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Abtreibung als Grundrecht? Plädoyer für das Recht auf Leben und den Gebrauch des Hirns

Donnerstag 12. Mai 2016 von Dr. Albert Wunsch


Dr. Albert Wunsch

Die Bestrebungen der polnischen Regierung, eine Verschärfung des Abtreibungsverbotes einführen zu wollen, lösen zurzeit heftige Diskussionen – nicht nur in Polen – aus. Und der wortgewaltige US-Präsidentschafts-Bewerber Donald Trump verkündete, dass Frauen in den USA für Abtreibungen bestraft werden sollten. Etwas später meinte sein Wahlkampfteam, die Ärzte sollten bestraft werden, nicht die Frauen, Trump sei falsch verstanden worden. Das Thema Abtreibung ist in und so greift auch Dagmar Rosenfeld in ihrer Kolumne ‚Frauensache’ in der Rheinischen Post (RP) vom 6.4.2016 das Thema auf und formuliert: „Das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper war so etwas wie die Mondlandung der Frauenbewegung. Dieses Recht infrage zu stellen, mag für die Rechtspopulisten nur ein kleiner Schritt sein, für eine gleichberechtigte Gesellschaft aber ist es ein großer Rückschritt.“

Nun gibt es sicherlich etliche nachvollziehbare Gründe, eine – wie in Polen oder den USA geplante – Verschärfung des Abtreibungsverbotes zu kritisieren. Und es gibt noch mehr äußerst gewichtige Gründe, „das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper“ nicht anzutasten. Aber die Behauptung, ein Abtreibungsverbot bzw. Bestrebungen zu einer drastischen Reduzierung von Tötungen im Mutterleib, stellten einen „Rückfall in alte Rollenbilder“ dar, oder würden das „Selbstbestimmungsrecht von Frauen“ beschneiden und die Gleichberechtigung reduzieren, ist für denkende Leser nicht nachvollziehbar. Schon der Slogan der Frauenbewegung: „Mein Bauch gehört mir“, mit dem in Deutschland vor Jahren die Abschaffung des § 218 gefordert wurde, war so emotional und unlogisch, dass man sich wunderte, wieso er von den Protagonistinnen so deutlich eingebracht wurde.

Sollte es eine Verschärfung des Lebensschutzes geben?

Vom Grundsatz her ist einem Aufruf: „Mein Bauch gehört mir“ nur zuzustimmen, wenn damit die Zeitspanne vor dem Beischlaf gemeint ist. Kein Mann sollte sich dem ‚Bauch’ –  oder anderen Intimbereichen – einer Frau für einen angepeilten Sexualkontakt nähern, ohne das die ‚Bauchbesitzerin’ dem nicht zustimmt. Lehnt sie diesen nicht ab oder stimmt sie ihm offensiv zu, dann ist damit gleichzeitig das Selbstbestimmungsrecht der Frau, Wochen später alleine über den Abbruch einer Schwangerschaft als Folgen dieses ‚Aktes’ entscheiden zu können, verwirkt. Ging es dabei um einen einvernehmlichen Sexualkontakt, würde ihr für sich reklamiertes Recht auf Selbstbestimmung auch dadurch reduziert, dass der Mann ein 50%tiges Mitspracherecht hätte. Diese logischen Zusammenhänge scheinen die Protagonistinnen von „Mein Bauch gehört mir“ konsequent auszublenden. Für sie gilt folgender Denkansatz: Für eine Abtreibung besitzt eine Frau das alleinige Entscheidungs-Recht, die Kosten dieser persönlichen Entscheidung (für Klinikaufenthalt, Lohnfortzahlung und evtl. später notwendig werdende psychotherapeutische Aufarbeitungen) werden ungefragt der Solidargemeinschaft aufgehalst und bei einer nicht vorgenommenen Abtreibung wird eine 100%tige Zuständigkeit  für die Zahlung von Alimenten beim Kinds-Erzeuger vorausgesetzt.

Es geht hier nicht um eine moralische Beurteilung von Beischlaf-Situationen vor, außerhalb oder innerhalb von auf Ehe oder sonstwie auf Zukunft angelegten Beziehungen, sondern es geht um die Verantwortung für eingegangene Sexualkontakte gegenüber dem Partner bzw. der Partnerin und um die Verantwortung, ob die Entstehung neuen Lebens eingeplant wird oder ausgeschlossen werden soll. Eigentlich müsste es entbehrlich sein, hier noch einmal auf die verschiedenen Methoden oder Wege der Empfängnis-Vermeidung bzw. Empfängnis-Verhütung hinzuweisen. Dass dennoch einige Verdeutlichungen notwendig zu sein scheinen, hängt wohl damit zusammen, das bestimmte politische Gruppen der Öffentlichkeit kollektiv viel zu lange ins Hirn einzuträufeln versucht haben, dass die Abtreibung eine – halt etwas später organisierte – Geburten-Planungs-Methode sei. Wer auf diesen – jede Logik entbehrenden – Denkansatz reinfällt, wird vielleicht morgen auch andere Menschen, von denen er sich im persönlich beanspruchten Freiraum beeinträchtigt sieht, per Tötung ‚entsorgen’ wollen.

