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Plädoyer für den einzigartigen Wert von Ehe und Familie

Montag 30. September 2013 von Christian Hausen


Christian Hausen

Eine Antwort auf das EKD-Familienpapier 2013

„Gott hat die Ehe selbst eingesetzt, darum gefällt ihm der Stand an sich.“ So lobte der Reformator Martin Luther den Ehestand („Vom ehelichen Leben“). Ehe und Familie gehören seit Jahrtausenden zur Weltkultur und haben es nicht nötig, die eigene Relevanz unter Beweis zu stellen. Ihre Gegner oder Relativierer sind nicht fähig, deren Einzigartigkeit argumentativ in Frage zu stellen. Allen Unkenrufen zum Trotz gehört die Zukunft der traditionellen Ehe mit Kindern.

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat eine „Orientierungshilfe“ herausgegeben mit dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit: Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“. Diese setzt sich unzweifelhaft ab von Bibel, Reformatoren, Bekenntnisschriften und letztlich der Vernunft. Es handelt sich um das Bemühen, den Sinn von Ehe und Familie in einem postchristlichen Zeitalter verständlich zumachen, wobei durchaus an den Grundfesten unserer Kultur gerüttelt wird. Das theologiefrei gestaltete, hauptsächlich von Soziologen gesteuerte 160-Seiten-Werk stellt im Ergebnis einen Abstieg des Protestantismus dar.

Bei diesen Anmerkungen geht es um sieben Teile: Absolutheitsanspruch der Ehe, Ignoranz der Abweichler, Lachnummer Gender-Mainstreaming, Kotau vor Homosexuellenlobby, Inhalt des Papiers, geballte Kritik der Gebildeten und Ermutigung zum erfüllten Ehe- und Familienleben.

1.         Schönheit der Ehe

Unbestreitbar ist die Schönheit der Ehe. Nach Auffassung des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe ist sie „der Gipfel der Kultur“. Das passt zu Luthers Lobeshymne über die institutionalisierte Zweierschaft zwischen Mann und Frau, gerade im Hinblick auf den Glanz, den ihr Gott verleiht. Die Ehe bietet nach dem unumstrittenen Urteil von Milliarden von Menschen eine Basis persönlichen Glücks. Schon deshalb lohnt es sich, für Ehe und Familie Überdurchschnittliches zu investieren. Die Ehe ist eine objektive Ordnung, nimmt als Institution überindividuelle und kosmische Funktionen wahr und hat für das Volk über die Erzeugung des Kindes hinaus Bedeutung. „Ihr Sinn ruht in ihr selbst“. Die Ganzheit des Lebens wird durch die Hochzeit konstituiert. Mann und Frau bilden in ihrer Vereinigung die große Polarität der Welt, was sich etwa in der jüdisch-christlichen Kultur niederschlägt (Genesis 1, 28). Die Heirat macht den Übergang des Menschen in einen neuen Status möglich. Wert und Schönheit der Ehe als göttliche Stiftung sind von ihren Gegnern nicht ansatzweise widerlegt. Der am meisten verehrte Protestant des 20sten Jahrhunderts, Dietrich Bonhoeffer, sah darin das göttliche Mandat.

Als Stiftung Gottes und damit als besonderes Rechtsgut genießt die Ehe in den alttestamentlichen Rechtsvorschriften eine hervorragende Stellung (vgl. Genesis 20, 19). Aus biblischer Perspektive hat die Intimgemeinschaft von Mann und Frau ihren Platz ausschließlich in der Ehe; vorehelicher Intimverkehr gilt als Unzucht, außerehelicher als Ehebruch. Das Neue Testament übernimmt die strengen Bestimmungen (z. B. Markus 10, 6 ff). Die überragende Bedeutung der Eheschließung wird durch Jesu Wunder bei der Hochzeit zu Kana unterstrichen. Martin Luther verstand die Ehe zwar als „weltlich Ding“, aber auch als von Gott wohlgefälliger Stand verordnet; so soll an der Eheschließung die Öffentlichkeit teilhaben. Das hat sich in der deutschen Gesetzgebung niedergeschlagen, zunächst in Bezug auf den besonderen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 des Grundgesetzes und die Verpflichtung zu ehelicher Lebensgemeinschaft nach § 1353 BGB. Die Evangelische Kirche in Deutschland ist im Vergleich zur Weltkirche zu offen für Ehescheidung und alternative Lebensformen (ca. 70 Millionen Lutheraner gegenüber 2 Milliarden weltweit).

