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Predigt über Psalm 68,19: Des Herrn triumphierende Himmelfahrt

Mittwoch 24. Mai 2017 von Charles Haddon Spurgeon (1834-1892)


Charles Haddon Spurgeon (1834-1892)

«Du bist in die Höhe gefahren und hast das Gefängnis gefangen; Du hast Gaben empfangen für die Menschen, auch für die Abtrünnigen, daß Gott, der Herr, dennoch daselbst bleiben wird» (Psalm 68,19).

Der Berg Zion war den Händen der Jebusiter entrissen worden. Sie hatten denselben noch behauptet, nachdem das übrige Land bereits eingenommen worden war; aber David hatte ihn endlich doch genommen. Dies war der Berg, der von alters her von Jehova zum Tempelplatz bestimmt war. David brachte deshalb die Lade Gottes unter freudigem Jauchzen aus dem Hause Obed-Edoms nach der Stätte, wo sie bleiben sollte. Dies ist die buchstäbliche Tatsache, auf welche sich das Bild des Textes bezieht.

Wir befinden uns hinsichtlich der geistlichen Auslegung in keiner Verlegenheit, denn wir wenden uns zu Epheser 4,8, wo der Apostel Paulus, der mehr den Sinn als die genauen Worte der Stelle wiedergibt, sagt: «Er ist aufgefahren in die Höhe, und hat das Gefängnis gefangen geführt, und hat den Menschen Gaben gegeben.» Denselben Sinn finden wir Kolosser 2,15: «Und hat ausgezogen die Fürstentümer und die Gewaltigen, und sie Schau getragen öffentlich und einen Triumph aus ihnen gemacht.» Wir werden also nicht durch unsre Phantasie irre geführt, sondern von dem klaren Licht des untrüglichen Wortes in der Erklärung unsers Textes geleitet. In Davids Worten haben wir eine Anrede an unsern Herrn Jesum Christum, die sich auf seine Auffahrt zu seiner Herrlichkeit bezieht.

Unser Heiland stieg herab, als Er als Säugling zur Krippe Bethlehems kam, und Er stieg ferner herab, als Er, «ein Mann der Schmerzen, vertraut mit Qual» wurde. Er stieg noch tiefer herab, als Er gehorsam ward bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz, und noch tiefer, als sein toter Leib ins Grab gelegt wurde. Mit Recht sagt unser Apostel: «Daß Er aber aufgefahren ist, was ist es anders, denn daß Er zuvor hinuntergefahren ist in die untersten Örter der Erde?» Lang und dunkel war das Hinabsteigen; es gab keine Tiefen der Erniedrigung, der Versuchung und der Leiden, die Er nicht ergründete. Da Er an Stelle der Sünder dastand, ging Er so tief, wie die Gerechtigkeit es von den Sündern erforderte, welche es gewagt hatten, das Gesetz Gottes zu mißachten. Der äußerste Abgrund der Verlassenheit hörte Ihn rufen: «Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?» Tief unten im Grabe lag Er; aber sein Angesicht war nach oben gewandt, denn die Verwesung konnte Er nicht sehen.

Am dritten Tage verließ Er das Lager der Toten und erhob sich zum Licht der Lebendigen. Er hatte seinen herrlichen Aufstieg begonnen. Um zu beweisen, wie wirklich seine Auferstehung war, blieb Er vierzig Tage auf Erden und zeigte sich vielen Zeugen. Er gab untrügliche Beweise davon, daß Er wirklich vom Tode auferstanden war, und diese haben wir als historische Tatsachen noch heute. Er ass, um zu beweisen, daß Er kein Phantom war. Einer legte seine Finger in seine Nägelmale und seine Hand in seine Seite. Selbst die Zweifel der Jünger wurden gebraucht, um den Beweis klarer zu machen. Die Tatsache, daß Jesus gestorben war, wurde durch den Speerstich zweifellos festgestellt, und die Tatsache, daß Er in materieller Gestalt wieder lebte, wurde durch die Berührung des Thomas ebenso festgestellt. Es ist über alle Zweifel erhaben: Jesus Christus ist auferstanden von den Toten und der Erstling geworden unter denen, die da schlafen.

Nachdem dies zweifellos festgestellt war, kam die Zeit für unsern Herrn, seine heimwärts und aufwärts gerichtete Reise fortzusetzen und zu der Herrlichkeit zurückzukehren, von welcher Er herabgekommen war. Vom Ölberg aus wurde Er, während die Jünger Ihn umgaben, aufgenommen, und «eine Wolke nahm Ihn vor ihren Augen weg.» Den weiteren Verlauf können wir nicht beschreiben. Die Einbildung und der Glaube sieht Ihn sich über alle uns bekannten Regionen, über jede nur denkbare Höhe erheben. Er nähert sich dem Himmel, und der Befehl ergeht: «Tut euch auf, ihr ewigen Tore, daß der König der Ehren einziehe.» Wie hoch Er gestiegen, nachdem Er das Perlentor passiert hat, kann uns Paulus nicht sagen, außer, daß er sagt: «Er ist aufgefahren über alle Himmel», und daß er Ihn beschreibt als Den, «den Gott gesetzt hat zu seiner Rechten im Himmel, über alle Fürstentümer, Gewalt, Macht, Herrschaft», und «der da wohnt in einem Licht, da niemand zukommen kann.» Der Mensch Christus Jesus ist zu dem Platz zurückgekehrt, von welchem seine Gottheit kam. Du, Christus, bist der König der Ehren! Du bist der ewige Sohn des Vaters! Du thronst im höchsten Himmel, bekleidet mit aller Herrlichkeit und Macht, als König aller Könige und Herr aller Herren. Deinem Namen bringen wir in Demut jetzt und in Ewigkeit unsre Hallelujas dar!