Wie stark die Diskussion zur Freigabe der Abtreibung semantisch verschleiert wurde, wurde schon durch den Begriff „Schwangerschafts-Unterbrechung“ deutlich. Aber was ist das für eine Unterbrechung, die mit dem Tod endet? Es dauerte, bis erste Stimmen die Wort-Gaukelei offenkundig werden ließen indem sie schlicht fragten, wann denn die Unterbrechung beendet und die Schwangerschaft fortgesetzt würde?

Was viele Bürger auch heute noch nicht zu wissen scheinen: Auch nach der Neufassung des § 218 gab bzw. gibt es kein Recht auf Abtreibung, sondern eine Straffreiheit, wenn die gesetzlich geforderten Beratungsdienste aufgesucht wurden und die Entscheidung trotz Beratung und Hilfe im Konfliktfall in Richtung Abtreibung ging. So heißt es im § 218: „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.“ Ergänzend dazu wird im § 218 a die Ausnahme der Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs geregelt: „Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn (1) die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen, (2) der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und (3) seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.“

Es gibt kein Recht auf Abtreibung!

Dass sich Institutionen der öffentlich finanzierten Sozialhilfe, die sich nett klingend ‚Pro Familia’ nannten, besonders für Entscheidungen zu Gunsten einer Abtreibung ein- und zeitweise dafür sogar die gesetzliche Dreitages-Frist zwischen Erstberatung und Entscheidungs-Umsetzung außer Kraft setzten, ist ein Beleg dafür, dass es keinesfalls um den Schutz des ungeborene Lebens ging. Und dass all dies in einem Land mit einem gewaltigen Geburten-Defizit geschieht, macht die Vorgänge noch brisanter bzw. unfassbarer.

Wer in einer festen Partnerschaft lebt, hat in der Regel das Thema Geburten-Planung zu einer passenden Zeit thematisiert und geklärt. Fehlt diese Basis – etwa weil ein sexueller Kontakt ohne Beziehungsperspektive angestrebt wird – und trotzdem ein zeugungsfähiger Akt gewollt ist, dann liegt es nahe, daß die Partner die  Entstehung neuen Lebens verhüten. Auch Paare, welche nur für einen Kurz-Intervall ihre Körper vereinen wollen, haben eine große Verantwortung für ihr Tun: Dass keiner gegen den Willen des Anderen handelt bzw. keine Gewalt zum Einsatz kommt, dass ein Gegenüber nicht durch fehlende Achtsamkeit mit einer Krankheit infiziert wird und dass nicht leichtfertig ungewollt neues Leben entsteht, dem dann mit der Abtreibung tödliche Gewalt angetan wird.

Die meisten Abtreibungen werden übrigens nicht in der Folge von Vergewaltigungen oder Kurzzeit-Beziehungen, sondern in ‚ganz normalen auf Dauer angelegten Beziehungen‘ vorgenommen, weil ein weiteres Kind nicht mehr vorgesehen war und eine in Verantwortung gelebte Empfängnisregelung ausgeblendet wurde. Diese in Statistiken nachlesbaren Fakten und auch nach Gesprächen mit Schwangerschaft-Konfliktberaterinnen erhaltenen Informationen können Menschen mit  durchschnittlicher Empathie schon sprachlos machen.

Ja, das hart erkämpfte Selbstbestimmungsrecht der Frauen darf nicht torpediert werden! Ja, alle Menschen – ob winzig-klein oder über-groß, jung oder alt, weniger oder mehr begabt, arm oder reich haben gleichermaßen das Recht, dass ihr Körper – aber auch ihre Seele – in guter Vorsorge und Umsicht geschützt wird. Ja, alle Menschen haben sich für eine Gleichberechtigung von Frauen und Männern immer neu einzusetzen. Und der Staat hat durch klar gefasste Gesetze dafür zu sorgen, dass diese Rechte den Lebensalltag prägen. Aber ein Recht auf Tötung, welches aufgrund einer fahrlässigen oder grob fahrlässigen Ausklammerung der eigenen Verantwortung für die Folgen eines Zeugungsvorgangs für sich zu reklamieren gesucht wird, meist auf Eigennutz basierend, ist ein nicht hinnehmbarer gesellschaftlicher Rückschritt. Die Konsequenz: Ja, auch ein ungeborenes kleines Kind hat ein Recht auf Leben.

Dr. Albert Wunsch 

Der Autor ist Psychologe, Diplom Sozialpädagoge, Diplom Pädagoge, Kunst- und Werklehrer sowie promovierter Erziehungswissenschaftler. Weitere Infos: www.albert-wunsch.de

Quelle: Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie (www.i-daf.org), Aufsatz des Monats, 5/2016 (11.05.2016)

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 12. Mai 2016 um 13:24 und abgelegt unter Allgemein.