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Pastor Uwe Holmer im Gespräch

Montag 27. Oktober 2014 von Gemeindehilfsbund


Gemeindehilfsbund

Uwe Holmer, Jahrgang 1929, war Landpfarrer in Mecklenburg, Direktor der Bibelschule Falkenberg sowie Leiter und Bürgermeister der Hoffnungstaler Anstalten Lobetal. Vom 30. Januar bis 3. April 1990 beherbergte er zusammen mit seiner Frau das Ehepaar Erich und Margot Honecker. Er lebt jetzt in Serrahn/ Mecklenburg. Er ist Vater von 15 Kindern; zehn stammen aus der Ehe mit seiner verstorbenen Frau und fünf brachte seine zweite Frau aus der Ehe mit ihrem früh verstorbenen ersten Mann mit in die Familie ein.

AUFBRUCH: Der Name Uwe Holmer ist vielen ein Begriff geworden durch das Buch „Der Mann, bei dem Honecker wohnte“. Welches war die betrüblichste und welches die erfreulichste Reaktion auf das Buch?

Uwe Holmer: Viele Leser schrieben mir, dass sie mein Buch mit Gewinn gelesen und manche Ermutigungen für ihr eigenes Glaubensleben daraus entnommen haben. Lediglich ein Mann empfand darin einen Mangel, ja sogar eine gewisse „Täuschung”, dass ich relativ wenig über Honecker, dafür aber viel von mir geschrieben habe. Ich habe erwidert: Genau das besagt der Titel: „Der Mann, bei dem Honecker wohnte“.

AUFBRUCH: Theo Lehmann zeichnet in seinem Geleitwort u.a. folgendes theologisches Charakterbild: „…kein theologischer Windhund, der sich vom Zeitgeist in die Sackgasse eines schwächelnden Liberalismus treiben läßt“. Ist das korrekt beschrieben?

Uwe Holmer: Dieses Lob meines Freundes Theo Lehmann wage ich nicht, mir uneingeschränkt zu eigen zu machen. Wahr ist jedoch, dass ich bei meiner Ordination durch meinen Bischof schriftlich verpflichtet worden bin, meinen Dienst als Pastor gemäß der Heiligen Schrift und den lutherischen Bekenntnisschriften auszuüben. Wie könnte ich da „liberal” sein! Liberal waren Adam und Eva, als sie dem Gebot Gottes zuwider handelten. Ich habe mich freiwillig zum Gehorsam verpflichtet und habe dabei die Kraft des Wortes Gottes erfahren. Es war verlässlich zur Zeit der Apostel, zur Zeit Luthers, zur Zeit des sog. Dritten Reichs und des Sozialismus. Wieso sollte das heute nicht mehr gelten?

AUFBRUCH: Wie war das Leben der Christen in der Ex-DDR und in der „Kirche im Sozialismus“?

Uwe Holmer: Das beurteilen Menschen ganz unterschiedlich. Einige sagen, sie hätten 40 Jahre ihres Lebens verloren. Andere fanden Nischen im System, in denen sie relativ unangefochten leben konnten. Als 1953 die Kirche, besonders die Junge Gemeinde, bekämpft, verfolgt und als amerikanische Spionage- Organisation verdächtigt wurde, fürchtete ich, dass es bei uns kommen könnte wie in den schrecklichen Zeiten der Sowjetunion. Als dann aber die Regierung den sog. „Neuen Kurs“ ausrief und den Druck erleichterte, habe ich immer wieder Gott gedankt. Zwar blieben Gegenwind, Anfeindungen, Einschränkungen, Verdächtigungen (Stasi), z.T. auch Bedrohung. Aber im Blick auf andere Ostblockstaaten hatten wir es dennoch ganz gut. Ich habe manchmal geschimpft, wenn der Staat wieder neue unterdrückende Anordnungen erließ. Immer wieder aber freute ich mich auch, gleichsam wie ein Partisan Gottes seine Botschaft mitten in einem atheistischen Staat verkündigen zu können.

AUFBRUCH: Was können die Christen im Westen aus den Erfahrungen der Christen in der Ex-DDR lernen?

