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Kann die Nordkirche die „Homo-Ehe“ absegnen?

Dienstag 27. September 2016 von Christian Hausen


Christian Hausen

Am 15. September publizierte die Schleswig-Holsteinische Landeszeitung die Absicht des Bischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland Gerhard Ulrich, die Zeremonie bei kirchlichen Hochzeiten von Ehepaaren und homosexuellen Partnern zu vereinheitlichen. Der Kirchenführer gehe davon aus, dass die 156 Synodalen mitziehen würden, da das Thema im Vorfeld „mit großem theologischen Tiefgang“ diskutiert worden sei. Die Kirche müsse auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren und die abweichenden Verfahren in den ehemaligen Landeskirchen von Pommern, Mecklenburg und Nordelbien angleichen. Gerade in der pommerschen Kirche waren bislang auch Segnungen von homosexuellen Partnern unzulässig. Sollte künftig ein Pastor aus Gewissensgründen die Trau-Zeremonie für Homo-Ehen ablehnen, muss er beim Propst Meldung machen, damit dieser für Ersatz sorgen kann. Man kann sich bei diesen Planungen nur sehr schwer den von der Kirche behaupteten Tiefgang vorstellen, eher dass sie tief gesunken ist.

Verwiesen wird auf die „Orientierungshilfe“ der EKD aus dem Jahr 2013, nach welcher die klassische Ehe nicht mehr als Idealbild zu würdigen sei; dies habe zu einem Sturm der Entrüstung geführt. Gleichwohl soll die Homo-Ehe nach dem Vorbild einiger bundesdeutscher Landeskirchen nunmehr auch im Norden abgesegnet werden. Das bedeutet, dass nunmehr Mann und Mann oder Frau und Frau einen Traugottesdienst erleben sollen, der bisher nur für Mann und Frau vorgesehen war. Sollte die Synode im Sinne des Leitenden Bischofs entscheiden, so würde dies zum größten intellektuellen Abstieg des Protestantismus seit dem Zweiten Weltkrieg führen. Zum einen läge darin ein Bruch unserer bundesrepublikanischen Verfassung, zum anderen würden sich die evangelischen Kirchenführer von dem Geist der Reformation, nämlich der Bibelbewegung vor nahezu 500 Jahren verabschieden. Eine Errungenschaft lutherischen Denkens war auch die Aufwertung der Laien durch das Allgemeine Priestertum. Da der Reformator immer wieder bewiesen hat, dass er sich in der Juristerei auskennt, bietet sich an, dass ein Rechtsanwalt zu den Intentionen der Synode Stellung nimmt:

  1. Laienaktivitäten

Als Jurist und Pastorensohn spürt der Autor eine gewisse Kompetenz, dem tollkühnen Vorhaben der „Homo-Ehe“ in der Kirche entgegenzutreten. Immerhin durfte er in dem liberalen und intellektuell anspruchsvollen Erzeugnis der Nordkirche, nämlich den „Evangelischen Stimmen“, viermal einen mehrseitigen Artikel publizieren. Dabei ging es um die Bereiche Vergabe des Lutherpreises, Frühsexualisierung in Schulen, Wert von Ehe und Familie sowie Kritik am Gender-Institut der EKD. Während die Ablehnung der Honorierung von Pussy Riot allenfalls bei der Luther-Beauftragten Käsmann und dem EKD-Ratsvorsitzenden Schneider Missfallen hervorrief, der Schutz der Schulkinder und das Plädoyer für die Ehe zumindest unbeanstandet blieben, folgte auf die scharfe, wenn auch humorvolle Missbilligung des Gender-Zentrums unserer „Bundeskirche“ ein Shitstorm. Es handelte sich um ausschließlich um mit (Kirchen-) Steuern alimentierte Mitarbeiter, welche – ohne ein einziges Gegenargument – sich einer Diskreditierungsorgie hingaben, wobei die Diffamierungen eine zig-fache Anzahl ausmachten; ein bekennender homosexueller Pastor gelangte allein auf ca. 30. Der „böse“ Laie mag sich angemaßt haben, drastisch wie Jesus die Schriftgelehrten zu brandmarken, aber die Antworten waren eher Gefühlsausbrüche; das hängt auch damit zusammen, dass die Gender-Ideologie wissenschaftlichen Ansprüchen keinesfalls genügt; auch die Leiterin des EKD-Zentrums Frau Professor Janssen hat in den grundlegenden beiden Veröffentlichungen von Begründungen Abstand genommen. Der Chefredakteur der „Evangelischen Stimmen“ bat den Verfasser um eine Reaktion; diese erfolgte fristgemäß, das Versprechen des Abdrucks wurde nicht erfüllt, auch nicht auf freundliche Erinnerungen. Nachvollziehbar ist dies nicht, wenn man sich die 500jährige protestantische Streitkultur vor Augen hält. Das ist aber noch nicht alles. Der Autor hatte zusammen mit einigen Laien-Christen einen freundlichen und harmlosen Gender-Flyer unterzeichnet; das Landeskirchenamt schrieb die Pröpste an und riet ihnen – unter Einbeziehung einiger Unwahrhaftigkeiten –, das Flugblatt in den Papierkorb zu werfen. Betroffene Gemeindeglieder und auch der Verfasser dieses Artikels klärten Pröpste und Bischöfe über die Sachzusammenhänge auf; reagiert wurde nicht.

