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Der Wert des Menschen – Christliche Botschaft an die Politik

Dienstag 10. Juli 2007 von Erzbischof Janis Vanags


Erzbischof Janis Vanags

Der Wert des Menschen – Christliche Botschaft an die Politik 

Interview der lettischen Zeitung „Neatkaríga Ríta Avíze Latvijai“ mit Erzbischof Janis Vanags über das Verhältnis von Christentum und Gesellschaft (22.06.2007).

Erzbischof Jānis Vanags: „Auf unsere Zukunft in Europa blicke ich nicht übermäßig optimistisch.“ Wir sprachen mit Erzbischof Jānis VANAGS über die Beziehungen der Kirche zur Politik und die Spekulationen der Politik mit der Kirche.

Der Papst kritisierte in einem Vortrag im vorigen Herbst die westliche Welt, daß sie das Christentum vernachlässigen würde. Der lutherische Erzbischof hat in einem Schreiben über die europäischen Konsequenzen ähnliches ausgesprochen. Was heißt in diesem Zusammenhang – vernachlässigen?

Der christliche Glauben ist auf das Leben insgesamt gerichtet. Die Menschen haben gemeinsame Werte und Normen. Sie sind sogar bereit, ihre eigenen Interessen im Namen der höchsten Ideale der Freiheit zurückzustellen, um Christi willen. Die christlichen Ideen machten einst Europa zu einem Ort einer so vitalen Zivilisation. Dagegen spornt unsere Zeit einen jeden an, selbst seine eigene Ethik, seine Werte und sogar seine Religion zu formulieren. Der Mensch der Postmoderne sagt, daß das Einzige, was für die Religion von irgendeiner Bedeutung ist, mein Verhältnis zu Gott sei, aber wie diese sind und was das für ein Gott ist, das lasse ich mir selbst einfallen. Durch den Individualismus gibt es bei den Menschen immer weniger Gemeinsames, seine Interessen sind egozentrisch und habsüchtig. Im Zentrum der Gesellschaft gibt es den Markt, der die Leidenschaften und primitivsten Triebe weckt, um sie dazu zu bewegen, sogar das zu verbrauchen, was sie eigentlich gar nicht brauchen. Das steht aber zur christlichen Lebensauffassung in krassem Gegensatz. Oberflächlich betrachtet, mag das alles verlockend und angenehm erscheinen, aber langfristig ist es dem Untergang preisgegeben. Europa wird immer älter und gebrechlicher und kann nur noch wie eine Alte mit dem Finger drohen und alle belehren, wie sie zu leben haben, ohne auf die Ursachen der Hinfälligkeit zu reflektieren. Auf unsere Zukunft in Europa blicke ich nicht allzu optimistisch. Das Verlangen, die individuelle Freiheit uneingeschränkt auszuweiten und zu nutzen – das wird immer größer werden. Damit werden die traditionellen gemeinsamen Strukturen des Zusammenlebens abgebaut, die es Europa ermöglichten, sich so vital zu entwickeln und in der ganzen Welt zu dominieren. Vitale Nationen, vitale Zivilisationen müssen wir bereits heute wo anders suchen. Wie hofft Europa eigentlich 70 Millionen Menschen mit einer sehr deutlichen islamischen Identität zu integrieren, wenn es die Türkei in die EU aufnimmt? Das wird zu sehr großen Veränderungen führen.

Aber muß die Kirche die Zeit fatalistisch begreifen und sich ihrer Umgebung anpassen? Bei Lukas 12,56 lese ich: „Über das Aussehen der Erde und des Himmels könnt ihr urteilen; warum aber könnt ihr über diese Zeit nicht urteilen?“ Und daher tun sich die Gegner der Kirche wichtig – wir leben doch im 21. Jahrhundert, aber wo seid ihr geblieben?