I.

Hinsichtlich des Textes selbst nun, der von der Himmelfahrt unsers gelobten Herrn handelt, wollen wir zuerst sagen, das unsers Herrn Triumph durch seine Himmelfahrt dargestellt wurde.

Er kam hierher, um Gottes und der Menschen Feinde zu bekämpfen. Es war ein furchtbarer Kampf, den der Herr nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen Sünde, Tod und Hölle, den Haß gegen Gott und die Liebe zur Falschheit führte. Er kam, um unser Verfechter zu sein. Er rang, bis sein Schweiß zu großen Blutstropfen wurde; ja, Er schüttete seine Seele im Tod aus. Nachdem Er den Kampf beendet, verkündete Er durch seine Rückkehr zu des Vaters Thron seinen Sieg.

Nun hat sein Hinabsteigen ein Ende. Es war nicht nötig, daß Er unter den Menschen bleibe, die Ihn verachteten. Schmach und Leiden und Lästerung und Tadel – alles ist nun weit unter Ihm. Er ist nun außer dem Bereich der spottenden Sadduzäer und der Ihn beschuldigenden Pharisäer. Der Verräter kann Ihn nicht wieder küssen; Pilatus kann Ihn nicht wieder geißeln und Herodes Ihn nicht mehr verspotten.

Nun war auch unsers Herrn Werk getan. Wir sind gewiß, daß die Absicht seiner Liebe gesichert ist, sonst würde Er zu seiner Ruhe nicht zurückgekehrt sein. Die Liebe, die Ihn hierher brachte, würde Ihn hier festgehalten haben, wenn nicht alles vollbracht wäre, was zu unserm Heil notwendig war. Christus ist kein Enthusiast, der schnell ein Unternehmen beginnt, dessen Er müde wird, ehe es ausgeführt ist. Er gibt ein einmal angefangenes Werk nicht auf. Weil Er sagte: «Ich habe vollendet das Werk, das Du mir gegeben hast, daß ich es tun sollte», und dann zum Vater auffuhr, kann ich mit Gewißheit behaupten, daß, was hinsichtlich der Unterwerfung der Mächte der Finsternis von Ihm gefordert wurde, was zum Heil seiner Erlösten nötig war, auch erfüllt und erduldet worden ist. Was auch immer die Absicht und der Zweck des Todes Christi war, er ist vollständig erreicht worden; sonst wäre Er nicht aufgefahren. Ich glaube nicht an einen geschlagenen und enttäuschten Heiland, auch nicht an ein göttliches Opfer, das seinen Zweck verfehlt hat. Ich glaube nicht an ein Versöhnungsopfer, das wunderbar groß, aber bedenklich unwirksam ist. Welches auch die Absicht des Christus Gottes in dem großen Vorgang am Kreuz sein mochte – sie ist völlig erreicht worden. Jesus hat darauf geachtet, daß sein Werk in keinem Punkt vereitelt wurde. Von seinen Bundes-Verbindlichkeiten ist nichts uneingelöst geblieben. «Es ist vollbracht» ist die Inschrift auf jede Einzelheit der göttlichen Arbeit, und darum ist Er in die Höhe gefahren. Ich sage es noch einmal, die Liebe, die unsern Herrn hernieder brachte, würde Ihn hier gehalten haben, wenn Er sich dessen nicht absolut gewiß gewesen wäre, daß sein ganzes Werk zu unsrer Seligkeit völlig erfüllt war.

Beachtet ferner, daß seine Auffahrt zum Vater eine repräsentierende ist. Mit Ihm erhob sich jeder Gläubige und ergriff das Erbe. Als Er auferstand und auffuhr, lehrte Er uns den Weg für unsre Füße. Schließlich wird sein Volk dem Herrn entgegengerückt werden und wird also bei dem Herrn sein allezeit. Er hat für seine Gläubigen eine Leiter hergestellt, auf welcher sie zu ihrer Glückseligkeit hinansteigen, und Er hat sie zuerst erstiegen, uns zu versichern, daß der neue und lebendige Weg uns zugänglich ist. In seiner Himmelfahrt nahm Er sein ganzes Volk mit sich. Wie Levi in den Lenden Abrahams war, da Melchisedek ihm begegnete, so waren alle Gläubigen in Christo, als Er in die Höhe fuhr. Nicht eins der Glieder wird dort fehlen, wo Christus eingegangen ist; sonst wäre Jesus das Haupt eines unvollkommenen und verstümmelten Leibes. Obgleich ihr kein andres Mittel habt, zur Herrlichkeit zu gelangen, als den Glauben an Jesum, so wird dieser Weg euch doch unfehlbar dorthin bringen. Wir sind eins mit Ihm, und wo Er ist, da muß auch sein Volk sein. In Jesu, unserm Repräsentanten, sind wir in der höchsten Herrlichkeit, und durch den Glauben sind wir samt Ihm auferweckt und samt Ihm in das himmlische Wesen versetzt.