  1. „Orientierungshilfe“

Diese Vorgeschichte symbolisiert wegen der Verwandtschaft der Gender-Theorie mit der Sympathie für gleichgeschlechtliche Empfindungen ein wenig den Übereifer der Kirchenleitung, Homosexuellen die kirchliche Trauung zu ermöglichen. Allerdings würden die Synodalen die Grundsätze der Theologie verlassen. Bereits die erwähnte „Orientierungshilfe“ zeigt dies an; diese wurde nicht von Theologen, sondern von Soziologen verfasst. Theologische Gedanken, etwa aus dem Fundus der Bibel oder des Reformators Martin Luther werden allenfalls angedeutet. Im Zentrum steht das, was aus sozialwissenschaftlicher Perspektive dem heutigen Zeitgeist entspricht und damit letztlich als verbindlich angesehen wird. Es geht um ein total übersteigertes Gleichheitsdenken, man könnte direkt von einem Egalitäts-Wahn sprechen. Alle Formen, welche letztlich sexuell geprägt sind, sollen als ebenbürtig akzeptiert werden. Infrage kommen homosexuelle Partnerschaften, Patchwork-Varianten oder auch Beziehungen mit mehreren Partnern. Immerhin hieß es noch in der „Orientierungshilfe“ vor der Jahrtausendwende, dass die Ideen von der homosexuellen Partnerschaft in den kirchlich relevanten Schriften nicht einmal andeutungsweise eine Befürwortung erfahren haben. Maßgeblich war an dieser theologischen Arbeit der Heidelberger Theologieprofessor Härle beteiligt. Nun denken die kirchlich Verantwortlichen, dass sie zumindest mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz gleichziehen, ja dieses gar überbieten müssten. Da in diesem eine Gleichstellung mit der Ehe nach Artikel 6 Grundgesetz gerade nicht erfolgt ist, wollen Zeitgeistbeflissene das christliche Liebesgebot bis in die Unendlichkeit ausdehnen und die Gesetzgebung in vorauseilendem Gehorsam überflügeln. Dass für das Bundesverfassungsgericht als Ehe nur die Beziehung zwischen Mann und Frau gilt, interessiert dabei nicht. Aber offensichtlich schämen sich die Theologen, als Destrukteure unserer Verfassung zu  erscheinen. Deshalb beauftragten sie nunmehr für die neue Orientierungshilfe  Soziologinnen. Diese engagierten sich tatkräftig dafür, die Theologie neu zu prägen und eigenes Gedankengut ins Zentrum zu rücken, welches bislang nur im Sinne von Hilfswissenschaften die Theologen unterstützt hatte. Es handelt sich vielleicht um das größte Armutszeugnis in der Evangelischen Kirche seit der Reformation.

