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Ehe für alle – auch ein Demokratietest für Europa

Mittwoch 2. August 2017 von Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e. V.


Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e. V.

In Deutschland ist die Ehe jetzt eine genderbeliebige Beistandsgemeinschaft. So haben es die Fraktionen von SPD, die Linke und Grünen beschlossen. Mitgestimmt hat auch ein Viertel der Fraktion von CDU und CSU. Selbst in Brüssel war man überrascht. Nie zuvor gab es so einen Blitzkrieg gegen das Fundament jeder Gesellschaft, nämlich die Ehe zwischen Mann und Frau, die die Generationenfolge sichert. Ausgerechnet in Deutschland. Zwar hat man mit der deutschen Bundeskanzlerin schon manche machtpolitische Kehrtwende erlebt. Nur ist diese Volte moralisch ganz anders zu bewerten als etwa der Ausstieg aus der Atomenergie mit den seither notwendigen Milliardensubventionen für die Energie-Industrie, oder der Ausstieg aus der Wehrpflicht, oder die Einführung einer Frauenquote, die gegen das betriebliche Selbstbestimmungsrecht verstösst und bei Personalentscheidungen nicht mehr die Betriebserfahrung und beruflichen Qualitäten der Kandidaten, sondern das Geschlecht zum entscheidenden Faktor macht.

Oder auch der Umschwenk für den Mindestlohn und die Abschaffung des dreigliedrigen Bildungssystems zum ”Abitur für Alle”. Und nicht zu vergessen die Eurorettung, bei der deutsche Sparer täglich enteignet werden und nun für Italiener und Griechen zahlen, die ihrerseits über mehr Sparguthaben verfügen als die Deutschen. Schließlich gehört in die Reihe der Kehrtwenden auch die mit dem deutschen und europäischen Recht unvereinbare Öffnung der Grenzen für Wirtschaftsmigranten, die Deutschland auf Jahre verändern wird, und dass nur, weil man keine negativen Schlagzeilen erdulden wollte. Nur die Grünen freuen sich heute noch darüber, immerhin lief ihre Frontfrau und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth bei einer Anti-Afd-Demo am 28. November 2015 in Hannover hinter einem Transparent mit der Aufschrift ”Deutschland Du mieses Stück Scheisse” her. Nun also erfolgte innerhalb einer Woche die Abschaffung der natürlichen Ehe zwischen Mann und Frau zugunsten einer grenzenlosen Genderbeliebigkeit.

Wer solche Blitzkriege gegen Ehe und Familie in den politischen Institutionen auf nationaler und internationaler Ebene verstehen will, muss die ”Yogakarta-Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität” kennen. Sie wurden 2006 von einer Handvoll selbsternannter Rechtsexperten unter der Leitung von Michael O’Flaherty geschrieben und stellt die Strategie der LGBT-Gemeinschaft dar, um vor dem Hintergrund des Kampfes um individuelle Grundrechte alle gesellschaftlichen Normen auf den Kopf zu stellen. Heute ist O’Flaherty Direktor der einflussreichen EU-Agentur für Grundrechte. Die Yogakarta-Prinzipien wurden nie international anerkannt, aber ihre Inhalte werden Stück für Stück in nationales Recht eingeführt. Jetzt auch in Deutschland. Diese intellektuelle Grundlage des Kulturumbaus in Deutschland war kein Geheimnis. Man dürfte sie auch in Berlin gekannt haben.

Die Propheten der Homo-Ehe in allen Parteien haben bei europäischen Partnern abgeschaut, wie es möglichst nicht laufen soll und was vermieden werden muss, um die Homo-Ehe auch gegen den Widerstand der Bevölkerung durchzudrücken. In den vergangenen Jahren wurde die Homo-Ehe in Frankreich, Irland, Spanien, Italien nämlich nur nach massiven Protesten auf der Strasse und einer tiefgründigen gesellschaftlichen Diskussion eingeführt. Politiker mussten sich erklären. Transparenz in der Prozedur wurde eingefordert. Die katholischen Bischofskonferenzen sprachen machtlose Hirtenworte, legten sich aber bekenntnisstark mit den ihnen eigentlich nahestehenden christdemokratischen Parteien an. Sie blieben glaubwürdig, auch im Sinne „des Glaubens würdig“. Bürger mobilisierten sich gegen ihre gewählten Funktionsträger. Das jeweilige Volk dachte konservativ, die linken Regierungen setzten wie in Paris Tränengas und Wasserwerfer gegen Kinderwagen ein, der UNO-Menschenrechtsausschuss beschäftigte sich in Genf damit. In Slowenien und Kroatien mussten entsprechende Gesetze wieder annulliert werden. In der sozialdemokratisch regierten Slowakei stimmte die Regierung einer Verfassungsänderung zu, um die Ehe nur als Verbindung von Mann und Frau zu definieren.