Unser Herr fuhr auf zum höchsten Himmel. Ich habe dies bereits bemerkt; aber laßt mich euch noch einmal daran erinnern, damit uns kein wesentlicher Punkt entgehe. Der Herr nimmt in dem herrlichen Lande keinen untergeordneten Platz ein. Hier war Er ein Knecht; aber dort ist Er es nicht. Ich weiß, daß Er Fürbitter ist, und so um unsertwillen eine Art Dienst verrichtet; aber mit seiner Fürbitte vermischt sich kein Geschrei und keine Tränen. Er bittet mit Autorität. Er ist ein Priester auf dem Thron, der mit seinen Bitten die Autorität seiner persönlichen Verdienste verbindet. Er sagt: «Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden», und darum ist Er in seinen Gebeten für uns herrlich. Er ist Herr über alles; Er lenkt die Räder der Vorsehung und leitet den Flug der Engel; sein Reich herrscht über alles. Er ist erhöht über alles, das genannt mag werden, und alles ist unter seine Füße getan. O, welchen Christus haben wir, den wir lieben, dem wir vertrauen können!

Und um deswillen werden wir im Text aufgefordert, seiner herrlichen Person viel zu gedenken. Wenn wir von dem sprechen, was Christus getan hat, müssen wir viel der Taten, noch mehr aber des Täters gedenken. Wir dürfen bei den Wohltaten, die uns durch Ihn zufließen, nicht des Wohltäters vergessen. Beachtet, wie David das zum Ausdruck bringt. Ihm ist der Herr der erste und hervorragendste. Er sieht Ihn; Er spricht zu Ihm. «Du bist in die Höhe gefahren. Du hast das Gefängnis gefangen. Du hast Gaben für Menschen empfangen.» Dreimal redet er Ihn mit «Du» an. Verweile bei der Tatsache, daß der Sohn Davids, welcher um unsertwillen auf die Erde herabkam und in der Krippe lag und an eines Weibes Brust lag, in die unendliche Herrlichkeit eingegangen ist. Er, der seufzte und hungerte und weinte und blutete und starb, ist nun hoch über alles erhöht. Siehe unsern Herrn am Kreuz; beachte die schmachvolle Geißelung und Bespeiung und die Wunden, die Er erduldete. Sieh‘ wie dieser herrliche Leib, der vom Heiligen Geist für die Inwohnung der zweiten Person der anbetungswürdigen Dreieinigkeit zubereitet worden, so übel behandelt wurde! Aber das alles ist zu Ende. «Du bist in die Höhe gefahren.» Der der Erde Spott war, ist nun das Wunder des Himmels. Ich sah Dich, in Spezereien gehüllt, ins Grab gelegt werden; aber Du bist in die Höhe gefahren, wo der Tod Dich nicht anrühren kann. Der hier begraben ward, ist nun auf dem Thron. Das Herz, das hier gebrochen wurde, schlägt nun in seinem Busen so voller Liebe und Herablassung, als da Er unter Menschen wohnte. Er gedenkt noch an Gethsemane und an Golgatha. Selbst wenn du von dem höchsten Glanz seines erhöhten Zustandes geblendet werden solltest, so glaube dennoch, daß Er ein Bruder ist, in der Not erfunden.

Wir wollen uns der Himmelfahrt Christi freuen, da sie das Ehrenzeichen seines Sieges und das Symbol desselben ist. Er hat sein Werk erfüllt. Wenn Du das Gefängnis nicht gefangen geführt hättest, o Christus, hättest Du nie auffahren können, und wenn Du nicht für die Sünden der Menschen Gaben des Heils erworben hättest, würdest Du hier noch leiden müssen! Das Heil und die Rettung der Menschen hatte Dich aber so erfüllt, daß Du für die Dir dargebotene Freude das Kreuz erduldetest und der Schande nicht achtetest, und nun wissen wir, daß alles erfüllt ist, sonst würdest Du bei Deinem gnadenvollen Unternehmen noch beschäftigt sein. Die Stimme der Himmelfahrt ist: «Es ist vollbracht!»

II.

Nachdem ich eure Gedanken nach dieser Richtung gelenkt habe, möchte ich euch zweitens daran erinnern, daß des Herrn Triumphzug die Niederlage aller unsrer Feinde beweist. «Du hast das Gefängnis gefangen» ist ebenso gewiß, wie das: «Du bist in die Höhe gefahren.»

Brüder, wir waren einst Gefangene, Gefangene der Tyrannen, welche uns Wehe bereiteten und uns bald den Tod gebracht hatten. Wir waren Gefangene der Sünde, Gefangene des Satans, und darum Gefangene unter dem geistlichen Tode. Wir waren Gefangene durch mancherlei Lüste unsers eignen Herzens; vom Irrtum und Betrug gefangen. Aber der Herr Jesus hat das Gefängnis gefangen. Hier ist unser Trost. Doch vergeßt nicht, daß wir in allem hoffnungslose Gefangene waren. Die Feinde waren uns zu stark, und wir könnten ihrer grausamen Knechtschaft nicht entrinnen.

