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Predigt über Lukas 7,11-17 am 16. Sonntag nach Trinitatis

Und es begab sich danach, daß er in eine Stadt mit Namen Nain ging; und seiner Jünger gingen viel mit ihm und viel Volks. Als er aber nahe an das Stadttor kam, da trug man einen Toten heraus, der ein einiger Sohn war seiner Mutter; und sie war eine Witwe, und viel Volks aus der Stadt ging mit ihr. Und da sie der Herr sah, jammerte ihn derselbigen und sprach zu ihr: Weine nicht. Und trat hinzu und rührte den Sarg an, und die Träger standen. Und er sprach: Jüngling, ich sage dir, stehe auf. Und der Tote richtete sich auf und fing an zu reden. Und er gab ihn seiner Mutter. Und es kam sie alle eine Furcht an und preiseten Gott und sprachen: Es ist ein großer Prophet unter uns aufgestanden, und Gott hat sein Volk heimgesucht. Und diese Rede von ihm erscholl in das ganze jüdische Land und in alle umliegende Länder. (Lukas 7,11-17)

Vom heutigen Evangelium wäre viel zu predigen. Wir wollen aber nur bei den zwei Stücken bleiben: das erste, wie wir uns gegen den Toten trösten sollen; denn an solchem Trost und Lehre ist am meisten gelegen; das andere, von christlicher Barmherzigkeit und Mitleiden, daß wir unter einander haben sollen. Eure Liebe hören hier von einer armen Witwe, die ihren Mann verloren hat, und stirbt ihr endlich ihr einiger Sohn auch, daß sie überall elend und arm ist. Denn im Judentum war es für ein besonders großes Unglück gerechnet, wo kein Sohn im Hause war, darum, daß der Juden Regiment so stand, daß sie sollten Erben haben. Ist deswegen dies Weib eine elende bekümmerte Witwe, und hat das Ansehen, als sei ihr Gott feind und habe ihrer ganz vergessen, daß er zuerst den Mann und danach den Sohn ihr nimmt. Es wäre deshalb ein Wunder, daß sie an Gott nicht gezweifelt hätte.

Dieses Weibes nimmt unser lieber Herr Christus sich an, hat ein Mitleiden mit ihr, und macht den Sohn lebendig und gibt ihn ihr wieder, daß die Freude zehnmal größer wird, denn als das Leid zuvor war. Und es ist ein Wunder, daß sie vor Freude nicht niedergefallen und gestorben ist.

Diese Geschichte sollen wir uns darum merken, daß wir lernen sollen unseren Glauben damit stärken und fest machen. Denn es ist dem Herrn Christus hier nicht allein um dieses Weib zu tun; er will uns alle lehren, wie es so ein gering Ding um den Tod sei, damit wir uns nicht davor fürchten, sondern mit geduldigem Herzen hingehen, und des Todes und anderes Unglücks nicht achten sollen; weil wir so einen Herrn an ihm haben, der also leicht helfen, und Tod und alles Unglück wenden kann. Denn sie hier, wie bald und leicht es zugeht, da diesem Weib geholfen wird, da sie doch an aller Hilfe mußte verzweifeln. Denn wer wollte hoffen, daß der verstorbene Sohn, den man jetzt hin zum Begräbnis trug, sollte wieder lebendig werden?

Da nun alle Hoffnung dahin ist, kommt unser lieber Herr Christus, tut nicht mehr, denn daß er sagt: «Jüngling, ich sage dir, stehe auf.» Alsbald richtet sich der Tote auf und lebt. Da müssen wir bekennen, daß der Tod vor des Herrn Augen genau so ist wie das Leben; und ist ihm gleich viel, wir leben oder sterben. Denn wenn wir schon gestorben sind, so sind wir vor ihm nicht gestorben. Ursache, es ist ihm nur um ein Wort zu tun, so ist der Tod hin und das Leben kommt wieder. Das also Christus recht sagt im Evangelium: «Gott ist ein Gott der Lebendigen, und nicht der Toten.» Denn obwohl Abraham, Isaak, Jakob und andere heilige Patriarchen gestorben sind, so leben sie doch Gott.