  1. Bibelphobie

Es gab Zeiten, in denen die Theologen bemüht waren, sich weitgehend an der Bibel als ihrer geistigen Grundlage zu orientieren. Jetzt „schämen sie sich des Evangeliums“, obgleich der größte Theologe aller Zeiten, nämlich der Apostel Paulus davor in scharfen Worten warnt. Was viele Intellektuelle bereits seit Jahrhunderten, gerade seit der „Aufklärung“, empfinden, ist: Zunehmend erscheint christliches Gedankengut in einer säkularen Welt als peinlich. Dazu besteht nicht der geringste Anlass. Man erinnere nur an die jüngst verlautete Ansicht des prominenten US-Religionssoziologen Rodney Stark: Ohne Jesus würde es die gesamte westliche Zivilisation nicht geben. Der Aufstieg der modernen westlichen Gesellschaft gründe in der Kirche: „die Wurzeln liegen im Christentum, in Jesus. Im Rest der Welt hat es einen solchen Aufstieg nicht gegeben“. Das gelte etwa für die Übereinkunft darüber, dass alle Menschen gleich seien; Jesus sei es auch gewesen, der Frauen und Kindern ihren je eigenen Wert gegeben habe. Auch hätten seine Lehren den Grundstein dafür gelegt, dass in christlich geprägten westlichen Gesellschaften alle Schichten Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben. Es ließen sich zahlreiche ähnliche Verlautbarungen anfügen; in jedem Fall gibt es keinerlei Grund für Theologen, ihre Disziplin kleinzudenken. Einige von ihnen wollen ihr Gesicht wahren durch die Feststellung: Biblisches Gedankengut entsprach exakt den damaligen Vorstellungen der Gesellschaft, heute müssen die Aussagen aber durch den jeweiligen Zeitgeist gefiltert werden, denn allein dieser ist Maßstab. Homosexualität wird im Westen allgemein akzeptiert, also muss die Kirche eine Gleichschaltung vornehmen.

  1. Kunstfehler

Einen Tiefpunkt der Evangelischen Kirche in Deutschland stellt das Pfarrdienstgesetz dar. Für Juristen ist deutlich, dass es den Urhebern am erforderlichen Handwerkszeug gebrach. Der § 39 handelt über die Ehe; der Text in der „Begründung“ (Abs. 3) ist so formuliert, dass die Verfasser quasi die Ehe zu Dritt etabliert haben. Das zeigt auch wieder den deutlichen Verzicht auf Theologie und die Neigung zum Dilettantismus, vielleicht um volkstümlich zu erscheinen. Gesetzeskunst ist offenbar nicht mehr ein Markenzeichen der EKD. Das deckt sich auch mit den verkrampften Bemühungen der Verantwortlichen, die „Homo-Ehe“ zu begründen. Bisher sind entsprechende Versuche in Staat und Kirche gescheitert. Unverantwortlich ist auch die Vorstellung homosexuellenfreundlicher Kirchenführer, bei der Einbeziehung von gleichgeschlechtlich empfindenden Partnern in die eheliche Trauung handele es sich nicht um Fragen des Bekenntnisses, sondern um reine Formalitäten. Für diese seien Synoden zuständig, während Luther forderte, dass Entscheidungen über Lehrfragen von der christlichen Gemeinde selbst zu treffen seien (ist damit wirklich die Synode gemeint?). Die Synode ist eher zum „Ort der Zustimmung und gelegentlichen Polemik, aber ohne Beherrschung der Grundsätze“ (R. Smend) geworden. Von der Schöpfung als Mann und Frau über die totale Ablehnung der praktizierten Homosexualität im Alten und Neuen Testament bis zum gegenwärtigen Diskurs unter den Konfessionen geht es in der Tat keinesfalls um nur unbedeutende Randfragen. Es wird der Kern des Evangeliums getroffen, der Zeitgeist darf nicht unsere Kirchenordnung durcheinanderwerfen. Vor allem springt der Verstoß gegen Art. 6 des Grundgesetzes ins Auge. Bei der Kirche tritt an die Stelle der Verfassung offenbar eine Ideologie, die sich, was die Theologie betrifft, von der Bibel verabschiedet hat. Dass nach den  Vorstellungen des Alten Testaments homosexuelle Praxis als „Gräuel“ oder „schändlicher Frevel“ deklariert wird, verwirft man einfach als obsolet. Paulus mit seiner Ablehnung gleichgeschlechtlicher Handlungen wird unterstellt, er sei trotz seiner umfassenden griechischen Bildung völlig ahnungslos, was partnerschaftliche Beziehungen unter homosexuellen Menschen betrifft. Dabei schreibt der Theologieprofessor und ehemalige Lübecker Bischof Ulrich Wilckens: „Gleichgeschlechtlicher Verkehr ist damals in der gleichen Breite, vom brutalen Koitus bis hin zur erotisch verfeinerten Form, praktiziert worden wie in homosexuellen Kreisen heute.“ Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht die geistige theologische Grundlage, nämlich die Bibel, ebenso nicht wissenschaftliche Erkenntnisse aus Geschichte und Biologie leitend sind, sondern eine vom Zeitgeist beherrschte Ideologie. Die Verantwortlichen haben sich mit dem Zeitgeist vermählt. Gleichwohl empfinden sie sich noch als Verfassungspatrioten!