Der Herr Jesus hat durch seinen herrlichen Sieg hienieden alle unsre Widersacher unterworfen und in seiner Auffahrt hat Er über sie alle triumphiert und sie als Trophäen dargestellt. Dieser Siegeszug läßt sich durch den Triumph der römischen Überwinder illustrieren. Sie waren gewohnt, die Via Sacra zu passieren und zu dem Kapitol hinaufzufahren mit den besiegten Fürsten, deren Hände auf den Rücken gebunden waren, hinter ihren Wagen her. Alle jene Mächte, die euch gefangen hielten, hat Christus überwunden. Welche Form eure geistliche Sklaverei auch annehmen mochte – ihr seid davon errettet; denn der Herr Jesus hat die zu Gefangenen gemacht, deren Gefangene ihr waret. «Die Sünde wird nicht mehr herrschen über euch.» Was den Satan betrifft, so hat der Herr ihm den Kopf zertreten. Der Tod ist auch überwunden, und sein Stachel ist weg. Der Tod ist kein König der Schrecken mehr: «Der Stachel des Todes ist die Sünde; die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unsern Herrn Jesum Christum.» Was da auch war oder ist, das unsre Seele bedrückt oder in Banden hält – der Herr Jesus hat es unterworfen und zu seinem Gefangenen gemacht.

Was nun? Nun, hinfort ist die Macht aller unsrer Widersacher gebrochen. Mut, ihr Christen! Ihr könnt euch auf dem Wege zum Himmel durchkämpfen, denn die Feinde, die euch den Weg streitig machen, sind bereits auf dem Felde geschlagen worden. Sie tragen die Markzeichen der Tapferkeit eures Anführers an sich. Es ist wahr, des Herrn Herde ist zu schwach, sich ihren Weg zu erzwingen; aber höre: «Es wird ein Durchbrecher vor ihnen herauffahren, und ihr König vornean.» Die Schafe können leicht folgen, wenn der Hirte den Weg bahnt. Wir haben nur jenen himmlischen Füßen zu folgen, welche einst durchstoßen wurden, und unsre Tritte werden nicht gleiten. Vorwärts, ihr Soldaten Jesu, denn euer Herzog ruft: «Folgt mir!» Wird Er euch in Gefahr bringen? Hat Er nicht gesagt: «Auf den Löwen und Ottern wirst du gehen, und treten auf den jungen Löwen und Drachen?» Euer Herr hat euren Feinden seinen Fuß auf den Nacken gesetzt; ihr führt Krieg mit überwundenen Feinden. Welche Ermutigung gibt diese herrliche Himmelfahrt Christi jedem versuchten Gläubigen!

Bedenkt ferner, daß der Sieg unsers Herrn Jesu der Sieg aller ist, die in Ihm sind. «Des Weibes Same soll der Schlange den Kopf zertreten.» Nun, des Weibes Same ist zunächst der Herr Jesus, aber auch alle, welche in Verbindung mit Ihm stehen. Es gibt noch zweierlei Samen in der Welt: der Schlangensame und der Weibessame, welche nicht von dem Geblüt, noch von dem Willen eines Mannes, noch von dem Willen des Fleisches, sondern von Gott geboren sind; diese sind von dem lebendigen und unvergänglichen Samen, welcher ewiglich bleibt. Jesus, unser Herr, repräsentiert sie in allem, das Er tut. Sie starben in Ihm, wurden in Ihm begraben und in Ihm auferweckt, und an dem Tage, da Er triumphierte, führten sie in Ihm das Gefängnis gefangen. Auf den großen Kampf, der jetzt in der Welt wütet, blicke ich mit freudigem Vertrauen hin. Wir kämpfen mit dem Papsttum, mit dem Mohammedanismus, mit dem Götzendienst in den häßlichsten Formen; aber die Schlacht ist eigentlich gewonnen. Wir kämpfen mit dem schrecklichen Unglauben, welcher sich gleich einem Krebs in die Gemeinde Gottes eingefressen hat, und wie oft seufzen wir, weil der Kampf sich nicht gestaltet, wie wir es wünschen möchten! Aber es ist kein Grund zur Verzagtheit vorhanden. Gott hat nicht solche Eile, wie wir, und Er fürchtet sich nie, wie wir. Wir lesen hinsichtlich der Menge, die gespeist werden sollte, daß Jesus eine Frage an Philippus richtete; aber es wird hinzugefügt: «Jesus aber wußte wohl, was Er tun wollte.» So mag der Herr manche Frage an seine Kämpfer richten; aber Er weiß, was Er tun wird, und wir können unser Haupt an seine Brust legen und ganz ruhig sein. Wenn Er es uns nicht sagt, wie Er seine Pläne auszuführen gedenkt, so wird Er sie doch gewiß ausführen. Seine Sache trägt sicherlich den Sieg davon; denn nie kann Er geschlagen werden. Ein überwundener Christus! Wir haben es nicht gelernt, zu lästern, und so weisen wir diese Idee ganz ab. Nein, Brüder, durch jene blutenden Hände und Füße hat Er den Ausgang des Kampfes gesichert. Besonders durch seine Auferstehung und durch seine Besteigung des Thrones Gottes hat Er den Sieg seiner Wahrheit, den Sieg seiner Gemeinde, seinen Sieg sicher und gewiß gemacht.

III.