Uwe Holmer: Dass es „normal“ ist, wenn ein bekennender Christ von seinen ungläubigen Mitmenschen Widerspruch und Unverständnis erfährt. Ein Blick in die Apostelgeschichte und die Briefe der Apostel zeigt, dass gläubige Christen zu allen Zeiten Gegenwind hatten. Von der Welt gelobt zu werden oder sich ihr anzupassen, ist für Jünger Jesu gefährlich. Zu allen Zeiten gilt: Führt ein rechtschaffenes Leben unter den Heiden, damit die, die euch verleumden als Übeltäter, eure guten Werke sehen und Gott preisen am Tag der Heimsuchung (1Pt. 2,12). Das gilt im Westen wie im Osten.

AUFBRUCH: In der alten Bundesrepublik Deutschland konnten sich die bibel- und bekenntnisgebundenen landeskirchlichen Christen in Gemeinschaften und Vereinen frei zusammenschließen. War das auch in der Ex-DDR möglich? Wie haben die Pietisten dort die 40 Jahre sozialistische Diktatur überlebt?

Uwe Holmer: Christliche Vereine gab es auch in der DDR. Sie wurden aber argwöhnisch beobachtet und kontrolliert. Doch hatte jeder Christ die Möglichkeit, sich einer Kirchengemeinde, einer Landeskirchlichen Gemeinschaft oder einer Freikirche anzuschließen. Wohltätigkeitsvereine konnten sich meist dem Diakonischen Werk der Landeskirche anschließen und damit Schutz und Beratung gewinnen, so auch die „Ev. Arbeitsgemeinschaft zur Abwehr der Suchtgefahren“ (AGAS, heute wieder Blaues Kreuz).

AUFBRUCH: Wie hat sich die evangelische Kirche seit der Wiedervereinigung Deutschlands entwickelt?

Uwe Holmer: Die evangelische Kirche gibt es nicht, denn sie ist im Süden ganz anders als im Norden und zwar sowohl in den alten wie in den neuen Bundesländern. Für die frühere DDR gilt: Sachsen hat ein relativ reges Gemeindeleben, der Norden (Mecklenburg und Vorpommern) aber hat sich mit Erfolg gegen Erweckungen gewehrt und eine deutlich geringere Anzahl an praktizierenden Christen. Allgemein gilt: Die wachsende Anzahl moderner Theologen lässt auch die Kirchen-Austrittszahlen anwachsen. Daran hat die Wiedervereinigung nichts geändert. Ein bekannter Theologe sagte: „Nichts ist in der Evangelischen Kirche so unbekannt wie das Evangelium“! Wer fragt, wie Sünder selig werden, erhält selten eine klare Antwort.

AUFBRUCH: 1991 hat die Synode der Evang.-Luth. Kirche in Bayern die Abtreibung in die Verfügung der schwangeren Frau gestellt. Bis heute hält diese Synode an der „Rosenheimer Erklärung“ fest, trotz wiederholter Proteste seitens des Arbeitskreises Bekennender Christen in Bayern. Und die EKD hält unbeirrt an der staatlichen Beratungsschein- Regelung fest. Wie sollten sich Christen in der Lebensrechtsfrage engagieren?

Uwe Holmer: Gott hat uns die 10 Gebote gegeben. Sie sind zwar kein Weg zur Seligkeit, aber Leitlinien für das Leben. Und da heißt es nun mal: Du sollst nicht töten! Es gibt kein „Recht“ der Eltern, das ihnen anvertraute Leben zu töten. Auch die Kirche hat nicht das Recht, betroffenen Frauen dies (Un-)Recht zuzusprechen. So haben wir als Seelsorger zu mahnen: Nimm an, was Gott Dir schenkt. Er will Dir Gutes tun, Dich segnen und stark machen, auch wenn Du es momentan ganz anders empfindest. Zugleich muss der Seelsorger nach Wegen suchen, wie die durch die Schwangerschaft entstehenden Probleme gelöst werden können. Die Gemeinden sollten glaubhafte Signale aussenden, dass jede Frau bei ihnen verständnisvolle Hilfen findet. Wir haben es mehrfach erlebt: Dabei können Menschen ihren Gott erfahren. Und hinterher wird große Freude daraus. Allerdings: Ich habe wohl nie über diesen Kampf für das Leben gesprochen, ohne hinzuzufügen: Wer aber sein Kind abgetrieben hat und nun ein gequältes Gewissen hat, auch für den gibt es eine frohe Botschaft: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Gott treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend“ (1 Joh 1,9). Ich habe nach Beichte und Absolution wunderbare Gewissenserleichterungen erlebt!

