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Stellungnahme der Evangelischen Lehrer- und Erziehergemeinschaft in Württemberg e.V.

Stellungnahme der Evangelischen Lehrer- und Erziehergemeinschaft in Württemberg e.V. zum Bildungsplan 2015: Verankerung von LSBTTI im Bildungsplan

Baden-Württemberg arbeitet an einem neuen Bildungsplan für 2015. Innerhalb der fünf zukunftsorientierten Leitprinzipien soll die Akzeptanz sexueller Vielfalt in die Leitziele des Bildungsplans aufgenommen werden. Als Querprinzip sollen Schülerinnen und Schüler ab Sekundarstufe I die „verschiedenen Formen des Zusammenlebens von/mit LSBTTI-Menschen“ (LSBTTI) = lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, transgender, intersexuell) quer durch fast alle Schulfächern kennen und reflektieren lernen. Wir vermissen eine Einleitung in die bildungstheoretische Gesamtkonzeption sowie eine Ausführung zu den Auswahlkritierien dieser Leitprinzipien.

Im Hinblick auf die in den Leitprinzipien formulierten Aspekte der Akzeptanz sexueller Vielfalt erklären wir das Folgende:

1.

Maßstab sind die Grundwerte des Grundgesetzes: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (Artikel 3 Absatz 3). Wir sind der Überzeugung, dass jede christliche Lehrkraft im Sinne des Grundgesetzes die Schüler dazu erziehen und in Verantwortung vor Gott darauf hinwirken soll, dass kein Kind, kein Jugendlicher und keine Lehrkraft wegen der jeweiligen sexuellen Orientierung diskriminiert oder benachteiligt wird.

2.

Der Entwurf des Bildungsplans weist in seinen Leitlinien eine Dominanz sogenannter „bunter“ Lebensentwürfe auf. Dadurch wird das lebensstiftende Gegenüber in der Partnerschaft von Mann und Frau, das Modell von Ehe und Familie abgewertet, obwohl es von der überwältigenden Mehrheit in der Gesellschaft gelebt und vom Grundgesetz unter besonderen Schutz gestellt ist. Diese Abwertung wird auch darin erkennbar, dass in diesem Zusammenhang von „Stereotypen“ die Rede ist, die es „zu hinterfragen“ gälte. Dem widersprechen wir. Die Ehe zwischen Mann und Frau muss auch im Bildungsplan Leitbild sein. Die Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, muss an erster Stelle und wertschätzend dargestellt werden sowie in den Kompetenzlisten der einzelnen Fächer breit verankert sein.

3.

Fächerübergreifend soll künftig über unterschiedlichste homosexuelle Beziehungen so breit informiert werden, dass dies nach unserer Auffassung einer ungleich besonderen Hervorhebung für die LSBTTI-Lebensweisen gleichkommt. Dem widersprechen wir entschieden. Wenn schon Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe I, also Kinder ab 9 bis 10 Jahren aufwärts die „verschiedenen Formen des Zusammenlebens von/mit LSBTTI-Menschen“ in aller Breite kennen lernen und reflektieren sollen, dann müssen sie dabei notwendigerweise mit dem dazugehörenden Sexualleben konfrontiert werden, das in entscheidender Weise den Unterschied ausmacht. Entwicklungspsychologisch gesehen ist das eine Überforderung von Kindern und von Jugendlichen.

4.

Als Lehrerinnen und Lehrer lehnen wir die Vorstellungen der Regierungsparteien in Baden-Württemberg ab, die „klassische Familie“ im Unterricht in einer Reihe mit „Regenbogenfamilien, Single, Paarbeziehung, Patchworkfamilien, Ein-Eltern-Familien, Großfamilien, Wahlfamilien ohne verwandtschaftliche Bande“ darzustellen. Die Absicht, dass – Kinder und Jugendliche in der Schule mit „schwuler, lesbischer, transgender und intersexueller Kultur“ umfassend in Musik, Bildender Kunst, Literatur, Medien und Theater sowie deren sozialen Netzwerken, Vereinen, politischen Gruppen und Parteien begegnen sollen,- das Thema Akzeptanz homosexueller und anderer ähnlicher Lebensformen durchgängig in die Inhalte der Schulfächer und der Schulbücher in Biologie, Gemeinschaftskunde, Deutsch, Mathematik, den Geschichtsunterricht und in den Unterricht der Fremdsprachen eingebracht werden sollen, würde eine massive schulische Beeinflussung von Kindern und Jugendliche bedeuten, die nicht vom staatlichen Bildungsauftrag gedeckt und ihm nicht angemessen sind.

5.

Die gültigen Verwaltungsvorschriften zur Familien- und Geschlechtserziehung in der Schule müssen auch weiterhin Beachtung finden, wonach auf die Verschiedenheit von Überzeugungen, auf das Kindeswohl und das Elternrecht Rücksicht zu nehmen ist. Die Lehrkraft muss „jede Form der Indoktrination“ vermeiden, der Unterricht muss „unter Wahrung der Toleranz für unterschiedliche Wertauffassungen“ erteilt werden. „Erziehung der Kinder ist das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.” (Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz) Informationen und Reflexionen von lesbischen, homosexuellen, bisexuellen, transsexuellen, transgender und intersexuellen Lebensweisen gehören zum besonders sensiblen Gebiet der Geschlechtserziehung. Daher haben die besonderen schulrechtlichen Vorgaben Beachtung zu finden. „Die Erziehungsberechtigten sind in einer Klassenpflegschaftsitzung gemäß § 56 SchG rechtzeitig und umfassend über Ziel, Inhalt, Form und Zeitpunkt der Geschlechtserziehung im Rahmen der Familien- und Geschlechtserziehung in der Schule sowie über die hierbei verwendeten Lehr- und Lernmittel zu informieren. Die Erziehungsberechtigten erhalten dabei gleichzeitig die Möglichkeit, ihre Wünsche und Anregungen sowie Erfahrungen einzubringen, damit die Familien- und Geschlechtserziehung in Elternhaus und Schule so weit wie möglich abgestimmt werden kann.“ (Richtlinien zur Familien- und Geschlechtserziehung in der Schule, 12. Mai 2001)

6.

Das Kultusministerium hat sich bei der Verankerung der Akzeptanz von lesbischen, homosexuellen, bisexuellen, transsexuellen, transgender und intersexuellen Lebensweisen im Bildungsplan lediglich von drei Interessenvertretungen beraten lassen: der GEW, dem Netzwerk LSBTTI sowie dem „Aktionsplan für Akzeptanz & gleiche Rechte“. Diese Gruppierungen vertreten zwar einen Ausschnitt der gesellschaftlichen Wirklichkeit, entsprechen aber nicht im Entferntesten der Breite der Gesellschaft. Eine solche einseitige Mitwirkung ist demokratisch nicht legitimiert und nicht hinnehmbar.

7.

Wir sind der Meinung: Respekt gegenüber homosexuell lebenden Menschen und Menschen in anderen LSBTTI-Lebensweisen kann sich nur dann etablieren, wenn der vom Grundgesetz verbürgte Schutz von Ehe und Familie unangetastet bleibt, wenn Meinungs- und Religionsfreiheit Bestand haben, wenn das Gewissen und das Schamgefühl von allen am Erziehungsprozess Beteiligten geachtet wird.