Die deutschen Meinungsführer – auch unter den Protestanten – haben sich in Bezug auf Ehe und Familie von biblischem Denken emanzipiert und sich einer Ausprägung des Marxismus, nämlich der politisch korrekten Ideologie unterworfen. Ihr Guru war der Soziologe Herbert Marcuse, der „die totale Negation der christlich-jüdischen Moral“ forderte. Staat und Kirche haben das Gedankengut der 68er Studentenbewegung übernommen. Als Folge wurde die Ehe nivelliert, alternative Beziehungen gelten als Familie: Homosexuelle Partnerschaften, Alleinerziehende, nichteheliche Lebensgemeinschaften. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig festgestellt, dass es sich bei der Ehe um eine Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau handele, trotzdem wird Art. 6 des Grundgesetzes zunehmend ausgehöhlt. Dazu hat der Gesetzgeber in den 70er Jahren durch die Erleichterung der Ehescheidung die Weichen gestellt. Dabei sehnt sich 90 % der Jugend nach einer „stinknormalen Familie“ mit vielen Kindern und lebenslanger Treue (Zukunftsforscher Horx). Staat und Kirche wirken insoweit rückwärtsgewandt und erkennen nicht, dass der Marxismus intellektuell und praktisch längst überholt ist. Statt ihm zu frönen sollte man ehefreundliches Gedankengut fördern, etwa durch Filme oder konstruktive Einrichtungen zur Schulung von Paaren.

2.         Segen der Familie

Da Intelligentes gegen die Ehe noch nicht hervorgebracht wurde, auch nicht durch das EKD-Papier, wirkt das Bemühen um eine Neudefinition der Familie als verkrampft. Wissenschaftlich ist erwiesen, dass einer der bedeutendsten Glücksfaktoren gerade die gute Ehe ist. Das Grundgesetz hat eine „Verfassungsentscheidung für die vitale Gesellschaft“ geschaffen, worauf der ehemalige Bundesverfassungsrichter Di Fabio hinweist: „Mit den im familiären Zusammenhalt aufwachsenden Kindern sichert das politische Gemeinwesen zugleich seine Existenz in der Zeit und seine kulturelle Identität. Die intakte Familie prägt wie keine zweite Instanz den freien Menschen als zur moralischen Einsicht fähigen Bürger“. Dazu gehört grundsätzlich auch die Adoption, und zwar von einem normalen Ehepaar; für andere Lebensformen sieht Art. 8 EMRK ein solches Menschenrecht gerade nicht vor. Staat und Kirche haben die traditionelle Familie zu unterstützen, sei es durch finanzielle Unterstützung bei der Eheschließung, Kindergeld, Elterngehalt oder Zusatzrente. Das ist auch der Wunsch der Bürger.

Natürlich sind nach staatlichem Recht und biblischer Ansicht Ehescheidungen zulässig, wenn auch nicht erwünscht. Allein der volkswirtschaftliche Schaden ist immens, etwa in Bezug auf Folgekosten für Wohnungen und Gesundheit. Erschütternd ist das Schicksal von Scheidungskindern, die oft über Jahrzehnte hinweg sich schuldig fühlen an der Trennung der Eltern. Ein nicht zwingend erscheinender Anlass für Trennungen ist mangelnde Vergebungsbereitschaft und auch fehlender Mut, den Partner um Verzeihung zu bitten. Die EKD gibt in ihrem Papier dem Scheidungsgedanken zu viel Gewicht, so dass der Eindruck entsteht, Trennung sei das kleinere Übel im Vergleich zur Fortführung der Ehe. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die demografische Entwicklung in Deutschland Besorgnis erregend. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte die Bevölkerung auf 22 Millionen gesunken sein (Miegel). Hätte die Kirche nicht in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt rettend eingegriffen, wären die kulturellen, technischen und zivilisatorischen Errungenschaften der römischen Gesellschaft unweigerlich verloren gegangen. Natürlich kann auf keinen Fall Hitlers „Lebensborn“-Politik Vorbild sein, aber auch nicht die Einstufung der Familie durch die 68er als „Herd der Brutalität, Grausamkeit und Aggression“. Letzteres kann eintreten durch die bereits in Holland praktizierte Sterbehilfe und die weitere „Pflege“ des Schwangerschaftsabbruchs, mit welchem viele Betroffene, ob Mann oder Frau, psychisch nie fertig werden. So kann man im Ergebnis bislang nicht erkennen, dass sich die neuen Lebensformen bewährt haben; damit haben sie auch keinen Anspruch, von Staat und Kirche gefördert zu werden.