Laßt uns drittens beachten, das des Herrn triumphierende Himmelfahrt durch Gaben verherrlicht wurde. Die Weise, nach dem Siege Gaben zu gewähren, wurde nach dem Gesang der Deborah bei den Morgenländern beobachtet. Die, welchen in dem alten Rom ein Triumph beschieden war, warfen der Bevölkerung Geld zu. Zuweilen schien es, als ob jedermann in der Stadt durch seinen Anteil an dem Raube überwundener Fürsten reich gemacht wurde. So empfing unser Herr, als Er in die Höhe fuhr, Gaben für die Menschen und streute sie reichlich aus.

Der Psalm sagt: «Du hast Gaben empfangen für die Menschen.» Das Hebräische sagt: «Du hast Gaben empfangen in Adam», das heißt in der menschlichen Natur. Als Herr hatte Jesus Christus alles; aber als der Mensch, als der Mittler, hat Er Gaben vom Vater empfangen. Der ewige, unsterbliche, unsichtbare König hat seinem glorreichen Feldherrn viel verliehen und hat bestimmt, daß Er den Raub mit den Starken teile.

Indem Paulus die Stelle anführt, sagt er: «Er hat den Menschen Gaben gegeben.» Zitierte Paulus ungenau? Ich glaube nicht. Ohne Zweifel zitierte er nach der griechischen Ausgabe. Ist diese mit der Hebräischen vereinbar? Gewiß; denn Dr. Owen sagt, daß das Wort, das mit «empfangen» gegeben wird, auch «gegeben» gelesen werden kann. Und wenn nicht, so ist für Christum das Empfangen von Gaben für die Menschen gleichbedeutend mit dem Geben an die Menschen; denn Er empfängt nie für sich selbst, sondern um es sogleich denen zu geben, die in Ihm sind. Paulus gibt uns den innersten Sinn der Stelle. Er beabsichtigt gar nicht wörtlich zu zitieren, sondern uns kurz den Inhalt zu geben. Der Herr Jesus hat nichts, das Er nicht seiner Gemeinde gibt. Er gab sich für uns und fährt noch immer fort, sich uns zu geben. Er empfängt die Gabe; aber Er handelt nur als der Kanal, durch welchen uns die Gabe Gottes zufließt. Es gefiel dem Vater, daß in Ihm alle Fülle wohnen sollte, und aus seiner Fülle haben wir alle empfangen.

Welches sind diese großen Himmelfahrtsgaben? Ich antworte, daß die Summa derselben der Heilige Geist ist. Ich bitte um eure ehrerbietige Aufmerksamkeit für die heilige Dreieinigkeit, die uns hier geoffenbart wird. Wie erquickend ist es, die Dreieinigkeit gemeinsam das Heil der Menschen bewirken zu sehen! «Du bist in die Höhe gefahren» – da ist Christus Jesus. «Du hast Gaben empfangen für die Menschen» – da ist der Vater, der die Gaben verleiht. Die Gabe selbst ist der Heilige Geist. Dies ist die große Gabe der Himmelfahrt Christi, welche Er an Pfingsten seiner Gemeinde verlieh. So habt ihr den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist gemeinsam wirkend für die Wohlfahrt der Menschen, zur Überwindung des Bösen, zur Aufrichtung der Gerechtigkeit. Freue dich, meine Seele, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Eine der Sünden der neuern Theologie ist, daß sie diese göttlichen Personen in den Hintergrund stellt, so daß sie in ihren verschiedenen Wirkungen und Ämtern kaum erwähnt werden. Die Theologie, welche eure Seelen nähren kann, muß voll sein von der Gottheit und dem Vater dem Sohn und dem Heiligen Geist beständig Lob und Preis bringen.

Geliebte, die Gaben, davon hier gesprochen wird, sind die, welche der Heilige Geist bringt. «Das Wasser, das ich ihm geben werde», sagt Christus, «wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.» Er sagte ferner: «Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke.» Wir lesen, daß Er redete «von dem Geist, welchen empfangen sollten die an Ihn glaubten». Um die Welt für Christum zu überwinden, bedürfen wir nichts, als den Heiligen Geist, und in der Stunde seines persönlichen Sieges sicherte Er uns dieses Gut. Wenn der Heilige Geist uns gegeben wird so haben wir in Ihm alle die Waffen zu unserm heiligen Krieg.

Aber beachtet, daß nach Paulus diese Gaben, welche der Herr gab, in Menschen verkörpert sind; denn der Heilige Geist kommt über seine Erwählten und wirkt durch sie nach seinem Wohlgefallen. Deshalb gab Er Apostel, Evangelisten, Hirten und Lehrer. Von niemand kann man annehmen daß er in einem dieser Ämter der Gemeinde gegeben ist, wenn nicht der Heilige Geist in ihm wohnt. Alle, auf denen der Heilige Geist ruht, sind von Gott gegeben, welcher Art auch ihr Amt sein mag. Paulus, Apollo, Kephas – sie alle sind Gaben des auferstandenen Christus an seine Erlösten zu ihrer Erbauung und Vervollkommnung. Je nachdem der Heilige Geist in diesen Knechten bleibt, macht Er sie seinem Volk zu köstlichen Himmelsgaben und sie werden die Vorkämpfer, durch welche die Welt dem Herrn unterworfen wird