Diese gesellschaftspolitischen Grundfragen haben in Europa die Forderung nach direkter Demokratie auf nationaler wie europäischer Ebene neu belebt. Zwar hält sich die Mobilisierung in Deutschland in überschaubaren Grenzen, wenn man Paris, Rom und Madrid als Vergleichsgrössen heranzieht. Doch wenn sich alle Familien-Organisationen und einige Diözesanverbände des Familienbunds der Katholiken zusammentäten, entstünde eine erhebliche gesellschaftliche Kraft in den Städten und Gemeinden – dort wo Mandatsträger im Einzelfalle persönlich bekannt sind, ihre Entscheidungen rechtfertigen müssen und wo sich ihre politische Zukunft im Wahlkreis entscheidet. Um solch eine Mobilisierung zu vermeiden, wurde die gesellschaftliche Diskussion von vornherein ausgeschlossen.

Das ist keine deutsche Eigenart. Bürgerbeteiligung bei gesellschaftlichen Grundfragen zu umgehen ist eher eine Spezialität der EU-Kommission in Brüssel. Das im EU-Vertrag vorgesehene Element der Europäischen Bürgerinitiative beispielsweise ist reine Makulatur. Bislang schafften es nämlich nur drei Initiativen, die Kriterien zu erfüllen, darunter ”One of Us” – „einer von uns“. Letztere hatte zum Ziel, das EuGH-Grundsatzurteil C-34/10 (”Der Mensch ist ab der Befruchtung ein Mensch”) umzusetzen. ”Einer von Uns” wurde in Deutschland von der Zivilen Koalition betrieben und politisch von einer Reihe von Lebensrechtsschutzinitiativen unterstützt. Die Barroso-Kommission liess diese Initiative zwar zunächst zu, verweigerte nach Erfüllung der Vorgaben jedoch die Umsetzung der Forderungen. Nun ist ein Verfahren beim EuGH anhängig. Gleiches gilt für eine Initiative gegen das Freihandelsabkommen TTiP, welches von vornherein von der Juncker-Kommission abgelehnt wurde. Jüngstes Beispiel für die Ablehnung transnationaler Bürgerbeteiligungen durch die Juncker-Kommission ist die Initiative ”Mum Dad and Kids”. Schon die Zulassung erfolgte widerwillig. Im Protokoll der Sitzung des Kommissarkollegiums vom 9. Dezember 2015 äusserte sich Kommissionspräsident Juncker derart bösartig, dass selbst der Daily Telegraph in Grossbritannien das Thema aufgriff. Wenn also der Präsident der EU-Kommission Juncker transnationale Bürgerbeteiligung (vor allem bei ethischen Fragen) ablehnt, und wenn dessen erster Vize-Präsident Timmermans ausdrücklich dafür wirbt, die Homo-Ehe in allen Mitgliedsstaaten durchzusetzen, dies sozusagen zu seiner persönlichen Agenda macht und dafür derzeit einen Kreuzzug gegen besonders selbstbewusste Nationen führt, dann darf man sich über den Vertrauensverlust in die EU nicht wundern.

Subsidiaritätsprinzip, EU-Austrittsklausel, Europäische Bürgerinitiative stehen eigentlich für eine demokratische EU. Gerade mit einer grenzüberschreitenden transnationalen Bürgerbeteiligung könnten sich die Verfechter des EU-Zentralstaats unter Brüsseler Leitung endlich ihr ”EU-Staatsvolk” herbeireden, das es ja bislang nicht gibt – und ohne Volk kein Staat. Aber man gewinnt hier in den Brüsseler Gängen den Eindruck, dass die grösste Angst der Eurokraten darin besteht, daß eine transnationale Koordinierung der verschiedenen nationalen Bürgerinitiativen einen ausser-institutionellen Machtfaktor schaffen könnte, der sich ihrer Kontrolle entzieht. Direkte Demokratie zu fordern ist eine berechtigte Forderung – besonders bei so wichtigen Entscheidungen wie der Definition von Ehe und Familie. So gesehen sind die Blitzkriege gegen Ehe und Familie auch ein Lackmustest für die Demokratiefähigkeit der EU. Bisher ist der Test negativ, er bescheinigt keine Toleranz demokratischer Grundregeln, sondern ideologisch gefärbte Intoleranz.

Einen angenehm-sonnigen Sommer wünscht dennoch,

Ihr Junius

Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie, Brief aus Brüssel, Juli 2017

Zur Erinnerung: Mehrfach wurden wir gebeten, die Identität des Briefeschreibers aus Brüssel preiszugeben. Es handelt sich um eine Gemeinschaftsarbeit von Informanten und Redaktion. Sie erinnert an die sogenannten Junius letters, in denen ein Pseudonym namens Junius in der Zeitschrift Public Advertiser in London vom 21. Januar 1769 bis zum 12. Mai 1772 Briefe über die  Geschehnisse am Hofe und im Parlament veröffentlichte. Darin wurden die Machenschaften in der Königsfamilie, von Ministern, Richtern und Abgeordneten satirisch und mit Sachkenntnis der internen Vorgänge und Intrigen aufgespießt. Die Junius-letters gelten als erster Beleg des journalistischen Zeugnisverweigerungsrechts.

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 2. August 2017 um 11:39 und abgelegt unter Ehe u. Familie, Gesellschaft / Politik.