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Stellungnahme zum Flyer „Gender.ismus? Was sich hinter den neuen Angriffen gegen Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt verbirgt und wie Sie damit umgehen können“

Freitag 18. August 2017 von Pfr. Dr. Hans-Gerd Krabbe


Pfr. Dr. Hans-Gerd Krabbe

Der Flyer „Gender.ismus? – Was sich hinter den neuen Angriffen gegen Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt verbirgt und wie Sie damit umgehen können“ wird vom „Evangelischen Zentrum Frauen und Männer gGmbH“ (Hannover) und der „Gleichstellungsstelle der Bremischen Evangelischen Kirche“ herausgegeben. Dieses mit Mitteln der EKD geförderte Faltblatt, das über die Dienstpost in viele (fast alle?) evangelischen Pfarrämter gelangt ist und das an der Gemeindebasis breit verteilt werden soll (dafür fließen Kirchensteuermittel!), erfüllt den Tatbestand von Irreführung und Täuschung. Als »Anti-Gender-Kräfte« (was für eine Titulierung) bezeichnet werden u.a. »ultrakatholische und protestantisch-fundamentalistische Kreise«, die scheinbar problemlos in eine Reihe gestellt werden können mit AfD und Pegida.

Übrigens: Wohin (aus)sortiert wird wohl Papst Franziskus, der sich kritisch zur Gender-Ideologie geäußert hat? Zudem: Wie steht es in unserem Land um das errungene Kulturgut der Meinungs-, der Glaubens-, der Gewissensfreiheit? Darf man/frau noch frank und frei aus dem gesunden Menschenverstand heraus eine eigene Meinung kundtun, ohne sogleich mit der Phobie-Keule diffamiert zu werden?

Der Vorhalt lautet: »Seit einiger Zeit ziehen neokonservative und rechte Kräfte in ganz Europa lautstark gegen eine offene Geschlechterpolitik zu Felde.« Weitere Rückfrage: Warum wird nicht klar ausgedrückt, was sich hinter »offene Geschlechterpolitik« verbirgt? Dazu: Wie sind diejenigen zu beurteilen, die für ihre Lebenseinstellung von anderen höchste Toleranz einfordern, aber denen höchst intolerant begegnen, die solche Einstellungen hinterfragen? Wie kämpferisch und verbohrt und verbiestert wird da oftmals zu Felde gezogen.

Ein weiterer Vorhalt lautet: »Damit verdrehen sie das befreiende Anliegen, das zu ›Gender‹ gehört, in sein Gegenteil.« Die Frage darf sehr wohl so sein: Wer verdreht hier was und verfolgt dabei welche Interessen? Wieso fehlt der umstrittene Begriff ›sexuelle Vielfalt‹? Wieso gibt es keine Aussage zur Vielfalt der Geschlechter (sind es achtzehn oder mehr?) Soll erneut verschleiert werden, dass es nicht nur um Emanzipation, nicht nur um Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, nicht nur um gleichen Lohn für gleiche Arbeit geht, sondern um anderes und mehr? Um eine Umerziehung und Sexualisierung der Gesellschaft, angefangen in den Kindertagesstätten und Schulen? Warum werden ›Ross und Reiter‹ der Gender-Politik nicht benannt, warum fehlen Beispiele für eine gendergerechte Sprache?

»›Gender‹ ist ein … Fachbegriff. Wo der seriös verwendet wird, geht es immer irgendwie darum, unser Geschlecht und was damit zusammenhängt so genau wie möglich zu verstehen.« – Hält diese Definition (vgl. ›irgendwie‹) einer wissenschaftlichen Überprüfung stand? Wer beweist, ›Gender‹ sei ein Fachbegriff? Um einem Wissenschaftsanspruch genügen zu wollen, müsste klar definiert und differenziert und positioniert werden, was ›Gender‹ im Kern wirklich meint und was nicht.

Nun auch dies noch: Wie mit der Aussage des Apostels Paulus nach Gal. 3,28 umgegangen wird, auch das tut weh … Unabhängig davon, wie Gal. 3,28 für die Gender-Theologie (??) umfunktioniert werden soll – treibt die Umdeutung des Paulus-Wortes im Flyer die Zornesröte nochmals ins Gesicht: »In Christus ist nicht männlich und weiblich.« Der biblische Befund dagegen lautet aufgrund von Taufe und Gotteskindschaft: »Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.« Das heißt: die Status-Unterschiede fallen unter den Christenmenschen weg, es geht ausschließlich und allein um die Glaubensbeziehung zu Jesus Christus, um die Gottesbeziehung, um nichts anderes, erst recht nicht um Geschlechterfragen! Vor GOTT sind nicht alle Menschen gleich (vgl.: »ein jedes nach seiner Art«, Gen. 1,24), aber alle sind Gottes bedürftig.

Wie nun mit diesem Anti-Gender-Flyer umgehen? Am liebsten würde ich vorschlagen: ›Stampft´s ein, und zwar schnell!‹ Oder: ›Wählt die Ablage P (=Papierkorb).‹ Aber nein. Eine Alternative jedoch könnte sein: ›Schickt diesen Flyer mit einer kurzen Protestnote zurück an Landeskirche und EKD sowie an die jeweiligen Stellen für Frauenarbeit!‹ Mit dem Hinweis: ›Annahme verweigert!‹

Für den Bekenntniskreis Baden:
Pfarrer Dr. Hans-Gerd Krabbe
Achern, im August 2017

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 18. August 2017 um 15:29 und abgelegt unter Gesellschaft / Politik, Kirche, Sexualethik.