  1. Grundgesetz

In Artikel 6 Grundgesetz heißt es: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“. Das ist durch das Wort „besonderen“ mehr als der reine Staatsschutz. Bekanntlich gibt es nur ein Grundrecht in unserer Verfassung, das eine solche Hervorhebung bietet; es lässt den berechtigten Schluss zu, dass die klassische Ehe und die traditionelle Familie eine Vorzugsstellung erhalten soll. In der Tat ist auffällig die hohe Wertigkeit, welche natürlich Sinn hat im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Bevölkerung. Es handelt sich also um eine wertentscheidende Grundsatznorm, die Vorschrift stellt Ehe und Familie als die Keimzelle jeder menschlichen Gesellschaft, deren Bedeutung mit keiner anderen menschlichen Gemeinschaft verglichen werden kann, unter die spezielle Protektion. Nur jene bietet die sichere Gewähr der Weitergabe des Lebens, die „Homo-Ehe“ niemals. Die Ehe war im Christentum als Ausdruck der göttlichen Schöpfungsordnung gesehen und unter dem Einfluss der Aufklärung in die Regelungskompetenz des weltlichen Staats überführt worden. Auf dieses Grundrecht können sich in der Konsequenz der kulturell entwickelten Ausgestaltung nur Mann und Frau berufen, zudem jeweils nur ein Mann und eine Frau. Darauf verweist das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung. Man könnte nun aus der Existenz des Lebenspartnerschaftsgesetzes folgern, dass durch Segnungen von homosexuellen Partnern das Grundgesetz nicht berührt werde; das muss im Einzelnen nicht vertieft werden, da es ja den Verantwortlichen in der Nordkirche um eine Trauung wie bei Eheleuten geht. Mit der Trauungsintention setzt sich die Kirche über Artikel 6, damit über unsere Verfassung hinweg. Wie soll man das sonst anders deuten, wenn der Traugottesdienst faktisch auf eine offizielle kirchliche Amtshandlung hinausläuft? Im Kirchenbuch soll nun die entsprechende Eintragung erfolgen. Synodenpräses Andreas Tietze erwartet, dass es sich handelt um eine Segnung auf Augenhöhe mit der Trauung von Mann und Frau. Man wird erinnert an strenggläubige Muslime, welche bekennen, dass sie etwa die Scharia über das Grundgesetz stellen. Was die Verfassung wert ist, zeigt uns das Beispiel des ex-pakistanischen US-Bürgers Khizr Khan. Er, der seinen Sohn Humayun als amerikanischen Soldaten verloren hat, wehrt sich als Moslem eindrucksvoll mit der „Waffe Verfassung“ gegen den Präsidentschaftskandidaten Trump. Kommt es zu einem Wandel des Rechtsbewusstseins in unserer Lutherischen Kirche? Ist die Weitergabe von Leben, wie es Ehe und Familie bieten, nicht mehr christlicher Auftrag?

