkest dir den Segen.

Kommst du im Unglauben, so kommst du unwürdig zum Abendmahl und issest und trinkest dir das Gericht. Das ist aber schrecklich und ist auch ganz gegen den Willen des HErrn, denn Er hat das Abendmahl nicht zum Gericht, sondern zum Segen gesetzt. Wird es dir zum Gericht, so hast du selbst es dir zum Gericht gemacht. Und zwar dadurch wird es dem Ungläubigen zum Gericht, weil „er nicht unterscheidet den Leib des HErrn“, d. h. nicht glaubt, und also auch nicht bedenkt, daß im Abendmahl nicht gewöhnliches Brot und gewöhnlicher Wein ist, sondern Jesu Leib und Blute im Brot und Wein. Darum, wie der Apostel weiter sagt, versündigt sich ein solcher Mensch an dem Leibe und Blute des HErrn, ist schuldig an Seinem Leibe und Blute.

Daraus erhellt klar, daß auch derjenige, der ungläubig und also unwürdig das heilige Abendmahl empfängt, dennoch in dem gesegneten Brot und Wein den wirklichen Leib und das wirkliche Blut des HErrn empfängt, denn sonst könnte er sich nicht durch den unwürdigen Genuß an dem Leibe und Blute des HErrn versündigen. Das ist auch der Grund, warum ein treuer und rechtschaffener Prediger einen offenbar ungläubigen Menschen gar nicht zum heiligen Abendmahl zuläßt, ihn auch gar nicht zulassen darf und kann. Darum ermahnt er seine lieben Abendmahlsleute öffentlich und sonderlich, daß sie sich ernstlich prüfen sollen, ob sie auch im Glauben kommen oder nicht. Er kann ja in ihre Herzen nicht hineinsehen, er ist kein Herzenskündiger, kann deshalb auch niemand vom Abendmahl zurückweisen als die offenbar Ungläubigen; aber er muß es doch allen sagen, daß der ganze Segen, die ganze Frucht des heiligen Abendmahls von dem Glauben abhängt, und daß gewiß ein jeder, der im Unglauben kommt, sich den Fluch und das Gericht holt.

Gott bewahre doch einen jeden vor solcher greulichen Heuchelei, ohne Glauben zum Abendmahl zu kommen! Lieber bleibe ganz vom heiligen Abendmahle weg. Zwar gewiß, ein Abendmahlsverächter geht verloren, er kann ja nicht selig werden, denn er verachtet den HErrn Jesum, indem er Jesu Abendmahl verachtet. Aber ein Ungläubiger, der zum Abendmahl kommt trotz seines Unglaubens, der geht sicher zwiefältig verloren, denn er will durch sein Abendmahlgehen seinen Prediger, seine Gemeinde und den HErrn Christum selbst betrügen. Ist überhaupt Heuchelei scheußlich, so ist sie bei Gelegenheit des heiligen Abendmahls noch viel scheußlicher.

Ist nun der Glaube die einzige Würdigkeit zum heiligen Abendmahl, so erkenne daraus abermals die unendliche Liebe, Güte und Barmherzigkeit des HErrn. Du sollst Ihm im Abendmahl nichts bringen, du sollst nur von Ihm nehmen. Du sollst nicht kommen als ein Gerechter, als einer, der so und so viel Stufen der Heiligkeit erstiegen hat, sondern als ein armer Sünder, der gern seine Sünden los sein wollte, und fest glaubt, daß er sie im heiligen Abendmahle los wird durch das teure Gnadenwort des HErrn: für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Dabei versteht sich aber das ganz von selbst, daß ein gläubiger Abendmahlsgast, der gern seine Sünden los sein will, natürlich nicht die Absicht haben kann, in seinen Sünden bleiben zu wollen, sondern ernstlich entschlossen und gesonnen sein muß, sich zu bessern. Es ist ja ein förmlicher Unsinn und der geradeste Widerspruch in sich selbst, seine Sünden los sein wollen, und seine Sünden behalten wollen.

Will ich meine Sünden los sein, so kann ich sie nicht behalten wollen. Und will ich sie behalten, so kann ich sie nicht los sein wollen. Ferner, ich nehme ja den HErr Jesum durch den Genuß des heiligen Abendmahls bei mir auf und trete mit Ihm in eine solche persönliche Vereinigung, daß Er in mir bleibet und ich in Ihm. Nehme ich aber Jesum auf, so ist es nicht möglich, daß ich neben Jesu den Teufel beherbergen kann. Ich muß also fest entschlossen sein, dem Teufel gänzlich abzusagen, wenn ich im heiligen Abendmahl Jesum empfangen will. Denn Jesum und den Teufel nebeneinander herbergen lassen wollen, das ist wiederum der offenbarste Unsinn und der geradeste Widerspruch in sich selbst. Wo Christus bleiben soll, muß der Teufel weichen; wo aber der Teufel bleiben soll, da muß Christus weichen. Das alles folgt aus dem Einen: im Glauben zum Abendmahl gehen.

Gebet

Lieber HErr Jesu Christe, wir danken Dir, daß Du uns das heilige Abendmahl gegeben hast, dies teure Sakrament, in welchem Du uns speisest mit Deinem wahrhaftigen Leibe und uns tränkest mit Deinem wahrhaftigen Blute im gesegneten Brot und Wein. Ja, der gesegnete Kelche, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Und das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Wahrlich, das ist mehr als Vater- und Mutterliebe, das ist Liebe, mit welcher nur Gott lieben kann. Ich Sünder soll Gast sein an Gottes Tisch, ich Sünder soll gespeiset und getränket werden mit Himmelsspeise und Himmelstrank, mein HErr will bei mir einkehren und Wohnung bei mir machen. Und wir danken Dir noch mehr, daß Du uns durch dies teure Abendmahl das gibst, was wir nötiger haben als das tägliche Brot, nämlich die gewisse Vergebung unserer Sünden und damit das Leben und die ewige Seligkeit, daß fortan der Tod keinen Stachel und die Hölle keinen Sieg mehr für uns hat. Nun müssen wir ja selig werden, denn wir haben Vergebung der Sünden, und diese Vergebung ist uns zugesprochen und noch dazu versiegelt im heiligen Abendmahl. Ja, es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, und das geschieht so recht durch die Gnade Deines heiligen Abendmahls.

Aber nun kommen wir auch noch mit Bitten: HErr, schenke uns den Glauben, HErr, stärke uns den Glauben, wir glauben, lieber HErr, hilf unserm Unglauben, damit wir allezeit als selige Kinder kommen zu Deinem Abendmahle, die nichts bringen, sondern nur nehmen, aber die auch als Kinder nehmen im Glauben und nicht zweifeln. So soll uns Dein heiliges Abendmahl stets neuen Segen bringen und uns immer mehr mit Kraft erfüllen, den guten Kampf zu kämpfen gegen Satan, Welt und Fleisch, und den Sieg zu gewinnen. Das hilf uns, lieber himmlischer Vater durch Jesum Christum, Deinen lieben Sohn, in der Kraft des Heiligen Geistes!

Wiedergegeben nach der 1939 im Hermannsburger Verlag der Missionshandlung veröffentlichten Fassung, behutsam der heutigen Schreibweise angepaßt. Auszug aus: Predigt zum Gründonnerstag, Louis Harms, Predigten über die Episteln des Kirchenjahres, Groß Oesingen 1995, S. 472-485.