Deswegen sollen wir aus dem heutigen Evangelium an dieser Witwe Sohn lernen die große Macht, die Gott an uns erweisen wird durch Christum am jüngsten Tag, da er mit einem Wort alle Menschen hervor rufen wird aus dem Tode und die Gläubigen ewig selig machen. Solches wird in einem Augenblick geschehen, auf das wir ja nicht daran zweifeln, daß es beides bei dem Herrn Christus sei: die Macht, daß er es tun kann, wie er hier bewiesen, und der Wille, daß er es gern tun will. Denn hier steht das Beispiel. Der Witwe Sohn ist Tod, und er hat das Gehör und alle Sinne verloren. Aber sobald Christus mit ihm redet, hört er. Das ist doch eine seltsame, wunderbare Geschichte: der da nicht hört, der hört; der da nicht lebt, der lebt. Und geschieht doch mehr nicht, denn das Christus seinen Mund auftut, heißt ihn aufstehen. Das einige Wort ist so mächtig, daß der Tod weichen muß und das Leben wieder kommen.

Weil wir aber sehen, daß Christus uns so leicht aus dem Tode reißen und zum Leben bringen, und sehen hier, daß er es gern tun will; denn da ist kein Mensch, der ihn darum bittet, es jammerte ihn der armen Witwe Not, und ungebeten geht er hinzu, und macht ihren Sohn wieder lebendig: darum sollen wir dieses Beispiel annehmen und uns vor dem Tod nicht erschrecken, sondern uns des Herrn Christi trösten. Denn um unseretwillen ist es also geschehen. Als wollte er sagen: Ich weiß wohl, daß ihr euch vor dem Tode fürchtet; aber fürchtet euch nicht, euer Herz erschrecke nicht. Denn was kann er euch tun, wenn er gleich böse ist? Schrecken kann er euch. Aber dagegen lernt, daß ihr nicht allein dahin sehet, wie ihr es fühlet, und also eurem Schrecken folget, sondern sehet auf mich, was ich tun kann und was nicht gern tun will, nämlich, daß ich euch eben genau so leicht aus dem Tode erwecken kann, als ob ihr jemand auf dem Bette und aus dem Schlafe wecket. Und will es dazu mit Lust und gern tun. Daß es also weder am Willen, noch an der Kraft und dem Vermögen fehlen soll.

Da muß aus folgen, daß die Verstorbenen, so auf dem Friedhof und unter der Erde liegen, wohl leiser schlafen, denn wir in unserm Bette. Denn das kann wohl geschehen, daß du so hart schläfst, daß man dir zehnmal ruft, ehe du einmal hörst. Die Toten aber hören von einem einzigen Wort Christi, und wachen wieder auf, wie man hier am Jüngling, und Johannes 11. an dem Lazarus sieht.

Darum heißt der Tod vor unserm Herrn Gott nicht Tod. Vor uns heißt er und ist ein Tod, wenn wir sterben; denn wir liegen da und können uns selbst nicht helfen. Aber vor Gott ist er so ein leiser Schlaf, daß Christus kein Wort kann reden, wir hören es und werden davon lebendig.

Das wollte unser lieber Herr Christus uns gern lehren, auf das wir nicht erschrecken, wenn gleich Pest oder der Tod selber kommt, sondern sagen: Was kannst du denn, Tod, wenn du am bösesten bist? Du hast schreckliche Zähne, die zeigst du, und schreckst mich; denn ich sterbe nicht gern. Aber da will ich nicht hinsehen, was du allein tust, und wie du, gleich als der Henker, das Schwert ziehst; sondern ich will denken und sehen, was unser Herr Gott dazu tun kann und was er dazu tun will, wenn du mich gewürgt hast, nämlich, daß er sich vor dir nicht fürchtet, und fragt nach deinem Wüten und Würgen nichts; sondern er spricht: «Tod, ich will dein Tod sein; Hölle, ich will deine Pest sein.» Kannst du meine Christen Würgen, so kann ich dich wieder Würgen und sie lebendig machen.

Das ist der Trost, welchen der Herr in dem heutigen Evangelium uns vorhält, daß die Christen, ob sie gleich sterben, nicht tot sind, sondern sie schlafen, und schlafen so leise, daß Christus sie mit einem Finger, ja, mit einem einzigen Wort wecken kann. Das ist aber dem Tod eine kleine Ehre, daß wenn er am zornigsten ist, er nicht mehr tun wird und ausrichten soll, denn einen Menschen schlafen legen, daß Christus ihn wieder vom Tod mit einem Wort auferwecke; wie er sagt Johannes 5,25.: «Es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, werden die Stimme des Menschensohnes hören, und werden hervorgehen, die da Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens; die aber Übels getan haben, zu der Auferstehung des Gerichts.»