  1. Argumentation

Da die maßgeblichen Theologen nicht in der Lage sind, ihre Vorstellungen argumentativ zu untermauern, sondern nur ihren Emotionen folgen, ist man bemüht, die geistigen Gegner zu diskreditieren. So werden sie als naive Biblizisten hingestellt, auch wenn der berühmteste Theologe des 20. Jahrhunderts Karl Barth sich selbst als einen solchen bezeichnete. Biblische Aussagen, von deren Bedeutung Christen ausgehen, werden als menschenrechtsfeindlich und ausgrenzend deklariert. Dabei darf im Kontext mit dem allgemeinen Priestertum der einzelne Gläubige ungehemmt und ganz natürlich an die Heilige Schrift herantreten und von vornherein die Richtigkeit des Textes unterstellen. Er darf fast dreist von “modischen“ Theologen verlangen, dass sie auf überzeugende Art das widerlegen, was als Gottes Wort über Jahrtausende begriffen worden ist. Dazu sind die „Experten“ in den theologischen Fakultäten und in den Synoden heute aber nicht imstande. Um die mangelnde Intellektualität zu verschleiern, spricht man von der „Hermeneutik der toleranten Vielfalt“, was eindrucksvoll klingt. Blickt man in die Humanwissenschaften,  so ist wahrzunehmen, dass die paulinische Deutung der Unnatürlichkeit permanent untermauert wird. Man denke nur an die seit vielen Jahren sich wiederholenden Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts, nach denen ca. zwei Drittel der Aidskranken Homosexuelle sind und 80 % der Syphilis-Opfer auch gleichgeschlechtlich empfinden. Hier von der antidiskriminierenden Kraft der Liebe Jesu oder der notwendigen kirchlichen Gleichstellung zu sprechen, ist im höchsten Maße verantwortungslos, so dass sich die Evangelische Kirche schuldig macht. Deren Vertreter erscheinen keinesfalls als Bischöfe nach Titus 1 Vers 7, sondern als Mietlinge im Sinne von Johannes 10 Vers 12. Gewiss ist der Eifer der Evangelischen Kirche für Homosexuelle auch auf deren Leiden in der Vergangenheit, vor allem unter dem Nationalsozialismus, aber auch in der Nachkriegszeit zurückzuführen. Obwohl die Bundesrepublik als besonders homosexuellenfreundlich gilt, geschehen immer noch Beschimpfungen mit Worten wie „Schwuchtel“, wirklichen Diskriminierungen, welche eindeutig strafwürdig sind. Das zwingt die Kirche zu Respekt und Akzeptanz homosexueller Mitmenschen, aber nicht zum Aufgeben biblischer Vorgaben.

  1. Gleichmacherei

Nun verfügen die Kirchen auch über „Spezialisten“ im Bereich Homosexualität. Man denke an den Diakon Peter Bürger und sein Buch “Das Lied der Liebe kennt viele Melodien – eine befreite Sicht der homosexuellen Liebe“. Er schreibt in heller Begeisterung über den homosexuellen Akt und praktizierte Liebe zwischen zwei Männern oder zwei Frauen. Er habe mit seinem Coming-out sein Lebensglück gefunden, wie er immer wieder bekräftigt. Auffällig ist, in welcher Weise er die Homokritiker beleidigt: “Bibel-Fundamentalisten dürfen die sieben einschlägigen, bis zum Erbrechen hin und her gewälzten Zitate aus der Heiligen Schrift zu gleichgeschlechtlichen Handlungen als Gottes wörtliche Keule schwingen, um in der Volkskirche erpresserisch das rechte Bekenntnis einzufordern“ (Seite 19). Es gibt in unserer Gesellschaft kaum intolerantere Menschen als die bekennenden Homosexuellen und deren Befürworter. Allzu schnell werden Christen, welche die Natürlichkeit homosexueller Praxis infrage stellen, der Diskriminierung bezichtigt; dabei geht es um die reine Unterscheidung. Nach Artikel 3 Grundgesetz ist Ungleiches ungleich zu behandeln, also auch die die Ehe zwischen Mann und Frau – mit natürlichem Nachwuchs – im Unterschied zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Immerhin meint Luther: „So sind nun die Juristen und Gelehrten in diesem weltlichen Reich die Personen, die solch Recht und dadurch das weltliche Reich erhalten.“ Für den theologischen Laien erscheint es bei den kirchlichen Intentionen als unvorstellbar, dass heute in unser Evangelischen Kirche ein Vikar ordiniert werden kann, der homosexuelle Praxis aufgrund des biblischen Zeugnisses ablehnt (entsprechendes gilt auch für die Frage der Frauenordination oder die Idee des Gender Mainstreaming). Die schlichten Gemeindeglieder sind geschockt ob einer derartigen geistigen Insuffizienz. Sie denken auch an die Weltkirche, etwa Lutheraner in Afrika, welche sich ganz strikt gegen die Homosexualisierung aussprechen und Gefahr laufen, dass ihnen die Gelder vom reichen Westen gestrichen werden. Sollte die Synode dem Bischofsaufruf folgen, wäre vom Geist eines Martin Luther, Melanchthon, Zwingli oder Calvin nichts zu spüren, auch nicht von der Intellektualität eines Francke, Bonhoeffer oder Barth,.

