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Entschließung des Europäischen Parlaments zu Homophobie in Europa vom 18. 1. 2006

Montag 6. Februar 2006 von zenit


zenit

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Homophobie
in Europa vom 18. 1. 2006

Das Europäische Parlament,

– unter Hinweis auf die internationalen und europäischen Menschenrechtsverpflichtungen, wie sie in der UN-Menschenrechtskonvention und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten niedergelegt sind,

– unter Hinweis auf die Menschenrechtsbestimmungen der Europäischen Union, insbesondere die Europäische Charta der Grundrechte, sowie auf die Artikel 6 und 7 des EU-Vertrags,

– unter Hinweis auf Artikel 13 des EG-Vertrags, in dem der EU die Möglichkeit eingeräumt wird, Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen, unter anderem aus Gründen der sexuellen Ausrichtung, zu beschließen und den Grundsatz der Gleichheit zu fördern,

– unter Hinweis auf die Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG, nach denen die direkte oder indirekte Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung nicht zulässig ist,

– unter Hinweis auf Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wonach Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verboten sind,

– gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, daß Homophobie als auf Vorurteilen basierende irrationale Furcht vor und Abneigung gegen Homosexualität und Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transsexuelle definiert werden kann, ähnlich wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder Sexismus,

B. in der Erwägung, daß Homophobie im persönlichen und öffentlichen Leben in verschiedener Form Ausdruck findet, beispielsweise durch das Schüren von Hass und die Aufstachelung zu Diskriminierung, das Lächerlichmachen, verbale, psychische und physische Gewalt sowie Verfolgung und Mord, Diskriminierung unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, ungerechtfertigte und nicht vertretbare Einschränkungen von Rechten, die oft mit Belangen der öffentlichen Ordnung begründet werden, sowie der religiösen Freiheit und des Rechts auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen,

C. in der Erwägung, daß in letzter Zeit in einigen EU-Mitgliedstaaten eine Reihe besorgniserregender Vorfälle zu verzeichnen waren, über die die Presse und nichtstaatliche Organisationen ausführlich berichtet haben, angefangen von dem Verbot von Schwulenparaden und Märschen für Gleichheit bis hin zu Hetzreden, Hasstiraden und Drohungen führender Politiker und Kirchenvertreter, nicht ausreichendem Schutz durch die Polizei oder gar der Zerschlagung friedlicher Kundgebungen, gewalttätigen Demonstrationen von homophoben Gruppen und der Durchsetzung von Verfassungsänderungen, durch die gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausdrücklich verboten werden sollen,

D. in der Erwägung, das in einigen Fällen gleichzeitig positive, demokratische und tolerante Reaktionen aus der Öffentlichkeit, der Bevölkerung und seitens der lokalen und regionalen Behörden zu verzeichnen sind, die gegen Homophobie demonstriert haben, sowie seitens der Justiz, die die schlimmsten illegalen Formen der Diskriminierungen beseitigt hat,

E. in der Erwägung, daß gleichgeschlechtliche Partner in einigen Mitgliedstaaten nicht dieselben Rechte und denselben Schutz genießen wie nicht-gleichgeschlechtliche Partner und folglich unter Diskriminierung und Benachteiligung zu leiden haben,

F. in der Erwägung, daß gleichzeitig in mehr und mehr Ländern Europas angestrebt wird, Gleichstellung, Eingliederung und Respekt zu garantieren und den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung zu gewährleisten,

G. unter Hinweis auf die Tatsache, daß die Kommission Barroso sich verpflichtet hat, sich für die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der EU einzusetzen und eine Gruppe von für die Menschenrechte zuständigen Kommissionsmitgliedern geschaffen hat,

H. in der Erwägung, daß noch nicht alle EU-Mitgliedstaaten Maßnahmen in ihrem Rechtssystem verankert haben, um die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transsexuellen zu schützen, wie in den Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG gefordert, und die Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung auch nicht bekämpfen oder die Gleichheit fördern,

