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Predigt: Ich schäme mich des Evangeliums nicht (Römer 1,16-17)

Freitag 12. Dezember 2014 von Prädikant Wolfgang Wilke


Prädikant Wolfgang Wilke

Es ist Adventszeit und wir gehen mit Riesenschritten auf Weihnach­ten zu. Alle freuen sich an dem Lichterglanz und dem bevorstehen­den Fest. Aber immer mehr Menschen ist der Grund für das Christ­fest abhandengekommen. Sie reden zwar noch vom Christkind, vom Christkindls-Markt und vom Christbaum, aber von Jesus, dem Christus, dem Ursprung des Christfestes ist in der Öffentlichkeit kaum noch die Rede. Obwohl sich in unserer Gesellschaft eine immer stärkere Scham­losigkeit breit macht und über alles und jedes ohne Scham gespro­chen und berichtet wird, macht sich aber gleichzeitig immer mehr eine Scham breit, sich zur Bibel als dem Wort Gottes und zu Jesus Christus, dem gekreuzigten und auferstandenen HERRN, dem Sohn des lebendigen Gottes, zu bekennen.

Das klare christliche Bekenntnis hat Seltenheitswert bekommen, es hat seine Selbstverständlichkeit verloren. Ja vielen Menschen ist es direkt peinlich über ihren Glauben zu reden und sind unangenehm berührt, wenn sie auf ihren Glauben angesprochen werden. Das gilt als Privatsache fürs stille Kämmerlein oder allenfalls noch für den Gottesdienst im geschützten Raum der Kirche.

Ich möchte mich dem mutigen Bekenntnis des Apostels Paulus an­schließen, der gleich in der Einleitung zu seinem Brief an die Ge­meinde in Rom schreibt:

„… ich schäme mich des Evangeliums von Jesus Christus nicht; denn es ist die Kraft Gottes, die rettet alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Habakuk 2,4): »Der Gerechte wird aus Glauben leben.« (Römer 1,16-17)

Wir haben uns in unserem Hauskreis in den letzten zwei Jahren intensiv mit diesem Römerbrief beschäftigt. Er enthält die vollstän­digste Auslegung der zentralen Wahrheiten des christlichen Glau­bens im Neuen Testament. Darin erklärt Paulus schrittweise klar und deutlich, welch einzigartiges Geschenk Gottes das Evangelium von Jesus Christus ist. Und das ist der Grund, warum Paulus schreibt: „…ich bekenne mich offen und ohne Scham zu dieser Botschaft.“

Und nun folgt seine Erklärung: „Denn in ihr ist die Kraft Gottes am Werk und rettet alle, die der Botschaft glauben und sie im Vertrauen annehmen.“ (Gute Nachricht Bibel)

Manch einer fragt sich vielleicht: „Was heißt hier Rettungsbotschaft? Wovor soll ich denn gerettet werden? Ich bin doch o.k., mir geht es gut, nichts bedrängt mich, ich freu‘ mich an meinem Leben und hab es fest im Griff und mit dem Tod ist sowieso alles aus.“

Wer so redet, hat nur das Diesseits und damit nur die halbe Wirklichkeit im Blick, und er hat noch nicht erkannt, in welch tödlicher‚ Gefahr wir Menschen uns befinden. Wir sind Geschöpfe, geschaffen von dem lebendigen Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat. Als Seine Geschöpfe ist es unsere Pflicht, IHM die Ehre und den Ruhm zu geben, der IHM gebührt. Und ein Leben zu führen, d.h. denken reden, handeln, so dass Seine Herrschaft über unser Leben sichtbar wird.

Nach Ablauf unseres Lebens werden wir vor diesem Schöpfer Rechenschaft ablegen müssen, ob und wie wir Seinem Willen ent­sprechend gelebt und gehandelt haben. Die Bibel sagt: „Jeder Mensch muss einmal sterben und kommt danach vor Gottes Gericht.“ (Hebr 9,27 Hfa) Und zwar unabhängig davon, ob wir das glauben oder nicht!

Können wir dann vor Gottes Gericht bestehen?