  1. Wahrheitsbemühungen

Man könnte vielleicht denken, dass die modischen Theologen trotzdem richtig stehen, obgleich sie sich den wissenschaftlichen Erkenntnissen entziehen. Es fragt sich eben, ob nicht ein irgendwie geartetes Gefühl doch den objektiven Gegebenheiten mehr entspricht als ca. 2000 Jahre gültige Ideen, dazu noch mit religiösen Wurzeln. Warum sollte es nicht korrekt sein, sich dem hinzugeben, was sogenannte Intellektuelle, Mainstream-Medien und sogenannte aufgeklärte Politiker fordern. Das entspricht aber nicht dem Anspruch deutscher und internationaler Kultur. Man sieht sich  nicht in der Lage, die Sinnhaftigkeit homosexueller Praxis argumentativ zu untermauern. Die Erkenntnisse nehmen zu, dass gleichgeschlechtliche Praxis eben nicht der menschlichen Natur entspricht. Um die Betroffenen zu schonen, verzichtet man darauf, sich auf einem höheren Plateau mit der Homosexualität zu befassen. Dazu passt das Buch von Andreas Lombard „Homosexualität gibt es nicht. Abschied von einem leeren Versprechen“. Der politisch inkorrekte Publizist traut sich, einer der publikumswirksamsten Errungenschaften des Zeitgeistes zu widersprechen. Selbstverständlich bestreitet er sexuelle Liebe zwischen Menschen gleichen Geschlechts nicht. Er verweist aber darauf, dass das Wort „Homosexualität“ von lauter Denk- und Sprech-Verboten umgeben sei.  Er erachtet dies als ein groß angelegtes Täuschungsmanöver, denn das, was versprochen wird, gebe es nicht. Homosexualität werde heute idealisiert, Widerstände dagegen seien böse. Es bestehe die Illusion, Homosexuell-Sein sei eine Art enttäuschungssicheres Identitätskonzept. Das verführe die Homosexuellen, Forderung auf Forderung zu türmen, aber ohne die Übernahme von Verantwortung. Es werde vielfach behauptet, Nachteile zulasten Homosexueller seien nur auf die fehlende Gleichstellung zurückzuführen. Bei Problemen helfe man sich mit Vorwürfen gegenüber dem bösen Staat oder gegenüber dem diskriminierenden Bürger. Das Konstrukt Homosexualität habe eine dominante Rolle im Kampf um die kulturelle Hegemonie in unserer Gesellschaft erlangt. Zur Täuschung gehöre auch die Behauptung der Unveränderbarkeit von Homosexualität, obgleich die von den Betroffenen geförderte Gendertheorie die Veränderungen der sexuellen Orientierung ja gerade propagiere. Der Antidiskriminierungskampf nehme totalitäre Züge an; gnadenlos würden Homosexuelle instrumentalisiert.

 „Homokult“

In der Tat spricht Vieles bei der Homo-Euphorie für eine weitgehende Einbildung. Ganz deutlich wird die Unverantwortlichkeit in Bezug auf Familienzerstörungen, Geschlechtskrankheiten, Selbstmordneigungen oder Pädophilie. Verschwiegen wird auch das promiske Leben in homosexuellen Partnerschaften. Selbst Volker Beck, der grüne Avantgardist zugunsten des Lebenspartnerschaftsgesetzes bekennt in der Zeitschrift „Recht und Demokratie“, dass eine eheähnliche Treue unter homosexuellen Partnern ausgeschlossen sei. Der Kommunikationswissenschaftler Robert R. Reilly spricht in seinem Buch „Making Gay Okay“ von einer weltweit aufgezwungenen schwulen Ideologie, die für die Menschen vielfach gefährlicher sei als alle realen und vermeintlichen Klimabedrohungen zusammen. Alle Menschen seien betroffen, es gehe um die gesellschaftliche Anerkennung einer kleinen Minderheit Homosexueller (nach wissenschaftlichen Erkenntnissen: ca. ein Prozent) sowie um die Abschaffung aller Werte in Bezug auf Sexualität, Ehe und Familie. Die wahre Natur des Menschen sei vorgegeben, was bereits Aristoteles im griechischen Altertum erkannt habe; alle Humanwissenschaften würden sich darauf gründen. Der Mensch aber, der sich in seinem Wahn einbildet, selbst bestimmen zu können, was für ihn natürlich sei, missbrauche seinen Verstand und wende sich gegen die Natur. Der Homokult sei auf der Lüge aufgebaut, Homosexualität sei natürlich und gut, das führe automatisch zur Verdrehung der Realität, zum Beispiel den Vorwürfen der Diskriminierung und Homophobie. Der Zustand sei vergleichbar mit der marxistischen Ideologie an den wissenschaftlichen und philosophischen Fakultäten in den damals kommunistischen Ländern. Diese Unwissenschaftlichkeit beherrsche die heutigen westlichen Medien und die kritiklos folgsamen Politiker – man denke an das Unterrichtswesen und die staatlich gelenkte sexuelle Aufklärung. Leider interessieren sich für derartige Erkenntnisse weder die für die Homo-Ehe in der Kirche plädierenden Theologen und Bischöfe noch die Mehrheit der Synodalen in der Nordkirche.