Den Trost haben die Christen; Türken und Juden haben ihn nicht, unsere Katholiken haben ihnen auch nicht. Sie wissen wohl, daß sie sterben müssen, und das Gottes Gericht und die Hölle ist. Was tun sie aber? Sie setzen ihr Herz und Hoffnung nicht auf Christum, sondern laufen ihm entgegen mit ihrem Messe halten, Fasten und anderem. Und halten Christum für anderes nichts, denn für einen Richter, der darum da sei, daß er verdammen und richten wolle. Das ist ein schrecklicher Irrtum und der leidige Teufel selbst, daß sie Christum böser machen, denn als den Tod selbst. darum fürchten sie sich vor dem jüngsten Tag, und haben ein blödes, verzagtes Herz .

Das tun die Christen nicht. Die wissen wohl, daß Christus die Ungläubigen an jüngsten Tage richten wird, die daß Wort nicht annehmen noch glauben wollen. Aber da machen sie einen Unterschied und sprechen: Ich bin getauft, und glaube an meinen Herrn Jesu Christum, daß er für meine Sünde gestorben und durch seine Auferstehung mir die Gerechtigkeit und ewiges Leben erworben habe. Was wollte ich denn mich fürchten? Er ist nicht mein Feind, sondern mein Freund und Fürsprecher bei dem Vater. Darum obgleich der jüngste Tag herein bricht, oder ich sonst sterbe, da liegt nicht an. Mein Herr Jesus Christus sieht dem Tod eine kleine Weile zu, wie er mich würget. Und wenn der Tod meint, es sei mit mir gar aus, ich sei gestorben, so schlafe ich nur; und schlafe so süß und leise, daß der Herr Christus den Mund nicht kann auftun, ich wäre es und stehe auf zum ewigen Leben.

Das laßt uns lernen und wohl merken, daß wir uns vor dem Tode und dem jüngsten Tage nicht fürchten. Denn Christus kommt nicht, daß der uns richten und verdammen wolle; er kommt, wie er hier zu der elenden Witwe und ihrem Sohn gekommen ist, daß er vom Tode uns auf erwecken und uns wieder zurechtbringen wolle, daß wir wieder hören, sehen, reden und anderes können. Also will er zu uns allen kommen, die wir an ihn glauben, und uns selig machen. Die aber nicht glauben, die wird er richten.

Darum sollen wir lernen dieses Heilandes begehren und ihm glauben, und in fester Zuversicht solche Hilfe und Gnade je länger je gewisser werden, und uns vor dem Tode und vor dem jüngsten Tage nicht fürchten. Wer sich aber fürchtet, der folgt dem alten Adam und seinem Fleisch, und nicht dem Herrn Christo, nach seinem Wort. Denn gewiß ist es, daß Christus am jüngsten Tage kommen und uns wieder vom Tode aufwecken wird. Deswegen ruhen der Christen Körper im Grabe, und schlafen, bis Christus komme und klopfen an das Grab und spreche: auf, auf! Dann werden wir auferstehen, als aus einem sanften, lieblichen Schlaf, und ewig mit dem Herrn Christus leben und fröhlich sein.

Also soll ein Christ einen anderes Herz haben, denn Türken, Juden oder Katholiken; die werden kleinmütig, erschrecken und verzagen in den letzten Zügen, daß sie nicht wissen, wie sie ein noch auskommen. Und es geschieht ihnen recht. Warum lernen sie nicht und glauben auch, daß Christus ein Heiland der Gläubigen, aber ein Richter über die Ungläubigen sei? Warum hören sie das Evangelium nicht, sondern verfolgen es, welches doch lehrt, wo wir uns des Herrn Christus trösten, daß er will unser Arzt, Helfer und Retter sein wider den Tod und Teufel. Aber sie stopfen die Ohren zu, und wollen weder hören, noch glauben, und suchen andere Mittel und Wege, dadurch sie dem Tod glauben zu entlaufen. Solches kann Christus nicht dulden, und muß der Ungläubigen Richter sein, da er gern, wo sie ein ihn glaubten, ihr Heiland sein wollte. Denn sie sind ihm Feind, und wollen seines Reiches nicht annehmen. Darum muß Christus sich als ein Richter gegen sie beweisen. Den Frommen aber, die sich sein trösten, will er Friede schaffen und Ruhe in Ewigkeit.

