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Warum bis zur Ehe warten? Warum überhaupt heiraten?

Mittwoch 29. Dezember 2004 von Dr. Joachim Cochlovius


Dr. Joachim Cochlovius

Warum bis zur Ehe warten? Warum überhaupt heiraten?

1. Wir sind auf der Welt, um zu lieben

Gott erschafft jeden einzelnen Menschen mit der erklärten Absicht, ihn zu seinem „Ebenbild“ umzugestalten (1. Mose 1,26f.). Das bedeutet, daß Gott den Menschen liebesfähig machen will, denn er selber ist ja reine Liebe (1. Joh. 4,17). Deswegen ist jeder Mensch empfänglich für Liebe, und deswegen ist auch jeder dazu angelegt, lieben zu können.

2. Der Dreiklang der Liebe

Die griechische Sprache des Neuen Testaments hat drei Begriffe für die Liebe: Eros, Philia und Agape. Eros ist die erotische, die begehrende Liebe, Philia ist die auf Sympathie beruhende Liebe, Agape ist die selbstlose Liebe. Liebe im vollen Sinn des Wortes besteht aus einem Dreiklang dieser drei Töne. Jeder Ton hat seine besondere Klangfarbe. Die erotische Liebe sucht die eigene Lust. Die sympathische Liebe lebt von der Übereinstimmung der Ansichten, Wünsche und Gefühle. Die selbstlose Liebe interessiert sich für das Glück des anderen. Für die Gestaltung einer Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau haben alle drei Töne der Liebe ihren bestimmten Wert und ihre besondere Aufgabe. Daß sich die beiden Geschlechter überhaupt gegenseitig anziehen, das ist das tief in die Schöpfung einprogrammierte Geheimnis des Eros. Die Philia entdeckt und pflegt die Gemeinsamkeiten mit dem Gegenüber, ohne die keine Beziehung auf Dauer auskommt. Die Agape öffnet den Blick für die Bedürfnisse des anderen und hilft uns, unseren Egoismus zu überwinden. Sie ist in der Lage, an der Gemeinschaft mit dem anderen auch dann noch festzuhalten, wenn sich die Anzahl der Gemeinsamkeiten verringert, die Gefühle nachlassen oder die Andersartigkeit des anderen belastend wird. Und sie hat auch die Kraft, den Eros so zu steuern, daß er dem anderen zugute kommt.

3. Die voreheliche Liebesbeziehung

Auf der Zeit des Kennenlernens und der gegenseitigen Entdeckung liegt ein besonderer Glanz. Der Eros zieht die beiden zueinander, und die ersten Zärtlichkeiten werden ausgetauscht. Die Philia gibt ihnen Freude am Gleichklang ihrer Interessen, an gemeinsamen Gesprächen und Unternehmungen. Die Agape vermittelt ihnen Verantwortung füreinander, gegenseitige Rücksichtnahme und ein unbedingtes Ja zum anderen auch dort, wo er seine Schwächen hat. Dann kommt in jeder gesunden vorehelichen Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau der Zeitpunkt, wo der Eros sich mit zärtlichen Gesten nicht mehr zufrieden gibt, sondern die körperliche Vereinigung will. In unserer erotisierten Medienwelt ist dieser Zeitpunkt oft bald erreicht. Dann will der Eros die Regie in der Beziehung übernehmen. Der Mann möchte seine Männlichkeit unter Beweis stellen und drängt als der sexuell meist offensivere Teil zur körperlichen Nähe und Vereinigung. Die Frau möchte ebenfalls mehr Gemeinschaft, aber ihr Bedürfnis ist eher auf eine größere seelische und geistige Nähe gerichtet. Für sie haben schon Briefe, Gespräche und gemeinsame Unternehmungen eine erotische Wirkung. Die Philia spendet den beiden Freude an ihren Gemeinsamkeiten. Der Gleichklang der Gefühle, die Entdeckung gemeinsamer Interessen, die Entwicklung gemeinsamer Pläne, das sind Auswirkungen der sympathischen Liebe. Sie können eine voreheliche Liebesbeziehung sehr bereichern, allerdings nur in dem Maße, wie es den beiden gelingt, den Eros zu zügeln (nicht zu unterdrücken!). Und die Agape?

4. Warten aus Liebe zum anderen

Wenn der Eros die körperliche Vereinigung sucht und die Philia wachsende Freude an den Gemeinsamkeiten hat, meldet sich auch die Agape zu Wort, die das Beste des anderen will. Sie legt dem Mann ein tiefes, echtes und zärtliches Interesse an seiner Geliebten ins Herz. Wenn er sich von der Agape leiten läßt, beginnt er, nach dem Wesen der weiblichen Sexualität zu fragen. Er will ja der geliebten Frau auch in sexueller Hinsicht Gutes tun. Dann findet er bald heraus, daß sie zum Erleben des Glücks der körperlichen Vereinigung die tiefe Grunderfahrung echter Treue und dauerhafter Geborgenheit braucht. Und es wird ihm klar, daß sie diese Erfahrung nur im Schutzraum der Ehe machen kann. So beschließt er zu warten. Auch der Frau vermittelt die Agape ein Interesse an der ganzen Person ihres Geliebten. Sie will, von der Agape durchdrungen, ihn besser kennenlernen, sie fragt nach seinem Charakter, nach seiner Verantwortungswilligkeit und seiner Verantwortungs-fähigkeit, und sie will ihn in allem stärken. Aus Liebe zu ihm erläutert sie ihm auch das Wesen weiblicher Sexualität, denn woher sollte er das wissen? Und so hilft sie ihm, den Eros zu steuern und mit der körperlichen Vereinigung bis zur Ehe zu warten.