Jetzt stellt sich für uns die entscheidende Frage: Können wir dann vor Gottes Gericht bestehen? Entspricht unser Leben dieser göttlichen Anforderung? Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen: Nein! Und Paulus sagt im Auftrage Gottes klipp und klar: Tatsache ist: „Alle sind Sünder und haben nichts aufzuweisen, was Gott gefallen könnte.“ (Römer 3,23 Hfa)

Sünde ist keine harmlose Verfehlung oder falsches Handeln. Sünde ist Trennung von und Auflehnung gegen Gott. Sünde ist eine absolut tödliche Krankheit, die das ganze Wesen des Menschen durchdringt. Es ist also nicht so, dass wir hier und da eine mehr oder weniger große Sünde begangen haben, sondern wir sind durch und durch Sünder, und der Lohn der Sünde ist der ewige Tod.[1] Das bedeutet nicht, wie viele meinen, dass der Mensch dann von Gott völlig vernichtet wird. Nein, die Bibel bezeichnet mit ewigem Tod die ewige Existenz in der absoluten Trennung von Gott und nennt das Hölle. Dieses Urteil wird nach dem leiblichen Tod des Menschen vor Gottes Gericht gefällt und ist unanfechtbar, da ist kein Einspruch mehr möglich!

Das soll Evangelium, frohe Botschaft, sein? Das ist ja zum Verzwei­feln! Ja, das ist wahr, und der Mönch Martin Luther ist daran ja fast verzweifelt, bis Gott ihm durch den Römerbrief die Augen und das Herz für das Evangelium geöffnet hat.

Aber diese so schmerzliche Erkenntnis unserer aussichtslosen Lage, wie sie auch Martin Luther in seinem Ringen um einen gnädigen Gott so dramatisch erlebte, macht uns hoffentlich schlagartig bewusst, dass wir dringend Rettung benötigen. Wir haben dann nur noch einen einzigen Gedanken: Wer oder was kann uns vor dem Gericht Gottes retten und wie kann ich Anteil an Gottes neuer Welt und dem ewigem Leben bekommen.

Erst wenn wir an diesem Punkt angelangt sind, erkennen wir, welch unfassbaren Schatz Gott uns im Evangelium von Jesus Christus an­bietet. Dieses Evangelium ist in seinem Kern kein Moralin, wie oft abfällig behauptet wird, sondern es ist wie Dynamit, es ist die aus Todesnot rettende Schöpferkraft Gottes.

Du fragst wieso? Weil Gott uns darin den Schlüssel für unsere Rettung offenbart, nämlich die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. „Die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“ (so Luthers Übers.) ist der Zent­ralbegriff des ganzen Römerbriefes und die Grundlage für das Ver­ständnis der rettenden Botschaft des Evangeliums.

Was versteht das NT unter dieser Gerechtigkeit?

Gerechtigkeit ist das Verhältnis des Menschen zu Gott, seine Got­tesfurcht und Hoffnung auf Gott, ja es ist das mit Gottes Willen über­einstimmende, heilige, Gott wohlgefällige Verhalten, das im Urteil Gottes rechte Leben in der Liebe.[2] „Nur wer das Rechte tut, ist ge­recht – gerecht wie Jesus, der in allem Gottes Willen erfüllt hat.“ (1. Joh 3,7 NGÜ)

Aber das ist das Problem: Vor Gott ist (im NT) kein Mensch gerecht.[3] Das Verhältnis zwischen Mensch und Gott ist seit dem Sündenfall im Paradies zerstört. Das ist den meisten Menschen in allen Völkern auch durchaus bewusst oder sie ahnen es, denn Gott hat das allen Menschen unauslöschlich ins Herz geschrieben. Und nun versuchen sie in ihren unterschiedlichen Religionen durch Opfer und Rituale eine Wiedergutmachung mit Gott zu erreichen und mit IHM ins Reine zu kommen.

Aber – wer sich die Gerechtigkeit durch Anstrengung, Leistung und Werke erwerben will, um vor Gott zu bestehen, muss scheitern. Denn er leugnet, dass er Sünder ist und will aus eigener Kraft vor Gott gerecht werden, doch wir können uns mit nichts vor Gott rechtfertigen!