Nach dieser Lehre, die des Glaubens Lehre heißt, sollen wir auch vom Herrn Christus lernen barmherzig sein. Wir hören im Jahr oft von der Liebe, daß eines dem anderen dienen soll. Aber barmherzig sein, ist etwas mehr, ähnlich, daß man sich anderer Leute Jammer und Elend annehme. Als, wenn ich einen armen oder kranken Nachbarn habe, da soll ich nicht allein ihm gern helfen, sondern es soll auch sein Elend mich jammern, als wäre es meine eigene Sache. Wie wir hier am Herrn sehen, der ist ein Fremder, unbekannter Gast; als er aber das Elend an der Witwe sieht, nimmt er sich dieses an, als wäre es sein eigener Sohn, weint mit der Mutter, tröstet sie und hilft ihr.

Das ist das Beispiel der Liebe, welche folgen soll auf den Glauben, und wird auch nicht außen bleiben, wenn der Glaube rechtschaffen ist. Auf das wir nicht tun, wie die Bösen, verdorbenen Leute, deren jetzt so viel sind, auch unter uns, die Herzen haben von Stein und Holz, und treiben noch das Gelächter dazu, wenn sie sehen, daß es ihren Nachbarn übel geht, ja, tut ihnen wehe, daß jemand einen Pfennig hat. Aber mit den Christen sollte es nicht so sein; die sollen sich es erbarmen lassen, wo sie Not sehen, und fröhlich sein, wenn es anderen Leuten wohl geht. Wie Paulus sagt, daß man mit den Weinenden weinen und mit den fröhlichen sich freuen soll, und nicht tun wie die Steine und Klötze, die sich anderer Leute Unglück freuen, und wollten gern, es hätte niemand etwas, denn sie.

Nun ist aber die Barmherzigkeit zweierlei; wie denn die Not auch zweierlei ist, geistlich und leiblich. Den leiblichen Nöten soll man zulaufen, helfen, raten, womit man kann, wenn man sieht, daß die armen Leute der Hilfe brauchen weil sie sich nicht selbst helfen können.

Geistliche Not heißt, wo man an der Seele Not leidet. Als, wenn ich sehe, daß ein junger Mensch daher wächst, will die Predigt nicht hören, ja, verachtet sie, kann nicht beten, ist unzüchtig, Ungehorsam und voll Untugend. Wenn man einen solchen mahnt, und will es nicht helfen, mit ernstlichen Worten straft, ja, auch Ruten und Knüppel aufträgt, daß der Sünde und Art in der Zeit gewehret werde: das heißt Barmherzigkeit geübt. Denn wo die Seele solche Untugend auf sich hat, das ist weit gefährlicher und Ärger, denn so der Leib krank ist. Darum ist man schuldig, Barmherzigkeit an einem solchen Menschen zu erzeigen, wie man kann, mit Worten, Schlägen und Ruten.

Ja, sprichst du, es ist eine greuliche Barmherzigkeit, Ruten auf die Haut zu legen. Wie soll man ihm tun? Wenn es nötig ist, kann man es nicht umgehen. Müssen doch auch die Ärzte ein Bein oder Arm abnehmen, auf das der Leib errettet werde. Also ist es hier auch. Denn solche Strafe nimmt man darum vor, daß du Fromm und vom Teufel und seinem Reich erledigt werdest. Ist es nicht wahr, wenn du in ein Wasser fallen würdest, du würdest mir noch dazu danken, daß ich dich beim Haar erwischt und fest hielte, und nicht danach fragen, daß es dir sehr wehe täte? So du nun in leiblichen Nöten leiden kannst und leidest es gern, daß man dir wehe tut, weil es dein Nutz ist: warum wolltest du hier zürnen, da es nicht um das zeitliche Leben, sondern um das ewige, und nicht um den Leib, sondern um die Seele zu tun ist?

Also ist es auch ein Art der Barmherzigkeit, daß Gott belohnen will, wo böse Kinder und Knechte im Hause besinnt, daß man einen Stock in die Hand nehme und schmiere ihnen die Haut damit. Solches ist eine geistliche Salbe wieder der Seelen Krankheit, die da heißt Ungehorsam gegen Vater und Mutter, gegen Herr und Frau im Hause. So ist es nun ein Werk der Barmherzigkeit, so man den Menschen ansieht in seinen Jammer und Elend, und hilft ihm.