Diese in Gestalt von Menschen gegebenen Gaben sind für Menschen gegeben. Gemeinden existieren nicht für Prediger, sondern Prediger sind für Gemeinden da. Die eure Prediger sind, sind eure Knechte um Christi willen. Jeder von Gott gesandte Prediger, welcher seine Pflicht richtig erfüllt, bedient die Braut Christi mit liebevollem Fleiß und freut sich hoch, des Bräutigams Stimme hören zu können. Die verschiedenen Fähigkeiten derer, durch welche der Herr seine Gemeinde baut, sind alle durch unendliche Weisheit geordnet, und wir sollten sie nach besten Kräften verwenden. Ein Prediger mag für dich besser sein, denn ein andrer; aber ein andrer mag für jemand anders besser sein, als der, den du vorziehst. Der am dürftigsten Begabte mag für eine Klasse von Geistern gerade wesentlich sein, darum verachte keinen. Wenn Gott Gaben gibt, dürfen wir sie dann verächtlich entehren und sagen: «Diese gefällt mir gut, jene andre mag ich nicht?» Wenn der Vater diese Gaben seinem Sohn gewährt und der Heilige Geist sie in verschiedene irdene Gefäße legt, auf daß die überschwengliche Kraft sei Gottes, wollt ihr dann anfangen, sie zu richten? Nein, Geliebte, der Herr hat mich gesandt, sein Evangelium zu predigen, und ich freue mich, zu fühlen, daß ich um euretwillen gesandt worden bin. Ich bitte euch, soviel ihr irgend könnt, euch meinen Dienst am Evangelium zunutze zu machen durch häufiges Hören, durch festen Glauben an das Wort und durch praktischen Gehorsam gegen das Wort. Macht euch alle Knechte Gottes zunutze, soviel ihr nur könnt. Hört ihnen unter Gebet zu, nicht um eure Neugierde zu befriedigen oder euer Ohr zu vergnügen, sondern damit ihr durch das Wort Gottes fühlen könnt, wie der Geist Gottes in euren Herzen den Plan seines Willens ausführt. Unsre Bekehrung, Heiligung, Tröstung, Belehrung und Brauchbarkeit – alles wird uns durch den Heiligen Geist, und dieser Geist sendet seine kräftigen Botschaften durch die Menschen, die Er andern Menschen gegenüber als sein Mundstück gebraucht. Seht, wie wundervoll die Himmelfahrt des Herrn war, in welcher Er so reiche und angemessene Gaben unter die Menschenkinder ausstreut. Von seiner herrlichen Höhe aus sendet Er Hirten und Prediger und Evangelisten, durch welche der Heilige Geist mächtiglich in denen wirkt, die da glauben. Durch sie sammelt Er die Erlösten zusammen und baut sie auf als eine Gemeinde zu seiner Herrlichkeit.

IV.

Ich wünsche mir nun die Aufmerksamkeit aller, welche unbekehrt sind, denn ich habe herrliche Botschaften für sie. Unsers Herrn Triumph hat eine ganz besondere Beziehung.

«Du hast Gaben empfangen für die Menschen», nicht für Engel, nicht für Teufel, sondern für Menschen, für arme gefallene Menschen. Ich lese nicht, daß es heißt «für Bischöfe oder Prediger», sondern «für Menschen», und doch ist hier ein besonderer Charakter erwähnt. Erwähnt der Text insbesondere «Heilige» oder die, welche ihre Kleider nicht besudelt haben? Nein, ich lese hier von ihnen nicht. Welche seltsame Souveränität liegt doch in der Gnade Gottes! Wahrlich, Er erbarmt sich, welches Er will; denn in diesem Beispiel erwählt Er zur besondern Erwähnung die, welche ihr und ich ohne Wort übergangen sein würden. «Ja, auch für die Rebellischen.» Ich muß pausieren, um meine Tränen zu trocknen. Wo seid ihr, ihr Rebellen? Wo sind die, welche ihr Leben in Auflehnung wider Gott zugebracht haben? Ach, ihr habt in offener Auflehnung wider Ihn gestanden; ihr habt in euren Herzen wider Ihn getobt und mit euren Zungen wider Ihn gesprochen. Manche haben als Trunkenbolde gesündigt; andre haben die Gesetze der Reinheit, der Wahrheit, der Ehrlichkeit gebrochen. Viele lehnen sich auf gegen das Licht, tun ihrem Gewissen Gewalt an und sind dem Wort ungehorsam; diese gehören auch zu den Rebellischen, ebenso die Stolzen, die Zornigen, die Trägen, die Ungläubigen, die Ungerechten. Hört alle diese Worte und nehmt sie mit nach Hause, und wenn sie eure Herzen nicht brechen und mit Dankbarkeit erfüllen, seid ihr wirklich hart. «Ja, auch für die Rebellischen.» Als der Herr im Triumph heimfuhr, hatte Er ein mitleidiges Herz gegen die Rebellischen. Als Er die höchste Stelle betrat, zu welcher Er auffahren konnte, war Er noch der Freund der Sünder. Er wandte sein Auge denen zu, die Ihn gekreuzigt hatten und verlieh ihnen Gaben.