AUFBRUCH: 1996 hat die EKD in ihrer sogenannten Orientierungshilfe „Mit Spannungen leben“ von einer ethisch verantwortbaren Gestaltung der Homosexualiät gesprochen. 2004 hat die VELKD-Bischofskonferenz den Dienst homosexueller Amtsträger und das Zusammenleben mit ihren Partnern im Pfarrhaus für möglich erklärt. 2010 hat die EKD in ihrem neuen Pfarrdienstgesetz diese Empfehlung übernommen und kirchengesetzlich verankert. Die EKD erklärt, daß es sich hierbei nur um Ordnungsfragen handelt. Kritiker sagen, daß mit diesem Gesetz der status confessionis gegeben ist. Was ist richtig?

Uwe Holmer: Natürlich ist hier der „status confessionis“ gegeben, also ein Grenzpunkt überschritten, den Gott durch sein Wort gesetzt hat. Gottes Wort sagt eindeutig, dass homosexuelle Praxis eine heidnische Lebensweise ist und mit der Nachfolge Jesu nicht vereinbart werden kann (Röm 1; 1 Kor 6; 1 Tim 1). Das haben alle Väter der Christenheit bis hin zu Karl Barth und anderen bezeugt. Auch der Rat der EKD hat noch 2002 erklärt: „Es gibt keine biblischen Aussagen, die Homosexualität in eine positive Beziehung zum Willen Gottes setzen – im Gegenteil.“ Wer Gott mehr gehorchen will als den Menschen, muss den Mut haben, diese biblische Wahrheit zu bekennen. Und zwar nicht in den luftleeren Raum hinein, sondern im Widerspruch gegen die Kirchenleitungen, die mit dem § 39 des Pfarrdienstgesetzes das erste Kirchengesetz schufen, das erlaubt, was die Heilige Schrift verbietet. Das darf keine Kirchenleitung und kein Bischof. Dazu ist zu ergänzen: Wer das sagt, muss bereit sein, die Not Betroffener mitzutragen. Paulus hat Veränderungen durch Gottes Geist an Betroffenen erlebt (1 Kor 6,11). Wo das nicht gelingt, können wir nur raten, zölibatär zu leben, wie es ja auch etliche Frauen und Männer in evangelischen Orden tun. Ein Pfarramt muss praktizierenden Homosexuellen wegen der Vorbildwirkung verwehrt werden.

AUFBRUCH: Theo Lehmann und Lutz Scheufler haben zur Vorbereitung einer Bekenntnissynode aufgerufen. Ist das der richtige Weg?

Uwe Holmer: Wer den „status confessionis” feststellt, tritt heraus aus der Beliebigkeit. Gespräche sind geführt worden und haben keine Einigung gebracht. Da kann man nur noch bekennen, ja man muss bekennen und Partner suchen, wie es die Bekennenden Christen nach 1934 taten. Deshalb ist die Vorbereitung einer Bekenntnissynode der gebotene Weg.

AUFBRUCH: Zum Schluss noch eine seelsorgerliche Frage: Wie kann man ein fröhlicher Christenmensch bleiben angesichts des Glaubens- und Sittenverfalls in unserem Land?

Uwe Holmer: Jesus hat im Blick auf die Zeit vor seiner Wiederkunft Kriege und Kriegsgeschrei, Erdbeben, Verfolgung und Verführung vorausgesagt, und dann gemahnt: Wenn dies anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Das macht zuversichtlich und mutig mitten in den Nöten dieser Endzeit.

Die Fragen stellte Pastor Dr. Joachim Cochlovius

Hinweis auf das erwähnte Buch: Uwe Holmer, Der Mann, bei dem Erich Honecker wohnte. SCM Hänssler, 8. Aufl. 2014, 220 Seiten, 14,95 € (ISBN 978-3775145824)

Quelle: Aufbruch – Informationen des Gemeindehilfsbundes, II/2014

Der Aufbruch erscheint 2-3 x jährlich und kann über die Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes (05161/911330; info@gemeindehilfsbund.de) kostenlos bezogen werden.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 27. Oktober 2014 um 19:30 und abgelegt unter Interview, Kirche.