3.         Fluch der Gender-Ideologie

Zu der Verwirrung trägt die unfassbare Theorie des Gender-Mainstreaming bei, auf welche die EKD auch mit dem Hinweis auf die normative Kraft des Faktischen aufmerksam macht. Soweit es um die Durchsetzung der Gleichstellung von Mann und Frau im Sinne von Art. 3 des Grundgesetzes geht, ist es zu begrüßen. Das ist aber in Wirklichkeit nur ein Vorwand, worauf selbst gebildete Menschen immer wieder hereinfallen. Intention der Gender-Ideologen ist, das natürliche biologische Geschlecht abzuschaffen und es durch das soziale Geschlecht zu ersetzen mit dem Ziel, die ursprünglich weiblichen Bürger zu privilegieren. Erschütternd für die Gesellschaft ist, dass sämtliche tonangebenden Frauenorganisationen von Staat und Kirchen alimentiert werden. Sie lassen sich von den EU-Ideologen zwangsverpflichten, welche sich von der feministischen und Homosexuellen-Lobby haben „breitschlagen“ lassen – also ohne demokratische Mitwirkung. Es geht so weit, dass die Grünen in einer Broschüre ihrer Heinrich-Böll-Stiftung fordern, kritische Journalisten in eine Denunziationsliste einzutragen, weil sie „die Arbeit all derjenigen Menschen herabzuwürdigen versuchen, die sich dem Fortschritt im Geschlechterverhältnis verpflichtet fühlen“. Eine Kirche muss bei all ihrer Sympathie für die Grünen mit Verve die Lebenswirklichkeit hinterfragen sowie biblisches Denken propagieren, das auch unserer Verfassung – etwa Art. 6 GG – entspricht.

Es deutet sich eine Bildungsmisere an. So ist das Schulsystem auf Mädchen zugeschnitten. „Was sucht ein Junge im Alter von 14, 15 Jahren? Action, Abenteuer, Kräftemessen, Wettstreit mit anderen Jungen“ (Schriftsteller Leon de Winter). Ein Blick auf die Universitäten zeigt: Mittlerweile gibt es mehr als 120 Lehrstühle für die Gender-Theorie, auf denen nur zwei Professoren sitzen, der Rest resultiert aus Professorinnen. Das hat Folgen, wie der Gender-Wahn an der Universität Leipzig zeigt. Sibylle Krause-Burger schreibt in der „Stuttgarter Zeitung“: „Das ist schon fast eine Industrie, auf alle Fälle aber eine Job-Maschine für meschuggene Akademikerinnen“. Die Kirchen unterwerfen sich dem mit Genuss, auf die Bibel zurückzuführende Widerständler sind rar gesät. Man wundert sich dort, dass nicht nur allgemein die Gotteshäuser leerer geworden sind, sondern kaum noch Männer von der Kirche angesprochen werden. So ist bezeichnend, dass die umstrittene „Orientierungshilfe“ der EKD von zwei Sozialwissenschaftlerinnen geschaffen worden ist, also nicht vornehmlich von Theologen, erst recht nicht von Juristen, welche immerhin noch etwas gelernt haben von kulturellen Selbstverständlichkeiten wie dem Gebot, gegenüber Bewährtem die Vermutung der Richtigkeit gelten zu lassen: von aufdringlichen Neuerern sind Nachweise zu fordern, dass ihr modernes Gedankengut unwiderlegbar fortschrittlich ist. Zu denken ist an die heute weit gehende Diskreditierung der Väter; neueste Forschungen zeigen Folgendes: präsente Väter machen Söhne schlauer. Sie spielen körperbetont und treiben Kinder in Herausforderungen (Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert). Gender-Mainstreaming bedeutet einen krassen Angriff auf die göttliche Schöpfungsordnung (Joachim Cochlovius, Gemeindehilfsbund).