Diese Bezeichnung schließt diejenigen ein, welche sich gegen Gott aufgelehnt haben, obgleich sie einst bekannt hatten, seine treuen Untertanen zu sein. Vielleicht spreche ich zu etlichen, die so weit abtrünnig geworden sind, daß sie alle Religion aufgegeben haben und wieder zur Welt und ihren Sünden zurückgekehrt sind. Diesen möchte ich, falls sie zum Herrn zurückkehren wollen, ein Wort der Ermutigung sagen. Einst befand sich John Bunyan eine Zeitlang unter einer großen Versuchung. Über dieses Leiden berichtet er in seinem «Überschwengliche Gnade.» Er dachte, daß Gott ihn aufgegeben und auf immer verworfen habe, und doch fand er Hoffnung in diesem Text. Ich habe ein klein wenig, das sich darauf bezieht, abgeschrieben: «Ich fürchtete auch, daß dies das Zeichen sei, welches der Herr an Kain gemacht, nämlich beständiges Fürchten und Zittern unter der schweren Schuldenlast, die er sich durch das Blut seines Bruders Abel zugezogen hatte. Da wand und quälte ich mich unter der Last, die auf mir lag und die mich so drückte, daß ich weder stehen noch gehen noch liegen konnte. Doch zuweilen kam mir das Wort in den Sinn: ‹Er hat Gaben empfangen auch für die Abtrünnigen.› Die Abtrünnigen, dachte ich; nun gewiß sind das solche, die einst ihrem Fürsten untertan waren und die, nachdem sie seiner Herrschaft Unterwerfung geschworen hatten, die Waffen wider ihn ergriffen, und dies, dachte ich, sei gerade mein Fall. Einst liebte ich Ihn und fürchtete Ihn und diente Ihm; aber jetzt bin ich ein Rebell und habe Ihn verkauft, und doch hat Er Gaben für Rebellen, und warum dann nicht auch für mich?»

O daß ich jedes verzagte Herz veranlassen könnte, ebensolche Schlußfolgerungen zu ziehen: «Und warum dann nicht auch für mich?» Komm heim, lieber Bruder, komm heim; denn da sind Gaben für die Abtrünnigen, und warum nicht für dich? Ich weiß, du hast den Tisch des Herrn verlassen; ich weiß, du hast, so weit du konntest, Christo einen Meineid geleistet und hast selbst gewünscht, deine Taufe rückgängig zu machen; aber das ging nicht, und der Herr will dich auch nicht verloren gehen lassen. Ich weiß, du hast dich hergegeben, Böses zu tun, und vielleicht lebst du jetzt in einer erkannten Sünde, und wenn du heute heimkehrst, wirst du sie vor deinen Augen sehen. Doch trotz dessen bitte ich dich: Kehre sofort zum Herrn zurück. Komm zu deinem Herrn und Heiland, welcher noch betet: «Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun.» Siehe, wie Er in seiner Herrlichkeit Gaben auch für die Abtrünnigen hat. Und du bist ein Abtrünniger gewesen. Wollte Gott, daß ihr dieses Wort in gläubiger Buße und im heiligen Haß gegen die Sünde mit nach Hause nehmen möchtet: Ja, auch für die Abtrünnigen.

V.

Ich schließe, nachdem ich den fünften Punkt behandelt habe: Unsers Herrn triumphierende Himmelfahrt sichert die Vollendung seines ganzen Werkes. Wie heißt es? «Daß Gott, der Herr, unter ihnen wohnen möge.» Als der Herr Christus zuerst hierher kam, war Er bereit genug unter uns zu «wohnen»; aber es konnte nicht sein. «Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns», gleich einem Beduinen in seinem Zelt, aber nicht gleich einem daheim Wohnenden. Er war hier nur ein Besucher, und wurde als solcher übel behandelt. «Sie hatten keinen Raum in der Herberge», wo sonst jedermann gern willkommen war. «Er kam in sein Eigentum» – gewiß werden sie Ihm gern Logis bereiten – «aber die Seinen nahmen Ihn nicht auf.» Es war kein Raum für Ihn im Tempel – dort mußte Er die Geißel gebrauchen. Es war kein Raum für Ihn auf offener Straße; denn sie hoben Steine auf, daß sie Ihn steinigten. Aus der Synagoge vertrieben sie Ihn und suchten Ihn vom Abhang des Berges hinabzustoßen. «Hinweg mit Ihm! Hinweg mit Ihm!» war der Ruf des wüsten Haufens. Diesen lieben Besucher, welcher ganz unbewaffnet, ohne Schwert und Bogen kam, behandelten sie, als ob Er ein Spion wäre, der sich bei den Menschen eingeschlichen hatte, um ihnen Schaden zuzufügen. Und so liefen sie mit einem Speer auf Ihn zu und Er verließ dieses ungastlich Gebiet, wo man Ihn nicht kannte und nahm die Malzeichen der Unart der Menschen mit heim. O Welt, Welt, wie konntest du deinen besten Freund vertreiben und Ihn nötigen, gleich einem Fremden zu sein, der nur über Nacht darinnen bleibt?

Nachdem Er auferstanden war, ging Er heim, um von seinem Thron aus ein Werk zu leiten, durch welches die Erde ein Platz werde, da Gott bleiben könne. Und der Tempel Gottes ist bei den Menschenkindern und Er wird unter ihnen wohnen. Diese unsre Welt ist mit dem teuren Blute Christi besprengt worden und ist nichts Unreines mehr. Jesus ist das Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt so hinwegnimmt, daß Gott unter Bedingungen der Gnade mit Menschen handeln und ein freies Heil verkündigen kann. Jesus, der Aufgefahrene, schüttet solche Gaben über diese sündenkranke Welt aus, daß sie doch noch eine neue Erde wird, in welcher Gerechtigkeit und der Gott der Gerechtigkeit wohnt.