Gott aber schenkt Seine Gerechtigkeit, die nicht verdient oder er­worben werden kann, nur aus freier Gnade dem sündigen Menschen, der seine Schuld einsieht und sie vor Gott bekennt. Den will Gott aus lauter Erbarmen retten. – Ja, das ist die unbeschreiblich freudige, frohmachende Botschaft:

Gott will uns Sünder retten, so wie wir sind!

Wie, auf welche Weise, schafft es Gott, uns sündige Menschen gerecht zu sprechen und dadurch zu retten, ohne sich selbst zu wi­dersprechen?

ER kann doch nicht einfach sagen: Vergeben, vergessen, erledigt. Denn auf der einen Seite steht Gott in Seiner Heiligkeit und absolu­ten Gerechtigkeit, danach muss ER uns Menschen wegen unserer Sünde, wie bereits im Paradies angedroht[4], zum ewigen Tode verur­teilen. Auf der anderen Seite steht Gott in Seiner unfassbar großen Liebe zu uns Menschen, die uns auf jeden Fall retten will, koste es was es wolle – und ER lässt es sich unendlich viel kosten.

Wie löst Gott dieses Problem? Durch Jesus Christus, Seinen Sohn! Denn „Gott hat den, der ohne jede Sünde war, Jesus Christus, für uns zur Sünde gemacht, damit wir durch die Verbindung mit ihm die Gerechtigkeit bekommen, mit der wir vor Gott bestehen können.“[5]

Unsere Rettung besteht also darin, dass Gott Jesus Christus, Seinen Sohn, für uns zur Gerechtigkeit gemacht hat. Diese Gerechtigkeit, mit der wir vor Gott bestehen können, ist also ein reines Geschenk Gottes in Christus[6] und kein Verdienst aufgrund eigener Anstrengung und Gesetzeserfüllung.

Nur weil Gott selbst in Jesus Christus Mensch wurde und in unüberbietbarer Liebe und Hingabe unsere Sünde auf sich nahm, ja unsere Sünde wurde, und am Kreuz von Golgatha stellvertretend für uns die Strafe dafür auf sich nahm, nur deshalb können wir vor Gott gerecht werden.

Das ist die wahrhaft göttliche Lösung, womit Gott sowohl Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit als auch Seiner Liebe zu uns Menschen gerecht wird. Das übersteigt alles menschliche Denken, ja es sprengt unseren Denkhorizont!

Wie bekomme ich Anteil an dieser Gerechtigkeit?

Die einzig wichtige Frage ist jetzt: Wie bekomme ich Anteil an dieser Gerechtigkeit? Antwort: Ausschließlich durch den Glauben. Nur dem Glaubenden ist das Heil, die Rettung, das ewige Leben zugänglich, denn Glaube ist das Mittel, mit dem ich diese Rettungs­tat auch für mich persönlich in Anspruch nehmen kann.

Dann muss ich also doch etwas tun, um vor Gott zu bestehen, näm­lich glauben. Nein! Glaube ist keine Voraussetzung des Heils im Sinne einer menschlichen Leistung, sondern es ist die Antwort des Menschen auf den Ruf Gottes, der vom Heiligen Geist vermittelt wird.[7]

„Unsere Errettung ist gänzlich ohne uns – durch Gott selbst – und durch Gott allein vollbracht. Wir können unsererseits nicht das Geringste zu ihr beitragen, auch nicht durch unseren Glauben.

Denn „Glaube“ ist ein Tun, das keinerlei Leistung bedeutet. „Glau­ben“ in diesem Sinn hat keinerlei Voraussetzungen in uns selbst, auch keine moralischen oder religiösen.

Aber, und das muss auch beachtet werden: Unsere Rettung vollzieht sich nicht automatisch an uns ohne unsere ausdrückliche Einwilli­gung. Es gibt keine Zwangsrettung, Gott vergewaltigt uns Menschen nicht, ER will, dass wir aus freien Stücken auf Sein Rettungsangebot antworten und es voller Vertrauen auf Seine Zusage annehmen.