Die Urheber der Gender-Ideologie wirken auf diesem Sektor recht ungebildet. Begabte Literaten wie Herr und Frau Sartre vermessen sich, kompetent für die naturwissenschaftlichen Fragen zu sein. Die Literaturwissenschaftlerin Judith Butler, die sich selbst als Homosexuelle geoutet hat, meint, im Rahmen historisch gewachsener Sprache seien Bezeichnungen herausgebildet worden, welche aufgrund ständiger Wiederholungen den Charakter des Unhinterfragbaren und Natürlichen gewinnen würden. Das hört sich hübsch an, ist aber intellektuell letztlich völlig substanzlos. Leider schämt sich die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung nicht, dem Gender-Unfug Einhalt zu bieten. Hingegen fordert sie zu wechselseitiger Stimulierung der Geschlechtsorgane durch Eltern an Kindern auf (Aufklärungsbroschüre „Körper, Liebe, Doktorspiele“). Die Literatur-Nobelpreisträgerin Doris Lessing ist schockiert über die gnadenlose Diskriminierung von Männern: Die dümmsten, scheußlichsten und ungebildetsten Frauen könnten die herzlichsten, freundlichsten und intelligentesten Männer niedermachen, ohne dass irgendjemand etwas dagegen tue. Gender-Mainstreaming ist unredlich, vor allem verfassungswidrig. Es handelt sich um eine Ideologie mit den vier typischen Merkmalen, nämlich Bildungsarmut, Beschimpfungseifer, Begründungslosigkeit und Beschränkungslust. Die Kirche unterstreicht ihre emotionale Bindung an die Genderisten: In der Kieler Nicolai-Kirche, verantwortet von einem bekennenden homosexuellen Propsten, gibt es drei Toiletten, nämlich für Frauen, für Männer und für Menschen, die sich nicht entscheiden können.

4.       Tragödie gleichgeschlechtlich Empfindender

Das Schicksal der Homosexuellen ist höchst traurig. Ihre Vorgänger haben jahrtausendelang entsetzlich gelitten unter Verfolgung. Auch derzeit gibt es Länder, in denen sie mit dem Tode bestraft werden. In den so genannten zivilisierten Ländern war vor 40 Jahren derjenige mutig, der für die Entkriminalisierung der Homosexualität gekämpft hatte; jetzt es als couragiert zu sagen: „Wenn ihr für die Homo-Ehe seid, dann könnt ihr Euch dazu nicht auf die Bibel berufen“. Natürlich haben Homosexuelle Anspruch auf  Würde, niemand darf sie diskriminieren. Aber es gibt keine vernünftigen Gründe, dass Staat und Märsche deren Aufmärsche protegieren sowie ihnen gesetzliche Privilegien in Anlehnung an die Ehe zukommen lassen.

Martin Luther hat in seiner Vorlesung zum Römerbrief die Homosexualität scharf kritisiert und die Betreffenden als „Weichlinge“ bezeichnet, also faktisch die paulinische Anprangerung „unnatürlich“ bestätigt (Römer 1). Das entspricht letztlich auch dem heutigen wissenschaftlichen Standard weltweit. Um diese Kultur zu verdrängen, wird z. B. das Musiktheater „Paulus“ geschaffen, in dem sich der Apostel wollüstig bei einer Party windet und sich wie ein psychisch schwer Gestörter verhält. Es fällt schwer, in diesem Kontext auf die grauenhafte Krankheit Aids hinzuweisen; aber diese Seuche widerlegt den Apostel nicht. Für den Juristen ist völlig unverständlich, dass eine neue Idee, deren Vorzüglichkeit überhaupt nicht nachgewiesen worden ist, als glorreich hingestellt wird. Es mutet merkwürdig an, dass eine Minderheit zwischen 0,5 und 1,5 % so ungeheuer viel Zeit beanspruchen kann, um Privilegien durchzusetzen. Bekannt ist, dass die Franzosen 2013 zur Einführung der „Homo-Ehe“ 310 Parlamentsstunden verwendet haben; danach haben bald 2 Millionen auf den Straßen wütend demonstriert.