Die Kirche von heute repräsentiert nicht den ganzen Staat und die ganze Gesellschaft wie im Mittelalter. Sie kann nicht mehr wie Innozenz III die Könige am Ohr zupfen und ihnen sagen, was sie zu tun haben. Die Kirche ist bestrebt, das christliche Lebensmodell in ihrem Inneren umzusetzen und so ein alternativer Lebensraum zu sein. Teilweise kann ich dem beipflichten, daß die Kirche nicht immer eine für das 21. Jahrhundert verständliche Sprache spricht. Doch keineswegs kann ich dem zustimmen, daß die christliche Botschaft heute nicht mehr aktuell sei. Gibt es Gott? Wie sind meine Beziehungen zu ihm? Wer bin ich? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Was wird geschehen, wenn ich diese Schwelle übersteigen werde? Im christlichen Raum ist die Frage noch konkreter – wer errettet mich im Gericht Gottes, wenn ich über mein Leben Rechenschaft ablegen muß? Das fragen die Menschen und werden sie fragen. Wenn das 22. Jahrhundert vor der Tür steht, wird man sich an viele heute aktuell erscheinende Theorien nicht mehr erinnern, aber über diese Fragen werden die Menschen immer nachdenken. Und die Kirche wird darauf etwas zu sagen haben. Wo sind wir als Kirche? Ich möchte sagen, daß wir, die wir in unserer Zeit leben, auf den Kreis der ewigen Dinge ausgerichtet sind.

Die Kirche ist vom Staat getrennt. Aber die Religion ist nicht von der Gesellschaft getrennt. Wie lautet die Botschaft der Kirche an die Politik, über die so mancher Philosoph sagt, daß sie nichts mit Moral, und so mancher Theologe – daß sie nichts mit dem Heiligen, sondern nur mit dem Profanen zu tun hätte?

Im Blick darauf bin ich ein Idealist. Ich möchte gerne daran glauben, daß Politik etwas mit Moral zu tun haben könnte. Ich habe den Eindruck, daß für viele Menschen die ethischen und geistlichen Werte zu ihren Bedürfnissen des Alltags gehören. Und dennoch erwarten sie, daß diese Werte auf irgendeine Weise beachtet und respektiert werden.

In der Politik werden Menschen mit Gewalt überwacht und oftmals werden dabei die „Alltagsnotwendigkeiten“ übertreten.

Eine Überwachung mit Gewalt führt dazu, daß diejenigen, welche die Macht haben, nicht mehr diejenigen hören, die sie nicht haben. Die christliche Botschaft an die Politik ist die, daß jeder Mensch ein Wesen von einmaligem Wert ist. Die Vorstellungen sowohl von den Menschenrechten als auch von einer gerechten Politik haben ihren Ursprung im christlichen Verständnis vom Wert des Menschen als Bildnis und Gleichnis Gottes.

Die Kirche kann sich immer noch des Vertrauens von über der Hälfte der Einwohner Lettlands sicher sein. Die staatliche Macht ist davon weit entfernt. Das allein belegt, daß die Kirche Einfluß hat, und daß die Politik diesen Einfluß in ihr Spiel einbeziehen möchte.

Nun ja, gelegentlich benutzt man uns als Leiter der Kirchen auch ein wenig dazu. Man bittet uns um ein Gespräch, und dort tauchen plötzlich freundschaftlich gestimmte Medien auf, die alles filmen und dann mit entsprechenden Kommentaren vorführen. Manches Mal muß man darüber lächeln, manches Mal ärgert man sich darüber, daß die Kinder dieser Welt in ihren Bereichen klüger sind als die Kinder des Lichtes. Aber eigentlich sind die Beziehungen zwischen der Kirche und der Politik ein ganz kompliziertes Gebilde. Auf der einen Seite soll die Kirche in unserer Zeit auf diesem Gebiet etwas ganz konkretes leisten. Fünfzehn Jahre meines Lebens mußte ich mich mit den Beziehungen zwischen der Kirche und dem Staat befassen. Mehr, als ich es eigentlich gewollt hätte. Aber die Sowjetzeit hat die Menschen hier so vereinnahmt, daß auch den Leuten der Kirche die Kenntnis über den Platz der Kirche und deren Möglichkeiten, in der Gesellschaft zu wirken, fehlte. Da gibt es viel Skepsis und Unverständnis. Um etwas neu aufzubauen, muß man sich oft mit Politikern treffen und mit ihnen reden. Vielleicht ist das vielen schädlich erschienen. Mir wurde oft die Frage gestellt – weshalb tanzen die Leute der Kirche so oft um die Vertreter der Macht herum? Was haben sie bei denen zu suchen? Aber das Verhältnis zwischen dem Staat und der Kirche bedarf einer Klärung und muß weiter entwickelt werden. Andererseits hat die Kirche von ihrer Berufung her eine prophetische Funktion. Die Kirche muß zur rechten Zeit die staatliche Macht mit dem göttlichen Imperativ konfrontieren. Mit dem allerhöchsten Maßstab, mit Gott. Konfrontieren und kooperieren… Da gibt es keine Widersprüche, hier geht es um zwei verschiedene Ebenen. Doch vom Rande her betrachtet, mag das wirklich widersprüchlich erscheinen.