5. Warten aus Liebe zu Gott

Wir haben mit dem Eros, der Philia und der Agape einen wunderbaren Dreiklang der Liebe geschenkt bekommen. Wir können diese drei Töne verkümmern lassen, aber wir können sie auch in unserem Leben wie einen schönen Akkord gemeinsam erklingen lassen. Gottes Wort gibt uns hierfür eine erstklassige Gebrauchsanleitung, für die wir unserem Schöpfer nur dankbar sein können. Über unserem ganzen Leben steht die Aufforderung: „Alles laßt in der Agape geschehen“ (1. Kor. 16,14). D.h. nicht unser eigener Wille, sondern was dem anderen gut tut, soll uns bestimmen. Dann werden wir zum Segen für andere und diese werden zum Segen für uns. Vor Lieblosigkeit dagegen werden wir in Gottes Wort deutlich gewarnt, weil sie Schuld und Not über uns und andere bringt. Weil es lieblos wäre, in einer vorehelichen Beziehung dem anderen das Fest der körperlichen Vereinigung im Schutzraum der Ehe nicht zu gönnen, sagt der Apostel: „Meidet die Unzucht“ (1. Thess. 4,3). Wer Gott liebt, hört auf Gottes Wort und wartet.

Warum überhaupt heiraten?

1. Was jeder Mensch braucht

Jesus hat während seiner Versuchung durch Satan ein wegweisendes Wort über unser Menschsein gesagt: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes kommt“ (Matth. 4,4). Wir brauchen Gottes Wort, um uns und unsere Bedürfnisse richtig zu verstehen. Erst durch Gottes Wort erfahren wir, was wir wirklich brauchen. Dort erfahren wir, daß wir Geschöpfe eines Gottes sind, der in einer göttlichen Gemeinschaft als Vater, Sohn und Geist lebt, und daß wir Menschen demzufolge Gemeinschafts- und Beziehungswesen sind. Unsere Beziehung zu Gott und zu unseren Nächsten muß stimmen, wenn wir glücklich sein wollen. Weil uns Gott nicht als Einzelkämpfer haben will, bietet er uns zwei Gemeinschaftsformen an, in denen wir Beziehungen knüpfen und gestalten können: die Ehe und die christliche Gemeinde. Beides sind göttliche Stiftungen, keine menschlichen Erfindungen. In beiden Gemeinschafts-formen können wir uns einüben ins Nehmen und Geben und dabei glückliche Menschen werden. Niemand kommt zu kurz. Jeder kann hier die für sein Menschsein so wichtigen Grundwerte Treue, Geborgenheit und Heimat erleben.

2. Der besondere Wert der Ehe

Es gibt viele wertvolle Gemeinschaften: eine intakte Familie, eine feste Freundschaft, eine verbindliche Interessengemeinschaft. Aber die eheliche Gemeinschaft ist und bleibt einzigartig, weil sich Gott selber in der Ehe abbildet. Seine beiden hauptsächlichen Wesenszüge, nämlich seine Verantwortung und seine Hilfe für die Schöpfung, überträgt er in der Ehe auf den Ehemann und die Ehefrau. Den Mann befähigt er, „Haupt“ zu sein, also Verantwortung und Fürsorge für seine Frau und seine Kinder zu übernehmen, die Frau befähigt er, „Hilfe“ zu sein, also dem Mann zu helfen, ein verantwortlicher Mann zu werden. Mann und Frau treten also, wenn sie heiraten, in eine besondere göttliche Prägeschule ein, die sie geschlechtsspezifisch reifen läßt. In dem Maß, in dem beide in das Hauptsein und Hilfesein hineinwachsen, werden sie gesegnet mit der beglückenden Erfahrung gegenseitiger Treue, dauernder Geborgenheit und innerer Heimat. So wird die Ehe zum Vorgeschmack der Ewigkeit, denn dort erwartet alle erlösten Menschen die unkündbare Treue, die komplette Geborgenheit und die herrliche Heimat Gottes.

3. Warum heiraten? Weil Liebe das Beste gibt.

Die Liebe gibt dem anderen immer das Beste. Wer unverheiratet zusammenlebt, verzichtet darauf, dem anderen verbindlich die lebenslange Treue zu versprechen. Auch wenn er sie ihm persönlich zusagt, seine Aussage hat keine allgemeine, öffentliche Geltung und bleibt damit unverbindlich. Deswegen kann sie nicht die Geborgenheit vermitteln, die der andere sucht und braucht. Keiner kann sich in der Unverbindlichkeit eines solchen Verhältnisses gewiß sein, beim anderen eine lebenslange Heimat zu haben. Das unverheiratete Zusammenleben gibt also dem anderen nicht das Beste und muß darum als Lieblosigkeit bezeichnet werden. Wenn Mann und Frau sich wirklich lieben, dann gönnen sie sich das Beste: die Ehe.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 29. Dezember 2004 um 17:16 und abgelegt unter Ehe u. Familie, Theologie.