Was die Evangelische Kirche betrifft, so wurden in der früheren EKD-Orientierungshilfe vor bald 20 Jahren ehrlich zugegeben, dass homosexuelle Praxis sich nicht mit biblischem Gedankengut vereinbaren lasse; es hieß dann, man müsse aus christlicher Nächstenliebe allerdings die Wünsche der Betroffenen erfüllen. Das mündige Gemeindeglied fragt, warum die evangelische Kirchenleitung so wenig daran interessiert ist, Argumente für die Richtigkeit der Bibel zu finden, oder auch nur die „Orientierungshilfe“ wissenschaftlich zu begründen. Was die Evangelische Kirche sich etwa im Kontext mit der Odenwaldschule geleistet hat, ist so krude, dass es kaum veröffentlicht werden kann. Hauptlobbyist Volker Beck, der sein Amt als Parlamentarischer Geschäftsführer jetzt niederlegen will, hat in der juristischen Fachzeitschrift „Staat und Demokratie“ 1991 eingeräumt, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz gerade nicht zu Treue und Verbindlichkeit verhelfe.

Verwunderlich ist der Eifer der Aktivisten, per Gesetz Seelsorgern und Psychologen zu untersagen, änderungswilligen Homosexuellen eine Form von „Heilung“ anbieten; die Schizophrenie ist allerdings, dass die auf der Gender-Theorie basierende Homosexualitätsideologie eben davon ausgeht, der Mensch könne frank und frei sein Geschlecht selbst bestimmen. Das ist an Widersprüchlichkeit nicht zu überbieten, beweist die intellektuelle Unredlichkeit. Die jeweiligen Vertreter kommen einfach nicht darüber hinweg, dass es keinen renommierten Fußballspieler weltweit gegeben hat und gibt, der sich als Homosexueller geoutet hat; sie kommen nicht auf die Idee, dass vielleicht sich höchst anstrengender Sport und homosexuelle Empfindungen nicht decken. Die Kirche will darüber nichts wissen und lässt die mittlerweile zurückgetretene Präses der EKD-Synode Katrin Göring-Eckart – zugleich grüne Spitzenkandidatin – verlautbaren, dass Kritiker „homophob“ und zu bekämpfen seien. Das ist ein Armutszeugnis für die Protestanten.

5.       Inhalt des Familienpapiers

Der Text der „Orientierungshilfe“ bietet wenig Anlass, die Autoren ernst zu nehmen. Die so genannte Ad-Hoc-Kommission wurde geleitet von der sozialdemokratische Ex-Ministerin Bergmann, den beiden verantwortlichen Soziologinnen sowie Mitgliedern des Rats der EKD und einigen Theologen. Entscheidend sei für Ehe und Familie die Verbindung aus „Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen“. Das sei auch typisch für die Lebenspartnerschaft zwischen Homosexuellen. Maßgeblich sei die Nächstenliebe, die alles sündhaft Erscheinende mit dem Mantel der Liebe zudeckt: Protestantische Theologie unterstütze das Leitbild der an Gerechtigkeit orientierten Familie, die in verlässlicher und verbindlicher Partnerschaft gelebt werde.

Grundlage für die Bewertung von Ehe und Familie sei nicht, was in der Bibel stehe und die Reformatoren gemeint hätten, sondern der heutige Ist-Zustand; darüber könnten am ehesten Soziologen befinden. Insoweit ist die Darstellung der Verhältnisse weitgehend ordentlich erfolgt, aber sie ist nicht Grundlage für Postulate einer Evangelischen Kirche. Die Erwägungen wirken unterirdisch: „Ein normatives Verständnis der Ehe als göttliche Stiftung und eine Herleitung der traditionellen Geschlechterrollen aus der Schöpfungsordnung entspricht nicht der Breite des biblischen Zeugnisses“. Begründet wird diese These nicht, man schließt dies aus den Wahrnehmungen über das Leben in der Gesellschaft, soweit es Ehe und Familie betrifft – also müsse die Interpretation vor der Folie heutiger Lebensformen erfolgen. Damit werde auch bewiesen, dass trotz grausamster Kriege weltweit im Jahre 2013 in der Familie „ die am meisten verbreitete Form der Gewalt“ bestehe.