War nicht die Situation vor dem 18. November 2000, als Sie es ablehnten, den ökumenischen Gottesdienst zu leiten, ein Beleg dafür, daß die weltliche Macht diese zweite Funktion der Kirche nicht mehr ernst nahm?

Ich denke, daß dieses wirklich ein Augenblick war, in dem alle diese prophetische Funktion der Kirche wahrnahmen. So genau kann ich mich an die Einzelheiten der Umstände und Empfindungen der damaligen Zeit nicht mehr erinnern… Jedenfalls hieß es überall: Das nationale Erwachen zum Wohl für das ganze Volk… Doch allmählich kam man zur erschütternden Einsicht, daß in der staatlichen Verwaltung vieles zu geschehen begann, nicht zum Wohl des ganzen Volkes oder des Staates, sondern zum Wohl der geschäftlichen Interessen Einzelner. Zuerst versuchte ich das in meiner Predigt am 18. November 1999 auszusprechen. Das löste zwar eine gewisse Aufregung aus, führte aber sehr schnell zu weiterem Verschweigen. Im Jahr darauf hatten wir das Empfinden, daß wir besser schweigen sollten. Und das löste eine größere Reaktion aus als das Reden.

Ist es jetzt besser?

Als ein Jahr danach der nächste 18. November herankam, warteten alle gespannt darauf, was Vanags dieses Mal wohl machen würde. Aber damals hatte ich nicht die Absicht, etwas wie einen Hungerstreik anzukündigen – also daß ich nicht mehr reden würde, bis im Staat alles in bester Ordnung wäre. Ein Jahr davor war das eine einmalige Aktion, ein Aufruf an die Politiker und an die Gesellschaft, daß in unserem Staat etwas schief geht, und wir es dabei nicht belassen dürfen. Die Staatsmännern wandten sich wieder ihren Pflichten gegenüber ihrem Volk zu. Das Volk muß fordernder werden und darf sich nicht außer Kraft setzen lassen. Ich denke, daß das damals alle verstanden hatten. Ein Versuch der Wiederholung wäre kindisch gewesen, und eigentlich ist unser Auftrag die Mission durch das Wort und nicht durch das Schweigen. Im nächsten Jahr versuchten wir, in das große gemeinsame Fürbittengebet möglichst viele Vertreter der Gesellschaft aktiv einzubeziehen, auch die Vertreter der staatlichen Macht. Wir wollten Solidarität schaffen zwischen ihnen und dem Himmel. Das ist es, was wir auch weiterhin zu tun bestrebt sind. Das ist kein Widerspruch, sondern einfach eine andere Weise, das zu erreichen, was wir uns gewünscht hatten. Aber im Ganzen habe ich den Eindruck, daß sich die Dinge in eine gute Richtung bewegt haben. Wir sind nicht mehr in der wilden Phase des Kapitalismus wie im Jahr 2000.

Wie steht es um die Beziehungen zwischen der Kirche und der Politik? Der von Weber hoch gelobte Einfluß des Protestantismus schwindet. Aber die Kirche müht sich, ihre Identität, ihren Einfluß nicht nur bei den Leuten, sondern auch bei der politischen Macht zu wahren. Wo liegen die hauptsächlichen Gegensätze zwischen der Kirche und der Politik?