Auf solche Barmherzigkeit sollte besonders Vater und Mutter im Hause mit Kindern und Knechten, und die Obrigkeit im Regiment sehen mit ihren Untertanen; und sich ja hüten, daß sie zu solcher Barmherzigkeit nicht unbillig noch faul würden, wie es doch leider geschieht. Denn wer da wollte barmherzig sein und die Sünde nicht strafen, der würde eine zweifache Unbarmherzigkeit seinem Nächsten beweisen, und deswegen Gottes Zorn auf sich laden. Der leibliche Jammer kann auch groß sein. Als, wenn jemand ins Wasser oder Feuer fällt, da sieht man nicht danach, wie man dich leise angreifen und dir nicht möchte weh tun, sondern wie man dich erhalte. Warum wollte man denn in geistlichem Jammer und Not nach demselben sehen? Deswegen sollen harte Worte, harte Schläge und aller Ernst da gebraucht werden, daß man die armen Leute rette und aus des Teufels Netze zum Gehorsam bringe.

Darum merke das Beispiel unseres lieben Herrn Christus hier, und lerne, was Barmherzigkeit sei, nämlich, eine solche Tugend, die sich des nächsten Jammers annimmt. Der ist aber, wie gesagt, zweierlei. Ein leiblicher Jammer, als der ist, krank sein, arm sein, und dergleichen. Wo du solchen Jammer an deinem nächsten dir zu Herzen gehen läßt, daß du deinen Schaden tust, auf das du ihm hilfst: das ist recht und wohl getan, und heißt nicht allein dem nächsten, sondern auch Gott gedient, der will es auch belohnen. Der geistliche Jammer ist die Sünde; als da ist, im Hause, Ungehorsam, Unfleiß, ärgerliche Worte und Werke. Da heißt Barmherzigkeit, wenn man denen Knechten übel zuredet und straft. Will es nicht helfen, so befiel das übrige dem Henker; denn es muß doch bestraft werden. Denn der Henker ist auch ein barmherziger Prediger; besonders bösen Buben welchen weder zur raten noch zu helfen ist, sie verderben sich und andere Leute, wo man die Barmherzigkeit an ihnen nicht übte und mit dem Schwert nicht wehren würde.

Also ist das Köpfen und Henken, obwohl es gleich schrecklich ist und wehe tut, ein Werk der Barmherzigkeit. Denn wo es nicht wäre, würdest du keinen Bissen mit Frieden essen und keinen ganzen Fleck an deiner Haut behalten können. Darum lerne Barmherzigkeit üben, ein jeder in seinem Beruf, und hilf, nicht allein wo leiblicher, sondern auch, wo geistliche Jammer vorhanden ist.

Das sind die zwei Lehren aus dem heutigen Evangelium. Die eine Lehre vom Glauben: daß wir unerschrocken sollen sein, wenn es übel zugeht, und besonders, wenn wir Sterben sollen, und denken, daß wir am Herrn Christus so einen Helfer haben, der ein Wort hat, daß allmächtig ist. Darum soll man an ihm nicht verzagen. An uns selbst und an den Leuten kann man verzagen; ja, man muß wohl an ihnen verzagen. Denn dem Tod können sie nicht steuern, der ist ihnen zu mächtig. Aber in Gott und seinen Sohn Jesu sollen wir mutig sein. Denn was wir nicht können, das kann er; was wir nicht haben, daß hat er. Können wir uns nicht helfen, so kann er helfen, und will es sehr gern und willig tun, wie man hier sieht. Wo ein solches Herz ist, daß getrost am Herrn Christus hält, daß geht im rechten Dienst, der Gott gefällt. Die anderen, die verzagen und verzweifeln, die sind ihm feind und halten ihn für keinen Gott, sonst würden sie sich sein trösten. Die andere Lehre ist, daß wir, wie Christus, unseres nächsten Not uns sollen annehmen und jammern lassen. Unser lieber Herr Gott verleihe seine Gnade, daß wir beides lernen, und mit den Frommen Leuten hier im Evangelium den Herrn Christum um seine Wohltat auch in Ewigkeit preisen, Amen.

Martin Luther, Predigt am 16. Sonntag nach Trinitatis