Der Begriff Autonomie ist in der Bibel nicht zu finden. Das ist nachvollziehbar, wenn es doch heißt, die Wahrheit (nämlich Jesus Christus) wird euch frei machen (Johannes 8, 32 ff). Im postmodernen Zeitalter gibt es ja „die Wahrheit“ nicht. Heute dürfen in Staat und Kirche nur politisch korrekte Positionen den Wahrheitsanspruch geltend machen. Man kann statt Autonomie eher von der Antinomie, der Verachtung des göttlichen Gesetzes reden (Gerhard Ulrichs); enden wird dies in der Anomie, nämlich der Gesetzlosigkeit (vgl. 2. Tessalonicher 2, 3). Auch wenn die EKD gern – etwa im Hinblick auf die historisch-kritische Forschung – auf die „Aufklärung“ verweist, so hat sie sich kaum im Sinne des Philosophen Kant „ihres Verstandes bedient“.

Das Wort „Angewiesenheit“ ist für sich eigentlich ganz schön, wenn man daran denkt, dass wir Menschen auf Gott angewiesen sind, als Sünder auf den Erlöser Jesus Christus. Davon ist aber in der „Orientierung“ nicht die Rede. Die Gedankenwelt beschränkt sich auf das Diesseits und bezieht sich statt auf Gott auf die Gesellschaft. Konsequenterweise werden Ehe und Familie im klassischen Sinne als Auslaufmodelle charakterisiert mit der Folge, dass das Adoptionsrecht dann allen Partnerschaften offen stehen soll. Begründungen, weshalb sich die Evangelische Kirche dem politisch korrekten Geist von heute unterwirft, fehlen in dem Papier; ganz maßgeblich ist das Bauchgefühl.

6.       Vielfache Verwerfung der „Orientierungshilfe“

Die Kritik ist hart. In der EKD befänden sich „Totengräber“, welche „durch haltlose Faseleien die Substanz“ aussaugten, so die Büchner-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff. Sie bezeugt: „Ich brauche nur dem Plapperatismus Frau Käßmanns ausgesetzt zu sein, schon wird der Wunsch zum Kirchenaustritt übermächtig“. Sie spricht in Bezug auf die Evangelische Kirche von einem „sehr maroden Zustand“ und bemängelt, dass die EKD sich überall der modernen Welt anpassen müsse. Die Kritik reicht in weltlichen Medien von „Soziologenchinesisch“ (ARD Presseclub) über „spektakulärer Versuch der Verweltlichung von innen“ bis „EKD plant erstes evangelisches Bordell“. Das löst in der Tat Entsetzen aus; das Papier verdient umfassende Kritik, gerade von theologischen Laien („allgemeines Priestertum“). Das Neue Testament fordert eine unbegrenzte Empathie für den Einzelnen, vor allem den Schwachen, aber harsche Kritik an den Herrschenden (Schriftgelehrten und Pharisäern), welche als Lügner bezeichnet oder gar verflucht werden. Das Papier wirkt intellektuell so insuffizient, ja gar als ob die Verantwortlichen „verstockt“ im Sinne der Bibel sind. Das erscheint dem Verfasser als zu brutal, er erinnert an Jesu Gleichnis von den anvertrauten Pfunden: Die EKD-Autoren haben ihre Talente vergraben, sind also begabt, bleiben aber unter ihren Möglichkeiten.

Der Theologieprofessor Härle, der bei der ersten Orientierungshilfe für den theologischen Teil zuständig war, befürchtet, dass künftig Bigamie, Inzest, Polygamie etc., wenn sie in Verantwortung gelebt werden, von der Kirche auch der traditionellen Ehe gleichgestellt werden. Viele Kritiker, gerade Bischöfe und Theologen, vermissen die theologische Begründung. Der Verfasser dieses Artikels meint zu wissen, weshalb: Es fehlt partout die Möglichkeit, die neuen antibiblischen Ehe-Ideen theologisch zu begründen!

Bestätigt wird der Theologe Härle durch den Ethikprofessor Rainer Mayer. Nach dessen Ansicht fehle dem EKD-Familienpapier „jede exegetische Methodik und zugleich jede ethische Systematik“. Er erblickt eine „bemerkenswerte Umkehrung der Fronten, die wir aus der Reformation kennen“. Isolierte Werte wie Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Verantwortung seien gut für eine Kirchengemeinde und auch für eine Räuberbande. Nicht einmal Karl Marx wird von der EKD voll verstanden: „Nicht beobachtet wird dabei – wenn man schon historisch und sozial handeln will –, dass diese Eheform gerade deshalb damals zu einem Ideal wurde, weil sie Frauen und Kinder des Proletariats aus dem Zwang der Erwerbsarbeit (unter z. T. unmenschlichen Bedingungen) befreite“.