Diese Verheißung ist zum Teil heute vor unsern Augen erfüllt; denn zu Pfingsten kam der Heilige Geist, und Er ist nie zurückgekehrt. Jesus sagte: «Daß Er bei euch bleibe ewiglich.» Die heilige Taube ist oft schmerzlich betrübt worden; aber sie hat nie ihre Flügel ausgebreitet, um die Welt zu verlassen. Dies ist noch das Zeitalter des Geistes. Ihr habt kaum nötig, darum zu beten, daß der Heilige Geist ausgegossen werde; denn das ist bereits geschehen. Was ihr nötig habt, ist eine Taufe des Heiligen Geistes, nämlich persönlich in die herrliche Flut zu steigen, die ausgegossen worden ist. O, in den Heiligen Geist und in Feuer getauft sein; bedeckt sein mit seinem heiligen Einflusse; eingetaucht sein in die Tiefen seiner Gottheit und sich in seiner Unermeßlichkeit verlieren zu können! Hier ist unser Leben und unsre Kraft, denn so wohnt Gott, der Herr, unter uns. Seit der Himmelfahrt ist der Heilige Geist stets unter Menschen geblieben, obgleich Er nicht zu allen Zeiten gleich tätig gewesen ist. Während der ganzen Nacht des Romanismus ist Er hier gewesen; selbst in jenen trüben Tagen waren demütige Herzen da, die sich freuten, seine Tempel sein zu können. Heute ist Er noch bei seinen Wiedergebornen. Trotz des unklugen Haderns wider die göttliche Inspiration der Heiligen Schrift und trotz der Torheiten der kirchlichen Wirren und Vergnügungen ist Er bei seinen Auserwählten. Herr, was ist der Mensch, daß Dein Geist bei ihm wohnt? Aber es ist so, und darum ging unser Herr in den Himmel und empfing göttliche Gaben, damit durch Ihn Gott der Herr unter uns wohne.

Aber es kommt ein Tag, da dies bis auf den Buchstaben erfüllt wird. Es ist mir, als hörte ich die Engel sagen: «Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird kommen, wie ihr Ihn gesehen habt gen Himmel fahren.» Nun, dies «wie» muß heißen in Person. In Person fuhr Er gen Himmel und in Person wird Er wiederkommen, und wenn Er kommt, wird Gott, der Herr, wirklich unter uns wohnen. Wir harren seiner herrlichen Erscheinung; denn dann wird Er in einer vollkommenen Weise unter Menschen wohnen. Welche seligen Tage wird es geben, wenn Jesus hier ist! Welch ein Millennium wird seine Gegenwart bringen! Erst muß Er kommen, und dann wird das goldne Zeitalter beginnen. Die Zentralherrlichkeit dieser Zeit wird sein, daß der Herr hier ist. «Der Herr, unser Gott, wird unter ihnen wohnen.» Dann wird der Gesang gehört werden, welcher nie enden wird; die Erde wird dem Herrn huldigen, welcher den Himmel und die Erde neu macht und seine Wohnung darin aufschlägt. Bisher hat das Werk seinen Fortgang gehabt; aber noch ist es unvollständig. Der ranzige Geruch der Sünde verdirbt die lieblichen Düfte dieser Welt, so daß der reine und heilige Gott nicht darin bleiben kann; aber seit der Herr Jesus sie mit seinem heiligen Verdienste versüßt hat und der Geist sie durch sein Wohnen in Menschen reinigt, riecht der Herr den lieblichen Duft, und Er wird diesen armen gefallenen Planeten nicht aufgeben. Selbst jetzt kommen seine Engel und machen mit den Erwählten himmlische Geschäfte. Bald wird das kleine Boot dieser Erdkugel zu dem großen Schiff dicht herangezogen werden und die Erde wird neben dem Himmel liegen. Der Himmel wird seine Chorsänger unter den Erlösten aus den Menschen finden. Die ganze Welt wird sein wie ein Rauchfaß, gefüllt mit dem Räuchwerk für den Herrn Zebaoth. Und dies alles wegen jener Gaben, die unser Herr an dem Tage, da Er, die Gefangenschaft gefangen führend, zu seiner Herrlichkeit zurückkehrte, empfing und austeilte. Herr, beschleunige Deine Wiederkunft! Wir sind uns dessen gewiß, daß Deine dauernde Gegenwart und glorreiche Herrschaft seiner Zeit kommen wird. Dein Herabkommen sicherte Deine Auffahrt; Deine Himmelfahrt sichert uns Deine Wiederkunft. Darum loben und erhöhen wir Dich, Du aufgefahrener Herr, von ganzem Herzen, und erheben uns Dir nach, da Du uns von niedern Dingen aufwärts zu Dir ziehst. Amen.

Charles Haddon Spurgeon, Predigt über Psalm 68,19

Aus Christus im Alten Testament, Verlag J. G. Oncken Nachfolger, 1901

Im Internet unter www.schriftenarchiv.ch

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 24. Mai 2017 um 23:38 und abgelegt unter Predigten / Andachten.