Ich würde eher von der Spannung zwischen der christlichen Position und dem Säkularismus sprechen. Sogar in Brüssel gibt es diese Spannung oder diese gegensätzlichen Positionen. Ich war dort mehrfach und habe dabei das europäische Beamtentum kennen gelernt. Unter ihnen bilden Christen und Säkularisten jeweils etwa die Hälfte. Vielleicht sind die Säkularisten sogar etwas in der Überzahl, und damit auch die Idee, daß ein Staat säkular, weltlich sein müsste. Sogar viele Christen stimmen dieser These zu, denn sie denken, daß säkular religiös neutral bedeuten würde. Das ist ein Mißverständnis. Der Säkularismus ist eine Ideologie, die gegen alles Religiöse äußerst aggressiv eingestellt ist. Damit sind Säkularisten in der Regel auch Fundamentalisten. Man könnte eher davon sprechen, daß der Staat neutral zu sein hätte und für gleichwertige Voraussetzungen für alle Weltanschauungen Sorge tragen müßte.

Es ist der Kirche nicht verboten, mit politischen Parteien zu kooperieren. In welchem Rahmen ist das der Fall?

Die Kirche sollte von keiner Partei sagen – schaut, das ist unsere Partei. Die Kirche sollte eher Programme, Ideen und Vorhaben fördern. Die Medien befassen sich sehr gerne mit der „Ersten Partei“ (PP), besonders wenn sie einmal etwas unternommen hat, was bei dem Volk nicht gut angekommen ist. Dann wird dieser Partei sehr schnell der Spitzname „Pastorenpartei“ angehängt. Doch auch die LPP ist keine Partei der Kirche. Eins ist allerdings wahr. Die PP war bisher die einzige, die auf eigene Initiative regelmäßig zu uns gekommen ist mit der Frage: was interessiert euch, was habt ihr für Wünsche? Schließlich haben die Kirche und die Christen wesentliche Interessen (nicht so sehr wirtschaftliche als vielmehr geistliche Interessen), welche sie als objektive gesellschaftliche Notwendigkeiten begriffen haben, die Beachtung und Respekt verdienen. Daraus macht man der LPP den Vorwurf, daß sie auf diese Weise sich die Stimmen der Christen einhandeln möchte. Aber das ist doch die normalste und beste Weise für eine Partei, die Stimmen der Wähler zu gewinnen, wenn sie das tut, was die Wähler von ihr erwarten. Ich habe stets gesagt, daß es niemanden gäbe, der einer anderen Partei verboten hätte, auf eigene Initiative zu uns zu kommen, und davon zu profitieren. Für die Kirche ist es wichtig, daß es in der Saeima Menschen gibt, mit denen sie reden kann, und sei es, daß sie ihnen erklären kann, wodurch sich die innere Logik der Kirche von der Logik weltlicher Organisationen unterscheidet.

Wie funktionieren die Verträge zwischen den Kirchen und dem Staat?

Zur Zeit funktioniert überhaupt nichts. Die Idee eines Staats-Kirchen-Vertrages wurde von Deutschland entlehnt. Dort schließt jedes Bundesland Verträge mit den lutherischen Kirchen und der katholischen Kirche ab über die Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten. Das stellte man sich auch hier so vor, als der Vertrag unterzeichnet wurde. Doch dann sagten die Juristen, daß das nicht möglich sei. Man könnte dadurch nicht das ganze System der staatlichen Gesetzgebung durcheinander bringen. Jetzt versucht die Saeima, diese unterzeichneten Verträge in die Form eines Gesetzes umzuformulieren und dieses auf gewohntem Wege zu beschließen. Das die Lutheraner betreffende Gesetz ist bei der zweiten Lesung stecken geblieben.

Im Zusammenhang mit der Wahl eines neuen Staatspräsidenten wurde als Gegensatz dargestellt, daß das Volk Herrn Endziņš, die Kirche jedoch Herrn Zatlers bevorzugen würde.