Es gibt unter Bischöfen hin und wieder die Behauptung, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften seien nicht gegenüber der  Ehe gleich. Zum Teil wird auch das Fehlen der positiven Seiten der Ehe vermisst (Margot Käßmann). Der „Spiegel“-Redakteur Fleischhauer erinnert an den ehemaligen Ratsvorsitzenden Huber, der von der Selbstsäkularisierung der Kirchen sprach. Der Journalist weiß, dass 98 % der jungen Menschen sich eine Ehe im traditionellen Sinne wünschen. Er fordert im Übrigen, dass die Kirchen – politisch unkorrekt – mehr  über die Sünde reden. Teilweise wird die Evangelische Kirche als spießig und konformistisch eingeordnet.

Besonders schlimm ist, dass die EKD die deutschen und Europas Kirchen spaltet. Die Katholiken sind äußerst kritisch in der Beurteilung des Papiers. die Synode Litauens z. B. fürchtet eine Teilung Europas. Man kann durchaus sagen, dass leere Kirchen auf die politisch korrekte Haltung der Evangelischen Kirche zurückzuführen sind und sie bald zu einer Minderheit wird. Unfassbar ist die völlig freiwillige Abkehr von grundlegenden Glaubensinhalten. Es handelt sich um einen Einheitsbrei ohne Saft und Kraft! Leider fehlen die klassischen Fundamente des Erfolgs: Sachverstand, Augenmaß und Anstand. Kein Wunder, dass nur noch 9 % der Bevölkerung Vertrauen in die Evangelische Kirche haben.

Die historisch-kritische Forschung ist u. a. auf den ehemaligen Theologen Ernst Troeltsch zurückzuführen, der aber den Unfug bemerkt hat und in die philosophische Fakultät wechselte. Reine historische Forschung ist leicht vermittelbar. Warum man aus heutiger arroganter Perspektive Worte, Denken und Handeln Jesu als nur der damaligen Zeit angemessen relativieren muss, wird nicht nachvollziehbar bekundet. Klar ist, dass die „Aufklärung“ dafür ursächlich ist. Diese ist aber nicht in jeder  Hinsicht für ein vorbildliches Leben hilfreich. Man denke nur, dass der Literaturpreisträger Imre Kertesz – jüdischer KZ-Häftling – meinte, Auschwitz sei auf die Aufklärung zurückzuführen! Es bestehen keinerlei Einwendungen gegen wissenschaftliche Forschung, auch in Bezug auf die Bibel. Sowohl bei der historisch-kritischen Forschung als auch bei der Politischen Korrektheit handelt es sich aber unzweideutig um Ideologien. Der Verfasser kämpft seit Jahren, um insoweit Veränderungen bei der EKD zu unterstützen, erhält aber regelmäßig keine Antwort (über solch Verhalten macht sich sogar die „Evangelische Zeitung“ lustig).

7.       Ermutigungen für verantwortungsbewusste Eheleute

Echte Wissenschaft kann im Gegensatz zu den Ideologien, in welche die EKD hineingeraten ist, zur Förderung der Ehe beitragen und Defizite seit 1968 ausgleichen. Erwägenswert für Eheleute in der Krise erscheinen z. B. nachstehende Gedanken:

Es ist empfehlenswert, Konflikte auszutragen und nach Möglichkeiten eines Arrangements zu suchen – gerade im Blick auf das schwindende Pflichtbewusstsein der Verantwortlichen in Massenmedien in Staat und Kirche. Es besteht ein unverändertes Bedürfnis des heutigen Menschen, in der Geborgenheit der Ehe mit dem andersgeschlechtlichen Partner zusammenzuleben. Demoskopische Umfragen ergeben, dass 60 – 80 % den Sinn ihres Lebens in der Familie sehen.

Zur Aufrechterhaltung der Ehe sind Investitionen nötig, große Einsatzfreude, zeitlicher und finanzieller Aufwand. Es geht dabei nicht nur um Eheberatung und Lektüre wohlmeinender Bücher. Es ist harte und lohnende Arbeit.