  1. Ideologieanfälligkeit

Unter Berücksichtigung dieser Feststellungen kommt nicht nur der Jurist ins Staunen. Gemeindeglieder fragen sich, wie es möglich ist, dass kirchlich und theologisch Verantwortliche in einer so unreflektiert wirkenden Weise mit dem reformatorischen Erbe umgehen. Dass man sich im Vorfeld der Synoden vertieft mit den Problemen auseinandergesetzt habe, erscheint nicht als glaubhaft; objektive Indizien gibt es dafür nicht. Eher entsteht der Eindruck, dass sich die Verantwortlichen mit Hybris über die lutherische Tradition hinwegsetzen. Bischöfe und Pröpste erscheinen soweit nicht als Pastoren und Hirten. Das Handeln stellt sich als eine Verselbständigung protestantischen Gedankenguts dar und mutiert in eine Ideologie, was durch den erwähnten Begriff „Homo-Kult“ bereits angedeutet wurde. Der Modeschöpfer Wolfgang Joop spricht frank und frei von der Homosexualisierung unserer Gesellschaft. Beim Genderismus ist – wie vom Verfasser verschiedentlich publiziert – der ideologische Charakter nicht zu verheimlichen. Es sind in der Synode überwiegend Laien. Wenn verlautbart wird, dass die Verantwortlichen der Kirche im Rheinland die „Homo-Trauung“ mit nur sieben Gegenstimmen kodifiziert haben, dann ist ein Engagement wie dieses nach der Erfahrung sinnlos. Man muss einräumen, dass wir durch Politik und Medien „präpariert“ werden. So mag man fragen, ob je in einem „Tatort“ oder einer anderen TV-Serie ein Homosexueller eine negative Figur abgegeben hat. Wieweit werden wir in Bezug auf die homosexuelle Überzeichnung manipuliert? Gott schütze unsere Nordkirche davor, dass die „Homo-Trauung“ durchgewinkt wird!

Fazit

Wenn sich in der säkularisierten Evangelischen Kirche, wovon Altbischof Huber offen gesprochen hatte, die Mehrheit der Parlamentarier nicht nur für die Segnung, sondern auch die Trauung gleichgeschlechtlich Empfindender ausspräche, dann hätte sich nach der Unierten nun auch die Lutherische Kirche zu einem großen Teil abgeschafft. Vom Geist des Reformators, der Standhaftigkeit forderte, ist kaum noch etwas zu spüren. Ein Christ sollte, gerade „wenn die Sache verloren zu sein scheint, am meisten tapfer sein“. Dabei ist alles doch ganz einfach: Der homosexuelle Mitmensch ist als Person hundertprozentig zu akzeptieren, die homosexuelle Praxis kann er nach seinen persönlichen Vorstellungen ablehnen oder respektieren. Der Toleranzbegriff beinhaltet nach der christlich-abendländischen Kultur gerade, dass der Mensch etwas duldet, was er eben nicht gut findet oder was ihn gar anekelt. Damit wird auch dem Freiheitsbegriff Martin Luthers mehr entsprochen. Es ist unseren Synodalen wirklich zu wünschen, dass sie sich gegen die bischöflichen Vorstellungen wenden, auch  ökumenisch an die katholischen und orthodoxen Mitchristen denken und damit sogar langfristig die bereits bestehenden Angleichungen zugunsten Homosexueller gegebenenfalls rückgängig machen. Es lässt sich gut vorstellen, dass damit der Evangelischen Kirche die Mitglieder nicht mehr davonlaufen sowie der Protestantismus wieder an Ansehen gewinnt und in unserer Gesellschaft die Stellung einnimmt, welche das gesellschaftliche Leben in konstruktiver Weise zumindest mitgestaltet.

Christian Hausen, Rechtsanwalt
Neumünster, 24. September 2016
www.kanzlei-hausen.de

 

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 27. September 2016 um 12:18 und abgelegt unter Allgemein.