Herr Zatlers hat den Wunsch geäußert, sich mit uns, den Leitern der Kirche, zu treffen. Das Gespräch fand am Sonntag Trinitatis statt. Herr Zatlers erläuterte seine Ansichten über Fragen, die uns interessieren, und sagte – daß er, sollte er zum Staatspräsidenten gewählt werden, sehr daran interessiert sei, den Dialog mit der Kirche auch künftig fortzusetzen. Als wir den Saal verließen, stand dort eine Kamera, und man befragte uns nach dieser Begegnung. Ich sagte, daß das Gespräch interessant und erfreulich gewesen sei, und das war auch wirklich der Fall. Das ist das, was damals geschehen ist. Herr Endziņš hat nicht den Wunsch geäußert, sich mit uns zu treffen. Damit gab es eigentlich für die Medien keinen Anlass, daraus irgendwelche Schlüsse zu ziehen.

Ist der Übergang der St. Petrikirche in Riga in kirchlichen Besitz ein Geschenk der politischen Macht an die ELKL? Wofür?

Die St. Petrikirche ist von Rechts wegen und nach ihrer Bestimmung Eigentum der lutherischen Kirche. Sie ist ein Gotteshaus und kein Club oder Museum. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie der deutschen Gemeinde, und die deutschen Gemeinden waren ein Bestandteil der Evangelisch-lutherischen Kirche Lettlands, und keine eigenständige Kirche. Deshalb wurde der ganze Besitz der deutschen Gemeinden bei der Umsiedlung der Deutschen (auch die St. Petrikirche) nicht verkauft, sondern vom Oberkirchenrat der ELKL übernommen. Ja, die St. Petrikirche wurde während des Zweiten Weltkrieges schwer beschädigt und nach dem Kriege restauriert, jedoch durch Geld, das aus Moskau kam, und nicht aus Riga. Und jene 65%, die als Investition für die Restaurierung als Begründung dafür genannt werden, daß die Kirche im staatlichen Besitz bleiben müsste, betreffen von Rechts wegen nur die Kompensationen, und nicht die Rückgabe des Besitzes an den Eigentümer. Wenn der Oberste Rat damals nicht gesagt hätte, daß wir für den Dom und die St. Petrikirche eigene Gesetze brauchten, wäre die St. Petrikirche schon längst den Lutheranern zurückgegeben worden. Im Falle des Domes wurde damals die Frage des Eigentumsrechtes durch die Saeima vernünftig und gerecht gelöst. Man sollte jetzt wirklich nicht einen Beschluss herbeizuführen versuchen, um eine Möglichkeit zu schaffen, die St. Petrikirche noch einmal zu konfiszieren.

Wie weit darf die Kirche politisch gehen, um ihre Interessen zu wahren?

So weit, daß sie nicht ihre Lehre, ihre Ideale und ihren Auftrag bloßstellt. Das war einst die Tragödie der lutherischen Kirche in unserem Lande, daß sie den Baronen so nahe stand. 1905 fielen einige Revolutionäre über Pastoren her und erschossen sie, weil sie diese mit der herrschenden Macht identifizierten. Ich denke, daß die Kirche in eine solche Situation nie mehr geraten dürfte. Sie müßte immer dazu fähig sein, ihren prophetischen Auftrag wahrzunehmen und ihre Stimme für diejenigen zu erheben, denen das verwehrt ist. Sie sollte sich um die Gerechtigkeit in der Gesellschaft sorgen oder mindestens für sie eintreten. Soll ein Pastor in die Politik gehen? Das ist nicht unmöglich. Wenn wir auf Ainārs Baštiks schauen (Pastor einer Baptistengemeinde), dann sehen wir in ihm einen sehr fähigen Minister. Doch noch besser wäre es, wenn das andere Glieder der Kirche, Laien, täten. Der Pastor hat seinen Platz eigentlich am Altar. Und wenn ein Pastor in der Politik etwas Schlechtes bewirkt, dann geht das auch auf das Haupt der ganzen Kirche und sogar vieler, die dann um Christi willen dafür leiden müssen.

Übersetzung: Johannes Baumann

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 10. Juli 2007 um 17:11 und abgelegt unter Interview.