Herrschend soll nicht das reine Gefühl sein, so wichtig dieses auch ist. Es gibt genügend wissenschaftliche Untersuchungen, dass der Wille, den Partner zu lieben, von maßgeblicher Bedeutung ist. Das Gerede, die Liebe sei erkaltet, darf nicht bestimmend sein. Wünschenswert sind für Christen Gebet und Buße. Es gibt eben bei einem zweiseitigen Verhältnis nicht das eindeutige Urteil, nach welchem nur eine Person allein schuldig ist für die Misere. Gegenseitige Bitte um Verzeihung und Vergebenkönnen bewirken Wunder. Es ist von erheblicher Bedeutung, wenn man dem Miteinander neue Chance gibt. Anlass zu irgendwie gearteter Überheblichkeit gibt es nicht.

Unter diesen Umständen besteht die Möglichkeit, dass die Eheleute heranreifen. Sie spüren, dass Spannungen durchaus nützlich sein können, es letztlich auch Spaß macht, mit Konflikten fertig zu werden. Heute verpönte Begriffe wie Tapferkeit, Mannhaftigkeit oder Durchhaltevermögen können wegweisend sein. Das kann zur Änderung von Missständen in der Ehe führen. Gefordert ist Ausharrungsvermögen und auch partieller Verzicht auf gewisse ehemalige Rechte. Untunlich ist es, den Partner nach eigenen Vorstellungen ändern zu wollen. Natürlich darf man darüber reden, und auch Gott um Verbesserungen bitten. Es besteht kein Rechtsanspruch darauf, dass der Andere sich nach den eigenen Wünschen richtet. Der Partner bleibt eine autonome Persönlichkeit – hier passt der gedankliche Ansatz der EKD. Wünschenswert ist ein fürsorgliches Denken der Ehepartner füreinander. Bei solcher Einstellung lassen sich Konflikte leichter lösen. Selbstverständlich verbietet sich jegliches Gefühl der Überlegenheit gegenüber dem Anderen, der auf keinen Fall reiner Befehlsempfänger sein darf. Der Respekt bleibt das wichtigste. Dann kann man auch Konflikte riskieren, um diese dann einer Lösung zuzuführen.

Damit bleibt die Ehe natürlich ein oft schwieriger Weg. Es besteht jedoch große Hoffnung, dass bei Berücksichtigung dieser Empfehlung positive Änderungen im Eheleben erfolgen. Der Christ hat dabei noch die Chance, Kräfte und Energien aus anderen Quellen zu schöpfen. Miteinander – durchaus nach schwierigen Zeiten – alt gewordene Ehepaare haben oft eine ganz besondere, bemerkenswerte Ausstrahlung, ja geradezu einen Glanz.

Aus diesen sieben Gesichtspunkten wird deutlich, dass die EKD letztlich mit der „Orientierungshilfe“ verantwortungslos handelt. Das Familienpapier wirft ansatzweise vernünftige soziologische Gedanken mit biblischen Postulaten durcheinander, lässt aber Differenzierung vermissen und unterwirft sich modischen Ideologien, welche Gemeindeglieder dazu veranlassen, sich ihrer Kirche zu schämen. Das muss sofort geändert werden. Die EKD verfügt doch über so viel geistiges Potenzial. So schrieb die Kulturbeauftragte Petra Bahr in der „Zeit“: „Ein kopfloses Christentum, das blind den Autoritäten, der religiösen Schwarmintelligenz oder auch nur den eigenen Gefühlen vertraut, passt nicht zu einer Aufbruchbewegung, die von Anfang an eine Bildungsbewegung war“. Konsequenterweise fordert sie, „die politisch korrekte Komfortszene“ zu verlassen.

Der Verfasser hat heute einen ermutigenden Brief von einem landeskirchlichen Bischof erhalten, der doch tieferes Verantwortungsbewusstsein bei den Kirchenoberen vermuten lässt. Es sieht so aus, als wenn sie sich aus Furcht vor unangenehmen Konsequenzen (siehe Johannes 12, 42)  so sehr zurückhalten. Möge sich die protestantische Kirche bis zum Reformationsjubiläum 2017 erneuern!

Christian Hausen
Rechtsanwalt
www.kanzlei-hausen.de

Neumünster, den 27.09.2013

 

 

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 30. September 2013 um 8:30 und abgelegt unter Ehe u. Familie, Gesellschaft / Politik, Kirche.