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Thesen zur Diskussion um das Pfarrdienstrecht

Dienstag 23. August 2016 von Pfr. Karl Baral


Pfr. Karl Baral

Im Vorfeld der Entscheidung unserer württ. Landessynode über das EKDPfarrdienstrecht, insbesondere wegen dessen § 39, und die Diskussion über Zulassung von Homopaaren in Pfarrhäusern, möchte ich folgende Thesen zu bedenken geben:

1. Nach dem Augsburger Bekenntnis (CA) Artikel 7 wird die Kirche konstituiert durch die reine Verkündigung des Evangeliums und die rechte Verwaltung der Sakramente, nicht durch „menschliche Traditionen, Riten und Zeremonien, die durch Menschen eingeführt wurden.“

Zu diesen menschlichen Traditionen … gehören auch die Kirchenverfassungs- und Kirchenordnungsfragen. Deshalb darf auch die Frage einer einheitlichen Regelung einer Sache in einem Gesetz der EKD niemals so wichtig sein, dass deswegen die Eindeutigkeit der Verkündigung in Wort und Sakrament (diese geschieht auch mit dem Leben) gemindert werden darf. (Dies war ja wohl das Anliegen der württ. Landesynode, als sie am 17.02.1976 die neue EKG-Grundordnung scheitern ließ.)

2. Praktizierte Homosexualität steht im Widerspruch zum Willen Gottes, wie er in der gesamten Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments geoffenbart ist. Man sehe zum Beispiel 1.Mose 1,27-28a; 2,24; Röm 1,21ff.; 1.Kor 6,9-11.

3. Eine Zulassung praktizierter Homosexualität in der christlichen Ethik, auch in Ausnahmefällen, stellt also einen Verstoß gegen die Grundordnungen Gottes (Ehe und Familie) dar (wie auch die weithin akzeptierte Zulassung von Abtreibung, die ein eklatanter Verstoß gegen die göttliche Grundordnung des Schutzes des menschlichen Lebens ist). Dies ist also nach der Heiligen Schrift als Gesetzlosigkeit (anomia – Matth 24,12; 1.Thes 2,3-12) qualifiziert.

Die Ehe ist als Grundordnung Gottes seit der Schöpfung grundlegend. Die Auflösung dieser Grundordnungen bringt „die Erde aus den Fugen“ (Jesaja 24,5; siehe dazu auch Martin Buber: Israel und Palästina, Seite 23-26). Sie ist auch als Bild für das Verhältnis Christus-Gemeinde christologisch bedeutsam (Eph 5,32).

Auch sind die Sünden am Leib besonders qualifiziert gegenüber Sünden „außerhalb des Leibes“ (1.Kor 6,18). Ein Verlassen dieser Ordnungen stellt also eine gravierende, ja grundsätzliche Abweichung von der Heiligen Schrift dar, dazu ein Verlassen des „Magnus Consensus“, ein Verlassen dessen, „was überall, was immer, was von allen geglaubt worden ist“. Deshalb schreibt Prof. W. Pannenberg zu Recht: „An dieser Stelle liegt die Grenze für eine christliche Kirche, die sich an die Autorität der Schrift gebunden weiß. Wer die Kirche dazu drängt, die Norm an dieser Frage zu ändern, muss wissen, dass er die Spaltung der Kirche betreibt… Eine Kirche, die einen solchen Schritt tut, hätte darum aufgehört, evangelische Kirche in der Nachfolge der lutherischen Reformation zu sein.“

Anstatt dass die Kirche Christi biblische Maßstäbe auch in Staat und Gesellschaft hineingibt, würde sie durch Verwässerung des Begriffs Ehe und Familie auch auf einen Bedeutungswandel von Artikel 6 des Grundgesetzes hinwirken und so auch für den staatlichen Bereich letztlich Ehe und Familie auflösen.

Sie würde den zeitgeistigen Ideologien Raum geben, obwohl sie aus dem Kirchenkampf des Dritten Reiches Vorbilder hat dafür, dies nicht zu tun und wie verheerend es ist, dies zu tun. Die Theologische Erklärung von Barmen, These 1, weist klar den Weg.

Wir können dankbar sein für die Dodoma-Erklärung der Evangelisch-Lutherischen Kirche Tanzania (ELCT), die ein wahrhaft bekenntnishaftes Wort im Sinne des Magnus Consensus ist, der die Kirche Christi aller Zeiten verbindet.

4. In der lutherischen Kirche gilt das „sola scriptura – allein die Schrift“. In den lutherischen Bekenntnisschriften ist es klassisch formuliert in der Konkordienformel, wo es heißt:

„Solchergestalt wird der Unterschied zwischen der Heiligen Schrift Altes und Neuen Testamentes und allen andern Schriften erhalten, und bleibt allein die Heilige Schrift der einig Richter, Regel und Richtschnur, nach welcher als dem einigen Probierstein sollen und müssen alle Lehren erkannt und geurteilt werden, ob sie gut oder bös, recht oder unrecht sein.“

Entsprechend sagt auch das Betheler Bekenntnis von 1933: „Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes ist allein Quelle und Maßstab der Lehre der Kirche.“ Wenn demgegenüber zusätzlich ein gesellschaftlicher Nomos aufgestellt wird, etwa dass zur ethischen Bewertung dieser Frage „auch die gesamtgesellschaftliche Einstellung“ von Bedeutung sei, so ist das bekenntniswidrig und führt in die Irre.

5. Da die Verfassung der württ. Landeskirche sich direkt auf Schrift und Bekenntnis beruft (§ 1) und das Bekenntnis nicht der kirchlichen Gesetzgebung unterliegt (§ 22 Abs. 1), ist ein Gesetz, das der Heiligen Schrift bzw. dem Bekenntnis widerspricht, verfassungswidrig und damit nichtig.

6. Ein solches Gesetz widerspricht auch dem Ordinationsgelübde der Pfarrerschaft unserer Landeskirche, das diese als „Diener des Göttlichen Wortes“ verpflichtet und sich ausdrücklich auf Schrift und Bekenntnis bezieht. Wenn die Landeskirche von ihrer Pfarrerschaft das Befolgen eines von Schrift und Bekenntnis abweichenden Gesetzes verlangen würde, die doch einst von ihr jenes Gelübde abgenommen hat, wäre das – juristisch gesprochen – ein „venire contra factum proprium“, also ein Zuwiderhandeln gegen das eigene Handeln, was schon im weltlichen Recht als Verstoß gegen Treu und Glauben unzulässig ist.

7. Die Bekenntnisschriften verpflichten zudem dazu, solchen schriftwidrigen Anordnungen nicht zu folgen, zum Beispiel CA Artikel 28, wo es über die Gewalt der Bischöfe heißt: „… Wo sie aber etwas dem Evangelium entgegen lehren, setzen oder aufrichten, haben wir Gottes Befehl in solchem Falle, dass wir nicht sollen gehorsam sein… Man soll auch den Bischöfen, die ordentlich gewählt sind, nicht folgen, wo sie irren oder etwas wider die heilige göttliche Schrift lehren oder ordnen.“

Und in der Apologie der Augsburger Confession, Artikel 7 (Abschnitt 48): „Doch soll man falsche Lehrer nicht annehmen oder hören; denn dieselbigen sind nicht mehr an Christus statt…“.

Lasst uns Kirche der Reformation bleiben!

Pfr. Karl Baral, Kusterdingen (4. Februar 2012)

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 23. August 2016 um 13:05 und abgelegt unter Kirche, Sexualethik, Theologie.