I. ferner in der Erwägung, daß weitere Maßnahmen auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten nötig sind, um Homophobie auszumerzen und eine Kultur der Freiheit, Toleranz und Gleichheit unter den Bürgern sowie in ihren Rechtsordnungen zu fördern,

1. verurteilt konsequent jede Diskriminierung auf der Grundlage der sexuellen Ausrichtung;

2. fordert die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, daß Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle vor Aufhetzung und Gewalt geschützt sind, und zu gewährleisten, daß gleichgeschlechtlichen Partnern derselbe Respekt, dieselbe Achtung und derselbe Schutz zuteil wird wie den übrigen Bürgern der Gesellschaft;

3. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, das Schüren von Hass gegen Homosexuelle beziehungsweise die Aufstachelung zu Hass und Gewalt nachdrücklich zu verurteilen und dafür zu sorgen, daß die Demonstrationsfreiheit, die in allen Menschenrechtsvereinbarungen garantiert wird, effektiv gewahrt wird,

4. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, daß die Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung in allen Bereichen verboten wird, indem die auf Artikel 13 basierenden Antidiskriminierungsmaßnahmen ergänzt werden, entweder durch Vorschläge für neue Richtlinien oder einen Vorschlag für einen allgemeinen Rahmen, der alle Gründe für Diskriminierungen in allen Bereichen umfaßt;

5. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, den Kampf gegen Homophobie durch Bildungsmaßnahmen – wie Kampagnen gegen Homophobie in Schulen, Universitäten und den Medien – sowie durch administrative, juristische und legislative Maßnahmen zu verstärken,

6. bekräftigt seine Auffassung mit Blick auf das „Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle 2007“, daß die Kommission zu gewährleisten hat, daß gegen alle in Artikel 13 des Vertrags sowie in Artikel 2 des Beschlusses zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle (2007) aufgeführten Formen der Diskriminierung in gleicher Weise vorgegangen wird, wie auch in seinem Bericht über den Vorschlag für einen Beschluß des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle (2007) – Beitrag zu einer gerechten Gesellschaft – gefordert, und erinnert die Kommission an ihr Versprechen, dieses Problem aufmerksam zu verfolgen und ihm Bericht zu erstatten;

7. fordert die Kommission nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, daß alle Mitgliedstaaten die Richtlinie 2000/78/EG (zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf) umsetzen und korrekt anwenden, und Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten einzuleiten, die dies nicht tun; fordert die Kommission darüber hinaus auf, sicherzustellen, daß der Jahresbericht über den Schutz der Grundrechte in der EU vollständige und ausführliche Informationen über Fälle von durch Homophobie bedingte Hassverbrechen und Gewalt umfaßt;

8. fordert alle Mitgliedstaaten auf, jede denkbare andere Maßnahmen zu ergreifen, die sie für am besten geeignet halten, um Homophobie und Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen und den Gleichheitsgrundsatz in ihrer Gesellschaft und ihrer Rechtsordnung zu fördern und anzuwenden;

9. begrüßt die von einigen Mitgliedstaaten kürzlich ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transsexuellen und beschließt, am 17. Mai (dem Internationalen Tag gegen Homophobie) ein Seminar zum Austausch bewährter Verfahren zu organisieren;

10. fordert erneut, daß die Kommission Vorschläge vorlegt, durch die die Freizügigkeit der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen und eingetragenen Partner, gleich welchen Geschlechts, gewährleistet werden kann, wie in seiner Entschließung vom 14. Oktober 2004 zur Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bereits angemahnt;

11. fordert die betroffenen Mitgliedstaaten auf, endlich Homosexuelle als Opfer des Nationalsozialismus anzuerkennen;

12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten sowie der Kandidaten- und Beitrittsländer zu übermitteln.

Quelle: www.zenit.org

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 6. Februar 2006 um 17:17 und abgelegt unter Sexualethik, Texte ohne Zustimmung des GNW.