Und – das ist auch ein Geschenk: das Evangelium schafft in uns den Glauben, der uns die Gerechtigkeit Gottes zueignet, die uns dann im Gericht vor IHM gerecht macht und ewige Rettung schenkt. Glaube ist nicht meine Leistung!

Wer diese Gerechtigkeit Gottes im Glauben annimmt, der ist Gott recht. Und hat das ewige Leben.

Welch ein Geschenk!

Ist uns eigentlich bewusst, dass wir in jedem Gottesdienst, auch heute, nach dem Zuspruch der Sündenvergebung Gott für dieses Geschenk danken und Ehre erweisen?

Wir singen da:

Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr und Dank für seine Gnade. Darum, dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefall’n Gott an uns hat. Nun ist groß Fried oh Unterlass. All Fehd hat nun ein Ende!

Schluss

Gott bietet Sein Heil, Seine Gerechtigkeit und damit das ewige Leben allen Menschen unterschiedslos an. Deshalb lässt ER Sein Evangelium, diese Frohe Botschaft, auf der ganzen Erde verkündi­gen.

Aber Gott schenkt Sein Heil, d.h. unsere Rettung, nicht automa­tisch jedem Menschen, sondern wartet auf unsere Antwort, ob wir dieses Geschenk der Rettung zum ewigen Leben überhaupt haben wollen.

Taufe, Kirchenzugehörigkeit, Konfirmation, Gottesdienstbesuch, das alles ist richtig, wichtig und gut. Aber es rettet nicht!

Deshalb ist die wichtigste Frage, ja die Über­lebensfrage:

Was muss ich tun, um Gottes Gerechtigkeit zu erlangen und dadurch für die Ewigkeit gerettet zu werden?

Antwort: Ich muss einsehen, dass ich ein Sünder bin und in Aufleh­nung gegen Gott lebe, und dass ich von mir aus nichts tun kann, um vor Gott be­stehen zu können.

Wenn ich damit zu Jesus gehe,

  • IHN bitte, mir meine Sünde zu vergeben
  • und in mein Leben einzutreten
  • und IHM sage, dass ich voller Freude und Dankbarkeit Sein stell­vertretendes Sühneopfer am Kreuz von Golgatha an­nehme und vor Gott damit bestehen will,

dann nimmt ER mich an, schenkt mir Seinen Heiligen Geist und macht mich dadurch zu einem Kind Gottes.

ER verspricht mir, von nun an bei mir zu sein und mich durch den Tod hindurch in Gottes ewi­ges Reich, in Seine himmlische Herrlich­keit, zu führen.

Das ist die Rettungsbotschaft des Evangeliums, eine herrlichere Botschaft kann es nicht geben. Und ich schäme mich nicht, diese Botschaft zu verkündigen.

Wer diese Entscheidung für Jesus getroffen hat, der hat das Christ­kind, Christus, das Kind in der Krippe, bereits in seinem Herzen und freut sich auf Weihnachten und die Botschaft des Engels: „Euch ist heute der Heiland (d.h. der Retter) geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“

Nimm dieses Rettungsangebot unbedingt an! Mach diese Entscheidung noch heute mit Jesus fest oder erneuere sie mit IHM!

Es gibt ein „zuspät“!

Amen.

HERR, bewahre diese frohe Botschaft in unseren Herzen und lasse sie das bewirken, wozu Du sie gesandt hast.

Amen.

Prädikant Wolfgang Wilke, Köln, 7.12.2014, Predigt am 2. Sonntag im Advent und anlässlich seines 25-jährigen Ordinationsjubiläum

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[1] Römer 6,23

[2] 1.Joh 3,7; Offb 22,11

[3] Röm 8,8

[4] 1.Mose 2,17

[5] Vgl 2. Kor 5,21 NGÜ

[6] Röm 5,17

[7] Vgl. Cochlovius, Joachim: Leben im Zeichen des Kreuzes – Eine Auslegung des Römerbriefes – Hänssler-Verlag, 1997, S.21+22

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 12. Dezember 2014 um 17:17 und abgelegt unter Predigten / Andachten.